Also Menschen unterschiedlichen Alters, unterschiedlicher Herkunft, unterschiedlicher Bildungshintergründe, mit unterschiedlichen Gründen, ihre Heimat zu verlassen, teils traumatisiert, teils voller Vorfreude auf das, was kommt, mit unterschiedlichem sprachlichem Vorwissen und mit unterschiedlichen Zielen und Verpflichtungen absolvieren einen Kurs mit einheitlichem Curriculum, mit einheitlichen Lehrwerken und mit einheitlichem Abschlusstest. Es ist klar, dass diese große Heterogenität, die wir dort in den Zusammensetzungen der Kurse haben, einen entscheidenden Einfluss auf den Erfolg jedes Einzelnen, auf die Erfolgsquoten hat und zunächst besondere Anforderungen an das Curriculum und die Methoden der Sprachvermittlung bringt. Im Ergebnis steht fest: Die kritische Revision der Zahlen des BAMF stärkt in erster Linie das Argument für mehr zielgruppenorientierte Kurse für Teilnehmer mit spezifischem Förderbedarf.
Dieser Logik sind wir bei den Landessprachkursen ebenfalls gefolgt und haben verschiedene Angebote zum Spracherwerb für verschiedene Gruppen auf den Weg gebracht. Organisatorisch haben wir uns bei der Umsetzung an die bestehenden Vorgaben des Bundes angelehnt. So müssen beispielsweise die Sprachkursträger vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge entsprechend der Integrationskursverordnung als Integrationskursträger zugelassen sein. Sämtliche Teilnahmebestätigungszertifikate werden durch die Sprachkursträger ausgegeben. Die Teilnehmerzahlen richten sich nach den Vorgaben der Integrationskursverordnung bzw. den jeweiligen Trägerrundschreiben des BAMF. Als Nachweis der Teilnahme dient eine tägliche Anwesenheitsliste, auf der sowohl Teilnehmende als auch der Kursträger unterschreiben. Zuwendungen werden gewährt, wenn die Personen mindestens an 50 % des Kursumfangs anwesend oder mit sachlichem Grund entschuldigt abwesend sind. Die Kursträger sind verpflichtet, ihre Kursangebote auf der
Was bleibt als Fazit? Der Heterogenität der Teilnehmer wird ein hohes Maß an Standardformen und Standarderwartungen gegenübergestellt. Weder die Zahl noch die Heterogenität der Zuwanderer wird in Zukunft kleiner. Eher ist das Gegenteil der Fall: Die Zuwanderungsanreize, insbesondere für Fachkräfte, werden in Zukunft intensiviert. Ich schaue da in Richtung Koalitionsvertrag auf der Ebene des Bundes. Das Stichwort ist hier Zuwanderungsteuerungsgesetz.
Flüchtlingen wird zum Teil bereits jetzt ein früher Zugang zu Deutschkursen gewährt. Es gab in diesem Bereich eine ganze Reihe von Rechtsänderungen in den letzten zwei Jahren. Gleichzeitig macht es die gesellschaftliche Notwendigkeit von Zuwanderung noch dringlicher als vor zehn Jahren, dass Zuwanderer ihren Bedürfnissen entsprechend Deutschkurse ausdifferenziert nach Zielgruppen erhalten. Das zwingt zur gruppenbezogenen Analyse, zu einer Revision des Curriculums und zu einer höheren Differenzierung und besseren Koordination der Angebote. Hier müssen sich Sprachförderangebote des Bundes und des Landes im Sinne gelebter Subsidiarität wirksam ergänzen. Gleichwohl gibt es natürlich inhaltlich und organisatorisch reichlich Potenzial zur Weiterentwicklung.
