Protokoll der Sitzung vom 31.05.2018

Nicht umsonst ist es negativ belegt, wenn man sprichwörtlich sagt: sich zum Affen machen. Darin ändert auch die Tatsache nichts, dass die Tiere in Gefangenschaft zur Welt gekommen sind und kein anderes Leben kennenlernen durften.

In Ihrer Stellungnahme zum vorliegenden Antrag, Frau Ministerin Klepsch, räumen Sie auch ein, dass es für bestimmte Tierarten, zum Beispiel Elefanten, Giraffen, Nilpferde, Großbären und Affen, allerdings zweifelhaft erscheint, ob eine art- und verhaltensgerechte Unterbringung unter den besonderen Bedingungen eines reisenden Zirkusunternehmens nachhaltig gewährleistet werden kann. Damit beweisen Sie, verehrte Frau Klepsch, schon einmal mehr Fachkompetenz als die Landesdirektion Sachsen. Doch leider ziehen Sie sich anschließend aus der Verantwortung und verweisen auf den Bund und dessen Prüfung, die schon seit Jahren ohne nennenswertes Ergebnis erfolgt.

Wir sind auch einer Meinung, werte Frau Ministerin, dass Kommunen grundsätzlich nicht verpflichtet sind, Flächen für den Auftritt von Zirkussen mit Wildtieren vorzuhalten. Doch am Ende verschanzen Sie sich hinter § 111 Abs. 1 Sächsische Gemeindeordnung und schreiben, es gehe nicht, dass Kommunen das verbieten würden.

Gestatten Sie mir an der Stelle eine kleine Zwischenfrage an Sie: Ihre Heimatstadt Annaberg-Buchholz – Herr Zschocke hat es benannt – hat ein Wildtierverbot beschlossen, gegen welches, laut Meldung in der „Morgenpost“ vom 27.05. dieses Jahres, der Zirkus Afrika klagen will. Stehen Sie hinter dem Oberbürgermeister Ihrer Heimatstadt?

Wenn den Herren und Damen von der CDU, ganz besonders Ihnen, Herr Anton, die Fantasie fehlt, wie man ein Wildtierverbot in Sachsen umsetzen könnte, dann schauen Sie doch einfach nach Baden-Württemberg. Da dürfen – ich zitiere – „die Stadt und ihre Beteiligungsgesellschaften mit Zirkusunternehmen und vergleichbaren Einrichtungen künftig nur noch dann Nutzungsverträge abschließen, wenn die Unternehmen sich vertraglich verpflichten, Wildtiere der folgenden Arten weder mitzuführen noch zur Schau zu stellen: Affen, Elefanten, Großbären, Giraffen, Nashörner, Flusspferde, Tümmler, Delfine, Greifvögel, Flamingos, Pinguine und Wölfe.“ Baden-Württemberg geht also diesen Weg. Warum wollen wir nicht auch in Sachsen diesen Weg gehen? Warum hängen wir immer hinterher und sind nicht mal Vorreiter?

Der vorliegende Beschlussantrag ist dieser Weg. Er will die rechtlichen Möglichkeiten nutzen, um EU-Recht im Freistaat Sachsen durchzusetzen.

Zum Schluss würde mich allerdings auch noch interessieren, wie die Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion mit dem vorliegenden Antrag heute umgehen. Schließlich haben auch die Abgeordneten ihrer SPD-Fraktion zum Beispiel in Chemnitz für das vorliegende Anliegen gestimmt. Ich hoffe an dieser Stelle nicht, dass Sie die Landesdirektion mit ihrer tollen Broschüre überzeugt hat. In dieser berichtet sie von dem langen Weg der Entschei

dung zum Wildtierverbot in Zirkussen in Chemnitz. Die Rede ist von Ihrer Rechtsauffassung, den Stellungnahmen der Verwaltung und den Stadtratsbeschlüssen, die sich immer wieder nicht danach richten.

Neben dieser absoluten Eindimensionalität gipfelte das Ganze in der Ersatzvornahme durch die Landesdirektion, die den Stadtratsbeschluss aufhob. Man hätte dagegen Widerspruch einlegen können, man kann aber einfach auch den Weg weiter verfolgen, der mehr Sinn hat. Damit hätte das Thema erledigt sein können. Aber nein – Zitat aus der Broschüre –: „Zwei der im Stadtrat vertretenen Fraktionen setzen das Thema trotzdem erneut auf die Tagesordnung.“ Ungeheuerlich! Ja, was denken die sich denn dabei? Das kann ich Ihnen sagen. Wir denken, dass das Anliegen einfach richtig ist. Deshalb stimmen wir auch heute dem Beschlussantrag zu. Die Zurschaustellung von Wildtieren in Zirkussen ist weder zeitgemäß noch vertretbar.

