Uta-Verena Meiwald

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Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst kann ich einmal feststellen, dass Sie mit diesem Berichtsantrag selbst die Staatsregierung vor eine große Herausforderung gestellt haben, die ob der Fülle der Daten für die Beantwortung etwas mehr Zeit benötigt hat. Nichts
destotrotz, die Datenlage, die nun vorliegt, ist nicht nur umfangreich, sondern außerordentlich aussagekräftig, sind doch die Daten und Darlegungen hilfreich für die Bewertung der bisherigen Förderperiode.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe durchaus Verständnis dafür, dass zum Ende der Legislatur auch Erfolge der Förderpolitik dargestellt werden. Nun könnte ich die Zahlen und Fakten wiederholen, welche Zuwendungen in den 30 LEADER-Regionen für welche Förderschwerpunkte mit welchen Fördersätzen an Kommunen, Vereine und Privatpersonen ausgereicht wurden. Aber das kann man in der schon gelobten Antwort der Staatsregierung nachlesen.
Festzustellen bleibt, dass sich im Freistaat mit der seit Beginn der laufenden Förderperiode veränderten Förderpraxis tatsächlich ein recht taugliches Förderinstrument entwickelt hat. Wir hatten das schon vor Jahren gefordert. Jetzt gibt es das. Es ist quasi basisdemokratisch und bezieht lokale Akteure und deren Partner aktiv in die Gestaltung der zukünftigen Entwicklung ihrer Gebiete und Regionen ein. Ja, LEADER ist ein Beteiligungsprozess, und das von Anfang an. Akteure vor Ort haben sich zu lokalen Aktionsgruppen aus öffentlichen sowie Wirtschafts- und Sozialpartnern zusammengeschlossen. In allen 30 LEADER-Regionen wurden Entwicklungskonzepte erarbeitet und entsprechend den Entwicklungspotenzialen der jeweiligen Region eine LEADER-Entwicklungsstrategie mit klaren Zielen und Maßnahmen zu deren Umsetzung entwickelt.
Zu diesem höchst partizipativen Prozess musste der Freistaat viel Entscheidungskompetenz an die Regionen abgeben und hat auch nur wenige inhaltliche Vorgaben gemacht. So gibt es nun 30 verschiedene Richtlinien und Strategien. Für das Verwaltungsverfahren in den Landratsämtern stellt das aber eine Herausforderung dar, zumal die LEADER-Gebiete nicht zwangsläufig den Verwaltungsstrukturen folgen. In meiner, also dem „Silbernen Erzgebirge“, sind es 27 Kommunen in drei Landkreisen.
Die Entscheidungskompetenzen wurden in die Regionen gegeben, die Eigenverantwortung der Regionen gestärkt. Es wurden Strukturen geschaffen, ausprobiert oder angepasst. In jeder LEADER-Region gibt es leistungsfähige Gremien wie die schon erwähnten Arbeitsgruppen und Koordinierungskreise, die die Regionen kennen und ihr Handwerk verstehen. Das Regionalmanagement mit hauptamtlichen Mitarbeitern, die die Antragsteller von Beginn an begleiten, hat sich bewährt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, an dieser Stelle kommen wir schon zu den Schlussfolgerungen. In den Regionen vor Ort gibt es handlungsfähige Strukturen und Voraussetzungen, auch andere Beteiligungs- und Förderverfahren in die Region zu geben. Ein erster Schritt scheint mir mit den aus den GAK-Mitteln gespeisten Regionalbudgets gegangen zu werden. Sie erinnern sich sicherlich daran, dass wir schon seit Langem und nicht erst mit dem letzten Haushalt die Einführung von Regionalbudgets fordern, über deren Verwendung vor Ort
entschieden werden soll. Mit LEADER sind Sie diesen Weg bereits gegangen. Haben Sie endlich Mut für weitere Schritte. Die vorhandenen Strukturen könnten perspektivisch noch ganz anders für die Entwicklung des ländlichen Raumes eingesetzt werden.
Da sich aber die jetzige Förderperiode dem Ende entgegenneigt und die Mittel in allen Regionen bis 2020 verbraucht sein werden, wird eine Lösung benötigt, die auch bei später beschlossenem MFR und noch lange nicht endgültigen Vorschlägen für die nächste Förderperiode – wie auch immer sie dann aussehen und ausgestattet sind – dazu dient, dass es in den Regionen keine zwei Jahre Stillstand gibt, die Strukturen gesichert bleiben und es keinen Abbruch jenseits finanzieller Veränderungen gibt.
Für die nächste Förderperiode gibt es dennoch mehr Dinge, die aus Sicht der LEADER-Regionen weiterentwickelt werden müssen. Im Verwaltungsverfahren kann durch Vereinheitlichung eine deutliche Verkürzung der Bearbeitungszeiten erreicht werden. Straffung und Vereinfachung können oftmals die ehrenamtlichen Akteure zeitlich entlasten.
Ein ganz großes Problem stellt die Vorfinanzierung der Gesamtkosten durch die Projektträger dar. Hier werden bestimmte Gruppen von vornherein von einer Förderung ausgeschlossen. Gerade aber Vereine, soziale Träger und junge Familien verfügen nicht über das nötige Eigenkapital, wären aber auf die Förderung angewiesen. Auch die Vorfinanzierung der Managementkosten ist eine hohe Belastung für die lokalen Aktionsgruppen.
Kooperationen sind ein wichtiger Bestandteil von LEADER. Sie sind schon in Sachsen nicht ganz so einfach, mit anderen Bundesländern und international sind sie aber sehr aufwendig und schwierig. Auch hier wäre eine Vereinheitlichung der Regeln europaweit eine echte Hilfe. Es bleibt also jenseits von ELER-RESET noch jede Menge zu tun.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, durch die Entscheidung des Freistaates, Entscheidungskompetenzen in die Regionen zu geben, wurde auch die Bevölkerung sensibilisiert und damit Europa erlebbar gemacht. Es geht nicht mehr nur um den einzelnen Drei-Seiten-Hof, der gerettet, oder den Dorfladen, der neu aufgebaut wurde. Es geht darum, dass Europa einen praktisch erfahrbaren Mehrwert für Bürgerinnen und Bürger besitzt, der bis in das letzte Dorf zu sehen und zu spüren ist. Europa ist damit nicht abstrakt, weit weg, kein Bürokratiemonster. Europa ist kein Moloch, der unser sauer erwirtschaftetes Geld in Brüssel und Straßburg versenkt. Deutschland zahlt aufgrund seiner Wirtschaftskraft nicht nur viel ein, es bekommt auch sehr viel zurück, und zwar nicht nur als Flächenförderung für Landwirtschaftsunternehmen, sondern auch über vielfältige Förderprogramme im sozialen, Wirtschafts- und umweltpolitischen Bereich.
In zwei Tagen wird das Europaparlament neu gewählt. Es werden Spitzenpositionen in den Kommissionen neu besetzt. Es ist müßig, heute die Vorschläge für die neue EU-Förderperiode, beispielsweise die GAP, im Einzelnen
bewerten zu wollen. Erstens ist sie noch viel zu unkonkret und zweitens sind die Wahlen für die Weiterentwicklung der Vorschläge entscheidend.
Insofern wird es Aufgabe des neuen Landtags im Herbst werden, im produktiven Streit unterschiedlicher politischer Konzepte seine Bewertung, Kritiken, Hinweise an den Förderprogrammen zusammenzufassen und über die Bundesebene in die Debatten der EU einzuspeisen. Europa ist kein abgehobenes Projekt von Wirtschaftseliten. Europa ist die beste Idee, die Europa je hatte, wie man dieser Tage auf einem Wahlplakat lesen kann. Vor allem, weil wir zutiefst Europäer sind und weil wir der festen Überzeugung sind, dass auch der nächste Sächsische Landtag alles dafür tun wird, dass Europa ein Europa der Regionen sein wird, stimmen wir Ihrem Antrag zu.
Herzlichen Dank.
Herr Staatsminister, Sie hatten darauf hingewiesen, dass genügend Geld, aber zu wenig Kapazität vorhanden ist. Die Frage ist: Kann man hier irgendwo steuernd eingreifen? Oder hat Ihr Ministerium hierzu eine Idee? Vor dem Hintergrund, dass es die in den Medien beschriebenen Differenzen zwischen der kommunalen Ebene und Ihrem Haus gegeben hat, kann man diese vielleicht damit ausräumen, dass man bestimmte Dinge tut? Ich habe auch keinen Plan.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eines vorweg: Bundesweit nimmt die Zahl an Vorladungen von Fachkräften sozialpädagogischer Einrichtungen zu und bringt diese in schwierige rechtliche und fachliche Konflikte. Abhilfe kann hierbei nur ein Zeugnisverweigerungsrecht schaffen.