Es ist bereits viel auf den Weg gebracht worden. Mit Blick auf den Bund denke ich an das Gesamtprogramm Sprache oder die Deutschsprachförderverordnung, die sich an § 45 a Aufenthaltsgesetz anlehnt, zum Zweck des Erwerbs der berufsbezogenen Deutschförderung sowie das Angebot „Deutsch im Beruf“, das erst kürzlich in die Richtlinie Integrative Maßnahmen Eingang gefunden hat. Weitere Maßnahmen sind absehbar.
Im Ergebnis müssen wir fortwährend an den landesrechtlichen Stellschrauben neu justieren. Wir sind gut beraten, die Landessprachkurse beizubehalten uns sie maß- und sinnvoll weiterzuentwickeln. Das gilt nicht nur für den Teil 3 der Richtlinie, in dem die Sprachförderung enthalten ist, sondern für die komplette Richtlinie, die in Ihrem Antrag infrage gestellt wird.
Für die CDU-Fraktion sprach Herr Kiesewetter. Jetzt gibt es eine Kurzintervention von Herrn Kollegen Wendt, die sich auf diesen Redebeitrag beziehen wird. Bitte.
Ich möchte feststellen, dass Herr Kiesewetter am Antrag und am Thema vorbeigesprochen hat. Er hat sich auf Bundessprachkurse bezogen und ist gar nicht auf den Landessprachkurs eingegangen. Er ist auch nicht darauf eingegangen, dass wir lediglich eine Statistik über Erfolg und Misserfolg der Sprachkurse
einfordern. Das kam in dem Redebeitrag überhaupt nicht vor. Wahrscheinlich wollen Sie sich ein bisschen aus dem Thema herausschlängeln und nicht dagegen argumentieren, weil Sie vielleicht sogar unserer Meinung sind.
Das war die Kurzintervention. Soll es eine Reaktion geben? – Nein. Wir können also in der Rederunde fortfahren. Jetzt spricht für die Fraktion DIE LINKE Frau Nagel.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir reden heute über Sprache und den Zugang zum Erlernen von Sprache.
Vor einigen Monaten – daran will ich erinnern – beantragte die AfD hier im Hohen Haus, den Schutz und die Förderung der deutschen Sprache als Kulturgut in die Sächsische Verfassung zu implementieren. Der Zugang zur deutschen Sprache soll dann aber wohl kein universeller sein.
„Schützt die deutsche Sprache vor den Ausländern, zumindest vor bestimmten Gruppen!“, so lässt sich der hier vorliegende Antrag in seiner Intention wohl kurz und bündig zusammenfassen. Dabei kann man es fast belassen.
Es ist klar, es lohnt sich, darüber nachzudenken, ob Deutschsprachkurse wirklich das A und O für ein Einwanderungsland Deutschland sind. Wenn wir den Gedanken verfolgen, dass Integration ein gesamtgesellschaftlicher Prozess ist, der nicht nur die Anpassung der neu dazugekommenen Menschen verlangt, sondern auch eine offene Aufnahmegesellschaft, dann sollten wir darüber sprechen, ob nicht Letztere, die Menschen, die hier leben, die Behörden, die hier angesiedelt sind, Erzieherinnen und Erzieher, Polizistinnen und Polizisten usw., alle gesellschaftlichen Bereiche vielmehr auf Mehrsprachigkeit orientieren sollten.
Statt der permanenten Bringepflicht von Migrantinnen und Migranten, doch endlich ordentlich Deutsch zu lernen oder sonst Sanktionen für alle die, die nicht an Integrationskursen teilnehmen, zu erfahren, worauf Sie in Ihrer Begründung rekurrieren,
Sprachkurse in Arabisch, Farsi, Russisch, Tigrinisch oder Englisch für alle hier Geborenen – das wäre ein echter Paradigmenwechsel, den ich begrüßen würde.
Wenn wir die 9 Millionen Euro, die Sie aus dem Programm herausnehmen wollen, in so ein Projekt stecken würden, dann könnten wir über den Antrag sprechen.
