Protokoll der Sitzung vom 15.03.2018

(Jörg Urban, AfD: Eine Kurzintervention!)

Entschuldigung. Eine Kurzintervention von Herrn Urban am Mikrofon 7.

Vielen Dank, Herr Präsident! Herr Kollege von Breitenbuch, Danke für Ihre Ausführungen. Ich muss aber sagen, das, was Sie vorgetragen haben, dass Sie ernsthaft den Wolf zum jagdbaren Tier machen, möchte ich ein bisschen in Zweifel ziehen. Sie haben selbst vorgetragen: Im Koalitionsvertrag steht, es soll möglich sein, Wölfe zu erlegen, wenn sie Zäune überspringen und wenn sie die Scheu vor Siedlungen verlieren. Das ist alles andere als eine Jagdbarkeit. Jagdbarkeit heißt für mich, ich habe Obergrenzen, ich habe Bestände, sie haben eine Größe und wenn der Bestand überschritten wird, wird gejagt, wie beim Wildschwein auch. Also von einer Bejagdbarkeit von Wölfen sind wir weit entfernt.

Ich habe noch ein zweites Indiz dafür, dass Sie das wirklich nicht so ernst meinen. Sie sagen, Sie wollen mit unseren polnischen Kollegen eine Wolfspopulation definieren, die sich aufgebaut hat. Es gibt viele Wissenschaftler, die sagen: Nein, die Wölfe, die hier sind, sind eingewandert. Sie gehören zur großen Population, die das Baltikum mit einschließt. Das wollen Sie offenbar nicht. Sie wollen diese kleine herbeizitierte oder herbeiimitierte Population für Sachsen und Polen haben – genau das, was unsere Wolfsexperten in der Lausitz benötigen, um ihr Büro weiter betreiben zu können. Ihre Bemühungen, den Wolf wirklich zum jagdbaren Tier zu machen, nehme ich nicht ernst.

Noch einmal zum Antrag. Ich weiß nicht, Sie sind jetzt nur kurz auf unseren eingegangen, Sie haben ja Ihre Redezeit darauf verwendet, die Position der CDU darzustellen. Am Anfang geht es nicht darum, dass ein Hund geschossen werden kann. Es geht darum, dass Risse durch Hunde oder Hybriden nicht durch den Geschädigten nachgewiesen werden müssen, sondern dass die automatisch entschädigt werden. Eine Forderung, wobei ich sage: Das ist eigentlich ganz normal. Wir müssen den Betroffenen helfen. Wir können die Arbeit und die Nachweispflicht nicht bei denen lassen.

Ich denke schon, dass es Punkte gibt, die noch nicht abgearbeitet sind. Es sind sinnvolle Vorschläge, die zum großen Teil auch von Schafhaltern kommen. Sich dort als CDU zu verweigern, das ist nicht im Interesse der Leute, von denen wir hierbei reden.

(Beifall bei der AfD)

Das war die Kurzintervention. Jetzt kommt die Reaktion von Herrn Kollegen Georg-Ludwig von Breitenbuch.

Herr Urban, wir verweigern uns doch gerade nicht dieser Entwicklung, ganz im Gegenteil. Wir stehen im Feuer und versuchen genau die Entscheidung zu fällen, für die wir verantwortlich sind. Das tun wir schon seit Jahren. Im Jahr 2012 haben wir uns in Sachsen schon im Jagdgesetz mit dem Thema beschäftigt. Selbstverständlich gibt es eine Gesetzgebung auf europäischer und auf deutscher Ebene, die dieses streng geschützte Tier auch gesetzlich schützt. Diesen Spagat muss man machen, und da möchten wir mal Ihre Vorschläge hören, wie Sie denn dieses dicke Brett durchbohren. Man hört nämlich überhaupt nichts.

(Jörg Urban, AfD: Unser Antrag!)