Wir beraten hierzu, sagen wir einmal, zu fast später Stunde einen Antrag der GRÜNEN, der inhaltlich ein wenig zu unseren gestrigen Debatten passt. Die Staatsregierung soll sich für eine Bundesratsinitiative starkmachen und den § 53 Strafprozessordnung reformieren und in den Personenkreis, in dem ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich der sozialen Arbeit aufnehmen, und dies vor allem vor dem Hintergrund der Fansozialarbeit in den Fanprojekten.
Herr Kirmes, ich weiß nicht, ob Sie Sozialarbeiter in Fanprojekten kennen und die Klientel, die dort zu Gast ist. Das hat nichts, aber auch gar nichts mit den Chemnitzer Vorfällen zu tun.
Bereits in den Fünfzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts wurden Debatten um ein Zeugnisverweigerungsrecht für Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter geführt. Schon damals sah sich die Sozialarbeit auf der Stufe der Ärzte, der Geistlichen und der Rechtsanwälte. Anfang der Siebzigerjahre flammten die Diskurse um die Jugendgerichtsbarkeit und die Einordnung der sozialen Arbeit erneut auf und mündeten in einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes von 1972.
In diesem Beschluss führte das Gericht aus, dass die Regelungen des § 53 nicht das Recht der ratsuchenden Person auf Achtung ihrer Privatsphäre verletze. Sozialarbeit sei keine Berufsausübung, über deren Gesamtbild persönliche, grundsätzlich keine Offenbarung duldende Vertrauensverhältnisse kennzeichnend seien. Begründet
wurde dies unter anderem damit, dass der Berufsstand, der damals noch liebevoll „Fürsorge“ hieß, nicht scharf genug umgrenzt und nicht einheitlich geregelt sei und der Berufsstand noch nicht eine besondere Vorbildung und ein in langer Berufsausübung gewachsenes Berufsethos besäße.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das war vor nunmehr 47 Jahren, und die Welt hat sich wirklich weitergedreht. Ich zitiere: „Dem veralteten Verständnis von Fürsorge stehen Entwicklungen von über 40 Jahren Fachlichkeit, methodischen Standards, eine zunehmend allgemeingültig gewordene Berufsethik sowie vereinheitlichte Ausbildungsstandards entgegen.“
Zu dieser Einschätzung kommt das von der Koordinationsstelle Fanprojekte in Auftrag gegebene Rechtsgutachten, das den möglichen Reformbedarf des besagten Paragrafen zum Zeugnisverweigerungsrecht untersucht hat. Seit dem Jahr 2014 besteht dazu bei der KOS eine Arbeitsgruppe gemeinsam mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte. Inzwischen ist aus dieser AG Zeugnisverweigerungsrecht ein breites Bündnis entstanden, das aus vielen weiteren Projekten und Akteuren der sozialen Arbeit besteht.
Fanprojekte – bundesweit derzeit an 59 Standorten mit 65 Fanszenen – leisten seit Beginn der Achtzigerjahre soziale Arbeit mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Grundlage ihrer Arbeit sind das SGB VIII, also das Kinder- und Jugendhilfegesetz, und das sogenannte Nationale Konzept Sport und Sicherheit. Herr Lippmann hatte das in Rede stehende Zitat – Fanprojekte sind eine besondere Form der Jugend- und Sozialarbeit – bereits ausgeführt und auch auf das Vertrauensverhältnis hingewiesen.
Genau dieses Vertrauensverhältnis ist die Basis der sozialen Arbeit bei den Fanprojekten, in der Wohnungslosenhilfe, bei der mobilen Jugendarbeit, beim Streetwork, bei offener Jugendarbeit, bei der Opferberatung, aber auch für Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter in Aussteigerprogrammen.
Im vergangenen Jahr hatte unsere Bundestagsfraktion eine Anfrage zur Gewichtung des notwendigen Vertrauensverhältnisses zwischen Sozialarbeit und Klientel und der damit verbundenen Bedeutung eines zu gewährenden Zeugnisverweigerungsrechts gestellt. In der Antwort der Bundesregierung ist zu lesen – ich zitiere –: „Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass die Tätigkeit von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern in den Arbeitsfeldern mobiler Jugendarbeit, Reintegration gewaltbereiter junger Menschen und bei der Beratung von Gewaltopfern ein besonderes Vertrauensverhältnis zum Klienten voraussetzt.“
„Zu beachten ist jedoch, dass das Interesse an einer leistungsfähigen Strafjustiz“, Herr Kirmes, „in den Ge
währleistungsbereich des Rechtsstaatsprinzips nach
Artikel 20 Abs. 3 des Grundgesetzes fällt.“
Die Antwort der Bundesregierung zeigt leider deutlich, dass sie den Berufsstand der sozialen Arbeit einem von der Strafrechtspflege geprägten Ordnungs- und Sicherheitsprofil unterwirft, nicht aber einem präventiven Ansatz folgt. Eine soziale Arbeit, die als Zubringer für die Strafrechtspflege wirken soll, kann ethisch und berufsethisch nicht haltbar sein.
Dieser mehr als merkwürdigen Rechtsauffassung schließt sich nun die Staatsregierung an und führt aus, dass Kenntnisse von Sozialarbeitern über Interna der Fanszene im Rahmen von Ermittlungs- und Strafverfahren von Bedeutung sein können und dass ein Zeugnisverweigerungsrecht zur Folge hätte, dass Straftaten von Fußballfans während der Fahrt von und zu Spielen oder währenddessen schlechter aufgeklärt werden können.
Aber soziale Arbeit erfüllt im Rechtsstaatsprinzip überwiegend eigene originäre Aufgaben und Zuständigkeiten, die sich außerhalb ordnungspolitischer Regelungen befinden
und darf entsprechend ihrem Auftrag und ihrer eigenen Haltung kein Erfüllungsgehilfe staatlicher Sektoren im Bereich der Ordnungs- und Sicherheitspolitik darstellen.
(René Jalaß, DIE LINKE: Aber wenn die keine Ahnung von Sozialarbeit haben, was dann? – Gegenruf des Abg. Svend-Gunnar Kirmes, CDU – Glocke des Präsidenten)
Sehr geehrte Damen und Herren, aber wenn Fanprojekte abgehört, Räume durchsucht und Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter von Polizei und Staatsanwalt vorgeladen werden, wird das Vertrauensverhältnis zwischen den Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern und ihren Klienten aufs Spiel gesetzt und perspektivisch zerstört. Das ist mehr als kontraproduktiv. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, die nun endlich nach so vielen Jahren, in denen wir das gefordert haben, erkannt haben, wie wichtig soziale Arbeit mit Kindern und Jugendlichen im Schulbereich ist, sollten nun auch den fälligen zweiten Schritt gehen. Denn aus diesen genannten Gründen ist eine Reform von § 53 Strafprozessordnung dringend geboten – und damit die Aufnahme von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern in den Kreis der dort genannten Berufsgruppen, für die ein Zeugnisverweigerungsrecht besteht. Das würde auch endlich die Ungleichbehandlung zwischen Sozialarbeitern im öffentlichen Dienst und den vielen Sozialarbeitern bei den freien Trägern beenden, wenn es um Aussagegenehmigungen geht.
Der Antrag der GRÜNEN trägt dem Rechnung. Wir teilen diese Auffassung vollumfänglich und stimmen dem Antrag selbstverständlich zu.
Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident! Auch ich möchte mein Abstimmungsverhalten erklären. Ich habe gegen das Polizeigesetz gestimmt, weil Fanrechte Bürgerrechte sind. Vorfeldkriminalisierung unterstellt jedem Fan potenziell, ein Krimineller zu sein.
Mit diesem Polizeigesetz schafft man nicht weniger, sondern mehr Gewalt. Hier wurden alle Regeln der modernen Psychologie und der modernen Pädagogik missachtet; Herr Jalaß sprach gerade von den Sozialarbeitern. Aufrüstung entschärft aber keine Konflikte. Bereits jetzt werden Grundrechte eingeschränkt, durch geheime Datenbanken, die die Reisefreiheit einschränken, durch jahrelange Überwachung – zum Beispiel Fanprojekt Chemie Leipzig –, durch Betretungsverbote und vieles mehr. Eine Verschärfung ist nicht hinnehmbar.
Genau das aber geschieht mit diesem Polizeigesetz und macht aus jedem Fußballfan einen potenziellen Gefährder. Ich habe aus freiem Herzen diesen Gesetzentwurf abgelehnt.
Vielen Dank. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf regelt auf einer DIN-A4-Seite in drei Artikeln – wovon der Artikel 3 das Inkrafttreten ist – die Umsetzung des vom Bund beschlossenen Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens mit den Regelungen zur Abgabenordnung für die Kirchensteuer – genauer gesagt, er regelt die Ausnahmen.
