Protokoll der Sitzung vom 14.03.2018

Ich habe gar nicht von der Volkswirtschaft an dieser Stelle gesprochen.

(Zuruf des Abg. Peter Wilhelm Patt, CDU)

Ich habe an der Stelle, was Sie persönlich betrifft, davon gesprochen, dass Frau Kersten von den 256 Millionen gesprochen hat, und Sie haben gesagt, dass es ein Kredit sei. Das ist grundsätzlich richtig.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Ich habe gefragt, ob Sie tatsächlich glauben, dass dieser Kredit jemals zurückgezahlt wird. Wenn Sie das glauben, dann glauben Sie auch an den Weihnachtsmann.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Wir glauben nur in der Kirche!)

Fakt ist: In den letzten Jahren, seitdem die EU Griechenland unterstützt, ist es dort nicht besser geworden. Die Schulden sind höher geworden und mehr Geld nehmen sie dort nicht ein.

(Enrico Stange, DIE LINKE: Das hat andere Gründe!)

Wenn Sie bei den jetzigen Einnahmen, die Griechenland hat, tatsächlich eine Rückzahlung in Erwägung ziehen, dann liegt das im mehr als hundertjährigen Bereich. Das ist ja wohl völliger Blödsinn!

(Zuruf des Abg. Enrico Stange, DIE LINKE)

Meine Damen und Herren! Wir können jetzt in die dritte Runde gehen, wenn es noch gewünscht wird. Die CDU-Fraktion hat kein Interesse. Ich frage, wer von den Fraktionen noch sprechen möchte. – Es gibt keine Abgeordnete und keinen Abgeordneten mehr, der das wünscht. Dann bitte ich jetzt die Staatsregierung. Herr Minister Schenk, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Debatte sind viele Beispiele genannt worden, die zeigen, wie wichtig die Unterstützung der Europäischen Union für uns im Freistaat ist und was uns in dieser Frage in weiten Teilen in diesem Hohen Hause eint.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Denjenigen, die das nicht so sehen, will ich sagen: Wir führen hier keine Bettel- oder Verschwendungsdebatte, sondern es geht um Entwicklung und Perspektive für unseren europäischen Kontinent.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Das ist zentral für den Zusammenhalt unseres Kontinents in einer immer stärker globalisierten und digitalisierten Welt mit 7,5 Milliarden Menschen. Wer glaubt denn, dass für uns Europäer, 500 Millionen Menschen auf unserem Kontinent, Freiheit und Wohlstand selbstverständlich sind? Dafür müssen wir kämpfen und uns einsetzen. Ein Teil, der dazu beiträgt, ist die Kohäsionspolitik der Union. Mit über 50 Milliarden Euro im Jahr ist sie ein wichtiger Teil der europäischen Investitionspolitik und ein beeindruckendes Beispiel europäischer Solidarität zwischen den Mitgliedsstaaten.

Wir in Sachsen sind für diese großartige Unterstützung, die wir in mehr als 25 Jahren erfahren haben, sehr dankbar. Gerade deshalb haben wir uns angestrengt, dieses Geld zielgerichtet in die Entwicklung unseres Landes zu investieren. Ohne die finanzielle Unterstützung wäre beispielsweise das Logistikdrehkreuz in Leipzig kaum zu realisieren gewesen. Die Mikroelektronik in Dresden, aber auch erhebliche Investitionen in den Hochwasser

schutz, in den ländlichen Raum oder in die Forschungsinfrastruktur unseres Landes wären nicht vorstellbar gewesen. Alle Projekte zeigen: Die Kohäsionspolitik hat in Sachsen deutliche Spuren hinterlassen.

Wie segensreich diese Mittel gewirkt haben, zeigt ein Blick auf die Entwicklung der Wirtschaftskraft. Vor 20 Jahren, in der vorletzten Förderperiode, lag ganz Sachsen unter 75 % des durchschnittlichen BIP pro Kopf in der EU. Heute, zwei Förderperioden später, sind diese Zahlen um so beeindruckender, wenn man sich die kürzlich vom statistischen Amt erfassten Daten anschaut: Leipzig liegt mit 100 % genau im EU-Durchschnitt, Dresden bei 96 % und Chemnitz bei 89 %.

