Protokoll der Sitzung vom 27.06.2018

Dass der Wirtschaftsboom nicht ewig andauern wird, lassen die Aussagen des Ifo-Instituts erwarten. Bereits mehrmals in Folge hat dieses die Wirtschaftswachstumsprognosen abgesenkt. Das wiederum erfordert dringend, die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft – also jene, die unsere Steuern erwirtschaften – optimal zu gestalten.

Jetzt darf ich das wiederholen, was Herr Gebhardt schon in seinem Redebeitrag erwähnt hat – das ist jetzt nicht schlimm, weil es nämlich richtig war –: Der Ministerpräsident hat gestern beim Sommerfest der VSW zu dieser Thematik gesprochen. Bürokratieabbau war eines seiner Schlagworte – Bürokratieabbau sei dringend nötig. Ja, das war nett und das war auch richtig, und er hat sogar Beifall dafür bekommen.

Erstaunlich ist aber, dass dadurch der Eindruck entstanden ist, als hätte der Ministerpräsident, als hätte die CDU mit der jetzigen Situation nichts zu tun, als gehörte der Ministerpräsident nicht zur CDU, als hätte er nicht viele Jahre im Bundestag Gesetze verabschiedet, –

Die Redezeit ist abgelaufen, Frau Kollegin.

–, die den jetzigen Bürokratismus verursacht haben.

Von daher hoffe ich, dass die Versprechungen nicht nur Lippenbekenntnisse bleiben.

Vielen Dank.

(Beifall der Abg. Dr. Kirsten Muster und Uwe Wurlitzer, fraktionslos)

Jetzt können wir eine zweite Rederunde beginnen. Die einbringende Fraktion DIE LINKE wird vertreten durch Frau Kollegin Meiwald und eröffnet die zweite Rederunde.

Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie haben sich gewundert, warum wir diesen Debattentitel gewählt haben, Herr Panter und Herr Michel. Ich sage es Ihnen: Wir wollten Ihnen Dinge mit auf den Weg geben, da der Haushaltsentwurf derzeit in Erarbeitung ist. Nur ein Satz, Herr Michel: Es tut mir leid, aber wenn Sie uns am 08.08. den Haushalt vorlegen wollen und am 16.08. hier die 1. Lesung stattfinden soll – mit Verlaub, sage ich in Anführungsstrichen –: „Hackt’s“?!

(Beifall bei den LINKEN – Dr. Stephan Meyer, CDU: Hey! Hallo, hallo!)

Seit Monaten, Herr Panter, haben Sie hier Dinge versprochen und Zahlen in die Welt gesetzt, und am Freitag hat uns die Pressemitteilung zur Kabinettsklausur ereilt und dort wurden wieder Zahlen verkauft – Zahlen, die in unterschiedlichen Zusammenhängen und unterschiedlich dargestellt werden; die 1,7 Milliarden Euro nur als Beispiel – über fünf Jahre steht im Kleingedruckten; macht aber nichts, klingt aber gut.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, gerne.

Bitte, Kollege Panter.

Frau Kollegin Meiwald, erinnern Sie sich, wie der Haushaltsprozess beim letzten Doppelhaushalt gelaufen ist und wann der Haushalt dem Landtag zugeleitet wurde; wie viele Tage Zeit waren zwischen Zuleitung und Einbringung? Erinnern Sie sich außerdem daran, wie ein solcher Prozess abläuft – dass eine Regierung Eckwerte aufstellt, dann einen Regierungsentwurf verabschiedet, der dann fertig erarbeitet und danach dem Landtag zugeleitet wird? Erinnern Sie sich daran?

Selbstverständlich.

Dann können Sie mir auch sagen, was die Zeiten waren?

Selbstverständlich, Herr Panter, vielen Dank für die Frage. Natürlich erinnere

ich mich an die Prozesse, ich begleite sie seit vielen Jahren hier im Hohen Hause.

Warum verbreiten Sie dann Unsinn?

Das ist kein Unsinn. Hören Sie mir doch erst mal zu, wenn ich Ihre Frage beantworten möchte! Vielen Dank, Herr Panter, ich beantworte weiter. Und zwar – deswegen hatte ich vorhin schon in meinem Eingangssatz gesagt, dass wir diesem Haushaltsentwurf Dinge mit auf den Weg geben wollen, damit schon in der Erarbeitung keine Fehler gemacht werden.

(Dirk Panter, SPD: Das ist zu spät, Leute! – Widerspruch und empörte Zurufe von den LINKEN – Glocke des Präsidenten)

Kollege Panter, wir sind immer noch in der Beantwortung Ihrer Anfrage. – Bitte, Frau Kollegin Meiwald.

(Anhaltende Unruhe – Dirk Panter, SPD: Es tut mir leid, aber ein bisschen Prozess ist schon sinnvoll! – Glocke des Präsidenten)

Kollege Panter, Sie hatten eine Zwischenfrage gestellt und die Frau Kollegin ist immer noch in der Beantwortung.

(Dirk Panter, SPD: Das wage ich zu bezweifeln! – Kerstin Köditz, DIE LINKE: Unverschämtheit! – André Schollbach, DIE LINKE: Einfach einmal zuhören, wenn man eine Frage stellt! – Dirk Panter, SPD: Ich höre zu!)

Frau Kollegin, fahren Sie fort in der Beantwortung dieser Zwischenfrage.

