Protokoll der Sitzung vom 14.12.2017

Also, sehr geehrter Kollege Lippold, wir haben einen gemeinsamen Anspruch, die Bedingungen für das Handwerk im Freistaat zu verbessern. Lassen Sie uns daran

festhalten. Wir haben das Jahr 2018, um noch einmal intensiv über die Bedingungen im Handwerk zu sprechen. Schnellschüsse helfen uns nicht, auch wenn jetzt Weihnachten ist. Wir werden Ihren Antrag ablehnen.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Herr Kollege Beger, am Ende der Rederunde sprechen Sie für die AfD-Fraktion. Wollen Sie auch den Änderungsantrag gleich mit begründen? Oder kommen Sie noch einmal? – Bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die dem Antrag zugrunde liegende Idee einer Meistergründungsprämie ist gut. Das heißt aber längst noch nicht, dass es auch der Antrag ist. Deshalb der von uns eingebrachte Änderungsantrag – dazu aber später mehr.

Liebe GRÜNE, der Problemaufriss, den Sie in der Begründung Ihres Antrages skizzieren, ist richtig. Die Handwerksnovelle 2004 war und ist in vielen Bereichen misslungen. Das begann bei der undurchdachten Abschaffung der Meisterpflicht für viele Gewerke und setzt sich in der mangelhaften politischen Anerkennung des Handwerks fort. Folgerichtig sind weniger Handwerker bereit, einen Betrieb zu übernehmen oder das Risiko einer Neugründung zu wagen. Sinkende Betriebszahlen sind das Resultat.

Daneben gibt es viele weitere Baustellen: Soloselbstständigkeit und Altersarmut, um nur zwei Schlagworte zu nennen. Eines dieser Problemfelder haben wir in unserem Entschließungsantrag vom 20. Juni dieses Jahres zur Großen Anfrage "Aktueller Erkenntnisstand zu den Auswirkungen der Handwerksnovelle 2004" herausgearbeitet. Dass Sie unsere Vorarbeit nutzen, um das Handwerksthema um einen weiteren Schwerpunkt zu ergänzen, spricht einerseits für Sie, andererseits aber auch für unsere gute Vorarbeit. Schade, dass es damals von den heutigen Antragstellern nur wenig, um nicht zu sagen gar keine Empathie für unsere Handwerker gab. Aber die anderen Fraktionen verhielten sich auch nicht besser.

Bitte lesen Sie noch einmal das entsprechende Plenarprotokoll zur 57. Plenarsitzung und Ihre abenteuerlichen Stellungnahmen dazu. Dann wissen Sie, was ich meine. – Dies nur zum Punkt Glaubwürdigkeit. Wir sind glaubwürdig. Deshalb diskutieren wir mit Ihnen in der Sache, nicht aber über das Erscheinen auf Handwerksfeiern oder ähnliche sachfremde Dinge. Wie gesagt, am Problemaufriss lässt sich nichts deuteln. Wir müssen dem Handwerk wieder die Anerkennung zukommen lassen, die es verdient.

Rund 300 000 Beschäftigte und circa 57 000 Betriebe erwarten endlich ein positives Signal. Die Einführung einer Meistergründungsprämie wäre ein solches Signal. Der Teufel steckt aber wie immer im Detail. Das beginnt bereits beim Grundverständnis von Meisterbonus und Meistergründungsprämie. Für uns ist der Meisterbonus

nicht mehr als eine Kostendeckungspauschale für die Meisterausbildung. Seine Erhöhung ist dringend notwendig. Wir wollen einen echten Bonus, der politische Anerkennung verleiht und nicht nur die Ausbildungskosten deckt. Deshalb die entsprechenden Anträge von uns in den letzten beiden Doppelhaushalten zum Meisterbonus.

Für Herrn Lippold ist der Meisterbonus ein Geschenk zur Finanzierung der Meisterfeier. Das geht zwar in eine etwas andere Richtung, kommt aber unserer Absicht zumindest dann recht nahe, dass 1 000 Euro Meisterbonus zu wenig sind. Umso überraschender ist es dann, dass die Antragstellerin im Punkt 2 ihres Antrages sogar noch eine Anrechnung dieser 1 000 Euro auf die Meistergründungsprämie fordert. Das ist nun komplett widersprüchlich.