Auf dem Vorblatt zu Ihrem Gesetzentwurf steht nun also Folgendes: Die Vorschriften der AO – also der Abgabenordnung – sind auch auf die sächsische Kirchensteuer anzuwenden. Ausgenommen sind bisher die Vorschriften über Verzinsungs- und Säumniszuschläge und das Straf- und Bußgeldverfahren, da im Bereich der Kirchensteuer grundsätzlich auf Druckmittel, Sanktionen und Strafen verzichtet wird.
Mit der Änderung des Sächsischen Kirchensteuergesetzes wird im Bereich der Kirchensteuer im Einvernehmen mit den steuerberechtigten Kirchen auch die inzwischen verpflichtende Festsetzung von Verspätungszuschlägen nach § 152 Abgabenordnung ausgeschlossen; und das ist auch schon alles.
Zur Kirchensteuer, liebe Kolleginnen und Kollegen, könnte man durchaus auch ernste Debatten führen, zum Beispiel über den Vorschlag von Thüringens Ministerpräsidenten zur Umwandlung der Kirchensteuer in eine Kultursteuer, über deren Verwendung der Steuerzahler selbst entscheiden könnte. Oder man könnte generell die Debatte führen, warum der Staat eigentlich die Kirchensteuer einzieht, wenn es doch eine strikte Trennung von Staat und Kirche gibt.
Aber diese Debatten können nicht anhand Ihres Gesetzentwurfes geführt werden. Insofern hätten Sie auch ruhig den Mut haben können, dies ohne Aussprache durch das Hohe Haus beschließen zu lassen.
Wir werden uns daher enthalten.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich fürchte, dass ich nicht ganz so staatstragend wie meine beiden Kollegen vor mir bin. Ich habe mich allerdings schon gefragt, wer hier mit wem koaliert. Das sei nur am Rande bemerkt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Titel Ihres Antrages suggeriert etwas anderes. Der Antrag selbst leistet das aber nicht.
Punkt I ist ein klassischer Berichtsantrag, leider nur eine Datensammlung zu Schülerzahlentwicklungen. Die
Sportschüler, die Schwerpunktsportarten, die Internatskosten und die Auflistung der Schulen mit Schulteilen sind für eine Gesamtbetrachtung der Situation im Sport an den sportbetonten Schulen wichtig. Es kann sein, muss aber nicht.
Bei den Schülerzahlen in Oberwiesenthal gibt die Staatsregierung 93 Schülerinnen und Schüler an. Laut Homepa
ge der Schule lernen aber in diesem Schuljahr circa 200 Schülerinnen und Schüler. In Altenberg werden 91 Schülerinnen und Schüler angegeben. Mit Stand gestern Mittag lernen dort 450 Schülerinnen und Schüler an diesem Standort, davon 100 Sportlerinnen und Sportler. Vor diesem Hintergrund, dass an diesen Eliteschulen des Sports nicht nur Sportlerinnen und Sportler, sondern auch Kinder aus den Regionen lernen, ist die Forderung aus genau diesen Einrichtungen mehr als selbstverständlich, die Außenstellen und damit die Außenstellenleiterinnen und -leiter mit diesen Leitungsressourcen auszustatten.
Damit sind wir bei Punkt II Ihres Antrages angekommen. Sie begehren einen Prüfauftrag. Die Staatsregierung antwortet daraufhin, dass das gerade nicht möglich sei, weil die Situation auf dem Lehrerarbeitsmarkt dies nicht zulasse.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieses Argument muss nun seit einiger Zeit für vieles als Entschuldigung herhalten, auch – nicht nur, aber eben auch – für die Kürzung der Sportstunden ab dem kommenden Schuljahr. Aus dem Grund hatte auch die Massenpetition
„auch“ hatte ich gesagt, Herr Piwarz, nicht „nur“, „auch“! – des Sportlehrerverbandes gegen die geplanten Kürzungen keine Chance hier im Haus.
Die Frage der Stellung der Außenstellenleiter an Schulteilen hätte man durchaus im Schulgesetz ändern können. Zumindest für die sogenannten 4a-Schulen, in diesem Fall also die Schulteile mit vertiefter, hier nun sportlicher Ausbildung, wäre das ein erster Schritt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einmal ganz unter uns: In den meisten Fällen wissen wir doch, wie Schulteile und Außenstellen zustande gekommen sind: Es waren angedrohte bzw. angeordnete Schulschließungen aufgrund geringer Schülerzahlen. Dass dort jetzt ein Umdenken eingesetzt hat, begrüßen wir sehr. Es muss aber weitergedacht werden, sei es zum Beispiel eine zweite Stellvertreterstelle an den Mutterschulen der Außenstellen oder die zukünftige Eigenständigkeit der jetzigen Außenstellen, die die Kriterien für Schulen im ländlichen Raum laut Schulgesetz erfüllen.
Zu Punkt III: In Altenberg lernen auch Sportler aus anderen Bundesländern. Mit einigen Fachverbänden gibt es hierzu Vereinbarungen. Die Förderung ist allerdings sehr unterschiedlich. Hier brauchen wir dringend einheitliche Lösungen.
Die Internate sind nicht, wie ausgeführt wird, jedes Jahr komplett ausgebucht. In Altenberg, um bei meinem eigenen Beispiel zu bleiben, haben sich wegen zu hoher Kosten einige Eltern nach Alternativen umgeschaut. Das kann aber nicht im Sinne der Sportlerinnen und Sportler und auch nicht im Sinne der Eliteschule sein. Kostenan
gleichungen wären hier eine Möglichkeit, ebenso eine einheitliche Regelung auf Landesebene.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich noch einige Gedanken zur dualen Karriere anfüge, lassen Sie mich zunächst noch etwas Kritik an Ihrer Methode äußern. Ihr Antrag trägt das Datum 14.12.2018. Sie begehren im Punkt V die Prüfung, inwieweit an Grundschulen Angebote zur frühzeitigen Förderung der sportlichen Begabung von Schülerinnen und Schülern weiterzuentwickeln sind. Nicht, dass dies bisher nicht schon möglich war, siehe Kooperationen der Schulen in Oberwiesenthal. Im August 2018 hat das Kultusministerium die Schulordnung Grundschulen novelliert und in § 8 Abs. 3 genau dies gesetzlich geregelt, also vier Monate, bevor Sie Ihren Antrag gestellt haben.
Zur sportmedizinischen und sportpsychologischen Untersuchung von Kadersportlern inklusive Tauglichkeitsuntersuchung und der begleitenden sportärztlichen Betreuung hätte es keinen Antrag Ihrerseits gebraucht. Das ist sichergestellte Praxis, und zwar nicht erst seit Dezember 2018.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kommen wir schlussendlich noch kurz zur dualen Karriere. Für Wintersportler ist das Problem der beruflichen Bildung nach einem Schulabschluss an einer Eliteschule besonders groß. Außer den üblichen Behörden gibt es nahezu keine Möglichkeit. Die genannte Beispiele greifen für sie nicht. Eine Forderung von uns ist es seit Langem, dass es jenseits von Bundeswehr, Polizei und Bundespolizei Sportfördergruppen und viel mehr zivile Möglichkeiten der dualen Karriere für Sportlerinnen und Sportler geben muss.
In Ihren Punkt VIII wollen Sie dies nun bei der sächsischen Staatsverwaltung prüfen lassen. Das SMK sagt Ihnen diese Prüfung zu, wobei sie mit der Einführung einer Profilquote verquickt wird. Die gleichzeitig gemachte Einschränkung – Zitat –: „sofern tatsächlich Bedarf besteht“ – relativiert nicht nur das Ganze, sondern nimmt praktisch das Ergebnis vorweg: brauchen wir nicht, machen wir nicht.
Dabei ist gerade die duale Karriere von Spitzensportlern neben dem professionellen Training, der professionellen Betreuung an den Stützpunkten, durch den Olympiastützpunkt Sachsen und durch das IAT eine weitere wichtige Voraussetzung für das Erbringen von Spitzenleistungen. Das geht weiter über gestrecktes Abitur und gedehnte Fachoberschule hinaus.
Dirk Schimmelpfennig, Vorstand Leistungssport beim DOSB, fasst das so zusammen – ich zitiere –: „Die Thematik der dualen Karriere sehen wir als eine der entscheidenden Regel-Reserven für die Gestaltung der Zukunft des deutschen Leistungssports an. Ein humanes Spitzensportsystem trägt mit seinen Partnern Verantwortung für die Chance der Entfaltung sportlicher Talente, für
das Vorhalten von Rahmenbedingungen Richtung Weltspitze bei der gleichzeitigen Ermöglichung potenzialgerechter Bildungskarrieren und potenzialgerechter Chancen von ehemaligen und noch aktiven Leistungssportlern auf dem Arbeitsmarkt. Ohne verbindliche Regelungen für das Gelingen der dualen Karriere unserer talentiertesten Sportlerinnen und Sportler werden wir in der Mehrzahl der Sportarten im internationalen Maßstab langfristig nicht wettbewerbsfähig sein.“
Einmal ganz zu schweigen, liebe Kolleginnen und Kollegen, von unserer sozialen Verantwortung gegenüber denjenigen, mit deren Erfolgen sich der Freistaat Sachsen so gern schmückt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema ist wichtig. Ihr Antrag wird dem aber nicht gerecht. Gut gemeint ist nicht gut gemacht. Wo hörte ich das eben schon? Sie hätten Akteure wie zum Beispiel den Landessportbund, den Olympiastützpunkt oder Schulleiter beteiligen können. Das haben Sie aber nicht.
