Protokoll der Sitzung vom 14.12.2017

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich eingangs sagen, dass es mich als Handwerkspolitiker und als selbstständiger Handwerker immer freut, wenn wir in diesem Haus über Maßnahmen diskutieren, mit denen wir diesem so wichtigen Wirtschaftszweig helfen wollen, umso mehr, wenn es Maßnahmen sind, die auch helfen können. Das gilt auch dann, wenn es von unerwarteter Seite kommt, wie dieses Mal mit dem Antrag „Meisterbonus weiterentwickeln – Meistergründungsprämie einführen“ von der Fraktion DIE GRÜNEN.

Das in Punkt 1 ausgeführte Anliegen, Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeistern Betriebsgründungen und Betriebsübernahmen zu erleichtern, findet unsere vollste Unterstützung. Dass uns dies ein Anliegen ist, haben wir in den verschiedenen Debatten zur Bedeutung des Handwerks im Allgemeinen und des Meisterbriefes im Besonderen zum Ausdruck gebracht. Mit der Einführung des Meisterbonus im vergangenen Jahr gelang uns ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Betrachten wir Punkt 2 Ihres Antrags, stellen sich mir jedoch schon die ersten Fragen. Die wichtigste und grundsätzliche liegt schon im Antragstitel begründet: Meisterbonus und eine eventuell einzuführende Meistergründungsprämie sind meiner Auffassung nach zwei grundsätzlich verschiedene Anreizinstrumente.

Der Meisterbonus will nicht mehr und nicht weniger als die Qualifizierungsbereitschaft unserer Handwerksgesellen fördern und anerkennen. Immerhin investieren sie unendlich viel Zeit und im Unterschied zu unserem akademischen Nachwuchs auch erhebliche finanzielle Mittel, um sich das Fundament für eine mögliche wirtschaftliche Selbstständigkeit zu erarbeiten. Ein Betrag von einem Drittel E 13 ist für dieses Engagement ein eher symbolischer Beitrag.

Über eine Aufstockung nachzudenken, ist angebracht. Der CDU-Kreisverband Leipzig hat erst am letzten Wochenende einen erfolgreichen Antrag dazu beim Landesparteitag der CDU eingebracht, der zur Überweisung an die Landtagsfraktion geführt hat.

Vorstellbar wäre, den Bonus zu erhöhen oder ihn entsprechend der beim Abschluss des Meistertitels erreichten Leistung variabel zu gestalten und damit ein Qualitäts- und Motivationskriterium einzuführen. Wir sind dazu mit den Kammern im Gespräch.

Genau hierbei liegt der Hase im Pfeffer. Sie sind es offenbar nicht. Unser oberstes Anliegen sollte es sein, diesen Meisterbonus frei von bürokratischen Hürden zu lassen, siehe auch Ihre Begründung. Wenn Sie wollen, dann kann ich darauf auch noch einmal eingehen.

So verlockend ein Betrag von eineinhalb mal E 13 zunächst klingen mag, wie kommen Sie eigentlich auf diesen Betrag? Eine Erklärung wäre in der Antragsbegründung zumindest hilfreich gewesen. Es sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass genau dieser unbürokratische Ansatz verloren geht.

Das führen Sie dann in Punkt 4 selbst aus: Für den Zuschuss soll nach zwei Jahren ein Verwendungsnachweis vorgelegt werden. Das ist bei Investitionen auch nachvollziehbar, auch wenn es sich um für notwendige Investitionen vergleichsweise geringe 7 000 Euro handelt.

Wer aber soll die Nachweise prüfen, auch die Handwerkskammern oder von ihnen autorisierte Partner, wie Sie in Punkt 3 hinsichtlich der Beantragung ausführen? Haben Sie die Kammern dazu einmal befragt? Natürlich nicht. Wir haben das getan. Die Kammern haben dafür überhaupt keine Kapazitäten. Sie könnten das vielleicht schaffen, aber von welchem Geld sollte das geschehen? Wie sollen autorisierte Partner bezahlt werden? Diese Antworten bleiben Sie uns im Antrag wieder einmal schuldig. Ein Dialog mit den Handwerkskammern hätte Sie vielleicht darüber nachdenken lassen.

Der Antrag in dieser Form ist maximal eines: Er kann die Basis dafür sein, ansatzweise nachzudenken, ob eine Gründungs- und Übernahmeprämie ein Instrument sein kann, die von Ihnen beschriebenen tatsächlichen Probleme unserer Betriebe zu lindern – eigentlich am Ende des Tages wohl eher für alle, die nach dem Handwerker rufen –, aber erstens unabhängig vom Meisterbonus, zweitens in Abstimmung mit den zahlreichen schon bestehenden Förderprogrammen und drittens in enger Abstimmung mit den Handwerkskammern.

