Es liegt keine Empfehlung des Präsidiums gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 der Geschäftsordnung vor, eine allgemeine Aussprache durchzuführen. Daher spricht nur die Einreicherin, die Fraktion DIE LINKE. Das Wort hat Herr Kollege Horst Wehner.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der heute einzubringende und bereits genannte Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE wird denjenigen unter Ihnen, die bereits in der 5. Wahlperiode dem Sächsischen Landtag angehört haben, weitgehend bekannt vorkommen.
Am 16. Mai 2013 hatten wir in diesem Haus die erste Lesung eines gemeinsam mit der Fraktion der SPD, insbesondere Hanka Kliese, ausgearbeiteten Gesetzentwurfes mit ebendiesem Titel.
Meine Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf ist immer noch notwendig. Er hat auch wenig von seiner Aktualität verloren. Heute wie vor fünf Jahren sind darin gemäß der UN-Behindertenrechtskonvention Grundsätze der gesellschaftlichen Inklusion von Menschen mit Behinderungen im Freistaat Sachsen zusammengetragen worden. Er erfasst Ziele und Erfordernisse für wesentliche Bereiche des Lebens. Er enthält Paragrafen, mit denen es Betroffenen leichter werden würde, die ihnen zustehenden Rechte geltend zu machen und durchzusetzen.
Insgesamt sehen wir die heutige Einbringung auch als Bekenntnis der Fraktion DIE LINKE dazu, dass wir nach wie vor zu unseren Maßstäben und inhaltlichen Vorstellungen stehen. Wir wollen eine inklusive Gesellschaft und wir wollen auch, dass in Sachsen das Umsetzungstempo auf dem Weg dorthin endlich deutlich angezogen wird.
Bisher ist Sachsen einfach viel zu langsam. So haben wir hier im Vergleich mit den anderen Bundesländern eines der ältesten Gesetze zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Es stammt aus dem Jahr 2004 und ist damit fünf Jahre vor Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention im März 2009 verbindlich geworden.
Alleine die Bezeichnung „Gesetz zur Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen im Freistaat Sachsen (Sächsisches Integrationsgesetz)“ sagt sehr viel aus. Spätestens seit der UN-BRK geht es nicht mehr um die nachträgliche Integration einer ausgeschlossenen Gruppe, sondern um die selbstverständliche gesellschaft
liche Teilhabe bzw. Inklusion von Menschen mit Behinderungen von Anfang an und während des gesamten Lebens.
Der mit der UN-BRK vollzogene Paradigmenwechsel von einem medizinisch defizitbezogenen Behindertenkonzept hin zu einem menschenrechtlichen Konzept muss auch in Sachsen Wirklichkeit werden. In dieser Wahlperiode bleibt dafür allerdings nicht mehr viel Zeit.
Außerdem: Wenngleich uns bekannt ist, dass in der Staatsregierung an einem Entwurf für ein Sächsisches Inklusionsgesetz gearbeitet wird, können wir nicht sicher sein, dass es dieser überhaupt bis zu einer Drucksache im Landtag schafft. Der Grund für unsere Zweifel sind langjährige negative Erfahrungen.
Ein Grund für die Ablehnung des Gesetzentwurfes in der 5. Wahlperiode war, dass erst das angekündigte Bundesteilhabegesetz abgewartet werde, bevor der Entwurf für ein Sächsisches Inklusionsgesetz auf den Weg gebracht werden würde. So steht es auch in der Koalitionsvereinbarung von CDU und SPD in Sachsen aus dem Jahr 2014.
Bekanntlich ist das Bundesteilhabegesetz Ende Dezember 2016 beschlossen worden. Es ist also wieder mehr als ein Jahr vergangen, ohne dass von der Staatsregierung ein Entwurf für ein Sächsisches Inklusionsgesetz vorgelegt wurde, jedenfalls gibt es noch keinen Referentenentwurf. Ehrlich gesagt, ich empfinde das als Versagen dieser Staatsregierung in diesem Politikbereich.
Wir beabsichtigen mit unserem Gesetzentwurf also auch, Druck auf die Koalition und die Staatsregierung auszuüben, damit endlich ein Entwurf in den Landtag kommt.