Vertraut mir, ich rede mit den Leuten!
Wir können uns daher bei Ihrem Antrag leider nur enthalten.
Sport frei!
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Staatsminister, ich habe eine Frage nach einem Plan B. Sie haben das ehrgeizige Ziel angesprochen, dass der Mehrjährige Finanzrahmen im Mai 2019 beschlussreif ist. Was passiert, wenn das nicht so kommt, wenn es zu Verzögerungen kommt? Welchen Plan hat die Staatsregierung, Verzögerungen in der Mittelvergabe im Freistaat Sachsen zu kompensieren? Oder wie kann man das ausgleichen? Wie ist der Plan B?
Oliver Schenk, Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei: Vielen Dank. Ich glaube, wir müssen in dem Zusammenhang zwei Dinge im Blick behalten. Das eine ist: Sollte es tatsächlich im nächsten Jahr nicht zu der Verabschiedung kommen, spricht vieles dafür, dass es dann erst unter dem deutschen Vorsitz in der zweiten Jahreshälfte 2020 passieren wird. Wir haben nächstes Jahr im Mai die Europawahl. Wir werden danach die Bildung einer Kommission haben. Dann muss sich das erst einschwingen. Dann wird man sicherlich in Europa die Erwartung haben, dass die Bundesrepublik in ihrem Vorsitz in der zweiten Jahreshälfte 2020 zügig agiert. Das ist nicht mein Wunschszenario, aber man muss es im Blick behalten.
Deshalb werden wir argumentieren, dass man zum einen die bestehenden Regelungen fortführt, damit es keinen Abbruch in der Förderung gibt, also die bestehenden Regelungen aus der jetzigen Förderperiode weiter gelten. Das Zweite ist: Das werden wir hier innerhalb der Staatsregierung machen. Wir müssen schauen, dass die Strukturen für die Administration der gesamten europäischen Förderung, die wir bei uns im Land aufgebaut haben, so stabilisiert werden, dass wir sie nahtlos im Übergang zur nächsten Förderperiode nutzen können.
Dazu gibt es eine Arbeitsgruppe verschiedener Ministerien innerhalb der Staatsregierung, die schwerpunktmäßig mit den Fragen der Fördermittelverwaltung der Europäischen Union beschäftigt ist. Diese Arbeitsgruppe wird für die interne Arbeit entsprechende Vorschläge erarbeiten. Zum ersten Punkt werden wir dafür werben, sollte es dazu kommen, dass es eine Fortsetzung der bisherigen Programme in die neue Förderperiode hinein gibt.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Herr Staatsminister, Sie sprachen vorhin die Berlin-Formel an, die es seit 1999 gibt, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, und die sich auf das BIP begründet. Planen Sie in Ihren Gesprächen mit Brüssel oder vielleicht auch dann, wenn es um die innerstaatliche Verteilung geht, dort eine Modifikation? Wenn ja: Wie könnte diese aussehen?
Sie führten vorhin aus, dass, wenn mehr von diversen Töpfen partizipieren wollen – in diesem Fall waren es die Übergangsregionen –, es entweder mehr Geld braucht oder letztendlich
weniger bei dem Einzelnen ankommt. Meine Frage lautet: Inwieweit setzen Sie sich dafür ein, dass das Gesamtbudget erhöht wird oder zumindest in gleichem Maße bestehen bleibt? Ich klammere jetzt den Brexit aus. Wie ist dazu die Position der Staatsregierung, was das Gesamtbudget im Mehrjährigen Finanzrahmen anbelangt?
Oliver Schenk, Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei: Zum einen kämpfen wir dafür – das haben Sie sicher auch gemeint –, dass es innerhalb der jetzt bestehenden Mittel zu einer stärkeren Dotierung der sogenannten Übergangsregionen kommt. Das habe ich aufgearbeitet, weil es sehr viele gibt, die in diese Kategorie hineinkommen.
Der zweite Punkt ist: Das fällt natürlich umso leichter, je mehr Geld im Gesamtbudget vorhanden ist. Die jetzigen Vorschläge sind schon ordentlich finanziert, wenn man sieht, dass eine Veranschlagung höher als in der bisherigen Förderperiode ist. Man hatte 1 %, jetzt geht man in Richtung 1,1 %. Die Kommission ist in ihren Vorschlägen, wenn sie alles umsetzen will, bei 1,3 %. Das werden viele Mitgliedsstaaten nicht mitmachen. Es gibt heute schon eine Reihe von Ländern, die sagen, dass sie an dieser Stelle nicht bereit sind, mehr Geld zu transferieren.
Das ist eine Debatte, die diese Entscheidung in den nächsten Monaten schwer machen wird. Ich habe es dargestellt. Die Bundesregierung hat sich bereit erklärt, ihren Beitrag zu leisten und mit Blick auf Europa und den Zusammenhalt in Europa in gewissen Grenzen auch einen höheren Beitrag zu leisten.
Ich habe eine Nachfrage zu Erasmus – Schule. Frau Maicher hatte auf die Anhörung verwiesen. Dort ist deutlich geworden, dass gerade im Schulaustausch die komplette Vorbereitungszeit – also die Anbahnung eines Schüleraustauschs über Erasmus – nicht finanziert wird und dass deshalb die Schulen auf den Kosten sitzen bleiben. Haben Sie dazu irgendwelche anderen Ideen?
Oliver Schenk, Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei: Das ist genau der Punkt, den ich gerade aufgeführt habe. Das hatte wirklich zu einem Rückgang, zumindest vorübergehend, geführt. Eine der Überlegungen, die im Raum steht, ist, dass man eine Einrichtung schafft, die das stärker bündelt und den Schulen ein Stück weit die Koordinierungsarbeit abnimmt.
Es gibt Modelle, die wir uns anschauen. Wir müssen schauen, ob sie für uns geeignet sind. Sie kommen nicht unbedingt immer aus dem Schulbereich. Wir haben gerade über Handwerk gesprochen. Es sind, glaube ich, die hessischen Kammern, die eine entsprechende Beratungsstelle für das gesamte Hessen aufgebaut haben. Wir sind gut beraten, uns anzuschauen, wie so etwas möglicherweise auch auf andere Bereiche transformiert werden kann, damit wir das, was hier beschrieben worden ist, weiter nutzen und es zum Einsatz bringen. Dann haben wir weniger Probleme in der tagtäglichen Anwendung.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuerst gilt wie jedes Jahr unser Dank dem Sächsischen Rechnungshof für seine akribische Arbeit und seine Beratung. Es liegt in der Natur der Sache, Herr Prof. Binus, dass wir zu bestimmten Punkten manchmal unterschiedlicher Meinung sind. Doch ich habe Hochachtung davor, dass der Rechnungshof sachlich und nicht politisch bewertet.
Wir diskutieren hier zwar die beiden Teile des Jahresberichtes 2017, ich möchte aber die Gelegenheit nutzen, um anzusprechen, dass sich die Arbeit des Rechnungshofes darin nicht erschöpft. Uns werden regelmäßig Beratende Äußerungen des Rechnungshofes zugeleitet, die leider nicht immer das Licht der Öffentlichkeit erblicken, uns aber viele wichtige Hinweise für unsere parlamentarische Arbeit liefern. Auch dafür noch einmal herzlichen Dank an Sie und Ihr Kollegium.
Nun zurück zum Jahresbericht: Ich möchte in meiner Rede nicht auf alle Prüfpunkte eingehen, sondern habe mir zwei herausgegriffen, die mich zum Teil sehr bewegt haben und, zweitens, deren Brisanz sich anscheinend nicht bei der Koalition durchgesetzt hat. Im Band I zum Staatshaushalt findet sich unter Punkt 10 ein Bericht über politische Beamte. Für alle Bürgerinnen und Bürger, die nicht wissen, was damit gemeint ist: Es geht um Staatssekretäre und denen gleichgestellte Personen. Der Begriff „Staatssekretär“ ist derzeit in aller Munde und hat sich dermaßen in das kollektive Bewusstsein der Menschen gerückt.