(Zuruf des Abg. André Barth, AfD)

Dieses gute Ergebnis hat allerdings eine Kehrseite: Wir werden in Zukunft voraussichtlich weniger Mittel bekommen. Die Frage ist nur: Wie viel weniger? Die Kommission hat kürzlich drei denkbare Szenarien vorgelegt, mit denen sie den weiteren Diskussionsprozess gestalten will. Aber nur in einem dieser drei Szenarien ist überhaupt eine Förderung für uns enthalten. In den beiden anderen Vorschlägen gehen wir und ganz Deutschland leer aus. Das würde bedeuten: kein Euro mehr aus Brüssel zur Entwicklung unseres Landes. Das ist für uns keine akzeptable Lösung.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Wir setzen uns daher weiterhin energisch für eine Fortsetzung der Strukturförderung in allen Regionen unseres Landes ein.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Das einzige sinnvolle Szenario für uns lautet: Förderung für alle Regionen. Um dies zu erreichen, sind wir auf vielen verschiedenen Wegen unterwegs, allein, mit anderen Regionen in Europa, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen, mit dem Bund und mit den anderen Ländern. Alle Initiativen sind darauf ausgerichtet, auch in Zukunft unsere Entwicklung mit europäischen Mitteln zu unterstützen. Aus der Fülle und Vielzahl von Initiativen will ich fünf kurz hervorheben:

Erstens. Im Juni letzten Jahres gab es eine gemeinsame Bund-Länder-Stellungnahme.

Zweitens. In den Koalitionsverhandlungen haben wir uns auf Bundesebene erfolgreich dafür eingesetzt, dass das Thema im Koalitionsvertrag fest verankert wurde. Wir werden jetzt rasch auf die neue Bundesregierung zugehen und den Schulterschluss in dieser Frage suchen.

Drittens. In der letzten Woche haben wir im Kabinett eine Stellungnahme beschlossen, mit der wir uns an der Konsultation der Kommission zur EU-Förderung beteiligen. Wichtigster Inhalt dieses Positionspapiers ist die Forderung nach einer vernünftigen Kohäsionspolitik in allen Regionen, der Hinweis darauf, was passiert, wenn die Förderung eingestellt wird und erfolgreiche Entwicklungen der letzten Jahre abbrechen würden, und eine

Ausweitung der Förderung auf Regionen mit bis zu 100 % des BIP pro Kopf in der EU, was für die Regionen Dresden und Leipzig zentral ist. Dieses Positionspapier wird der Ministerpräsident morgen in Brüssel der Kommissarin Crețu und dem Kommissar Oettinger überreichen, und wir werden es selbstverständlich dem Landtag zur Verfügung stellen.

Viertens. Im Januar sind wir der Kohäsionsallianz des Ausschusses der Regionen beigetreten. Das ist ein Zusammenschluss von Regionen, die sich gemeinsam für eine starke Kohäsionspolitik in Europa einsetzen.

Der fünfte und letzte Punkt ist hier schon genannt worden – ich will ihn auch noch einmal erwähnen –: Morgen tagen die Ministerpräsidenten in Brüssel. Ein Thema in

der vorbereiteten Brüsseler Erklärung ist eine starke Kohäsionspolitik für alle Regionen.

Meine Damen und Herren! Ich bitte auch Sie um Unterstützung, damit wir in der nächsten Förderperiode die Entwicklung unseres Freistaates mit europäischer Unterstützung genauso dynamisch voranbringen können wie in den zurückliegenden Jahren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Damit ist die erste Aktuelle Debatte abgeschlossen. Wir kommen zu

Zweite Aktuelle Debatte

Sorgen der Kommunen ernst nehmen –

Kommunalfinanzen zukunftsfest machen!

