Protokoll der Sitzung vom 01.02.2018

Das ändern wir mit einer mündlichen und schriftlichen Prüfung in Deutsch und einer Prüfung in den Kernfächern, bevor der vollständige Übergang in die Regelschulklassen erfolgt. Prüfungen und überprüfbare Leistungen von Schülern sind internationaler Standard und

damit der Regelfall und nicht die Ausnahme. Es ist wohl nicht anzunehmen, dass ausgerechnet das Bundesland Sachsen internationale Standards ignoriert und damit auch den ausländischen Kindern die Chance auf Überprüfbarkeit ihrer Leistungen und eine realistische Selbsteinschätzung nimmt.

Die geforderten Prüfungsleistungen gewährleisten, dass erstens die Vorbereitungsschüler in der Regelschulklasse den Anschluss halten können; zweitens unsere sächsischen Kinder in ihrem Lerntempo nicht beeinträchtigt werden und drittens die Lehrer die Unterrichtsqualität beibehalten und jedem Schüler die gleiche Aufmerksamkeit schenken können.

Wenn wir jetzt nicht mit verbindlichen Leistungsüberprüfungen anfangen, wird sich Sachsen bald auf dem schulischen Niveau von Berlin wiederfinden.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Die Rederunde ist eröffnet durch die Einbringerin, die AfD-Fraktion. Es sprach Frau Kollegin Wilke. Jetzt spricht Herr Kollege Schreiber für die CDU.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Manchmal wünschte man sich, dass hier vorn in dem Glas vielleicht ein paar Promille mehr drin wären, wenn es um solche Tagesordnungspunkte geht.

(Leichte Heiterkeit)

Frau Wilke, es ist erst einmal völlig egal, ob Ihr Antrag dem Grundgesetz oder der Sächsischen Verfassung widerspricht – ich persönlich kann mir, nachdem ich Sie auch auf unserer Ausschussreise näher kennengelernt habe, in keinster Weise vorstellen, dass dieser Antrag persönlich auf Ihrem Mist gewachsen ist.

Deswegen unterstelle ich hier der Führung der AfDFraktion abermals reinen Populismus, und zwar genau in der Woche, in der Sie Ihren Landesparteitag abhalten werden und Sie, Herr Urban, sozusagen zum neuen Führer der Dunkelblauen in Sachsen gewählt werden wollen.

Wenn Sie sich die Tagesordnung dieser Plenarwoche anschauen und gestern Ihre Wortmeldung, Herr Urban, zur Regierungserklärung des Ministerpräsidenten, dann wird ganz deutlich, dass Sie diese Woche nutzen, um besonders national und besonders weit außen – ich will nicht von rechts außen sprechen, aber zumindest sehr, sehr weit außen – zu fischen und herumzuschwimmen.

(Beifall bei der CDU, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Es passt noch wunderbar dazu, dass Sie sich in dieser Woche endlich bekannt haben, gemeinsame Sache in Dresden mit Pegida machen zu wollen.

(Sebastian Fischer, CDU: Widerlich!)

Wer dort herumgeistert und herumspringt – da sage ich nur: Gute Nacht, liebe AfD! Ich denke, möglicherweise – es wäre schlimm – haben wir dann in der nächsten Legislaturperiode wieder eine wirkliche NPD hier im Landtag sitzen durch einen Vereinigungsparteitag mit den Dunkelblauen.

Jetzt zum Antrag. Frau Wilke, es ist erst einmal völlig egal, ob Ihr Antrag dem Grundgesetz oder der Sächsischen Verfassung widerspricht. Einem widerspricht er auf jeden Fall: dem Integrationsgedanken, der mit dem einhergeht, was Sie sonst hier immer kritisieren: dass nämlich Integrationspolitik versagt, dass Integration im wahren Leben versagt. Sie wollen mit Ihrem Antrag den Kindern und Jugendlichen hier explizit die Chance nehmen, sich in irgendeiner Weise mit den Gepflogenheiten, mit Recht und Gesetz, mit Anstand, mit Werten, die Gott sei Dank noch in unseren Schulen gelehrt werden, auseinanderzusetzen und diese anzunehmen.

Das ist das Ziel Ihres Antrags. Ich habe beim Weiterlesen wirklich große Fragezeichen gehabt. Sie wollen die Kinder ohne oder mit geringer Bleibeperspektive durch Menschen aus den Herkunftsländern und in der Herkunftssprache unterrichten lassen, nur auf dem Niveau der Herkunftsländer.

(Karin Wilke, AfD: Was heißt denn „nur“?)

Haben Sie sich schon einmal mit dem Land Afghanistan beschäftigt? Wir haben viele Kinder und Jugendliche hier, die in Afghanistan auf dem Bildungs- oder Kultivierungsstand des 6. Jahrhunderts vor Christi leben, die in Höhlen wohnen und denen wir heute erst einmal beibringen müssen, was Lernen überhaupt ist, wie Lernen funktioniert.

Die AfD, die gar kein Interesse daran hat – dagegen stehen natürlich viel kultiviertere Kinder und Jugendliche beispielsweise aus Großstädten wie Kabul –, will diese Menschen durch Herkunftspersonen unterrichten lassen. Was ist das denn für eine Aussage? Wir holen jetzt sozusagen erst einmal die Leute aus den Ländern her, damit sie die Kinder und Jugendlichen, die schon hier sind, auf dem Niveau des Herkunftslandes und in der Sprache des Herkunftslandes unterrichten?! Wie schizophren ist das eigentlich?! Wie schizophren ist Ihr gesamter Antrag?!