In Sachsen haben wir ebenfalls solche politischen Beamten. Der Rechnungshof moniert so ziemlich genau das, was in den letzten Tagen durch die Presse geisterte. Politische Beamte haben üppige Versorgungsansprüche, wenn sie in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden. Fast zwei Drittel erleben dies mit durchschnittlich 55 Jahren. Lediglich in zwei von 17 Fällen wurde dieser einstweilige Ruhestand durch eine Wiederernennung beendet. Es kommt noch besser. Zwölf der 17 im Ruhestand befindlichen politischen Beamten gehen einer Erwerbstätigkeit nach. In einem Einzelfall kommen so 125 000 Euro Erwerbseinkommen und 47 000 Euro
Versorgung zuzüglich Beihilfe im Krankheitsfall dazu.
Dieser Beamte erhielt somit 30 % mehr Geld als zu seiner aktiven Zeit.
Meine Damen und Herren! So etwas ist nicht vermittelbar. Solche Versorgungsansprüche, wie wir sie hier haben, existieren nicht einmal für Ministerinnen, Minister oder gar den Ministerpräsidenten. Der Rechnungshof empfiehlt, den Kreis dieser Beamten enger zu fassen oder ganz darauf zu verzichten, eine Wiederverwendung dieser Beamten zu prüfen und dafür zu sorgen, dass Erwerbseinkommen stärker angerechnet werden.
In Prüfnummer 6 in Band II, zu den Kommunen: Da beschäftigt sich der Rechnungshof mit einem Thema, das mir sehr am Herzen liegt und mich vor allen Dingen auch als Fraktionsvorsitzende im Kreistag enorm beschäftigt, die Hilfen zur Erziehung. Der Rechnungshof bezieht sich hierbei nicht nur auf die teils ineffektiven Strukturen und Abläufe, sondern zeigt auch die Kostenentwicklung auf. Trotz der allseits bekannten demografischen Entwicklung stiegen die Kosten innerhalb von acht Jahren um rund 90 % auf 370 Millionen Euro.
Hier entwickelte sich die Heimerziehung überproportional zu anderen Hilfsformen. Es ist keine Neuheit, dass die Pflege in Pflegefamilien sowohl aus pädagogischen als auch aus fiskalischen Gründen den Vorzug erhalten soll. Hier hat der Rechnungshof treffend festgestellt, dass es nicht nur ein staatliches, sondern ein gesellschaftliches Problem ist, dass 60 % der Unterbringung in Heimen stattfinden. Wir haben in Sachsen einen akuten Mangel an engagierten Pflegefamilien. Außerdem bemängelt der Rechnungshof, dass zu wenig landkreisübergreifend gearbeitet und zu wenig Öffentlichkeitsarbeit betrieben wird.
Ein weiterer Grund für die Kostensteigerung sind die veralteten Entgeltvereinbarungen, die teils älter als fünf Jahre sind und nicht mehr die realen Kosten widerspiegeln und die kommunale Haushaltsplanung somit erschweren. In unserem Landkreis mit einer langen Grenze nach Tschechien kommt auch die Crystal-Problematik zum Tragen. Ich danke dem Rechnungshof ausdrücklich dafür, dass Sie das hier aufgeführt haben. In Regionen wie in meiner ist der Hilfebedarf durchschnittlich um das Vierfache höher als anderswo. Die Wirkungen dieser Droge führen dazu, dass im Gegensatz zu anderen Problematiken meist nicht mit einer Wiederrückführung der Kinder in die Ursprungsfamilien zu rechnen ist.
Ohne auf jedes Detail des Berichts einzugehen, bekommt man beim Lesen den Eindruck, dass Sachsen in diesem Bereich ein Entwicklungsland ist und jeder Landkreis macht, was er will, versucht, den Mangel an allen Enden so gut es geht zu verwalten. Hier fehlen nach meiner Auffassung und der des Rechnungshofes eindeutige Anweisungen und Vorgaben des Sozialministeriums, die dazu führen, dass wir in allen Kreisen annähernd gleiche Standards in Sachen Evaluation, Controlling, Benchmarking vorfinden, von der chronischen Unterversorgung der kommunalen Ebene ganz zu schweigen.
An einer Stelle muss ich der Stellungnahme des Sächsischen Landkreistages widersprechen. Ich glaube zutiefst, dass eine Kürzung im präventiven Bereich und in Familienhilfen weiter dazu führen wird, dass die Hilfen zur Erziehung, dass Inobhutnahmen, dass Heimunterbringungen ansteigen werden. Es gibt aber leider diese einheitlichen Standards und die Vergleichbarkeit nicht.
Insofern freue ich mich, dass vielleicht den Anregungen des Rechnungshofes hier einmal gefolgt wird und es tatsächlich einheitliche Standards gibt. Nur so können die Landkreise die Kosten, die ihnen quasi über die Köpfe wachsen, endgültig stemmen. Vielleicht kann man sie auch irgendwann wieder eindämmen.
Ich danke dem Rechnungshof noch einmal sehr herzlich und freue mich auf das nächste Jahr, wenn wir wieder gemeinsam Sachen finden. In Richtung der Koalition sage ich: Mich hat ein Satz aus dem Haushaltsausschuss zutiefst schockiert, der Satz, dass es ja überhaupt keinen Sinn ergebe, wenn man hier einmal beitritt. – Doch, das macht Sinn, weil der Beitritt genau das ist, was wir damit meinen, wenn wir sagen, wir unterstützen den Rechnungshof, und der Rechnungshof unterstützt uns, auch, wie Sie gesagt haben, bei der Kontrolle der Regierung. Deshalb ist das Mittel des Beitritts hier ein richtiges Instrument. Danke noch einmal, Prof. Binus.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Staatsministerin! Sie hatten ausgeführt, in welche Bereiche in der jetzt fast vergangenen Förderperiode sowohl ESF- als auch EFRE-Gelder fließen. Meine Frage dazu: Welche dieser Bereiche im Hochschulwesen weisen eine besondere Abhängigkeit von europäischen Fördergeldern auf – unabhängig von Forschungskooperationen, also tatsächlich auf Fördermittel bezogen? Welche wären bei einem deutlichen Rückgang bzw. bei einem Wegfall der Mittel tendenziell in ihrer Existenz bedroht?
Frau Ministerin, ist es geplant, Modellstudiengänge und Projekte im Bereich der Medizin mit europäischen Fördergeldern zu untersetzen?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie wissen, dass ich zu den Abgeordneten hier im Hohen Haus gehöre, die trotz Opposition kein Problem damit haben, die Staatsregierung, wenn nötig, auch einmal zu loben.
Nun ja, vielleicht beginne ich heute einmal damit, aber – wie Sie es sicher nicht anders von uns erwartet haben – es fällt uns nicht viel Positives zu einer ersten Bewertung Ihres Haushaltsentwurfes ein.
Gut, der Finanzminister hat tatsächlich dafür gesorgt, dass man aus dem Stellenplan die reale Anzahl der Stellen ablesen kann. Sie erwarten jetzt hoffentlich keinen großen Jubel für diese Selbstverständlichkeit.
Auch erste kleine Schritte hin zur Vereinfachung bei den Förderverfahren führen nun nicht zu ganz großen Freudentänzen im Land. Gerade haben die Bürgermeister und der SSG ihre Kritik erneuert. Kommunen stellen erst gar keine Anträge mit x Seiten Verwaltungspapier, weil sie die über 100 Förderrichtlinien gar nicht mehr bewältigen. Solange Sie hier nicht endgültig Tiefgreifendes ändern, nützt ihnen der ganze Geldsegen nichts, denn er kommt schlicht nicht an. Wir fordern seit Jahren Entbürokratisierung und Pauschalen. Und damit, liebe Kolleginnen und Kollegen, bin ich am Ende des Lobes angekommen.
Sie legen uns heute also einen Rekordhaushalt von über 20 Milliarden Euro pro Jahr vor, und leider ist das nichts, wofür Sie sich feiern lassen können; denn es ist nicht Ihr Verdienst, sondern das der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.
Und so können Sie jedes Jahr circa 1 Milliarde Euro mehr Steuereinnahmen einplanen. Geld ist also genügend vorhanden. Klar ist, dass es ausgegeben werden muss, allein schon deshalb, weil es angesichts der aktuellen Zinssituation nicht auf die Bank geschafft werden kann.
Dieses viele Geld muss aber für die Korrektur der Fehler der Vergangenheit der CDU-Regierung und diverser Koalitionen unter CDU-Führung ausgegeben werden. So stehen im Mittelpunkt dieses Etats notwendige Reparaturen an den selbst angerichteten Schäden. Es wird nun deutlich teurer, als wenn man rechtzeitig umgesteuert hätte. So ist es schade um das viele Geld. Was hätte man nicht alles damit anfangen können?!
Jetzt haben wir den Zustand: viel Geld und wenige Ideen. Die Idee der kostenlosen Kita von Herrn Panter von der mitregierenden CDU, SPD – Entschuldigung! –
hat es jedenfalls nicht in den aktuellen Haushalt geschafft. Nun werden auch über 20 Milliarden Euro jährlich nicht ausreichen, das Land schöner und grüner zu machen. Nein, diese Mittel werden benötigt, um Sachsen vor dem endgültigen Kollaps zu bewahren.