Einerseits sagt Herr Lippold, selbst mit 1 000 Euro kann man keinen Betrieb gründen, sondern eher eine Meisterfeier finanzieren. Für die Betriebsgründung ist der Meisterbonus im Übrigen auch gar nicht vorgesehen. Andererseits aus der Erwägung, dass der Meisterbonus und die Meisterprämie grundsätzlich sachverschieden sind – – Der Meisterbonus wird für den erfolgreichen Abschluss der Ausbildung, nämlich der Meisterausbildung bezahlt. Die Meistergründungsprämie dient zur Gründung einer wirtschaftlichen Existenz. Beide Ereignisse sind derart verschieden, dass sich ein Berufsleben im Alternativverhältnis sowohl auf die Meisterausbildung als auch auf die Betriebsgründung aufbauen lässt. Da lehnen wir eine Anrechnung grundsätzlich ab.

Der Antrag ist jedoch nicht nur im Punkt 2, sondern auch noch in anderen Punkten stark verbesserungsbedürftig. Dazu dann aber mehr bei der Einbringung unseres Änderungsantrages.

Eines möchte ich noch kurz nachschieben: Der Meisterbonus, der Technikerbonus, wie wir ihn fordern, und auch die Meistergründungsprämie sind große Chancen, um unsere Wirtschaft strukturell besser aufzustellen. Solche Debatten wie die um Siemens mit einer staatlichen Konzernförderung von über 1,5 Milliarden Euro – von solchen Summen können Handwerksbetriebe nur träumen – bleiben uns dann erspart.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das war der Kollege Beger. Wir sind am Ende der Rederunde angekommen. Gibt es jetzt noch Gesprächsbedarf aus den Fraktionen? – Das kann ich nicht feststellen. Damit hat die Staatsregierung das Wort, und es wird ergriffen von Staatsminister Dulig.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich Kollegen Pohle anschließen, dass es erst einmal gut ist, dass wir über das Thema Meister und über das Thema Handwerk reden, weil das typisch für Sachsen und für die sächsische Wirtschaftsstruktur ist. Wir haben schon häufig in diesem

Haus über Meisterzwang, Meister-BAföG, Meisterbonus gesprochen und auch über die konkreten Leistungen, die wir dem Handwerk entgegenbringen, um ihm Wertschätzung zu zollen.

Deshalb ist es sinnvoll und gut, dass wir uns über vielfältige weitergehende Instrumente unterhalten, um dem Handwerk zu helfen und ihm gerade hier in Sachsen einen guten Boden zu bereiten. Deshalb stehe ich auch Ihrem Anliegen grundsätzlich offen gegenüber.

Nur – da bin ich auch bei den Vorrednern, auch bei dem, was Herr Vieweg gesagt hat – muss man uns erst einmal überzeugen, warum genau jetzt eine Lücke entsteht, die mit dieser Leistung oder mit diesem Ansatz geschlossen wird. Die sehe ich noch nicht. Wenn die da ist, muss man tatsächlich darüber nachdenken, ob das Instrument das geeignete ist.

Wir müssen uns doch Folgendes anschauen: Mit dem Meisterbonus schaffen wir zumindest symbolisch einen Ausgleich oder einen Anteil an einem Ausgleich für eine Qualifikation, die Geld kostet – bis zu 10 000 Euro für die Meisterausbildung –, während man für eine akademische Ausbildung nichts bezahlt. Das heißt, dieser symbolische Anreiz, die symbolische Anerkennung will zumindest diese Lücke anerkennen und dementsprechend hier mit einem Bonus eine Anerkennung geben.

Wenn es jetzt um die Frage der Neugründungen geht, dann haben wir die Situation, dass wir tatsächlich einen deutlichen Rückgang bei den Handwerksbetrieben haben. Seit 2012 verzeichnen wir einen Rückgang im zulassungspflichtigen Handwerk von 1 315 Betrieben, das sind 3,45% weniger als vor fünf Jahren. Auf der anderen Seite haben wir nach wie vor aber eine höhere Handwerkerdichte in Sachsen, die weit über dem Bundesdurchschnitt liegt, nämlich 14,6 Betriebe auf 1 000 Einwohner gegenüber 12,5 im Bundesdurchschnitt.