Ich würde gern fortfahren in der Beantwortung der Frage, aber vielleicht doch noch einmal auf Kollegen Panter zurückkommen: Dann erzählen Sie mir keine Lügen, dass der Entwurf fertig ist. – So viel dazu.

Deswegen geben wir Ihnen mit auf den Weg, dass noch etwas mit in den Entwurf kommt, was wir in der ersten Beratung am 16.08. vertiefen werden, und dann werden wir den ganzen Herbst dazu nutzen, es zu korrigieren, soweit es in unserer Macht steht. – Das war‘s.

Ich würde gern fortfahren. Scheinbar haben Sie die Zeichen der Zeit erkannt und Geld in die Hand genommen – ich sage nur: Reparaturen an selbst verschuldeten Problemen; Lehrermangel und Innere Sicherheit wurden schon erwähnt.

Zu einer echten Ermöglichungspolitik gehört es zum einen, den Landkreisen und Gemeinden ausreichend Mittel zur Verfügung zu stellen. Das Finanzausgleichsgesetz – sosehr Sie das loben, Herr Michel – gehört grundsätzlich überarbeitet. Eine Orientierung an Köpfen ist nicht mehr zeitgemäß. Die Landkreise aber, liebe Kolle

ginnen und Kollegen, brauchen Luft zum Atmen, denn wenn strukturelle Defizite dazu führen, dass Sie Ihre Haushalte zwar gerade noch so zubekommen, aber dann gezwungen sind, Haushaltssperren zu verhängen, damit Jugendhilfestrukturen gefährden und damit Präventionsangebote wegfallen müssen und in der Folge dann Jugendhilfekosten weiter steigen, dann beißt sich die Katze in den Schwanz. Hier ist das Land gefordert; die Grundversorgung in allen Regionen muss sichergestellt werden. Regionalbudgets und Pauschalen ohne Zweckbindung stärken die kommunale Selbstverwaltung. Ihre

70 000 Euro, Herr Michel, sind ein Anfang, mehr nicht.

Zum anderen muss aber auch das Land in der Lage sein, seine staatlichen Aufgaben zu erfüllen. Sie müssen eben dafür sorgen, genügend ausgebildete Pädagoginnen und Pädagogen vor den Klassen zu haben, genügend ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher in Kita und Hort, genügend Polizisten, die ihren Job in der Fläche machen, genügend Rettungskräfte, Juristen, medizinisches Personal, Pflegekräfte und Verwaltungsangestellte.

Zu einer ehrlichen Bedarfsplanung gehört, dass Sie umsteuern müssen, und zwar in Größenordnungen, was die Ausbildungskapazitäten anbelangt, und Sie müssen staatliche Ausbildungskapazitäten schaffen, wo Sie sich heute noch allein auf den Privatsektor verlassen.

Zu Ihrer erneuten Kommission teile ich die Bedenken von Frau Schubert. Es kann am Ende nichts bringen. Wir erinnern uns alle noch an den Umgang mit der letzten Kommission.

Es braucht Mut, liebe Kolleginnen und Kollegen, Dinge auch einmal anders zu denken. Unsere Vorschläge, Herr Panter – und jetzt hören Sie zu! –,

(Dirk Panter, SPD: Ich höre zu!)

für frühkindliche Bildung, Arbeitsbedingungen an den Schulen, ärztliche Versorgung im flachen Land werden wir im Laufe der kommenden zwei Tage –

(Dr. Stephan Meyer, CDU: Flachland! – Zuruf des Abg. Dirk Panter, SPD)

diskutieren und so viel – –

Können Sie bitte mal den Herrn Panter unterbrechen, Herr Präsident, das macht mich wahnsinnig!

Ich verwarne Sie jetzt, Frau Kollegin Meiwald. Sie haben meine Sitzungsführung nicht zu korrigieren.

Nein, ich korrigiere Sie nicht, es macht mich nur wahnsinnig, wenn Kollege Panter ständig dazwischenredet.

Fahren Sie bitte fort in Ihrem Redebeitrag.

Das würde ich gern machen.

Zur Gesundheitsproblematik vielleicht nur so viel. Der öffentliche Gesundheitsdienst – falls Sie nicht wissen, was das ist: eine ganz wichtige Angelegenheit, die vor allem die kommunale Ebene betrifft – bleibt in Ihrem Haushalt völlig unterbelichtet. Ansonsten hätten Sie es nämlich am Freitag der Presse verkündet.

Wie bei Polizei und Lehrern wurde auch der öffentliche Gesundheitsdienst personell ausgehungert. Bei den Polizisten und Lehrern reparieren Sie, beim öffentlichen Gesundheitsdienst ist davon nichts zu vernehmen.

Dabei sind die Probleme offensichtlich: Altersabgänge im Gesundheitsdienst und im Veterinärmedizinischen Dienst und Schrumpfung des öffentlichen Gesundheitsdienstes – schon ab dem Jahr 2016 deutlich zu verzeichnen; 8 % in Landkreisen und in der Stadt Chemnitz, die ihrer Pflichtaufgaben nicht mehr erfüllen können. Ich sage nur: kinder- und jugendärztlicher Dienst, Reihenuntersuchungen, Suchtberatung usw. Über die LUA brauchen wir gar nicht reden. Die haben Sie seit Jahren vernachlässigt.

Das Beispiel ÖPNV. Ihre Strategiekommission hin oder her – das, was Sie jetzt in die Hand nehmen, reicht hinten und vorne nicht.