Der Entwurf des Haushalts ist ein Sinnbild Ihrer Ideenlosigkeit. Sie verharren weitestgehend in alten Mustern und bieten uns Lösungen an, die vielleicht in den Neunzigerjahren noch getragen haben, aber im Jahr 2019 längst überholt sind. Ich verstehe nicht, wie Sie – obwohl Sie sich doch auf die Fahnen geschrieben haben, unterwegs bei den Leuten zu sein – derartig an den Fragen der Zeit vorbeiagieren, ja, vorbeidenken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben uns wirklich Mühe gegeben, Ihre kleinen und großen Gemeinheiten im Haushalt aufzuspüren.
Selbst dazu sind Sie nicht in der Lage. Ganz zu schweigen von echten Innovationen und neuen Ideen, mit denen Sie uns glatt hätten überraschen können. Nix!
Aufgehübscht wird dieser alte Wein nun nur durch ein größeres und üppigeres Etikett, aber einen Lösungsansatz für die Probleme in allen Bereichen können wir nicht erkennen. Drängende Fragen im Bereich der Bildung, des öffentlichen Personennahverkehrs, der öffentlichen
Gesundheitsversorgung und der Finanzierung der Kommunen bleiben weitestgehend unbeantwortet.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es kann doch nicht sein, dass es mehrere Legislaturperioden dauert, bis sich bestimmte Erkenntnisse bei Ihnen durchsetzen. Dazu müssten Sie aber eben auch einmal von Ihrem hohen CDU-Ross herunterklettern und in der Sache und nicht ideologisch entscheiden.
So haben wir Ihnen bereits vor über zehn Jahren die Situation vorausgesagt, die wir nun im Bildungsbereich erleben. Der Reparaturbetrieb, in dem wir uns jetzt befinden, ist eins zu eins ein Resultat Ihrer arroganten
Haltung und der Vorstellung der Unfehlbarkeit einer Sachsen-CDU.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich an einigen wenigen Beispielen verdeutlichen, worin wir Defizite sehen. Nehmen wir zum Beispiel das zarte Pflänzchen Vereinfachung und Transparenz. Das ist echt in Gefahr. Als bestes Beispiel können wir hier den Einzelplan 08 des Sozialministeriums zur Hand nehmen. Erneut werden wieder viele Titel und Erläuterungspunkte – wie bereits in der Vergangenheit – umgesetzt. So ist kein Plan des Sozialministeriums erkennbar, aber selbst die Kritik daran wird erschwert, weil das Tabellenwerk unübersichtlich und mit den Vorjahren schwer vergleichbar ist. Wir schließen daraus: Das ist Absicht – oder?
Sie, meine Damen und Herren der regierungstragenden Fraktionen, können sich auf eine üppig ausgestattete Ministerialbürokratie verlassen. Wir in der Opposition schieben Nachtschichten, um mit 600 Zeilen langen Excel-Tabellen ansatzweise den Überblick zu behalten. So geht man nicht mit dem Parlament um!
Der abnehmende soziale Zusammenhalt wird zwar oft beklagt, aber im Sozialhaushalt findet sich trotz einer sehr, sehr guten Kassenlage keine erwähnenswerte Idee und kein besonders neuer Ansatz, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt mit weiteren Methoden, Mitteln oder Ansätzen landesweit zu fördern.
Es bleibt im Großen und Ganzen alles beim Alten, nur eben an anderer Stelle.
Kommen wir zur Bildung. Zusätzliche Lehrerstellen begrüßen wir ausdrücklich. Das ist schon lange eine Forderung der LINKEN. Sie bilden aber noch lange nicht die benötigten Stellen bei steigenden Schülerzahlen und vermehrten Altersabgängen ab und schon gar nicht eine notwendige Weiterentwicklung an sächsischen Schulen.
Im Haushalt fehlen vollständig die Mittel für die Zulagen für Lehrkräfte jenseits der 42 als Ausgleichszahlung zur Verbeamtung. Den Medien haben wir entnehmen können, dass Minister Piwarz das tatsächlich – meinen Respekt! – in Erwägung gezogen hatte, aber von der Tarifgemeinschaft der Länder kein grünes Licht für seinen Plan erhalten hat.
An dieser Stelle mein Appell an ihn: Lassen Sie nicht nach! Verfolgen Sie diese Idee weiter! Verbessern Sie Ihren Vorschlag, und ziehen Sie sich nicht auf die mit großem Beurteilungsaufwand verbundenen Beförderungsämter für einige wenige Lehrkräfte zurück! Für die Herausforderungen brauchen Sie alle Lehrerinnen und Lehrer. Lassen Sie nicht einen Großteil frustriert zurück!
Die überfällige Maßnahme der Anhebung der Stellenzahl im Grundschulbereich ist richtig. Sie kommt aber aus der Not heraus und ist keine Wertschätzung der Lehrerinnen und Lehrer. Das allerdings ist typisch für Sie, und leider wird die Stellenzahl für den Vorbereitungsdienst nur fortgeschrieben und bildet nicht den zukünftigen Bedarf ab.
Für die zwingend nötige Ausweitung der Kapazitäten der Lehramtsausbildung an den sächsischen Universitäten werden die Stellenmehrung und -schiebung der kwVermerke in Chemnitz allein nicht ausreichen.
Zu den Ganztagsangeboten nur so viel: Ihr mangelndes Verständnis für die Bedeutung von Sportunterricht und musischer Bildung hat mich, ehrlich gesagt, entsetzt.
Ich komme zum Kita-Bereich. Die mit der Änderung des Kita-Gesetzes vorgesehene Einführung der sogenannten Vor- und Nachbereitungszeit ist ein kleiner Schritt. Es darf aber nicht Stückwerk bleiben, sondern muss zu einer weiteren schrittweisen Verbesserung des Betreuungsschlüssels, so wie wir es in unserem Gesetzentwurf vorgesehen haben, führen.
Nun zur Kultur. Eigentlich ist es sehr erfreulich, dass Sie sich nach der lauten Kritik aus den Kulturräumen, den Theatern und den Orchestern dieses Landes endlich dazu durchgerungen haben, diesen etwas unter die Arme zu greifen. Doch selbst für ordentliche Tarife in allen Theatern und Orchestern wird das wohl kaum ausreichen. Unsere Kritik an der zeitlichen Begrenzung haben wir deutlich gemacht.
Auch ist die Forderung, die Verbesserung der Einkommen über zwei Jahre nach Ende der Strukturmaßnahmen aufrechtzuerhalten, realitätsfremd. Die Kulturräume, die sich das jetzt schon nicht leisten können, sollen das dann allein richten können? Sie kehren immer die Wichtigkeit der kulturellen Bildung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt heraus und vergessen – ganz salopp gesagt – die vielen Musikschulen und ihre Schülerinnen und Schüler, indem Sie die Höhe der Mittelzuweisungen weiter einfrieren und nicht einmal einen Inflationsausgleich zustande bringen. Wertschätzung, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht anders.
Ich komme zur Hochschule. Am Zielkonflikt der Hochschulen ändert sich weiterhin nichts. Die Staatsregierung erwartet von den Hochschulen weitere Aufgabenmehrung, ohne ihnen die ausreichenden Mittel dafür in die Hand zu geben. Vielmehr müssen diese von den Hochschulen selbst erbracht werden. Die unzureichende Finanzierung sächsischer Hochschulen schafft – um nur eine Auswirkung anzusprechen – ein akademisches Prekariat: Das sind Dozenten, Assistenten, wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, Lehrkräfte für besondere Aufgaben,
die zwar den Hochschulbetrieb am Laufen halten, ohne dafür aber eine entsprechende Bezahlung und eine dauerhafte Stelle zu erhalten. Die Herausforderung an den Haushaltsgesetzgeber besteht also darin, für eine höhere Grundfinanzierung der Hochschulen zu sorgen, die unabhängig von Exzellenzinitiativen oder Drittmitteln für optimale Lehre und Forschung sorgt, wenn gewollt ist, dass das als staatliche Aufgabe weiterhin wahrzunehmen ist.
Nach Ihrer Logik können wir dann aber auch die komplette Hochschullandschaft privatisieren, denn dann würden Sie sich und uns diese immer wiederkehrenden Debatten um die Finanzierung ersparen. Sparen ist voll Ihr Ding. Das haben wir zumindest in den letzten Jahren gelernt.
Ich komme zu den wichtigen Aufgaben des Datenschutzbeauftragten. Dort ist ein Stellenaufwuchs von 22 auf 25 Stellen geplant. Das ist viel zu wenig, denn die Umsetzung der Datenschutzgrundverordnung und der Datenschutzrichtlinie für den polizeilichen und justiziellen Bereich ist noch längst nicht abgeschlossen. Der Datenschutzbeauftragte hat kaum noch Zeit für sein laufendes Geschäft. Auch hier geht die Minderausstattung auf das Konto der CDU – in Person des Fraktionsvorsitzenden, der den Datenschutz auf das Vehementeste bekämpft.