Hier lohnt es sich durchaus, noch einmal den historischen Zusammenhang herzustellen. Wir haben aktuell eine höhere Handwerksdichte, weil in den Neunzigerjahren viele Betriebe die jungen Leute entlassen haben, weil die jung waren und sich noch selbstständig machen oder ihren Weg gehen konnten. Die Älteren hat man in Vorruhestandsregelungen geschickt, sodass wir jetzt das Ergebnis haben, dass viele Betriebe mit einer ähnlichen Alterskohorte wie ihre Chefs gerade kurz vor der Rente stehen. Viele junge Leute haben sich selbstständig gemacht. Das hat zu dieser Zeit zu einer größeren Anzahl von Gründungen von Handwerksunternehmen geführt.

Jetzt ist die Frage, inwieweit wir in einem bestimmten Anpassungsprozess sind, den wir nicht künstlich durch Prämien umkehren können. Das ist die zweite Seite der Medaille. Hier muss man die Frage stellen: Entsteht eine Lücke, die man mit einem solchen Instrument, wie Sie es vorgeschlagen haben, schließen kann?

Sie haben das Beispiel Leipzig genannt. Entsprechend Ihrer Argumentation müssten wir in Leipzig eine überproportionale Anzahl von Handwerksgründungen haben.

Die haben wir nicht. Die Motivation, sich selbstständig zu machen, besteht nicht in einem finanziellen Anreiz. Dazu tragen vielfältige Gründe bei.

Aus diesem Grund stehen wir Ihrem Antrag erst einmal mit großem Vorbehalt gegenüber. Es ist schlichtweg nicht überzeugend, dass dieses Instrument – außer der symbolischen Wertschätzung, die uns auf der anderen Seite sofort die Debatte bringen wird, warum wir das für andere Bereiche nicht machen – diese Lücke schließt.

Man kann über solche Instrumente reden, wenn sie tatsächlich effektiv sind. Wir werden uns genau anschauen, wie das in anderen Bundesländern funktioniert, in denen es eine solche Prämie gibt. Aber man muss schon den Nachweis bringen, ob dieses Instrument tatsächlich geeignet ist, eine Lücke zu schließen, die anders nicht zu schließen ist.

Allen Gründern, egal ob im Handwerk oder in anderen Bereichen, steht ein breites Beratungs- und Förderangebot des Freistaates Sachsen zur Verfügung. Dort entsteht keine Lücke. Man muss auch hier erklären, warum gerade bei den Handwerksbetrieben eine Lücke entstehen sollte, die nicht anders zu schließen oder im Vergleich zu anderen Branchen einmalig ist.

Sie sehen, dass es nicht um eine pauschale Ablehnung des Instrumentes geht. Wir sind aber schlichtweg noch nicht überzeugt, dass tatsächlich damit effektiv eine Lücke geschlossen werden kann, die nicht durch andere Instrumente geschlossen werden kann oder vielleicht gar nicht besteht.

Wir danken natürlich für die Initiative und den Anreiz. Aber wir sind bei der Unterstützung des sächsischen Handwerks im Freistaat gut unterwegs, nicht nur mit Wertschätzung und Symbolik, sondern auch mit konkreten Instrumenten wie dem Meisterbonus. Man kann gern darüber diskutieren – ich bin gespannt auf die Haushaltsverhandlungen –, diesen Ansatz weiter auszubauen. Von daher hoffe ich auf weitere Unterstützung für das sächsische Handwerk, weil wir weitere Gründungen brauchen. Betriebsübernahmen sind das entscheidende Thema, das wir gerade haben.

Wir bitten um Ablehnung des Antrages, weil er an dieser Stelle nicht effektiv ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Als Nächstes hat die einbringende Fraktion die Möglichkeit eines Schlusswortes. Bitte, Herr Dr. Lippold.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Geschätzter Kollege Pohle, ich kann Sie beruhigen. Grüne Wirtschaftspolitiker in diesem Haus reden nicht nur über die Wirtschaft, sondern auch mit der Wirtschaft. Ich bin mit diesem Thema zweimal beim Hauptgeschäftsführer der Hand

werkskammer in Dresden gewesen. Dem hat vor einem knappen Jahr der Textentwurf zum ersten Mal vorgelegen. Er hat im Übrigen ganz ähnliche Bedenken wie Sie gehabt, nämlich die Integration der beiden Förderinstrumente, also die Frage, wie der Bonus dabei integriert wird.

