Protokoll der Sitzung vom 15.03.2018

Wenn wir also heute ein zusätzliches Finanzierungsinstrument einführen, dann sollten wir erstens Zugangskriterien genauer definieren und zweitens weitere flankierende Maßnahmen auf den Weg bringen, die Junglandwirtinnen und Junglandwirte auf der Suche nach Hofstellen unterstützen. Auch dabei haben wir uns in einzelnen Punkten im Änderungsantrag am Beispiel von SachsenAnhalt orientiert, die eine sehr aktive Landsiedlungsgesellschaft haben.

Wo sehen wir also Verbesserungsbedarf beim Antrag der GRÜNEN? Im Punkt 1 des Antrages wird die Förderung gewährt, wenn der Betrieb nachweislich Maßnahmen erbringt, die über die bestehenden gesetzlichen Vorgaben und die Cross-Compliance-Vorschriften der ersten Säule der GAP hinausgehen. Wir haben jüngst in der Anhörung zum Insektensterben gehört, dass ein Umsteuern in der Landbewirtschaftung dringend erforderlich ist. Also geht für uns auch klar, dass wir Betriebe, die es anders machen wollen, besonders unterstützen müssen. So weit, so gut.

Wie genau aber solche weitergehenden Maßnahmen aussehen sollen und wie weit jeweils über die Grundanforderungen hinausgegangen werden soll, das ist bislang nicht geregelt. Dafür enthält unser Änderungsantrag einen Regelungsvorschlag.

Schließlich flankieren wir die Gründungsbeihilfe im Punkt 3 mit einem Kanon weiterer Maßnahmen für die aufwendige Suche nach Hofstellen, weil wir der festen Überzeugung sind, dass das Finanzierungsinstrument überhaupt nur Wirkung entfalten kann, wenn zeitgleich auch die anderen agrarwirtschaftlichen Baustellen bearbeitet werden. Dazu ein kurzer Exkurs in die aktuelle agrarpolitische Situation in Sachsen.

Im Zeitraum 1999 bis 2016 ist rund jede vierte Agrargenossenschaft aufgelöst und in eine andere Rechtsform umgewandelt worden. Die verbliebenen Agrargenossenschaften bewirtschafteten 2016 knapp 29 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Von den rund 73 000 Hektar Land, die seit 1999 die Agrargenossenschaften verlassen haben – das sind immerhin 8 % der gesamten Landwirtschaftsfläche –, wurden im Jahr 2016 saldiert rund 10 200 Hektar in Einzelunternehmen und GbR eingegliedert und 49 000 Hektar bei den weiteren Rechtsformen.

Unklar bleibt jetzt ein Rest von 14 000 Hektar verschwundener Landwirtschaftsfläche in Sachsen. Straßenbau und anderweitige Nutzungen können wohl kaum plötzlich in so großem Umfang Flächen entziehen. Mögliche Ursache ist das Betriebssitzprinzip. Befindet sich der Betriebssitz des Landwirtschaftsbetriebes in einem

anderen Bundesland, so wird die jeweilige Betriebsfläche diesem anderen Bundesland zugerechnet. Auch das kann eine Folge von Bodenspekulation sein. Damit verschwinden diese Betriebe zunächst aus der sächsischen Statistik.

Einzelunternehmen und GbR gemeinsam bewirtschaften knapp 40 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche Sachsens. Die Einzelunternehmen und GbR machen gemeinsam den Löwenanteil der Betriebe aus, insgesamt rund 90 %. Diese Betriebe bewirtschaften kleine Flächen. 55 % der Betriebe arbeiten auf Flächengrößen von unter 20 Hektar. Bei der Anzahl dieser Betriebe ist ein gewaltiger Rückgang und eine erhebliche Fluktuation zu beobachten. Es besteht weiterhin eine große Unschärfe. Zahlreiche sehr kleine Betriebe werden statistisch nicht erfasst.

