An sich geht es hier um ein ganz sachliches Thema. Die Generalstaatsanwälte haben vor einigen Monaten – das Görlitzer Treffen liegt schon einige Monate zurück – ein Papier verfasst, in dem sie – ich sage das jetzt einmal so – die momentanen Schwerpunkte, bei denen es immense Reibereien im Ermittlungsprozess, in der Absicherung der Aufgaben des Ermittlungsverfahrens gibt, auflisten. Das ist unter anderem vor allen Dingen in Sachsen der Fall. Vier Länder wurden besonders genannt.
Wenn dort erklärt wird, auch von Ermittlern, das Wasser stehe ihnen bereits einen Meter über dem Hals, dann steht doch die Frage, ob wir uns in diesem Haus damit befassen, als handgreifliche Notwendigkeit.
Ich möchte mich bei Herrn Staatsminister Gemkow bedanken, dass er erläutert hat, was jetzt getan werden soll und was beabsichtigt ist. Ich kann mich trotzdem nicht damit zufriedengeben, dass wir als Parlament immer noch nicht wissen, was der MDR oder die ARD wissen. Wir wissen es nicht. Das wird dem Parlament nach wie vor nicht gesagt. Das sind die Schwerpunkte, und das wurde uns von den Staatsanwälten oder den Chefs des
LKA gesagt. Mit diesem Zustand wollen wir uns nicht zufriedengeben. Deshalb mache ich ein Friedensangebot.
Von den Kollegen Baumann-Hasske und Hartmann wurde gesagt, dass man die Dinge bereits begleite. Man prüft das und die Evaluierung läuft. Dann können wir es doch auch so handhaben: Ich beantrage für unsere Fraktion, dass wir diesen Antrag in den Verfassungs- und Rechtsausschuss federführend und in den Innenausschuss mitberatend überweisen und uns im Kreise der Fachkollegen und Politiker darüber verständigen. Wir haben dann auch die Möglichkeit, die Öffentlichkeit zu beteiligen, und kommen, wenn es nötig ist, zu gegebener Zeit noch einmal ins Parlament zurück.
Ich nehme den Antrag auf und frage Sie alle: Wer damit einverstanden ist, dass die weitere Behandlung des Antrags im Fachausschuss durchgeführt wird, den bitte ich, das jetzt anzuzeigen. – Vielen herzlichen Dank. Gibt es jemanden, der dagegen ist? – Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist das einstimmig beschlossen. Das ist wirklich eine bemerkenswerte Situation, meine Damen und Herren.
Die Aussprache wird in folgender Reihenfolge erfolgen: AfD, CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Staatsregierung, wenn sie das Wort dazu wünscht. Ich erteile nun der Fraktion AfD als Einreicherin das Wort. Für die Fraktion spricht Frau Abg. Kersten. Bitte, Sie haben das Wort. – Ist das heute Ihre erste Rede?
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Mit dem vorliegenden Antrag soll die Staatsregierung ersucht
werden, eine Evaluation zu den wiederholt auftretenden sowie Langzeiterkrankungen von Lehrerinnen und Lehrern an sächsischen Schulen durchzuführen. Der Antrag nimmt unter anderem Bezug auf die Drucksache 6/82, dem alljährlich von der Fraktion DIE LINKE gestellten Antrag, dem Sächsischen Landtag über die am jeweiligen Schuljahresbeginn bestehende Personalsituation an den sächsischen Schulen zu berichten.
Unter Punkt 4 wird in dieser Drucksache die Anzahl der langzeiterkrankten Lehrerinnen und Lehrer abgefragt. Zum 01.10.2014 waren danach 399,63 VZÄ als langzeiterkrankt gemeldet. VZÄ – ein ziemlich technischer Begriff, ausgesprochen Vollzeitäquivalent. Hinter diesem
Meine Damen und Herren! 434 derzeit langzeiterkrankte Lehrkräfte – eine alarmierend hohe Zahl. Diese Zahl hat in den letzten Jahren zugenommen. Zum Schuljahresbeginn 2009/2010 waren laut Drucksache 5/143 „nur“ – ich setze dieses nur in Anführungsstriche – 322 Personen langzeiterkrankt. Wir müssen also seitdem eine Erhöhung von 35 % konstatieren. Darüber hinaus liegen seitens einiger Schulen Informationen darüber vor, dass die Zahl jener Lehrkräfte zunehmend steigt, die zwar nicht unter den statistisch geprägten Begriff der Langzeiterkrankung, also mehr als sechs Wochen krank, fallen, aufgrund ihrer wiederholt auftretenden Erkrankungen über eine Dauer von jeweils mehreren Wochen zumindest thematisch dieser Klassifizierung zugerechnet werden können.