Ich komme zu dem heißen Thema Migration. Vor der Sommerpause haben wir in diesem Hohen Haus über die Fortschreibung des Zuwanderungs- und Integrationskonzepts diskutiert. Unsere Kritik war schon damals deutlich: Wenn wir gleiche Teilhabechancen für alle haben wollen, brauchen wir einen verbindlichen Maßnahmenplan mit Verantwortlichkeiten und Finanztiteln. Jetzt sind
300 000 Euro für die Umsetzung von ZIK II eingestellt. Das ist doch nicht Ihr Ernst, oder ist es ein Kniefall vor Rechtsaußen?
Ich komme kurz zum Bereich Umwelt und Landwirtschaft. Dass es neben dem Hochwasserschutz noch weitere Herausforderungen gibt, die Sie nicht auf dem Schirm haben, scheint zu Ihrer Strategie zu gehören: Was ich nicht sehen will, existiert auch nicht!
Dabei sollten selbst Ihnen inzwischen die Folgen des Klimawandels, wie zum Beispiel in diesem Jahr, bekannt vorkommen. Auch dass Sie den Kohleausstieg endlich gesetzlich begleiten, wäre an der Tagesordnung. Wichtig ist, den Strukturwandel nicht nur mit Bundesmitteln umzusetzen; auch der Ausbau der erneuerbaren Energien darf nicht behindert werden.
Ich komme zu meinem Lieblingsthema, den Fonds und Sondervermögen, auch hier weiter unter dem Motto des Haushaltsentwurfs: Viel Geld und wenig Ideen! Investitionsmittel werden nicht etwa, wie es das Haushaltsrecht vorsieht, für einzelne Vorhaben veranschlagt, nein, es
werden wieder Sondervermögen gebildet oder verstärkt. Beim Sondervermögen Zukunftssicherungsfonds verzeichnen wir eine Erhöhung der Mittel um 456 Millionen Euro, weiterhin einen Strauß an Investitionsbereichen und als einzige Änderung: Digitales wird verschoben und Kita kommt hinzu.
Der Breitbandfonds wird neu gebildet. Hier sollen die Aktivitäten im Breitbandausbau gebündelt werden. Offensichtlich ist das Wirtschaftsministerium mit der Aufgabe der Digitalisierung überfordert.
Der Fonds zur Rettung und Umstrukturierung von sächsischen Unternehmen wird künstlich hochgerechnet. Das Ausschöpfen dieses Fonds ist rückläufig. In den Jahren 2016/2017 ist nicht einmal die Hälfte des Plans für die Jahre 2018/2020 abgerufen worden. Die sächlichen Verwaltungsausgaben steigen dabei um 17 % bei gleich avisiertem Mittelabfluss. Haben Sie hier noch nie über eine Evaluierung nachgedacht?
Die Auflösung des Braunkohlesanierungsfonds hingegen ist eher fragwürdig, denn sein Zweck ist noch lange nicht erfüllt; im Gegenteil, hier schlummern noch Risiken für den sächsischen Steuerzahler auf Landesbankniveau.
Das Herauslösen der Haushaltsmittel in Sondervermögen ist ein sehr beliebtes Mittel der Staatsregierung und wird immer wieder vom Rechnungshof kritisiert, weil es die Nachvollziehbarkeit und Transparenz und damit das Parlament schwächt. Stattdessen wird die Eigenmächtigkeit der Regierung gestärkt. Hierzu freue ich mich auf die kritischen Worte des Rechnungshofs.
Noch ein Wort zum Garantiefonds, liebe Kolleginnen und Kollegen. Dazu hätte ich schon ein Konzept erwartet, über welches der Landtag als Haushaltsgesetzgeber entscheidet; denn es geht schließlich um mehr als 800 Millionen Euro, die übrig sind. In den Erläuterungen zum Wirtschaftsplan des Garantiefonds lesen wir, dass bereits im Jahr 2018 überplanmäßige Entnahmen aus dem Fonds in Höhe von 800 Millionen Euro erfolgen sollen. Im Kostenblatt zum Breitbandfonds lesen wir von einer Zuführung in Höhe von 300 Millionen Euro aus den nicht mehr benötigten Mitteln. Hierzu erwarte ich nähere Erläuterungen des Finanzministers.
Ich komme zu einem Dauerbrenner, dem Bildungsticket. Unseren Glückwunsch zum Platzhalter, lieber Kollege Dulig! Wir bieten schon jetzt unsere Hilfe an, um ein echtes Bildungsticket im Freistaat umzusetzen, ohne die Familien und die Landkreise zusätzlich zu belasten.
Ich komme kurz zum Haushaltsbegleitgesetz, das von uns liebevoll „Absurdistan“ genannt wird. Zu Artikel 10, Aufhebung des Sächsischen Personalvermittlungsplattformgesetzes: Hier war es offensichtlich der Plan der Staatsregierung, Landesbedienstete ohne ihre Kenntnis bzw. gegen ihren Willen an andere Behörden zu vermitteln. Dass die Regierung dieses Ansinnen aufgibt, unterstützen wir ausdrücklich.
Ich komme zum Kommunaleigenverantwortungsstärkungsgesetz. Dem Sozialministerium sollen weitere
Modellversuche ermöglicht werden, um pauschalierte, zweckgebundene Zuwendungen im Sozialbereich an die Kommunen auszuschütten. Die kommunale Eigenverantwortung wird am besten gestärkt, indem eine den Aufgaben angemessene Finanzausstattung gesichert wird.
Artikel 19, Änderung des Gesetzes über die Gewährung pauschaler Zuweisungen zur Stärkung des ländlichen Raumes in den Jahren 2018 bis 2020: Der ganze Stolz der Koalition muss schon wieder nachgebessert werden.
Nicht zuletzt noch ein Beispiel zum Sächsischen Gewässerunterhaltsunterstützungsgesetz. Dieses Gesetz dient zur Einführung einer auf zwei Jahre befristeten Gewässerunterhaltsunterstützungspauschale. Kompliment an die
Ministerialbürokratie. Es vermag nicht die Defizite in der Gewässerunterhaltung der Gewässer II. Ordnung zu kompensieren, denn sie haben ganz andere Ursachen. Die Kommunen haben keine Gewässerunterhaltungspläne aufgestellt und Verbände wurden kaum gegründet. Es gibt fast keine Gewässerunterhaltungssatzung und zudem sind die 10 Millionen Euro herausgeworfenes Geld, weil es – hören Sie zu! – an Struktur und Einheit aus Gewässerunterhaltung, präventivem Hochwasserschutz und Gewässerbewirtschaftung nach EU-Wasserrahmenrichtlinie in Sachsen immer noch fehlt.
Nach Einschätzung des Landkreistages wäre eine vereinfachte Förderung über das FAG möglich gewesen und hätte dieses Gesetz nicht bedurft.
Wir haben hier Vorschriften, die im Zweifel in das Aufgabengebiet der Bürokratieabbaukommission von Minister Dr. Haß, also die Kommission zur Vereinfachung und Verbesserung von Förderverfahren, passen. Vielleicht kann aber die Landtagsmehrheit hier noch eingreifen, bevor größerer Schaden entsteht.
Leider ähnelt auch das Haushaltsbegleitgesetz eher einem Reparaturbetrieb. Für neue, innovative, das Land voranbringende Ideen haben Sie gar keinen Platz. Es bleibt dabei: Viel Geld und wenig Ideen!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Forderungen nach einem zeitgemäßen Haushalt zum öffentlichen Gesundheitsdienst, zum ÖPNV, zu den Lehrern, zur Kita, zum Funktionieren des Staates, zur Fördervereinfachung und zur finanziellen Ausstattung der Kommunen haben wir im letzten halben Jahr bereits mehrfach hier vorgetragen, aber ich kann es gern noch einmal zusammenfassen.
Wir als Gesetzgeber haben nur für zwei Dinge zu sorgen: Der Staat muss funktionieren und seinen Job machen, und die Kommunen müssen in der Lage sein, den Menschen vor Ort ein lebenswertes Leben zu bieten, das heißt, alle Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge werden selbstverständlich so ausfinanziert und unterstützt, dass den Kommunen und den Bürgerinnen und Bürgern genügend Handlungsspielraum bleibt, zusätzliche Dinge zu tun, weil sie nicht um die täglichen Dinge kämpfen müssen. Dazu gehören ein flächendeckender ÖPNV und attraktiver
Ausbildungsverkehr, ein öffentlicher Gesundheitsdienst sowie die ärztliche Versorgung in allen Regionen.
Dazu gehören genügend ausgebildete Pädagoginnen und Pädagogen, Erzieherinnen und Erzieher sowie Pflegekräfte.