Das SMWA bereitet eine Struktur- und Potenzialanalyse „Das Handwerk in Sachsen“ vor. Wir warten interessiert auf die Studienergebnisse. Sie werden uns mit Sicherheit sinnvolle Anhaltspunkte geben, wo und wie wir zielgerichtet Bestand und Entwicklung unserer Handwerksbetriebe unterstützen können.

Ihr Antrag ist wieder einmal zu kurz gesprungen und hemdsärmelig. Er ist aber auch sinnbildlich für Ihr gesamtes wirtschaftspolitisches Denken, das sich am besten mit Zuckerbrot und Knute umschreiben lässt, wobei das Zuckerbrot in der Regel recht klein und die Knute umso größer ist. Es ist so durchsichtig, einen Köder auszuwerfen, um dann die Beute abzuflöhen und zu knebeln; denn so sieht Ihr Weltbild aus.

So sinnvoll materielle Anreize sein mögen, viel mehr als unter mangelnden finanziellen Mitteln leiden Handwerksbetriebe unter überbordender Bürokratie und Reglementierung. Ich möchte da nur an die Vergabegesetze erinnern, die in den grün regierten und mitregierten Ländern längst zur Vergabeverhinderungsgesetzen mutiert sind. In dem früher von Ihnen angeführten Nordrhein-Westfalen ist ein solches ja unlängst zur Erleichterung des dortigen Handwerks endlich außer Kraft gesetzt worden.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, wenn Sie das Handwerk beglücken wollen, versuchen Sie vorher mit ihm zu reden. Mitunter braucht der Patient keine süßen Pillen, wenn er nach Luft zum Atmen ringt und der Heilpraktiker sie ihm gutmeinend noch in den Hals drücken will, ohne mit ihm zu reden, was ihm eigentlich fehlt. Wir haben dazu eine andere Einstellung und werden Ihren Antrag deshalb verständlicherweise ablehnen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Als Nächste spricht für die Fraktion DIE LINKE Frau Kollegin NeuhausWartenberg.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Handwerksbetriebe sind nicht nur ein Wirtschaftsfaktor und wichtig für Beschäftigung und Ausbildung; sie sind auch ein Faktor zur Sicherung von sozialer Infrastruktur und damit von Lebensqualität, und dies vor allem in den heute schon häufig angesprochenen ländlichen Regionen. Es macht eben etwas mit einer kleinen Stadt oder einem Dorf, ob es dort die Bäckerei noch gibt oder nicht. Leider verschwinden nicht nur immer mehr Bäckereien, sondern auch andere Handwerksbetriebe. So hat deren Zahl seit 2013 um 2 700 abgenommen. Die Zahl der Meisterprüfungen ging von 999 im Jahr 2013 auf 808 im Jahr 2016 zurück. Gleich noch zwei Zahlen: Laut einer Umfrage des Landesverbandes der Freien Berufe Sachsen e.V. zusammen mit den sächsischen Industrie- und Handelskammern und den sächsischen Handwerkskammern, vorgestellt am 8. Juni 2017, haben 72 % aller Betriebe noch keine Nachfolgeregelung getroffen; 20 % planen die Schließung.

Es gibt also genügend Handlungsbedarf, das Führen von Handwerksbetrieben attraktiver zu machen. Wir haben dazu schon einige Vorschläge gemacht, zum Beispiel den, die Lebensrisiken der Selbstständigen und gerade der Solo-Selbstständigen, dadurch zu vermindern, dass deren Krankenkassenbeiträge nach realistischem Einkommen und nicht nach fiktiven Mindestbemessungsgrundlagen berechnet werden. Aber natürlich ist jeder weitere Vorstoß zu begrüßen, der auf den Erhalt oder die Gründung von handwerklichen Unternehmen abzielt, zum Beispiel, indem die Förderinstrumente ausgebaut werden. Das scheint notwendig, da die vorhandenen ja offensichtlich nicht ausreichen.