Um zu sehen, wie produktiv und lebendig Mehrsprachigkeit ist und wie sehr Mehrsprachigkeit Horizonte erweitern kann, lade ich Sie gern einmal nach Leipzig ein,
(André Barth, AfD: Sind wir da sicher? – Carsten Hütter, AfD: Da kann man noch nicht einmal ein Auto abstellen!)
zum Beispiel in den Rabet im Leipziger Osten an der ach so gefährlichen Eisenbahnstraße. Dort können Sie live miterleben, wie eine mehrsprachige interkulturelle Gesellschaft funktioniert.
Am letzten Wochenende saßen dort im Sonnenschein und ohne Polizei Familien, Pärchen, syrische, kurdische, marokkanische, sächsische, Fußball spielend, Essen auf dem Grill zubereitend. Cliquen aus deutschen und migrantischen Jugendlichen auf ihren Fahrrädern und mit ihren Musikboxen tummelten sich da. Man sah Liebespärchen und hörte überall verschiedene Sprachen. Es war ein Sprachenmischmasch, ein Gewirr von Sprachen. Niemand hat sich daran gestört. Es wurde kommuniziert, und die Leute haben sich verstanden. Genau so, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, stelle ich mir die Zukunft dieses Landes vor.
Wir erleben hier einen weiteren Versuch, die Strukturen zu zerschlagen, die es Menschen ermöglichen sollen, in ihrer neuen Heimat Fuß zu fassen. Das sind Strukturen, die mühsam aufgebaut wurden und werden und die dem richtigen Gedanken folgen, dass Teilhabe nicht von der Vorlage eines Aufenthaltstitels abhängig gemacht werden darf. Die Landessprachkurse füllen eine Lücke, die die Angebote des Bundes mit den Integrationskursen und berufsbezogenen Sprachkursen hinterlassen. Mein Vorredner, Herr Kiesewetter, hat das schon vollumfänglich und sachlich beleuchtet.
Es ist aus Sicht der Linksfraktion überaus begrüßenswert, dass der Freistaat mit seinem Integrationsministerium vor nunmehr zwei Jahren erkannt hat, dass man hier Komplementärangebote braucht. Sie helfen jenen, die durch das Raster des BAMF fallen, und denen, die das zweifelhafte Label der negativen Bleibeperspektive bekommen, oder denen, die sich mit Duldung durch das Leben hangeln.
Wie Sie anhand der zu diesem Thema gestellten Anfragen sehen können, gibt es zahlreiche Kurse, die nachfrageorientiert angeboten werden.
Wenn wir über Evaluation sprechen, dann – hier möchte ich an Herrn Kiesewetter anknüpfen – sollte man sich anschauen, warum es die Abbrüche gibt. Wir kennen die Zahlen nicht. Da gebe ich Ihnen ganz sachlich recht. Warum gibt es Abbrüche, warum fallen Menschen durch Prüfungen? Das ist eher einer Evaluation wert, wie ich finde. Das reicht Ihnen alles nicht. Die im Antrag benannte Evaluation – im AfD-Vokabular heißt das Offenlegung – wird nur gefordert, um irgendeinen Schein zu wahren. Die Wahrheit, zu der es nicht vielen Mutes bedarf, steckt in Ziffer II. Sie wollen einfach nur die Aussetzung des Landessprachprogramms.
Es stellt sich also die Frage, warum Sie etwas evaluieren wollen, das Sie eh abschaffen wollen. Das kann man nur verstehen, wenn man Ihren Geist kennt.
Wir lehnen den Antrag ab. Ich würde an dieser Stelle stattdessen eine Evaluierung Ihrer Anträge hinsichtlich eines humanistischen Menschenbildes fordern. Dieser Antrag würde dann schon einmal durchfallen.
