Protokoll der Sitzung vom 31.01.2018

Drittens wurde die Systematik der Sächsischen Haushaltsordnung verletzt. Schauen Sie doch mal hinein, Herr Michel. § 11 Abs. 1 geht von einer jährlichen Haushaltsaufstellung aus. § 12 ist eine Kannvorschrift, eine Ausnahmeregelung, die wir seit zehn Jahren anwenden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Gebhardt! Wir wollen uns auf die kommenden Veränderungen vorbereiten und dem neuen Landtag volle Gestaltungsmöglichkeiten ab dem Jahr 2020 belassen. Daher begrüßen wir die Beschränkung auf einen Ein-JahresHaushalt und werden diesem Antrag zustimmen.

Recht herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren! Nun spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Abg. Schubert. Bitte sehr, Frau Schubert, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Fraktion hält den Vorschlag der Fraktion DIE LINKE für sinnvoll und geboten. Der vorliegende Antrag ist gerechtfertigt; denn er macht zwei Punkte auf, über die wir uns ernsthaft unterhalten können und auch müssen. Das sind zum einen Verfahrensfragen, und zum anderen ist es das Thema der Budgethoheit des Landtags, was im Antrag ausgeführt wird.

Die aktuelle Legislaturperiode endet 2019. Dann wird ein neues Parlament gewählt. Dieses Parlament hat – ich will jetzt nicht wieder sagen, das Königsrecht, das klingt mir zu royal – die Budgethoheit. Das haben wir mehrfach gehört. Ein Doppelhaushalt für 2019/2020, wie er im Moment geplant ist, würde also über die Legislatur hinausgehen und das neue Parlament an einen Haushalt binden, den es selbst nicht mitbeschlossen hat. Das ist mir dann doch, um mit Kollegen Michels Worten zu sprechen, ein bisschen zu viel „Prognose in die Zukunft“; denn ein solcher Doppelhaushalt würde vorgreifen und politische Markierungen setzen, ohne wissen zu können, wie nach 2019 die politische Schwerpunktsetzung tatsächlich aussieht. Das finden wir nicht redlich und halten es für bedenklich, wie die Begründung des Antrages der Fraktion DIE LINKE auch hinlänglich ausführt.

Es gibt mehrere Punkte, in denen die Staatsregierung die Budgethoheit des Landtages schlicht und ergreifend fast

traditionell immer wieder umgeht und worauf DIE LINKE in ihrem Antrag zu Recht hinweist. Es ist ein Verschiebebahnhof, den die Staatsregierung mittels verschiedener Gleise seit einigen Jahren betreibt. Ich will hier nur zwei Beispiele aufgreifen, um nicht den Rundumschlag, den Kollege Gebhardt schon gemacht hat, zu wiederholen.

Das erste Beispiel sind die halbjährlichen Übersichten des Finanzministers zu über- und außerplanmäßigen Ausgaben. 2016 waren das fast 200 Seiten in „Winzschriftgröße“. In dieser Legislatur – und da reden wir von drei Jahren – wurden über 2 Milliarden Euro in dieser Form verschoben. Auch die massiven Verpflichtungsermächtigungen, die im Übrigen zum Teil auch schon weit über diese Legislatur hinausgehen – also nicht nur bis 2020, sondern teilweise bis 2025 –, binden das nachfolgende Parlament nicht nur für zwei Jahre, sondern teilweise für viele Jahre. Das sind wohlgemerkt 550 Millionen Euro, von denen wir bislang wissen; denn für 2017 hat die Staatsregierung dem Haushaltsausschuss nur die Übersicht über die Ausgaben für das erste Halbjahr 2017 vorgelegt. Wir wissen also nicht, was noch kommt.