Selbstverständlich haben wir auch Ideen aufzunehmen, neue Situation vor Ort zu finden, wenn die Zäune erhöht werden müssen, wenn es da Schadensausgleich geben muss. Diese Entwicklung habe ich seit Jahren im Landtag verfolgt. Das ist überhaupt keine Frage. Aber wir wollen konkret von Ihnen wissen: Was wollen Sie denn machen, um das dicke Brett wirklich erfolgreich zu bohren? Davon hört man überhaupt nichts.

Jetzt noch einmal zur Population mit Polen. Für uns ist das die nächstliegende Möglichkeit, mit den polnischen Nachbarn zum Erfolg zu kommen. Wir können das Ganze auch noch in einem größeren Maßstab betreiben. Dann dauert es noch länger, bis es abgeschlossen ist. Die Polen sind ja relativ stabil in ihrem Bestand. Wir sind die, die sich verändern. Wenn wir dann entsprechende Nachweise haben, dass die Population groß genug ist, dann ist auch die Möglichkeit da, den Schutzstatus des Wolfs zu verändern. Insofern halte ich es für richtig, dass wir den Weg mit dem Nachbarn in Polen gehen und nicht versuchen, in einem größerem Gebiet die Dinge auszusteuern. Letztendlich wird ja doch geschaut, was bei uns in Sachsen passiert. Dort müssen wir dieselben Kriterien erfüllen, ob wir das mit Polen oder Litauern machen oder bis nach Estland schauen.

Jetzt gehen wir weiter in der Rederunde. Das Wort ergreift Frau Dr. Pinka für die Fraktion DIE LINKE.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr von Breitenbuch, die AfD hat es nicht so mit Europa. Von daher ist es offensichtlich nicht bei Ihnen intus, dass es Richtlinien, Anhänge zu irgendwelchen Verordnungen gibt, die man vielleicht korrigieren muss, obwohl ich inhaltlich etwas anderer Meinung bin als Sie.

Aber wie gesagt, es ist sinnlos aufzuklären, dass man etwas im Gesetzgebungsverfahren in Europa ändern müsste.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, der Titel des Antrages der AfD kommt zunächst sehr unverfänglich und positiv daher. Klar, Herdenschutz ist wichtig und die Erhöhung der Akzeptanz für den Wolf noch mehr, unabhängig davon, dass die im Antrag geforderten Regelungen entweder überflüssig, bereits praxis- oder sachgerecht sind. Würde der Antrag isoliert im politischen Raum zur Debatte stehen, könnten wohlwollend Naive, fast schon ehrliches Naturschutzengagement unterstellen, das Bestreben, den Konflikt zwischen Mensch und Wildtier nach vorn aufzulösen. Aber wir diskutieren nicht das erste Mal über eine natürliche Widerkehr der Wölfe. Wir kennen dazu diverse Verlautbarungen der Leute der AfD in diversen Medien oder Veranstaltungen. Die AfD fordert eine Abschussquote für den Wolf und meint auch, dass als Indikator für einen gesunden Erhaltungszustand der Wolfspopulation der ungesunde Erregungszustand der Öffentlichkeit vollkommen ausreichend ist.

Allein ihre Flyeraufmachung zum Thema Wolf bedient nämlich schamlos niederste Instinkte. Es fehlt zum Plüschbären eigentlich nur noch das entführte Kleinkind im Wolfsmaul.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Genau, Rotkäppchen!)