Bleibt die unübersichtliche Gruppe weiterer möglicher rechtlicher Betriebsformen: GmbHs, KGs, Aktiengesellschaften, Vereine usw. Diese bewirtschaften mittlerweile fast jeden dritten Hektar in Sachsen. Deren Anteil hat sich im Vergleich zu Agrargenossenschaften, Einzelunternehmen und GbR im Zeitraum zwischen 1999 und 2016 um 123 erhöht. Damit ist diese Gruppe der im Durchschnitt 500 Hektar großen Betriebe wohl als Gewinner der Strukturveränderungen in der sächsischen Landwirtschaft zu bezeichnen.

In Bezug auf die Relation der gepachteten zu den selbst bewirtschafteten Flächen zeigt sich, dass alle Eigentumsformen in merklichem Umfang Flächen zugekauft haben. Nach wie vor ist Flächeneigentum bei Einzelunternehmen verbreiteter als bei juristischen Personen oder einst personalen Gesellschaften.

Die 237 Betriebe in Sachsen, die über 1 000 Hektar groß sind, sind in 52 % der Fälle Agrargenossenschaften – absolut sind es 124 Betriebe –; in 43 % der Fälle sind es sonstige Rechtsformen wie GmbHs oder Aktiengesellschaften – absolut sind es 101 Betriebe –; in 5 % der Fälle sind es Einzelunternehmen oder GbR – absolut sind es zwölf Betriebe. In Sachsen war im Jahr 2010 bei über 2 015 Einzelunternehmen bzw. auf insgesamt über

100 000 Hektar Betriebsfläche die Hofnachfolge unklar. Später wurden derartige Daten leider nicht mehr erhoben. – So viel zu den Zahlen.

Wer interessiert sich nun wofür? Während Investoren in erster Linie daran interessiert sind, sich in große Betriebe einzukaufen, haben Junglandwirtinnen und Junglandwirte in erster Linie überschaubare Strukturen im Kopf und setzen weniger auf den Weltmarkt als vielmehr auf den Wochenmarkt. Die Interessenlage ist also durchaus verschieden. Aber alle landwirtschaftlichen Betriebe haben unabhängig von der Rechtsform seit Jahren zunehmend wirtschaftliche Probleme, die aus ihrer Betriebsfläche an den Markt kommenden Pachtflächen oder Ersatzflächen zu kaufen.

Bodenpreise am freien Markt liegen seit Jahren in der Regel weit über dem Ertragswert und sind somit aus der Landwirtschaft nicht mehr zu finanzieren. Das gilt insbesondere, soweit die Betriebe mit Massenprodukten oder

Weltmarktausrichtung arbeiten wollen und infolgedessen die Angebote des Großhandels akzeptieren müssen. Insbesondere kleine Betriebe haben jedoch die Chance, in der unmittelbaren Nähe eine Direktvermarktung oder spezialisierte Produktveredlung aufzubauen und bedarfsentsprechend qualitativ hochwertige Produkte, insbesondere die Bedarfe an Gemüse und Obst, abzudecken und anzubieten.

Gerade dadurch nimmt die Vielfalt der Kulturen zu, die Fruchtfolgen werden weiter. Gleichzeitig kann etwas für vitale Dörfer getan werden. Insbesondere das hierzulande noch relativ neue Geschäftsmodell der solidarischen Landwirtschaft kann zudem nur von den kleinen Betrieben authentisch dargestellt werden.

Was wir brauchen, ist also zweierlei: erstens eine Begrenzung der Bodenpreisentwicklung – hier müssen gesetzliche Regelungen dafür sorgen, dass außerlandwirtschaftliches Kapital, das lokale Anliegen kaum im Blick hat, nicht zum Zuge kommt – und zweitens eine Unterstützung bei der Hofnachfolge und der Verfügbarkeit von Land bei Existenzgründerinnen und Existenzgründern. Dafür liegen die Vorschläge auf dem Tisch.

Zur Bodenpreisentwicklung ist zu sagen: Eine Antwort auf die seit Jahren besorgniserregende Entwicklung hat der Gesetzentwurf meiner Fraktion zur Agrarstrukturverbesserung aus dem Jahr 2012 gegeben. Dass dieser damals abgelehnt wurde, war ja zu erwarten – genauso wie der Bodenfonds, den wir in den folgenden Jahren regelmäßig im Rahmen der Haushaltsdiskussion immer wieder vorgeschlagen haben. Dass aber vonseiten der Sächsischen Staatsregierung keine sichtbaren Anstalten gemacht werden, sich der Probleme bei der Bodenverteilung oder beim Bodenpreis anzunehmen, ist sträflich fahrlässig. Wer Grundstücks-, Verkehrs- und Pachtrecht nicht anfassen oder BVVG-Land nicht erwerben will, der hat auch keine Regelungsmöglichkeit, um Schäden an der Agrarentwicklung zu verhindern, geschweige denn durch Landverpachtung nach eigenen Vorstellungen irgendwie zu steuern.