Der Unterrichtsausfall aufgrund von Erkrankungen des Lehrpersonals – so die Auskunft der Schulen – sei deutlich angewachsen. Selbst die sächsische Schülerschaft kritisiert mittlerweile den Unterrichtsausfall. Um ein Zeichen zu setzen und wachzurütteln, erarbeitete der Landesschülerrat im Jahr 2012 die erste eigene Ausfallstatistik unter Einbeziehung von 100 Schulen in Sachsen. Zusammenfassendes Zitat des Landesschülerrates nach Erhebung: „Das Ergebnis legt erschreckende Zahlen offen. Einige Schüler waren mit einer Rate von bis zu 18 % nicht regulär stattgefundenen Unterrichts konfrontiert.“
Auch diese Sachverhalte sind alarmierend und sollten uns bewegen, die Ursachen dafür einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Aufgrund des Anforderungsprofils des Lehrerberufes, unserer eigenen Erfahrungen in der Schulzeit, Erfahrungen und Berichte unserer Kinder als auch der im Schulbereich stattgefundenen Veranstaltungen wie zum Beispiel kürzlich in Grimma – hier fand unter dem Motto „Schule für Erziehungshilfe“ eine Veranstaltung statt – drängt sich der Verdacht auf, dass psychologisch bedingte Erkrankungen ursächlich für diese Situation sein könnten.
Der Lehrerberuf ist aus meiner Sicht einer der anspruchsvollsten überhaupt, nicht nur deshalb, weil Lehrer zu einem nicht gerade unerheblichen Anteil an der Entwicklung unserer Kinder mitwirken, sondern weil dieser Beruf unter starker Beobachtung und Beurteilung durch die Öffentlichkeit steht. Einerseits geschieht das durch Eltern, Schulleitung, Schulbehörde etc. und andererseits – und das ist auch ein entscheidender Punkt – durch die Kinder und Jugendlichen, gegenüber denen sich ein Lehrer tagtäglich aufs Neue beweisen muss. Die Schüler sind – das wissen wir – die unbarmherzigsten Kritiker, denen keine Fehler und Schwächen entgehen.
Neben den fachlichen sind es also vor allem die psychologischen Anforderungen, die den Lehrerberuf so anspruchsvoll machen. Weitere Fakten, die Indizien für psychologisch bedingte Krankheitsbilder sein könnten, sind die in den letzten Jahren stetig steigenden Klassenschülerzahlen, die immer heterogener werdenden Klas
senzusammensetzungen, die Zunahme von Integrationsschülern ohne den entsprechenden Fachlehrerausgleich, eine immer älter werdende Lehrerschaft und ein Aufgabenspektrum, welches immer umfangreicher wird.
Ergebnis der hier beantragten Evaluierung soll demnach sein, Auskunft darüber zu erhalten, welcher Art und in welchem Umfang Krankheiten sind bzw. auftreten, die ursächlich für die Langzeiterkrankungen und wiederholt auftretenden Krankheiten sind. Letztlich sind daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. Sollte sich herausstellen, dass psychische Ursachen tatsächlich für einen überwiegenden Anteil der Erkrankungen verantwortlich sind, dann liegt der Handlungsbedarf bei uns, um für Rahmenbedingungen zu sorgen, die dieser Entwicklung gegensteuern. Als Arbeitgeber der sächsischen Lehrerinnen und Lehrer muss es die Staatsregierung als ihre Pflicht ansehen, im Falle von überproportional hohen psychisch bedingten Erkrankungen Rahmenbedingungen und
Lassen Sie uns hier und jetzt beginnen, die Voraussetzungen dafür zu schaffen. Darüber hinaus signalisiert dieses Vorgehen sowohl den betroffenen Lehrkräften als auch der Lehrerschaft insgesamt, dass der Freistaat Sachsen seiner Fürsorgepflicht nachkommt.
Die Einbringung dieses Antrages erfolgte durch Frau Kollegin Kersten, AfDFraktion. Jetzt kommen wir zum nächsten Redner. Kollege Bienst ergreift das Wort für die CDU-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Als ich den Antrag gelesen habe, über den wir heute debattieren, dachte ich, ich bin im falschen Film.
Wir haben im letzten Ausschuss, sehr geehrte Kollegin Kersten, ausführlich über Möglichkeiten, aber auch über Grenzen einer Evaluierung des Krankenstandes unseres sächsischen Lehrerpersonals diskutiert. So meine ich, mich erinnern zu können. Wahrscheinlich haben wir auch verschiedene Anträge vorliegen. Sie haben in Ihrer Einbringung jetzt ausführlich die Langzeiterkrankungen erwähnt. In Ihrem Antrag steht, Sie wollen eine Auskunft zum aktuellen und letztjährigen Krankenstand der Lehrer haben, Sie wollen eine Gesamtübersicht über einzelne Tage bis hin zu Langzeiterkrankungen haben, um dann mögliche Krankheitsursachen in irgendeiner Form darzustellen. Darauf komme ich später in meinen Ausführungen zu sprechen.