Damit sie sich nicht sofort wieder öffentlich selbstkasteien in ihrer Volksversteher-gegen-ignorante-Altparteienattitüde noch zwei, drei inhaltliche Bemerkungen: Die Weidetierhaltung muss als natürliche Form der Nutztierhaltung erhalten werden. Dazu ist regelmäßig auch die Wirksamkeit von Futterinstrumenten zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Dazu haben sich meine Kolleginnen Katrin Kagelmann und ich regelmäßig geäußert, zuletzt im September 2017 auf Anregung eines Antrages der Koalition an die Staatsregierung. Nun gibt es einen interessanten Vorstoß der Berufsschäfer, die eine EU-Regelung endlich auf Deutschland übertragen wollen, in dem statt der reinen Produktprämie, wie es eben eine Mutterschaftsprämie darstellt, eine Honorierung für die schützenswerte Bewirtschaftungsform Weidetierhaltung eingeführt werden solle, die sogenannte Weidetierprämie. Dafür haben die Schafhalter am Dienstag in Berlin demonstriert. Mit dieser Idee kann ich ganz gut leben, zumindest in der Zielrichtung deckt sie sich mit meinen Überlegungen, insbesondere in Wolfsgebieten nicht nur den entstandenen Schaden auszugleichen, sondern allgemein den höheren Aufwand für Weidehaltung über eine Prämie anzuerkennen.

Der große Vorteil: Das Instrument ist in der Europäischen Union erprobt und es scheitert offensichtlich nur noch am politischen Willen in Deutschland. Mal sehen, was Herr Staatsminister Schmidt nach einigen Wochen Diskussion zum Zwischenstand zu dieser Diskussion sagen kann.

Davon abgesehen haben wir in Sachsen relativ gute Förderungs- und Entschädigungsregelungen in Sachen Wolf. Als das Bundesland mit der längsten Wolfsmigrationsgeschichte wissen wir ziemlich genau, dass es einer professionellen Beratungsstruktur bedarf, damit Bevölke

rung, aber auch insbesondere Schafhalter frühzeitig informiert, aufgeklärt und beraten werden können, damit ein intensives Monitoringsystem verlässliche Daten zur Populationsentwicklung sammelt, Problemtiere sicher identifiziert, Entschädigungsverfahren beschleunigt,

abgewickelt oder Modellprojekte zum Herdenschutz entwickelt werden.

Was an Schäden nicht mit staatlichen Mitteln reguliert werden kann, wird vielfach auch noch von den Freunden der Gesellschaft zum Schutz des Wolfes ausgeglichen.

(Jörg Urban, AfD, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Frau Dr. Pinka?

Gern!

Bitte Herr Kollege Urban.

Vielen Dank, Herr Präsident! Frau Pinka, ich gehe mal ein kleines Stückchen zurück und bitte um Entschuldigung. Sie hatten unseren Flyer angesprochen. Dort ist sozusagen ein Teddybär mit einem Wolf abgebildet. Das haben wir ganz bewusst gemacht, weil natürlich sehr große Sorgen bestehen, dass es irgendwann einen Übergriff geben wird von einem Wolf auf ein Kind.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Sie glauben auch jedes Märchen!)

Wir haben ja viele Schulkinder, die allein an der Bushaltestelle stehen. Meine Frage ist es, Frau Dr. Pinka: Halten Sie es wirklich für unwahrscheinlich, dass ein Wolf auch einmal ein Kind anfallen kann?

Ich halte es einfach für dramatisch, wenn Sie solche populistischen Aufmachungen in Flyern verwenden und tatsächlich solche Ängste unter der Bevölkerung schüren, dass zum Beispiel das Rotkäppchen vom Wolf gefressen wird. Sie benutzen quasi den Teddyplüschbären als Identifikationsfigur. Sie hätten auch das Kind daneben legen können. Das halte ich für schlimm.

(Beifall bei den LINKEN – Jörg Urban, AfD: Ich hoffe, wir sprechen uns nicht so schnell wieder!)

Gerade Ihre Fraktion wird es nämlich nicht müde, in jeder Pressemitteilung den Wolf, den angeblich unverhältnismäßig hohen Personalaufwand für seine Beobachtung und Erforschung zu beklagen, den der Steuerzahler schultern muss. Sicher kann man die Arbeit der mit dem Wolf befassten Stellen auch künftig stärker bündeln, wie der Rechnungshof anmahnt. Diesbezüglich danke ich tatsächlich einmal dem Herrn Staatsminister – ich gehe von meinem Manuskript einmal weg –, denn ich glaube, er hat aus Sachsen tatsächlich angestrebt, dass es bundesweites Monitoring geben soll. Damit kann man sicherlich auch Arbeit bündeln, Menschen zusammenbringen, die selben

Strategien fahren, Sie haben das angeschoben und dafür danke ich Ihnen.