In diese Richtung geht also der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Die Meistergründungsprämie kann tatsächlich ein solches Förderinstrument sein. Andere Bundesländer haben das bereits vorgemacht, das ist richtig. Der Antrag meint also etwas Richtiges, ist aber etwas ausbaufähig. So zeigt er an keiner Stelle, wie Sie nun tatsächlich auf diese 7 000 Euro gekommen sind. Sie haben gerade gesagt, ja, das ist irgendwie so ein Mittelmaß. Das ist uns etwas zu dünn. Wenn Sie, liebe Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, sich an die Regelungen in Berlin anlehnen wollen – dort sind es tatsächlich diese 7 000 Euro –, dann müssten Sie doch auch sagen, warum Sie nicht auch eine Arbeitsplatzförderung fordern; denn in Berlin gibt es noch 5 000 Euro dazu.

In Ihrer Begründung des Antrags führen Sie das Beispiel Nordrhein-Westfalen an; das ist richtig. Dort sind es 7 500 Euro. In Sachsen-Anhalt sind es seit Juli 2017 10 000 Euro; auch das haben Sie gesagt. Ich frage noch einmal: Wie kommen Sie denn nun genau auf die 7 000 Euro? Es gibt auch keine Begründung, warum die Gründungsprämie mit dem Meisterbonus verrechnet werden soll. Wir halten eine solche Regelung für unnötig.

Nun gehe ich gleich noch kurz auf den Änderungsantrag der AfD ein, damit wir das nachher nicht noch miteinander debattieren müssen, ein paar Worte zu dem uns vorliegenden Änderungsantrag der AfD. Auch hier ist die Höhe der Fördersumme von irgendwoher gefunden.

(Zuruf von der AfD: Falsch!)

Offenbar wurde die Förderrichtlinie von Brandenburg gelesen.

(Zuruf von der AfD: Richtig!)

Dort steht das mit den 8 700 Euro Basisförderung und 3 300 Euro für Arbeitsplatzförderung. Wenn die Fördersumme aber vor allem davon abhängt, wo man sie abgeschrieben hat, dann ist der Änderungsantrag schlicht überflüssig und schon deshalb abzulehnen.

(Beifall bei den LINKEN)

Überflüssig ist er auch im Bezug auf die Überschrift des Antrags. Wenn eine Ausbildungsprämie durch eine Gründungsprämie ergänzt wird, bedeutet das auch eine Weiterentwicklung. Die Perspektive auf eine Ausbildungsprämie verbessert sich durch die Aussicht auf eine Gründungsprämie. Insofern ist hier das Herumreiten auf dem Unterschied von Ausbildungs- und Gründungsprämie schlichtweg Spiegelfechterei.

Keine Spiegelfechterei ist – das darf meiner Meinung nach in der letzten Sitzung des Jahres und so kurz vor Weihnachten schon einmal gesagt werden; da schauen Sie bitte auf den Punkt II.1 des Änderungsantrages – Folgendes: Wenn die Staatsregierung wem etwas zahlen soll, dann stehen die zu Bezahlenden im dritten Fall. Die Gralshüterinnen und Gralshüter der deutschen Leitkultur können offenbar keinen Dativ, und sie wollen nicht gendern, denn neben Handwerkern gibt es, wenngleich

weitaus weniger, eben doch viele Handwerkerinnen. Sie werden bei der AfD nicht genannt, und wer nicht genannt ist, ist nicht gemeint. Das offenbart ein Menschenbild, das rückwärtsgewandt, schöngeredet konservativ, aber eigentlich stockreaktionär ist. Auch deshalb lehnen wir den Änderungsantrag ab.

(Beifall bei den LINKEN)

Der Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist unserer Meinung nach etwas lax gestellt. Wir halten ihn jedoch für sinnvoll, weil er die Staatsregierung auffordert, in einer wichtigen Sache, nämlich bei der Förderung des Handwerks, in die Puschen zu kommen. Deshalb werden wir ihm zustimmen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den LINKEN)

Bitte, Herr Dr. Lippold, eine Kurzintervention.

Eine Kurzintervention als Reaktion. – Liebe Frau Kollegin, wenn wir keine Zahl genannt hätten, dann wäre natürlich kritisiert worden, dass wir keine Zahl genannt haben. Wenn man eine konkrete Summe nennt, dann ist sie immer entweder zu hoch oder zu niedrig. Aber so ist das nun einmal. Es war uns auch völlig klar, dass dies natürlich der wohlfeilste Kritikpunkt hier sein würde. Wir haben uns hier an dieser Stelle einfach aus dem Fenster gelehnt und haben eine Summe genannt. Wir wollen das Ding einfach als Vorschlag, als Instrument in Gang bringen. Das war der Anlass.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es erfolgt keine Reaktion. – Ich bitte Sie, Herr Kollege Vieweg, ergreifen Sie das Wort für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ja, in der Tat, Sachsen ist ein Land der Handwerkerinnen und Handwerker. Ich kann mich an meine Gesellenzeit erinnern. Mir hat der Eingliederungszuschuss von 6 000 Mark geholfen, mein erstes Unternehmen zu gründen, und er hat mir auch geholfen, nicht nur das Unternehmen zu gründen, sondern auch im Folgeschritt einen Mitarbeiter einzustellen und selbst zu beschäftigen.