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Die Fraktion DIE LINKE beginnt als einreichende Fraktion. Danach folgen CDU, SPD, AfD, GRÜNE, MdL Wurlitzer und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Herr Schollbach, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Gemeinden sind die Keimzellen der Demokratie, betonte das Bundesverfassungsgericht in der sogenannten Rastede-Entscheidung im Jahr 1988. Ich will heute hinzufügen: Diese Keimzellen dürfen nicht vernachlässigt werden, denn sonst kann eine Saat aufgehen, die für unsere Demokratie alles andere als gedeihlich ist.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

In Sachsen waren in den vergangenen Jahren entsprechende Warnsignale weder zu übersehen noch zu überhören. Deshalb müssen die Städte und Gemeinden endlich so mit Geld ausgestattet werden, dass sie ihre Aufgaben vernünftig erfüllen können.

Nach dem Verständnis der LINKEN ist kommunale Selbstverwaltung etwas anderes als die dauerhafte Mangelverwaltung. Nicht wenige Kommunen sind aber kaum oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten in der Lage, ihren Pflichtaufgaben nachzukommen, geschweige denn im Bereich der freiwilligen Aufgaben aktiv gestalten zu können. Zu oft erschöpft sich die Mitbestimmung von Gemeinde- und Stadträten in der Verwaltung des Mangels und der Entscheidung über die Frage, welcher Jugendklub geschlossen, welche Sozialeinrichtung gekürzt oder welcher städtische Betrieb privatisiert werden soll.

Lassen Sie mich dazu einige Zahlen nennen. Die sächsischen Kommunen waren im Jahr 2016 allein im Bereich der Kernhaushalte mit 2,9 Milliarden Euro verschuldet. Das ist aber nur die halbe Wahrheit, denn mehr als 80 %

der kommunalen Gesamtschulden sind aus den Kernhaushalten ausgelagert.

In ihrer Not lassen viele Kommunen die Kredite von Eigenbetrieben oder städtischen Unternehmen aufnehmen. Addiert man diese Kredite zu den Schulden der Kernhaushalte hinzu, so kommt man auf einen Schuldenstand von sage und schreibe 15,7 Milliarden Euro zum 31. Dezember 2016.

Erschreckend ist auch der Umstand, meine Damen und Herren, dass zu Beginn des Jahres 2018 in Sachsen insgesamt 296 Gemeinden und drei Landkreise noch ohne beschlossenen Haushalt dastanden. Das entspricht einem Anteil von 70 % der Kommunen und von 30 % der Landkreise. Beispielhaft seien hier nur einmal genannt Aue, Döbeln, Mittweida, Zwickau, Hoyerswerda, Kamenz, Bad Muskau, Niesky, Weißwasser, Coswig, Meißen, Riesa, Dippoldiswalde, Freital, Sebnitz, Grimma und Torgau. Für all diese Kommunen bedeutet die vorläufige Haushaltsführung: Neue Investitionsvorhaben etwa im Bereich des Straßenbaus, im Bereich der Kindergärten, der Schulen dürfen nicht begonnen werden.

Ein weiterer Fakt, der Anlass zur Sorge gibt, ist der Umstand, dass zum 1. August 2017 mehr als ein Drittel der doppisch buchenden Körperschaften keine festgestellte Eröffnungsbilanz hatten. Diesen Zustand, meine Damen und Herren, bezeichnet der Sächsische Rechnungshof in seinem aktuellen Jahresbericht als inakzeptabel, und dem ist nichts hinzuzufügen.

Meine Damen und Herren, diese Zahlen, diese Fakten verdeutlichen eindrucksvoll, dass die Kommunen unter erheblichen finanziellen Problemen leiden. Jahrelang wurden seitens des Staates Aufgaben auf die kommunale Ebene abgewälzt, ohne die dafür erforderlichen Finanzmittel bereitzustellen. Die CDU-geführte Staatsregierung