Dazu gehört die Möglichkeit – für alle! –, kulturelle und sportliche Angebote zu nutzen.
Dazu gehören eine personell und sachlich gut ausgestattete und gut ausgebildete Polizei und Justiz sowie eine Verwaltung, die ermöglichen statt reglementieren will.
All dies und vieles mehr kann man mit einem Haushalt regeln, wenn man den Mut und die Ideen dazu hat. Ihnen fehlt trotz Rekordsummen leider beides. Wir werden mit unseren Änderungsanträgen zeigen, wie ein sozial gerechtes Sachsen aussähe, wenn nicht mehr die CDU den Finanzminister stellen würde.
Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie haben sich gewundert, warum wir diesen Debattentitel gewählt haben, Herr Panter und Herr Michel. Ich sage es Ihnen: Wir wollten Ihnen Dinge mit auf den Weg geben, da der Haushaltsentwurf derzeit in Erarbeitung ist. Nur ein Satz, Herr Michel: Es tut mir leid, aber wenn Sie uns am 08.08. den Haushalt vorlegen wollen und am 16.08. hier die 1. Lesung stattfinden soll – mit Verlaub, sage ich in Anführungsstrichen –: „Hackt’s“?!
Seit Monaten, Herr Panter, haben Sie hier Dinge versprochen und Zahlen in die Welt gesetzt, und am Freitag hat uns die Pressemitteilung zur Kabinettsklausur ereilt und dort wurden wieder Zahlen verkauft – Zahlen, die in unterschiedlichen Zusammenhängen und unterschiedlich dargestellt werden; die 1,7 Milliarden Euro nur als Beispiel – über fünf Jahre steht im Kleingedruckten; macht aber nichts, klingt aber gut.
Ja, gerne.
Selbstverständlich.
Selbstverständlich, Herr Panter, vielen Dank für die Frage. Natürlich erinnere
ich mich an die Prozesse, ich begleite sie seit vielen Jahren hier im Hohen Hause.
Das ist kein Unsinn. Hören Sie mir doch erst mal zu, wenn ich Ihre Frage beantworten möchte! Vielen Dank, Herr Panter, ich beantworte weiter. Und zwar – deswegen hatte ich vorhin schon in meinem Eingangssatz gesagt, dass wir diesem Haushaltsentwurf Dinge mit auf den Weg geben wollen, damit schon in der Erarbeitung keine Fehler gemacht werden.
Ich würde gern fortfahren in der Beantwortung der Frage, aber vielleicht doch noch einmal auf Kollegen Panter zurückkommen: Dann erzählen Sie mir keine Lügen, dass der Entwurf fertig ist. – So viel dazu.
Deswegen geben wir Ihnen mit auf den Weg, dass noch etwas mit in den Entwurf kommt, was wir in der ersten Beratung am 16.08. vertiefen werden, und dann werden wir den ganzen Herbst dazu nutzen, es zu korrigieren, soweit es in unserer Macht steht. – Das war‘s.
Ich würde gern fortfahren. Scheinbar haben Sie die Zeichen der Zeit erkannt und Geld in die Hand genommen – ich sage nur: Reparaturen an selbst verschuldeten Problemen; Lehrermangel und Innere Sicherheit wurden schon erwähnt.
Zu einer echten Ermöglichungspolitik gehört es zum einen, den Landkreisen und Gemeinden ausreichend Mittel zur Verfügung zu stellen. Das Finanzausgleichsgesetz – sosehr Sie das loben, Herr Michel – gehört grundsätzlich überarbeitet. Eine Orientierung an Köpfen ist nicht mehr zeitgemäß. Die Landkreise aber, liebe Kolle
ginnen und Kollegen, brauchen Luft zum Atmen, denn wenn strukturelle Defizite dazu führen, dass Sie Ihre Haushalte zwar gerade noch so zubekommen, aber dann gezwungen sind, Haushaltssperren zu verhängen, damit Jugendhilfestrukturen gefährden und damit Präventionsangebote wegfallen müssen und in der Folge dann Jugendhilfekosten weiter steigen, dann beißt sich die Katze in den Schwanz. Hier ist das Land gefordert; die Grundversorgung in allen Regionen muss sichergestellt werden. Regionalbudgets und Pauschalen ohne Zweckbindung stärken die kommunale Selbstverwaltung. Ihre
70 000 Euro, Herr Michel, sind ein Anfang, mehr nicht.
Zum anderen muss aber auch das Land in der Lage sein, seine staatlichen Aufgaben zu erfüllen. Sie müssen eben dafür sorgen, genügend ausgebildete Pädagoginnen und Pädagogen vor den Klassen zu haben, genügend ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher in Kita und Hort, genügend Polizisten, die ihren Job in der Fläche machen, genügend Rettungskräfte, Juristen, medizinisches Personal, Pflegekräfte und Verwaltungsangestellte.
Zu einer ehrlichen Bedarfsplanung gehört, dass Sie umsteuern müssen, und zwar in Größenordnungen, was die Ausbildungskapazitäten anbelangt, und Sie müssen staatliche Ausbildungskapazitäten schaffen, wo Sie sich heute noch allein auf den Privatsektor verlassen.
Zu Ihrer erneuten Kommission teile ich die Bedenken von Frau Schubert. Es kann am Ende nichts bringen. Wir erinnern uns alle noch an den Umgang mit der letzten Kommission.
Es braucht Mut, liebe Kolleginnen und Kollegen, Dinge auch einmal anders zu denken. Unsere Vorschläge, Herr Panter – und jetzt hören Sie zu! –,
für frühkindliche Bildung, Arbeitsbedingungen an den Schulen, ärztliche Versorgung im flachen Land werden wir im Laufe der kommenden zwei Tage –
diskutieren und so viel – –
Können Sie bitte mal den Herrn Panter unterbrechen, Herr Präsident, das macht mich wahnsinnig!
Nein, ich korrigiere Sie nicht, es macht mich nur wahnsinnig, wenn Kollege Panter ständig dazwischenredet.
Das würde ich gern machen.
Zur Gesundheitsproblematik vielleicht nur so viel. Der öffentliche Gesundheitsdienst – falls Sie nicht wissen, was das ist: eine ganz wichtige Angelegenheit, die vor allem die kommunale Ebene betrifft – bleibt in Ihrem Haushalt völlig unterbelichtet. Ansonsten hätten Sie es nämlich am Freitag der Presse verkündet.
Wie bei Polizei und Lehrern wurde auch der öffentliche Gesundheitsdienst personell ausgehungert. Bei den Polizisten und Lehrern reparieren Sie, beim öffentlichen Gesundheitsdienst ist davon nichts zu vernehmen.
Dabei sind die Probleme offensichtlich: Altersabgänge im Gesundheitsdienst und im Veterinärmedizinischen Dienst und Schrumpfung des öffentlichen Gesundheitsdienstes – schon ab dem Jahr 2016 deutlich zu verzeichnen; 8 % in Landkreisen und in der Stadt Chemnitz, die ihrer Pflichtaufgaben nicht mehr erfüllen können. Ich sage nur: kinder- und jugendärztlicher Dienst, Reihenuntersuchungen, Suchtberatung usw. Über die LUA brauchen wir gar nicht reden. Die haben Sie seit Jahren vernachlässigt.
Das Beispiel ÖPNV. Ihre Strategiekommission hin oder her – das, was Sie jetzt in die Hand nehmen, reicht hinten und vorne nicht.
Die Einführung eines dichteren Taktsystems wäre notwendig. Gemeinden mit mehr als 800 Einwohnern müssen im Zweistundentakt angefahren werden, Gemeinden mit mehr als 5 000 Einwohnern im Einstundentakt und Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern im Halbstundentakt, mit einem Busverkehr, der an die Bahn angebunden ist, damit tatsächlich eine Zubringerfunktion erfüllt ist. Gute-Nacht-Linien gehören ausgebaut.
Das Hickhack, liebe Kolleginnen und Kollegen, beim sogenannten Bildungsticket ist nicht nur unbefriedigend für alle.
Ein Blick auf Ihre Pressemitteilung, und zwar vom Montag, zeigt, dass Sie immer noch nicht bereit dazu sind, das nötige Geld in die Hand zu nehmen.
Wir fordern stattdessen, dass alle Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis zum 27. Lebensjahr in ganz Sachsen fahrscheinfrei öffentliche Verkehrsmittel nutzen können. Dafür braucht es kein separates Ticket, keine Elternanteile. Azubis können problemlos den ÖPNV nutzen und müssen sich nicht gleich ein Auto kaufen.
Letzter Satz, Herr Präsident. Herzlichen Dank. – Die Ermöglichung von Mobilität für junge Menschen stärkt auch die ländlichen Räume und den dortigen ÖPNV. Es könnte ein Einstieg hin zum kostenfreien ÖPNV der Zukunft sein.