Wir wissen, es gibt hier im Hohen Haus einen großen Konsens, was die Verbesserung der Bedingungen für unsere Handwerkerinnen und Handwerker anbelangt. Zu diesem Konsens gehört aber auch Redlichkeit. Darum ist es für mich – an diesem Punkt bitte ich Sie, sehr geehrter Herr Kollege Lippold, um Verständnis – eine Frage der politischen Redlichkeit, dass wir nicht unterjährig mit einem Schnellschuss in der laufenden Haushaltsperiode und vor einer neuen Haushaltsperiode einfach so Prämien verteilen. Sie können das fordern; das ist Ihr gutes Recht. Ein Koalitionsabgeordneter, für den politisches Handwerk

und politische Redlichkeit im Vordergrund stehen, muss natürlich auch sagen, wovon das bezahlt werden soll.

(Zuruf von den LINKEN: Aus Steuereinnahmen!)

Aus diesem Grund gehört es für mich zum politischen Handwerk und zur Redlichkeit, Ihnen heute zu sagen: Wir wollen und wir werden nicht unterjährig in der Haushaltsperiode einfach so Prämien verteilen. Sie suggerieren mit Ihrem Antrag – –

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Daran erinnere ich Sie in den nächsten Wochen, wenn Sie wieder Haushaltsanträge stellen!)

Sie können sich gern zu Wort melden, sehr geehrter Herr Kollege. – Nun hat Ihr Antrag ein Stück weit suggeriert, wir würden in Sachsen das Handwerk nicht gut genug unterstützen. Deshalb möchte ich Ihnen sagen, wie wir das Handwerk im Freistaat fördern.

Wir fördern von Anfang an mit Gründungsberatung. Wir unterstützen bei Gründungsberatung. Dabei geht es um das erste Rüstzeug. Im Jahr 2015 haben – Herr Kollege Lippold, Sie haben die Zahlen zitiert – 200 Betriebe von dieser Gründungsberatung Gebrauch gemacht. Wir fördern mit Kleinkrediten ohne Sicherheit, die wichtig sind, um die ersten Betriebsmittel anzuschaffen. Von diesem Förderprogramm haben – das sind auch die Zahlen von 2015 – 120 Handwerksbetriebe Gebrauch gemacht, 3 Millionen Euro Fördersumme.

Wir haben die gesamte einzelbetriebliche Förderung für das Handwerk geöffnet. Wir fördern mit Gründungs- und Wachstumsfinanzierung, und – auch das haben Sie ein Stück weit weggelassen – wir haben die Sächsische Beteiligungsgesellschaft für das Handwerk geöffnet. Wir unterstützen hier mit Eigenkapitalzuschüssen.

Sie sehen also, wir tun eine ganze Menge für das Handwerk. Es ist – das ist ein Punkt, auf den ich besonders eingehen will – nicht nur eine Frage der Finanzen. Wir haben im Moment eine konjunkturelle Hochphase, und viele Handwerkerinnen und Handwerker, die aus der Meisterausbildung kommen, überlegen sich, wo ihre berufliche Perspektive ist. Es ist Realität, dass sich viele bei einem Berufskollegen anstellen lassen und eher den Weg in die Selbstständigkeit scheuen, einerseits weil es gerade für einen beruflichen Neuanfänger schwierig ist, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen, und auf der anderen Seite, weil viele die Sicherheit einer abhängigen Beschäftigung beim Berufskollegen dem Risiko vorziehen, selbstständig unterwegs zu sein.

Aus meiner Sicht ist das der Hauptgrund, warum wir im Moment eine Stagnation bei den Handwerksbetrieben haben. Was wir aber nicht haben, sind weniger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und weniger Handwerkerinnen und Handwerker in Sachsen. Ganz im Gegenteil.

Also, sehr geehrter Kollege Lippold, wir haben einen gemeinsamen Anspruch, die Bedingungen für das Handwerk im Freistaat zu verbessern. Lassen Sie uns daran