Da bin ich beim Kollegen Panter, der über das Thema „Wir müssen Sicherheit herstellen“ gesprochen hat. Die Verpflichtungsermächtigungen sind ein wunderbares Mittel, um überjährig Sicherheit herzustellen. Ich erinnere einmal daran, dass die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in den letzten Doppelhaushaltsverhandlungen genau das vorgeschlagen hat, nämlich überjährige Verpflichtungsermächtigungen unter anderem für den Sozialbereich, um eben jene Sicherheit zu schaffen, die Sie befürchten aufs Spiel zu setzen, wenn Sie einjährige Haushalte verabschieden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das parlamentarische Recht auf Budgethoheit und das politische Ausgestalten eines Haushalts beschränkt sich bei dem Verfahren, das ich eben beschrieben habe, eigentlich auf das reine Abnicken durch die Parlamentarier, denn der Landtag wird nachträglich um Genehmigung gebeten. Selbst wenn das alles rechtlich möglich ist – Kollege Michel hat mehrfach darauf hingewiesen, es sei rechtlich möglich –, greift es aber die Budgethoheit des Parlaments trotzdem an.

Ich sage das an dieser Stelle sehr deutlich für meine Fraktion: Wir werden dieses Verfahren der über- und außerplanmäßigen Ausgaben nicht mehr mittragen. Wir haben das in dieser Legislatur vereinzelt in einer Sondersituation mitgemacht, bei der es erforderlich war, obwohl uns ein Nachtragshaushalt deutlich besser gefallen hätte. Damit ist Schluss.

Das zweite Beispiel, das ich anführen möchte: Wir schauen uns sehr sorgfältig die Haushaltsrechnung des Freistaates an. Da bekommen Sie selbst als interessierter Mensch nicht wirklich heraus, in welcher Höhe die Staatsregierung aus welchem Fonds über welchen Titel Geld auszahlt. Der Jahresetat des Freistaates für 2018 beträgt

18,9 Milliarden Euro, davon liegen 8,2 Milliarden Euro in Fonds. Das ist fast die Hälfte. Das ist mir und auch meiner Fraktion einfach zu viel Geld, dessen Verwendung nicht mehr durch den Landtag geregelt wird. Allein im Jahr 2016 wurde fast 1 Milliarde Euro außerhalb der Haushaltsberatung in Sondervermögen verschoben. Auch das gefährdet die Budgethoheit des Parlaments und ist nicht in Ordnung.

Die momentane Haushaltsbefassung ist nach dem bisher vorgegebenen Korsett nicht nur ritualisiert, sondern sie ist auch zeitaufwendig und sanierungsbedürftig. Darum ist ein Nachdenken erlaubt, was man zukünftig strukturell verändern könne. Ein Doppelhaushalt ist grundsätzlich okay, aber für das letzte Jahr einer Legislatur ist ein EinJahres-Haushalt aus den genannten Gründen angebracht. Wir werden dem Antrag der LINKEN zustimmen. Wir denken, es ist ein sinnvoller Vorschlag, um die Budgethoheit des 6. Landtags anzuerkennen und die des 7. Landtags vollumfänglich zu gewähren.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Und nun Herr Abg. Wurlitzer. – Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Ich muss meinen Vorrednern aus allen anderen Fraktionen zustimmen. Jeder hat irgendwo Recht.

Ich bin auf der anderen Seite relativ pragmatisch veranlagt. Jetzt einmal ganz ehrlich: Was würde denn passieren, wenn wir einen Ein-Jahres-Haushalt haben? Ändert sich hier irgendetwas im Parlament? Die Regierungskoalition macht sowieso, was sie will. Es ist völlig egal, ob die Opposition gute Vorschläge hat, Anträge einbringt oder nicht; es wird nicht zugestimmt. Das haben wir beim Schulgesetz und beim letzten Haushalt erlebt. Die Opposition ist da, die Opposition mahnt, aber nichts davon geht letztendlich durch. An der Stelle muss ich ganz ehrlich eines sagen: Es spielt überhaupt keine Rolle, ob es ein Ein-Jahres-Haushalt oder ein Zwei-Jahres-Haushalt ist. So lange sich die Gepflogenheiten hier im Parlament nicht ändern, wir uns über Sachargumente auseinandersetzen und am Ende tatsächlich auch sinnvoll abstimmen, nicht nur nach Ideologie oder nach Partei, dann ist es völlig egal.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Dann kannst du auch zu Hause bleiben!)