Meine Damen und Herren! Bekanntermaßen begehen wir am 5. Mai den europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Beeinträchtigungen. Eingedenk dessen haben wir den heutigen Tag für die Einbringung gewählt.
Da die Diskussionen über den Gesetzentwurf und die Auseinandersetzungen damit in der 5. Wahlperiode bereits sehr ausführlich in allen Ausschüssen, in einer Ausschussanhörung, in außerparlamentarischen Veranstaltungen und im Landtag selbst erfolgten, haben wir diesmal lediglich die Überweisung an den Ausschuss für Soziales und Verbraucherschutz, Gleichstellung und Integration als federführenden und an den Innenausschuss als mitberatenden Ausschuss vorgesehen.
Das heißt aber nicht, meine Damen und Herren, dass wir unsere Auffassung, dass die volle gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigungen eine Aufgabe
der gesamten Gesellschaft ist und damit auch in alle Gremien gehört, aufgegeben hätten. Das haben wir keinesfalls. Es ist lediglich pragmatisch.
Für uns ist die UN-Behindertenrechtskonvention der grundlegende Auftrag zur Gewährleistung der Menschenrechte für die Menschen mit Beeinträchtigungen. Es ist ein Auftrag, der alle Ebenen und Bereiche der Gesellschaft umfasst.
Sehr geehrter Herr Präsident! Ich bitte Sie, den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 6/13144 – Gesetz zur Gleichstellung, Inklusion und selbstbestimmten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen im Freistaat Sachsen – an den Ausschuss für Soziales und Verbraucherschutz, Gleichstellung und Integration als federführenden und an den Innenausschuss als mitberatenden Ausschuss überweisen zu lassen.
Meine Damen und Herren, ich bedanke mich auch in dieser Runde bei dem Gebärdensprachdolmetscher Andreas Mischke für die Begleitung meiner Rede.
Meine Damen und Herren! Wenn wir uns vor Augen führen, dass als barrierefrei nur solche baulichen und sonstigen Anlagen, Fahrzeuge, Verkehrsmittel, technischen Gebrauchsmittel, Kommunikationssysteme, akustischen und visuellen Informationsquellen sowie anderen gestalteten Lebensbereiche, wozu auch die erschlossene Landschaft gehört, gelten können, die für Menschen unabhängig von der Art der Behinderung in der allgemein üblichen Weise ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind, dann bekommen wir eine gewisse Ahnung davon, welche Veränderungen oder Anpassungen noch bevorstehen.
Selbstverständlich verkennen wir als Fraktion nicht, dass es in Sachsen und auch im Landtag in der Zwischenzeit durchaus Bemühungen und kleine Fortschritte gibt, um die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit körperlichen, geistigen, seelischen und/oder Sinnesbeeinträchtigungen zu verbessern. Ich denke an die Verbesserung der Barrierefreiheit hier im Haus, an die bessere Einsicht der Dokumente und an viele andere Dinge mehr.
Es gibt nach zähem Ringen einen sächsischen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-BRK oder ein Landesprogramm zur Schaffung von Barrierefreiheit öffentlicher Gebäude und Einrichtungen. Insofern, glaube ich, befinden wir uns auf einem guten Weg zur Inklusion im Freistaat Sachsen.
Zu uns sprach Herr Kollege Wehner. Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf Gesetz zur Gleichstellung, Inklusion und selbstbestimmten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen im Freistaat Sachsen – Sächsisches Inklusionsgesetz – an den Ausschuss für Soziales und Verbraucherschutz, Gleichstellung und Integration – federführend – und an den Innenausschuss – mitberatend – zu überweisen.
Wer dem Vorschlag der Überweisung an diese Ausschüsse zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit ist die Überweisung beschlossen und der Tagesordnungspunkt beendet.
Es ist keine Aussprache vorgesehen. Wünscht dennoch ein Abgeordneter das Wort? – Das ist nicht der Fall.
Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 6/12854 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Keine. Stimm
enthaltungen? – Einige Stimmenthaltungen. Damit ist die Drucksache 6/12854 beschlossen. Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.