Hinzu kommen die eingangs erwähnten und seit 2007 verschwundenen 14 000 Hektar landwirtschaftlich genutzte Fläche in Sachsen. Die Staatsregierung sollte sich schnellstens darum kümmern, hier aufzuklären und eine belastbare Statistik zu liefern.

Der Wandel von der Pächter- zur Eigentumsstruktur, wie es Herr von Breitenbuch gern nennt, ist für mich kein Wert an sich, insbesondere wenn dabei die Agrarstruktur auf der Strecke bleibt und ganz am Ende außerlandwirtschaftliche Investoren zugreifen, weil sich die Betriebe beim Wachsen oder Weichen übernommen haben. Dann geht der Boden gewiss nicht zum besten Wirt.

Zur Unterstützung der Hofnachfolge sinnvolle Maßnahmen enthält unser Änderungsantrag. Weitere Flächen würden zur Verfügung stehen, wenn etwa jeder über 1 000 Hektar große Betrieb 1 oder 2 % seiner Flächen an Junglandwirtinnen oder Junglandwirte abgeben würde. Sachsenweit kämen bei einer Fläche von rund 15 bis

30 Hektar pro 1 000 Hektar Betrieb so rund 4 000 bis 8 000 Hektar zusammen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den LINKEN)

Für die SPD-Fraktion Herr Abg. Winkler. Bitte, Herr Winkler, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Im vorliegenden Antrag der Fraktion der GRÜNEN geht es um eine Förderung von jungen, unter 40-jährigen Landwirtinnen und Landwirten, die sich dem ökologischen Landbau widmen wollen. Bei einer erstmaligen Betriebsübernahme oder Gründung sollen sie mit einer zusätzlichen Starthilfe wirkungsvoll unterstützt werden, ähnlich wie im Bundesland Sachsen-Anhalt.

Der Antragsteller sieht darin einen wesentlichen Beitrag, um die Vielfalt der landwirtschaftlichen Unternehmen im ländlichen Raum zu sichern und dadurch die Krisenresistenz und Zukunftsfähigkeit der Branche insgesamt zu erhöhen.

Die Fraktion der GRÜNEN geht unter anderem auch davon aus, dass die Quote der regionalen Wertschöpfung bei kleineren, inhabergeführten Familienbetrieben deutlich höher ist und auch die wirtschaftlichen Gewinne eher in der Region verbleiben. Mit Verlaub: Es wird weniger Vielfalt, sondern eher ein Bild einer kleinbäuerlichen Idylle vermittelt, die es in dieser Form aber nicht mehr gibt und auch in Zukunft nicht mehr geben wird – schon aus den Gründen, die Herr Kollege Heinz vorhin nannte, aus ökonomischen Gründen.

Zu der zuletzt genannten Annahme oder Behauptung, dass kleinteilige Landwirtschaft in Form von inhabergeführten Familienbetrieben krisenresistenter und zukunftsfähiger sei als Großbetriebe, gibt es hier im Hohen Haus sicherlich unterschiedliche Meinungen. Darüber lässt sich trefflich streiten. Ich persönlich teile diese Meinung nicht.

Das ist aber nicht das Anliegen dieses Antrags. Ich teile die Feststellung, dass unter den an einer Betriebsgründung interessierten Junglandwirtinnen und Junglandwirten eher oder in einem höheren Maß das Interesse besteht, ökologisch nachhaltig zu wirtschaften. Der Trend geht hin zur Ökolandwirtschaft.

Es ist ein erklärtes Ziel der SPD und auch meiner Fraktion, den Anteil ökologischen Landbaus weiter zu erhöhen, aber auf ein wirtschaftlich ausgewogenes Maß.