(Beifall bei der CDU und den GRÜNEN)

Frau Wilke, Sie sagen, dass es den Ländern, in die diese Jugendlichen möglicherweise oder hoffentlich zurückgehen – in ihre Herkunftsländer –, nützt, wenn sie hier Englisch lernen, wenn sie hier Deutsch lernen. Warum nützt es ihnen denn dann nichts, dass sie hier einen ordentlich qualifizierten Schulabschluss auf einem europäischen Standard machen? Warum soll denn das nichts nützen? Sie wollen diesen Kindern ihre Zukunftschancen auch in ihren eigenen Ländern verwehren; das würden Sie mit dem, was Sie hier schreiben, erreichen.

Sie haben die Zahlen genannt. Wir haben derzeit 7 663 Kinder in Vorbereitungsklassen. Das sind nach derzeitigem Stand insgesamt 538 Vorbereitungsklassen, davon sind 226 an Grundschulen, 191 an Oberschulen – das sind die zwei großen Ballungen –, und wir haben an den Berufsschulzentren etwas über einhundert. 803 Lehrpersonen arbeiten in diesen Vorbereitungsklassen, davon sind 524 grundständig ausgebildet. Das ist erst einmal richtig. Ich frage mich nur, was daran so schlimm sein soll. Sie vermitteln in Ihrem Antrag den Eindruck, dass diese 803 Lehrpersonen den ganzen Tag nichts anderes machen würden, als in Vorbereitungsklassen „deutsche Zeit“ zu vergeuden. Das ist aber völliger Schwachsinn, Frau Wilke!

(Karin Wilke, AfD: Das habe ich nicht gesagt!)

Das suggeriert aber Ihr Antrag. Das bestätigt ja, dass Ihr Antrag nicht Ihrem Geist entsprungen ist. Der Antrag suggeriert, dass diese Personen nichts anderes machen, als „deutschen Schülern“ wertvolle „deutsche Zeit“ zu entreißen, um sich um „böse Flüchtlingskinder“ zu kümmern. Das ist aber völliger Käse!

(Karin Wilke, AfD, tritt ans Mikrofon.)

Wenn Sie sich einmal mit dem System auseinandersetzen, dann wissen Sie, dass diese Vorbereitungsklassen Bestandteil des Lehrauftrages eines Lehrers sein können. Das heißt, dass der gleiche Lehrer, der drei, vier oder fünf Stunden in Vorbereitungsklassen unterrichtet, –

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

– Wenn ich den Satz zu Ende geführt habe, gern.

genauso deutsche Kinder und Jugendliche in einer Regelklasse unterrichtet.

Bitte schön.

Bitte.

Herr Schreiber, haben Sie den Antrag überhaupt gelesen?

Natürlich, und ich habe ganz viele Anmerkungen gemacht.

Denn das, was Sie darüber erzählen, steht da gar nicht drin.

(Carsten Hütter, AfD: Reine Interpretation!)

Nein. Es sind einige Zahlen, aber – –

(Unruhe – Zurufe)

Ich sage jetzt nicht nein, nein, nein oder doch, doch, doch. Frau Wilke, ich habe Ihren

Antrag mehrfach gelesen, weil es wirklich schwer ist, Ihrem Geist in diesem Antrag zu folgen.

Ein nächster Punkt, Frau Wilke: Sie wollen diese Lehrer, die jetzt in den Vorbereitungsklassen arbeiten, wieder dem Unterricht zuführen. Haben Sie sich eigentlich einmal die Mühe gemacht, die Antwort auf die Kleine Anfrage zu lesen, die Frau Kersten im August letzten Jahres gestellt hat? Bei dieser ist eine Anlage 1 angefügt; so gut habe ich das gelesen. Dort ist dargelegt, in welchen Fächerkombinationen die 524 grundständig ausgebildeten Lehrer ausgebildet sind, die in den Vorbereitungsklassen unterrichten.

Haben Sie sich das einmal angeschaut? Dann müsste Ihnen nämlich aufgefallen sein, dass es sich vorrangig um Deutsch/Geschichte-Lehrer handelt, um DaZ-Lehrer, die extra in Deutsch als Zweitsprache ausgebildet sind, um Russisch-Lehrer und um Gemeinschaftskunde-Lehrer. Frau Wilke, dann frage ich Sie als Mitglied im Schulausschuss, ob Ihnen schon einmal aufgefallen ist, dass es – bis auf DaZ und abnehmend Russisch – genau die Lehrer sind, die in den Fächerkombinationen unterrichten, die wir momentan wie Sand am Meer haben und bei denen der Lehrermangel noch am geringsten ist. Ist Ihnen das eigentlich einmal aufgefallen?

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Schreiber?

Bitte schön.

Bitte.

Herr Schreiber, haben Sie sich einmal mit einer Lehrerin oder mit einem Lehrer unterhalten, der als Deutsch-/Englisch-Lehrer vor so eine Klasse gestellt wird, in der die Schüler weder Deutsch noch Englisch können? Wissen Sie, wie schwer es den Lehrern fällt, dort zu unterrichten, und ob es ihnen gefällt, oder ob es dafür in unserem Schulsystem auch andere Möglichkeiten gibt?

Frau Grimm, jetzt nehmen Sie es mir einmal nicht übel, aber Sie sollten nur von Dingen reden, von denen Sie wirklich etwas verstehen,

(Widerspruch bei der AfD – Carsten Hütter, AfD: Ein bisschen überheblich, Herr Kollege!)

bzw. reden Sie einmal mit mehr als einem Lehrer.