Die fraktionslosen Abgeordneten der blauen Partei werden diesen Antrag deshalb ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den fraktionslosen Abgeordneten)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Wir kommen in die zweite Runde. Für die Fraktion DIE LINKE spricht Herr Abg. Bartl. – Bitte sehr.

Vielen Dank. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte zunächst einmal Beklemmungen, mich in die Phalanx der Haushaltspolitikerinnen und Haushaltspolitiker einzureihen. Aber nachdem ich gesehen habe, Herr Barth, dass Sie auch nur mit Wasser kochen, habe ich meine Meinung geändert.

(Heiterkeit bei der AfD)

Sie können Fünfjahrpläne nicht von Ein-Jahres

Haushalten unterscheiden. Die DDR hatte Fünfjahrpläne, aber sie hatte natürlich Ein-Jahres-Haushalte. Es ist ein Unterschied zwischen Plan und Haushalt.

(André Barth, AfD: Das ist der Experte für DDR- Recht und –Unrecht! – Weitere Zurufe der AfD)

Wenn das der Haushaltspolitiker in diesem Hause nicht kennt, sorry. Aber bleiben wir beim Wesen der Sache. Kollege Michel, selbstverständlich ist es rechtlich zulässig, mit Doppelhaushalten zu arbeiten, wie das der Landtag seit 1998 tut. Bis dahin, Herr Kollege Panter, war es geübte Praxis, Ein-Jahres-Haushalte zu haben.

(Dirk Panter, SPD: Bis 1999, ja!)

Ja, und im Grunde genommen war das damals das Verständnis des verfassungsgebenden Ausschusses, respektive auch der Verfassungsversammlung, dass wir mit EinJahres-Haushalten arbeiten. Das war ursprünglich der Ausgangspunkt, bis 1998 Meister Milbradt kam und etwas Modernes usw. einführte. Ist ja erst einmal von der Sache her okay. Das Problem, was auch für den EinJahres-Haushalt mindestens in dem letzten Jahr der Legislatur spricht, ist aber, dass wir im Grunde die Budgethoheit des Sächsischen Landtags deshalb fortwährend ausgehöhlt bekommen, weil es hier seit 1998 nie zu einem Nachtragshaushalt kam. In fast jeder Legislatur ist ein Nachtragshaushalt von unterschiedlichen Fraktionen angemahnt worden, zweimal auch von Ihrer Vorgängerfraktion, Kollege Panter. Es ist von den LINKEN angemahnt worden, es ist von den GRÜNEN angemahnt worden. Es ist aber nie zu einem Nachtragshaushalt gekommen. Das heißt im Klartext: Das, was normalerweise auch einen Doppelhaushalt legitimieren kann, nämlich, indem ich in dem zweiten Jahr, wenn ich bessere Voraussicht habe, als Parlament nachsteuern kann, kommt qua Mehrheitsverhältnissen in diesem Hause nie zustande.

Darin liegt ganz offensichtlich ein verfassungsrechtliches Problem, nämlich die Budgethoheit des Parlaments, bei der es darum geht, dass das Parlament, wenn es schon einen Doppelhaushalt hat, auch zwei Jahre die Hoheit über das Teil behält und es nicht fortwährend praktisch nur mit Mauscheleien über den Haushalts- und Finanzausschuss geklärt wird.

Ich darf daran erinnern: Obgleich der Sächsische Rechnungshof, wie früher schon in anderen Fällen auch, mit Schreiben vom 15. April 2016 ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass die entsprechende Abweichung vom beschlossenen Haushaltsgesetz 2015/2016 durch die

Nacheinstellung dieser 214 Stellen für die Polizei nur qua Verabschiedung Nachtragshaushalt geht, hat das die Koalition, und zwar diese Koalition, auch verweigert und es letzten Endes über den HFA getan. Das ist zweifellos im Kontext mit dem Antragsanliegen auch entscheidungserheblich. Das müssen wir entsprechend mit einstellen. Noch einmal: Das vorgesehene Regulativ, über die Arbeit mit Nachtragshaushalten den Einsatz von Doppelhaushalten zu legitimieren, funktioniert nicht; das wird in diesem Hohen Hause nicht geübt.