Frau Nagel sprach für die Fraktion DIE LINKE. Nun spricht Frau Kollegin Pfeil-Zabel für die SPD-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich gebe zu, auch ich versuche immer, mich auf Anträge von der AfD recht sachlich vorzubereiten. Aber es fällt doch immer schwerer. Ich habe auch heute wieder sehr genau zugehört, was Herr Wendt uns gesagt hat. Wer den Worten genau gefolgt ist, sieht immer wieder, dass das gleiche Kalkül dahintersteckt: Versucht ja nicht erst, den Menschen die Sprache zu lehren, integriert sie ja nicht, macht sie zum gesellschaftlichen Störfaktor; denn dann haben wir eine Argumentation dafür, dass wir kriminelle Ausländer in Sachsen haben, die wir ganz schnell wieder loswerden müssen. Diese Argumentation steckt dahinter; nicht mehr und nicht weniger. Ich denke, uns allen fällt es zunehmend schwerer, auf solche Anträge der AfD noch sachlich zu reagieren.
Die Sprache ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Integration. Aus diesem Grund ist die Richtlinie Integrative Maßnahmen, vor allem das Landessprachprogramm, einer der bedeutendsten Teile der sächsischen Integrationsarbeit und nicht einfach aussetzbar, wie Sie das hier im Antrag fordern.
Für die Integration der Menschen, die aus anderen Ländern nach Sachsen kommen, ist der Erwerb der deutschen Sprache elementar, und nur so können sie in der Gesellschaft tatsächlich ankommen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen und sich aktiv einbringen.
(André Barth, AfD: Sie haben aber kein Bleiberecht! Sie vermischen Asyl, Migration, Flüchtlinge und werfen alles in einen Topf! Dann mal umrühren und fertig!)
Je früher die Menschen, die wahrscheinlich bleiben dürfen, die deutsche Sprache erlernen und arbeiten können und je früher auch die Menschen, die nur vorübergehend bei uns sind, in den Alltag einbezogen werden, desto besser ist es für uns alle. Sonst riskieren wir Frust und Langeweile, Gewalt und Kriminalität oder politischen und religiösen Extremismus.
Sie kritisieren in Ihrem Antrag, dass die Landessprachkurse in Sachsen nachrangig zu den Kursen des BAMF stattfinden und deshalb nur abgelehnte Asylbewerber, geduldete Personen aus sicheren Herkunftsstaaten und Personen im Asylverfahren Zugang aus den landesmittelfinanzierten Sprachkursen bekommen. Das ist so aber nicht richtig. Wir haben zwar auf der einen Seite die Bundesprogramme, aber auf der anderen Seite eine große Zahl von Menschen, die, obwohl sie eine gute Bleibeperspektive haben, von diesem Bundesprogramm nicht profitieren können. Das sind Personen mit einer Aufenthaltsgestattung, geduldete Personen mit mindestens nachrangigem Arbeitsmarktzugang, Flüchtlinge mit
Aufenthaltserlaubnis sowie EU-Bürgerinnen und Bürger, die kein bis nur wenig Deutsch sprechen. Auch diese Menschen müssen die deutsche Sprache erlernen, um sich hier in Sachsen zurechtzufinden und zu arbeiten.
Das sächsische Landesprogramm schließt die Lücke – Kollege Kiesewetter hatte es schon gesagt – zwischen den Personen, die zu den Kursen des BAMF zugelassen sind, und denjenigen, die daran leider nicht teilnehmen dürfen: etwa Flüchtlinge aus Afghanistan wegen ihrer Bleibeperspektive von nur 49 % und nicht den erforderlichen 50 %. Leider haben wir aktuell noch keine genauen Zahlen vorliegen, wie gut die Abschlüsse bei den Landessprachkursen sind. Aber wie wir wissen, ist das Integrationsmonitoring bereits angelaufen.
Von dem Bundesprogramm des BAMF wissen wir aber, dass circa 50 % der Kurse bestanden werden, die anderen 50 % nicht. Das ist zwar keine gute Quote, aber das heißt noch lange nicht, dass der Kurs völlig sinnlos war.