Außerdem noch eine kurze Bemerkung zum Eingriff in die Berufsfreiheit. Wenn jeder so denken würde, wäre jetzt der Beruf des Großwildjägers immer noch legitim. Das gilt auch für andere Berufe, die abgeschafft wurden, weil sie einfach nicht mehr zeitgemäß oder unwürdig sind.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Für die SPDFraktion Herr Baumann-Hasske, bitte. – Herr BaumannHasske, einen kleinen Moment noch. Ich habe gerade entdeckt, dass Herr Anton bestimmt eine Kurzintervention machen möchte.

Ja, ich möchte eine Kurzintervention machen.

Frau Kollegin Schaper, ich will es ganz kurz machen. Wir stehen vor der grundsätzlichen Entscheidung, ob wir aufgrund von Zweifeln oder aufgrund eines unguten Bauchgefühls Entscheidungen treffen wollen oder auf der Grundlage von Recht und Gesetz. Um nicht mehr oder weniger geht es an dieser Stelle.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Man kann Gesetze ändern! Das machen Sie täglich! – Zuruf des Abg. Rico Anton, CDU)

Frau Schaper, möchten Sie antworten?

Vielen Dank für Ihre Kurzintervention. Ich habe das nicht wirklich anders erwartet. Ich hatte gesagt, dass Ihnen schlicht und ergreifend die Fantasie fehlt.

Ich weiß nicht, ob Sie wissen, wie es sich mit der Gewaltenteilung verhält. Wir sind erstens Gesetzgeber. Zweitens sitzt Ihre Fraktion auch im Bundestag und hat dort die regierende Mehrheit. Drittens haben wir ein EU-Recht. Viertens habe ich Ihnen mehrere Länder in der EU aufgezählt, die das bereits durchgesetzt haben. Schauen Sie

fünftens einfach nach Baden-Württemberg. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.

Das scheint zwar etwas in der eindimensionalen Betrachtung einzuschränken. Aber die Realität ist nun einmal so. Geben Sie sich einen Ruck und gehen Sie mit der Zeit!

(Starker Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Herr BaumannHasske, bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will dort anschließen. Wenn es um den Tierschutzaspekt geht und um die Frage, ob wir auch in Zukunft große Wildtiere in Zirkussen sehen wollen oder nicht, können wir uns, so glaube ich, der ganz großen Mehrheit dieses Hauses anschließen. Ich denke, das wollen wir nicht. Ich glaube, dass die Bundesratsinitiative, die da ergriffen worden ist und die jetzt zu den Untersuchungen im Innenministerium bzw. im Landwirtschaftsministerium auf Bundesebene geführt hat, zu unterstützen ist. Wir müssen erreichen, dass das Tierschutzgesetz an dieser Stelle geändert wird.

(Susanne Schaper, DIE LINKE: Ja!)

Damit hätten wir die Voraussetzung dafür, dass in Zukunft auch auf der kommunalen Ebene klare Entscheidungen getroffen werden können. Ich glaube, das ist der Weg.

(Beifall des Abg. Jörg Vieweg, SPD)

Meine Damen und Herren! Ich kann Ihnen sagen, warum wir in Sachsen keine entsprechenden Anordnungen treffen. Wahrscheinlich ist das deswegen so, weil wir nicht wollen, dass unsere Kommunen dann spätestens vor dem OVG scheitern. Es wird Zirkusunternehmen geben, die, wenn denn Kommunen solche Auftritte untersagen, im Wege der einstweiligen Anordnung vor dem Oberverwaltungsgericht erzwingen werden, dass sie dort auftreten können.

Die Kommunen sind in der Tat berechtigt, solche Veranstaltungsorte vorzuhalten. Sie sind aber nicht dazu verpflichtet. Halten sie Veranstaltungsorte vor, an denen solche Veranstaltungen stattfinden können, dann wird die Kommune, wenn sie ansonsten schon solche Erlaubnisse erteilt hat, auch in diesem Fall solche Erlaubnisse erteilen müssen. Das ist der Gleichbehandlungsgrundsatz.

Das heißt, wir müssen die gesetzlichen Voraussetzungen verändern, damit die Kommunen rechtssicher solche Erlaubnisse verweigern können. Wir müssen darauf achten, dass Gleichbehandlungsgrundsätze solange

beachtet werden.

Kollege Anton hat es vorhin schon ausgeführt: Wenn von dem Zirkus, der einen solchen Antrag stellt, eine Gefahr ausgeht, wenn der Zirkus nicht dafür einstehen kann, dass die Großtiere, die dort gehalten werden, sicher gehalten werden, wenn Ausbrüche zu befürchten sind, dann ist es überhaupt keine Frage, dass ein solches Auftrittsverbot

erteilt und die Erlaubnis versagt werden kann. Das ist aber ganz normales Polizei- und Ordnungsrecht. Das ist eine ordnungsrechtliche Verfügung.