Der zweite maßgebliche Grund ist, dass das jetzige Parlament mit der Beschlussfassung über den Haushalt 2019/2020 den nächsten Landtag über einen längeren Zeitraum domestiziert. Das ist Fakt. De facto kommt der nächste Landtag, der 7. Landtag, erst im Jahr 2021 tatsächlich dazu, in eigener Haushaltshoheit seine entsprechenden Entscheidungen zu treffen. Das ist ein Problem für sich. Und es ist genau das, was im Kommentar zur Sächsischen Verfassung unter Randnummer 46 eindeutig geschrieben steht. Herausgeber ist unter anderem der Kollege Baumann-Hasske und Kommentator Prof. Berlit, Verfassungsrichter Sachsens und Vizepräsident des Bundesverwaltungsgerichtes. Kollege Michel hat diese Randnummer nicht zitiert.

Klipp und klar wird gesagt, dass ein längerer Budgetzeitraum verlässliche Prognosen zur Haushaltsentwicklung erschwert, was zur Notwendigkeit von Anpassungen durch Nachtragshaushalte führt. Dadurch geht die ursprüngliche Aufwandsersparnis wieder verloren. Des Weiteren wird die Entscheidungshoheit des Parlaments über einen längeren Zeitraum ausgesetzt, was im Hinblick auf die demokratische Legitimationsfunktion des Parlaments nicht unproblematisch ist. Sie ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn sich während der mehrjährigen Budgetperiode die Mehrheiten im Parlament ändern.

Das ist genau das Problem und die Rechtfertigung, dies hier aufzurufen, also neben dem politischen Anliegen auch das verfassungsseitige respektive das verfassungsrechtliche Anliegen.

Der hier schon vorgetragene Einwand der Koalition, dass neu gewählte Parlamente sich ja praktisch stehenden Fußes einen neuen Haushalt geben könnten, also zum Beispiel der 7. Sächsische Landtag, ist doch auch Augenwischerei. Wenn wir einmal beschlossen haben, sind im Doppelhaushalt mindestens 60 bis 65 % der Mittel festgelegt. Sie gehen in Großprojekte, sie gehen in vertragliche Bindungen etc. pp. Auch wenn der Landtag politisch ganz anders zusammengesetzt sein mag, kann man sich von diesen Projekten allenfalls nur noch durch Regresszahlungen, durch Schadenersatzzahlungen, durch Vertragsstrafen etc. verabschieden. Das ist doch im Grunde genommen ebenso wenig möglich.

Über dieses Problem ernsthaft zu sprechen, ernsthaft darüber nachzudenken, ob wir den Weg Doppelhaushalt so ganz unbefangen beschreiten sollten, wie wir es seit 1998 tun, und zwar mit dieser relativen Engstirnigkeit, nicht wenigstens für einen Nachtragshaushalt offen zu

sein, darüber nachzudenken, ist meines Erachtens mehr als legitim. Deshalb meinen wir: Der Antrag ist sehr wohl zustimmungsfähig. Wir bitten um entsprechendes Votieren.

Danke schön.

Meine Damen und Herren! Ich frage jetzt in die Runde: Gibt es weitere Wortmeldungen? CDU-Fraktion? SPD? AfD? BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN? – Dann liegt mir noch eine weitere Wortmeldung vor. Ist das Schlusswort oder Redebeitrag?

(Uta-Verena Meiwald, DIE LINKE: Schlusswort!)

Nun frage ich die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Der Staatsminister der Finanzen, Herr Dr. Haß – jetzt ist es schwierig, Haß oder Haaß –, hat das Wort. – Sie haben das Wort und helfen mir bitte, wie Sie richtig ausgesprochen werden.

Ich halte es für legitim, dass Sie mich fragen, da es ja mein erster Auftritt hier im Plenum ist. – Der Name wird Haß ausgesprochen, mit kurzem A, so ähnlich wie Voß.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Das ist hier ein Begriff.

Das ist Ihnen geglückt. Sie haben das Wort.