Dieser Antrag will allerdings ausschließlich Landwirte fördern, die ökologisch nachhaltig produzieren wollen. Diese Haltung kann ich nicht in Gänze unterstützen.

Natürlich müssen und wollen wir ökologischen Landbau fördern, aber die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sollen dabei noch Berücksichtigung finden. Deshalb sollten wir, wenn wir Junglandwirte in besonderem Maße

fördern wollen, nicht die außen vor lassen, die in der konventionellen Landwirtschaft ihre Zukunft sehen.

Hinzu kommt, dass Sachsen-Anhalt bisher das einzige Bundesland ist, das die ELER-Verordnung für das angebotene Programm nutzt. Das hat auch seinen Grund. Die Antragsweise soll sehr kompliziert sein. Die jungen Landwirte müssen einen detaillierten Geschäftsplan vorlegen mit Maßnahmen, die über die normalen Anforderungen hinausgehen. Danach muss dieser Antrag von Behörden bewertet und die Einhaltung später auch kontrolliert werden. Das ist ein enormer Aufwand, der sich wirklich nur lohnt, wenn man sich der Förderung sicher sein kann und die dazu notwendigen Ressourcen hat.

Genau deswegen ist die Förderung in Sachsen-Anhalt auch nur wenig in Anspruch genommen wurden. Waren es im letzten Jahr ganze elf Anträge, so rechnet man in diesem Jahr mit nur sieben Anträgen von Junglandwirten trotz des hohen Zuschusses, der schon genannt worden ist, in Höhe von 70 000 Euro. Dabei ist noch nicht einmal klar, ob die in diesem Jahr gestellten Anträge förderfähig sind.

Hinzu kommt, dass das Programm in Sachsen-Anhalt ausschließlich für Einzelpersonen greift. Andere Gesellschaftsformen sind von der Förderung ausgenommen und können nicht profitieren. Auch diese Praxis orientiert sich in Sachsen-Anhalt nicht an der Realität.

In Sachsen dagegen werden jetzt schon Investitionen in landwirtschaftliche Betriebe mit den höchsten Zuschüssen im Vergleich zu anderen Bundesländern gefördert, nicht ausschließlich aber natürlich auch für Junglandwirte.

Aus diesem Grund bin ich der Überzeugung, dass wir an der bestehenden Förderpraxis festhalten sollten, zumindest bis zum Jahr 2020, dem Ende der laufenden EUFörderperiode.

Danach können und müssen wir sogar über alternative Fördermöglichkeiten nachdenken, allerdings nicht nur für Junglandwirte, sondern für das in Sachsen bestehende besondere Problem des altersbedingten Generationswechsels in unseren Landwirtschaftsbetrieben.

Wie im Änderungsantrag der Fraktion der LINKEN treffend festgestellt worden ist, gefährdet fehlender Nachwuchs die Agrarstruktur, die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln

(Marco Böhme, DIE LINKE: Also stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu!)

und das Ziel einer flächendeckenden Erhaltung der Kulturlandschaft und birgt die Gefahr, dass außerlandwirtschaftliche Investoren noch mehr Zugriff als bisher auf unsere landwirtschaftlichen Flächen haben. Dem stimme ich durchaus zu, auch der Aussage, dass die Sicherung des Generationswechsels eine der wesentlichen agrarpolitischen Zielsetzungen in Zukunft sein sollte.

Das geht aber nicht, meine Damen und Herren von den LINKEN, mit einer gesetzlichen Begrenzung zum Bei

spiel der Boden- und Pachtpreise. Das wäre ein eklatanter Eingriff in die Eigentumsrechte unserer Landeigentümer.

Aus diesen genannten Gründen wird meine Fraktion dem Antrag der Fraktion der GRÜNEN nicht zustimmen. Ebenso lehnen wir den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE und auch den Änderungsantrag der Fraktion der AfD ab.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Für die AfD-Fraktion Frau Abg. Grimm. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Beim Lesen des GRÜNENAntrags habe ich mich gefreut, dass wenigstens die Opposition auf das Schreiben des Bauernbundes an den CDU-Ausschussvorsitzenden des Umweltausschusses

Herrn Fischer im Januar 2018 reagiert, wenn es die CDU nicht für nötig erachtet.