Allerdings muss ich jetzt auch einmal warnen: Neiddebatten führen zu rein gar nichts. Um es ganz klar zu sagen: Jeder Euro für das Wolfsmonitoring ist gut angelegtes Geld und gerade in dieser Zeit wichtig, um die hysterischen Diskussionen über das Für und Wider der Bejagung des Wolfes auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse zu versachlichen.

Wenn Sie wieder einmal etwas berechnen wollen, könnten Sie den Zusammenhang zwischen der natürlichen Wiederansiedlung und dem Tourismus in der Lausitz herausklamüsern.

(Zuruf des Abg. Carsten Hütter, AfD)

Natürlich sieht das ein gewerblicher Schafhalter anders. Aber Fakt ist auch und an diesem Pult hier zum oben erwähnten Koalitionsantrag vom September lang und breit ausgeführt, dass die Schafhaltung nicht erst durch den Wolf unter Druck gerät, sondern dass sie in allen Bundesländern seit mindestens 15 Jahren spürbar zurückgeht. Den Schafhaltern hilft der schnelle Abschuss des Wolfes nicht wirklich weiter; denn wenn man den Wolf nicht noch einmal ausrotten will – und so weit geht selbst die AfD nicht –, bleiben für Weidetierhalter erhöhte Schutzanforderungen bestehen.

Um diese erhöhten Schutzanforderungen auszugleichen, gibt es einen konkreten Vorschlag des Berufsstandes zur Weidetierprämie und einen Prüfauftrag des Parlaments an das sächsische Staatsministerium. Dazu erwarte ich konkrete Äußerungen der Staatsregierung, um zu verhindern, dass andere Bundesländer mit ihren Förderniveaus inzwischen an uns vorbeiziehen. Ich würde es generell begrüßen, wenn man sich bundesweit auf ein einheitliches Schutz- und Entschädigungssystem für Weidetierhalter verständigen könnte.

(Beifall bei den LINKEN)

Nach Frau Dr. Pinka spricht jetzt Herr Kollege Winkler von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Auf die rechtlichen Rahmenbedingungen, denen wir unterliegen, ist mein Kollege von Breitenbuch bereits eingegangen. Ich möchte mich damit nicht beschäftigen. Ich möchte mich eher mit dem Antrag der AfD beschäftigen, der bei aller Problematik, die wir hier diskutieren, ein typischer FD- oh, Entschuldigung, AfD-Antrag ist.

(Carsten Hütter, AfD: FDP ist schon in Ordnung! – Lachen bei der AfD)

Entschuldigung! – Der Wolf ist nicht einmal wieder, sondern immer und immer wieder in der öffentlichen Diskussion, aus welchen Gründen auch immer, und die AfD reagiert auf die gleiche populistische Art und Weise wie immer. Vielversprechend ist die Überschrift – das wurde schon gesagt – „Herdenschutz in Wolfsgebieten –

Akzeptanz erhalten und Rechtssicherheit durchsetzen“ und dann, ja dann wird das Hohe Haus im Antrag aufgefordert, quasi Maßnahmen zu beschließen, die längst zur bewährten Praxis gehören oder sich in der Umsetzung befinden.

(Silke Grimm, AfD, steht am Mikrofon.)

Auf der anderen Seite wird der Landtag aufgefordert, Entschädigungsregelungen zu unterstützen, die eher Rechtsunsicherheiten nähren. – Bitte schön.

Sie gestatten die Zwischenfrage?

Entschuldigung, Herr Präsident.