Ich denke, wir müssen dahin kommen, dass wir auf der Bundesebene das Tierschutzgesetz ändern. Alles andere wären im Vorfeld dessen Experimente, die wir nicht empfehlen können. Deshalb werden wir diesen Antrag ablehnen.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Für die AfDFraktion Herr Hütter, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Haltung von Wildtieren, insbesondere von Großwildtieren in Zirkussen, ist ein Thema, das man sich wirklich sehr genau ansehen muss.

Es ist richtig, über die Belange der Tiere zu sprechen und eventuelle Missstände aufzuklären. Wenn Tiere gequält oder unter unwürdigen Bedingungen gehalten werden, ist dagegen strikt vorzugehen. Das ist für mich und meine Fraktion eine Selbstverständlichkeit. Auch die Ausbrüche von Tieren müssen strikt verhindert werden. Insofern bin ich bei Ihnen.

Selbstverständlich bekennt sich unsere Fraktion zum Tierschutz ohne Wenn und Aber.

Was unsere Fraktion jedoch nicht unterstützt sind Anträge, die in der Sache nicht helfen und ideologisch gefärbt sind. Der vorliegende Antrag der GRÜNEN ist genau so einer.

Schon der Titel des Antrages passt nicht so recht mit dem Beschlusstext zusammen. Die Überschrift gibt vor, die kommunale Selbstverwaltung stärken zu wollen. Schön. Aber der Beschlusstext liest sich dann doch anders. Sie wollen – ich zitiere – „geeignete Maßnahmen wie Anwendungshinweise oder gegebenenfalls aufsichtsrechtliche Maßnahmen“. Sie sind für aufsichtsrechtliche Maßnahmen, wenn es um kommunale Selbstverwaltung geht. Ist Ihnen klar, was Sie eigentlich hier fordern? Nennen Sie das Kind doch einfach beim Namen: Sie wollen in die Selbstverwaltung der Kommunen eingreifen, und zwar unter Umgehung der bundesgesetzlichen Regelungen.

Liest man die Stellungnahme der Staatsregierung auf den Antrag oder vielleicht noch den Sachstand des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zum Thema „Kommunales Wildtierverbot in Zirkussen“, weiß man alles, was man dazu wissen muss. Man weiß alles, was auch die Antragstellerin wissen sollte. Abstrakte Wildtierverbote darf nur der Bund mittels Rechtsverordnung formulieren.

(Valentin Lippmann, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Abstrakte Wildtierverbote darf nur der Bund mittels Rechtsverordnung formulieren. Die Bundesregierung prüft nach wie vor, inwiefern das derzeit umsetzbar ist. Das heißt, weder Sachsen noch die einzelne Kommune

darf unter einer generellen Berufung auf den Tierschutz ein Willkürverbot für Zirkusse einfordern.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Hütter?

Nein, im Moment nicht.

Der Freistaat kann daher auch keine Anwendungshinweise in die Welt setzen. Die Kommune darf jedoch selbst darüber entscheiden, wem sie unter welchen Voraussetzungen ihre öffentlichen Flächen zur Verfügung stellt, Stichwort: Widmung. Das durfte sie aber bisher auch schon, auch ohne den Antrag der GRÜNEN.

Der Antrag hilft aber auch im Bereich des Tierschutzes nicht weiter. Tiere dürfen weder unter erheblichen Leiden, Schmerzen oder Schäden gehalten noch unter derartigen Umständen transportiert werden. Das ist aber bereits geltendes Gesetz; schauen Sie einmal in § 11 Tierschutzgesetz.

Um den Tieren genau diesen gesetzlich verankerten Schutz zukommen zu lassen, werden an die Zirkusse erhebliche Anforderungen gestellt. Das beginnt bei der Beantragung von mehreren Genehmigungen bei den Behörden und hört irgendwann bei möglichen Beanstandungen nach Kontrollen auf. Sämtliche Auffälligkeiten werden in das Zirkusregister eingetragen und sind für die Behörden jederzeit einsehbar. Sollte ein Tier in einem Zirkus tatsächlich leiden – gibt es also eine konkrete Tierwohlgefährdung –, dann greift die zuständige Behörde ein. Notfalls wird das Tier dort sofort herausgeholt.

Wozu also Ihr Antrag? Meinen Sie, Sie helfen auch nur einem einzigen Tier, weil es nicht mehr öffentlich zur Schau gestellt werden darf?

Was glauben Sie eigentlich, was die Zirkusunternehmen nach einem derartigen Verbot mit den Tieren machen? Im besten Fall werden die Zirkusse einfach private Flächen anmieten und genauso weitermachen wie bisher. Damit ist weder für die Kommune etwas gewonnen, denn diesen entgehen auch noch Einnahmen, noch haben die Tiere in irgendeiner Weise einen Vorteil davon.