Wir sehen das dennoch anders. Das ist unser Recht als Fraktion und politische Partei. Wir sehen, dass es durchaus zwei Instrumente mit einem sehr ähnlichen Förderziel sind, nämlich Meisterabschlüsse und deren positive wirtschaftliche Effekte zu fördern. Wir fokussieren uns dabei mit unserem Instrument auf das Hauptmotiv, die bessere wirtschaftliche Perspektive nach dem Abschluss. Deshalb glauben wir, dass es sinnvoll ist, beide Instrumente zu vereinen, diese also zu integrieren. Im Übrigen wäre eine Nichtanrechnung eine Benachteiligung derer, die den Bonus nicht bekommen haben. Das ist ein weiterer Grund.

Dass man jede konkret benannte Summe kritisieren kann, habe ich schon gesagt. Wir haben uns dennoch aus dem Fenster gelehnt und eine benannt. Uns geht es darum, über diesen konkreten Vorschlag hinaus unseren Antrag ganz klar als Anregung an die Staatsregierung und die Koalition hier im Landtag zu sehen, ein solches Instrument überhaupt ins Auge zu fassen. Die konkrete Summe und die Ausgestaltung des Instrumentes kann man dann festlegen. Wir wollen darüber gern im nächsten Doppelhaushalt reden.

Ich habe viel Zustimmung zu den Intentionen unseres Antrages gehört, auch Kritik an einzelnen Punkten und Ergänzungsvorschläge. Natürlich kann man alles immer noch besser machen. Aber um am Ende anzukommen, muss man erst einmal loslaufen. Lassen Sie uns loslaufen. Stimmen Sie unserem Antrag zu. Lassen Sie uns damit einen Prozess anstoßen, um rechtzeitig anzukommen. Rechtzeitig bedeutet für uns, der Staatsregierung möglichst ausreichend Zeit zu geben, das Thema Meistergründungsprämie so gründlich zu durchdenken, dass die Grundzüge bis zum nächsten Haushaltsprozess Konturen angenommen haben. Dann können wir hier dafür gemeinsam ein Budget beschließen und dieses wichtige Programm ab 2019 wirklich in Gang setzen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das war das Schlusswort der einbringenden Fraktion.

Nun haben wir in der Drucksache 6/11509 einen Änderungsantrag der AfD-Fraktion vorliegen. Der soll jetzt – das hat Herr Beger angekündigt – begründet werden.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie alle haben unseren Änderungsantrag vorliegen. Meine Kritik an der Antragsüberschrift sowie zu Punkt 2 haben Sie bereits in der Rede zum Hauptantrag zur Kenntnis genommen. Auf Wiederholungen hierzu möchte ich daher gern verzichten.

Im Punkt 1 schlagen wir zwei Änderungen vor, zunächst die Förderung einer Meisterprämie bei Betriebsbeteiligungen ab 30 %, alsdann die grundsätzliche Erhöhung der Meistergründungsprämie auf 8 700 Euro. Gleich vorweg: Es geht hier nicht um das Prinzip „Wer bietet mehr?“. Die Änderungen fußen auf folgenden Erwägungen:

Wir stehen gerade bei den Betriebsgründungen in Konkurrenz mit unseren Nachbarbundesländern und weniger mit Nordrhein-Westfalen. Deshalb wird vorgeschlagen, Punkt 1 an die Meistergründungsprämie des Landes Brandenburg anzupassen. Von einer Erhöhung darüber hinaus haben wir abgesehen, um einen Förderwettkampf über Steuergelder zu vermeiden.

Aufgrund der bereits genannten Bedenken zum ursprünglichen Punkt 2 haben wir diesen ersetzt. Uns ist es wichtiger, die Schaffung von Arbeitsplätzen zu honorieren, als den Meistern ihren Ausbildungskostenzuschuss wieder zu entziehen.

Schließlich wurde Punkt 5 angefügt; denn auch der beste Antrag macht wenig Sinn, wenn kein klarer Zeithorizont für seine Umsetzung vorgesehen ist. Aus diesen Gründen bitte ich um Ihre Zustimmung zu unserem Änderungsantrag.

Vielen Dank.