Sicher ist es wichtig, über Krankheiten von Berufsgruppen nachzudenken, um auf eventuelle Berufserkrankungen zu schließen. Das erfordert gezielte statistische Erhebungen, um notwendige Schlussfolgerungen zu ziehen. Aber – ich sagte es bereits –, wie heißt es in Ihrem Antrag? „… Evaluierung zum aktuellen Krankenstand der
Lehrer an sächsischen Schulen durchzuführen.“ Es tut mir leid. Wie kann ich einen Krankenstand aktuell beurteilen oder bewerten? Ich glaube, dies gibt wenig Sinn und lässt auch keine Wertung zu. Gleiches gilt auch für – so wie es Ihr Antrag verlangt – eine „letztjährige Erfassung“. Ich möchte jetzt nicht belehrend wirken, aber eine Evaluation ist nur dann aussagekräftig, wenn längere Zeiträume betrachtet werden.
Trotzdem möchte ich Ihnen Ihre Ängste und Sorgen nehmen. Sicher ist Ihnen bekannt, dass die Ausfallzeiten der sächsischen Landesbediensteten im Geschäftsbereich des SMK wegen eigener Krankheit, Kur und Krankheit der Kinder nach Arbeitstagen für die Kalenderjahre 2009 bis 2013 erfasst sind. In dieser statistischen Erhebung können Sie für die einzelnen Schularten die Tendenzen leicht ablesen. Sicher kann man da prozentual einen leichten Anstieg in einigen Schularten erkennen, aber eben auch einen prozentualen Abfall wie zum Beispiel in der Schulart Berufsbildende Schulen ablesen.
Sicher, das älter werdende Personal spielt eine Rolle. Aber ich sage Ihnen eines: Die Ausfallzeiten werden wahrscheinlich gerade im Bereich der Grund- und Oberschulen zunehmen, wenn wir 6 100 junge Lehrer einstellen. Darunter gibt es sicher sehr viele junge Lehrerinnen, die in der Zwischenzeit – Gott sei Dank – schwanger werden, uns Kinder schenken und in ihren verdienten Schwangerschaftsurlaub sowie in die Elternzeit eintreten.
Ich maße mir an, ohne Kenntnis einer wissenschaftlichen Analyse Schlussfolgerungen bezüglich der Ursachen aus den vorliegenden Daten zu ziehen. Ursachen sehe ich zum Beispiel in der Veränderung der Altersstruktur – ich sagte es bereits –, in der demografischen Entwicklung in bestimmten Schularten, aber auch im Wahlverhalten von Schülern für bestimmte Schularten. Dies hat mit Sicherheit Einfluss auf krankheitsbedingte Ausfallzeiten von Lehrerinnen und Lehrern.
Nur am Rande sei erwähnt, dass die vorliegende Analyse Ihrer Forderung im Antrag hinsichtlich der einzelnen Tage bis hin zu Langzeiterkrankungen gerecht wird. Man kann dieser Statistik prozentual pro Person, aber auch absolut pro Person die Ausfallzeiten wegen eigener Krankheit von ein bis drei Tagen, von vier Tagen bis sechs Wochen, über sechs Wochen, aber auch die Ausfalltage wegen Kur oder wegen Krankheit von Kindern entnehmen.
Wie Sie in Ihrer Begründung zu der Feststellung kommen, die Erfassung der Krankenstände des Lehrerpersonals sei unzureichend, erschließt sich mir nicht. Richtig ist, dass man aus dieser Statistik keine Lösungen ableiten kann, um den Unterrichtsausfall wegen Krankheit zu senken. Sicher könnte man das noch nach Altersstrukturen aufschlüsseln, aber dem eigentlichen Ziel käme man damit auch nicht näher. Ich behaupte, dass dies nur möglich wäre, wenn die tatsächliche Krankheitsursache erfasst würde. Nein, meine Damen und Herren, genau das werden wir von den Betroffenen nicht verlangen. Das wäre ein eindeutiger Eingriff in die Persönlichkeitsrechte
Es geht absolut niemanden etwas an, ob die Betroffenen wegen eines grippalen Infektes oder einer beliebigen anderen Viruserkrankung, wegen eines operativen Eingriffs – an welchen Stellen des Körpers auch immer –, wegen einer Vorsorgeuntersuchung oder wegen des Verdachts auf Krebs oder eben wegen psychischer Überlastung oder ganz einfach wegen akuter Kopfschmerzen zum Arzt gehen und nachfolgend die Krankheiten auskurieren.
Ich erinnere an dieser Stelle auch an die Schweigepflicht der Ärzte zur Diagnose – und Sie wollen mit Ihrem Antrag von den Betroffenen verlangen, ihre Krankheiten zu benennen. Wie viele unserer circa 31 000 Lehrerinnen und Lehrer sollen denn die Art ihrer Krankheiten offenlegen, damit eine aussagekräftige Analyse durchgeführt und aussagekräftig evaluiert werden kann – und das über einen längeren Zeitraum und immer von den gleichen Personen?
Meine Damen und Herren, Sie hätten es bei der Diskussion im Ausschuss belassen sollen. Ich betone noch einmal: Ich kann die Sinnhaftigkeit und Logik Ihres Antrages nicht erkennen. Wir werden den Antrag aus den genannten Gründen ablehnen.