Protokoll der Sitzung vom 28.06.2018

Ich rufe den Punkt 8 auf. Wer gibt seine Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Stimmenthaltungen? – Bei einigen Gegenstimmen ist auch Punkt 8 mit Mehrheit bestätigt worden.

Jetzt lasse ich über den gesamten Antrag abstimmen: Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Stimmenthaltungen? – Ich sehe Einstimmigkeit, damit beschlossen. Der Tagesordnungspunkt ist damit beendet.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 5

Zweite Beratung des Entwurfs

Gesetz zum Schutz von Belegstellen für Bienen im Freistaat Sachsen

(Sächsisches Belegstellengesetz – SächsBelStG)

Drucksache 6/12593, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Drucksache 6/13760, Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt und Landwirtschaft

Es gibt eine allgemeine Aussprache. Es beginnt die CDU, danach folgen DIE LINKE, SPD, AfD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile der CDUFraktion das Wort; Herr Abg. Wähner, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das Gesetz zum Schutz von Belegstellen für Bienen im Freistaat Sachsen liegt zur Beschlussfassung vor. Wer sich nicht gerade mit Bienenzucht oder Bienenhaltung auskennt, der wird sich fragen, was Belegstellen eigentlich sind. Kurz erklärt: Wie bei allen Nutztierrassen ist es wichtig, dass Tiere vermehrt und gezüchtet werden, und das erfolgt bei Bienen auf sogenannten Belegstellen. Imker bringen dort ihre Königin hin, und sie wird dort von vorhandenen Drohnenvölkern begattet. Das erfolgt aber nicht an einem Punkt an der Belegstelle, sondern im Umkreis um die Belegstelle, was mehrere Kilometer umfassen kann, weil es im Flug passiert.

Wieso brauchen wir ein Gesetz, um das zu regeln? Man muss sich die aktuelle Situation vor Augen halten: Es werden mehrere Belegstellen im Freistaat Sachsen betrieben – vorwiegend vom Landesverband Sächsischer Imker –, wo jedes Jahr 2 000 Königinnen zur Begattung hingebracht werden. Die Begattung ist nur möglich, weil im Umkreis um diese Belegstellen immer die gleichen Bienenvölker gehalten werden. Das erreicht der Landesverband dadurch, dass er sich mit den umliegenden Imkern und Grundstückseigentümern dahin gehend abspricht und auf dessen Einverständnis angewiesen ist.

Nun ist es so, dass die Bienenrassen vielfältiger werden. Es kommen mehrere neue Rassen auch nach Sachsen. Das ist auf der einen Seite wünschenswert, stellt aber insbesondere die Zucht vor eine neue Herausforderung; denn nur dann, wenn man sicherstellen kann, dass in dem entsprechenden Umkreis lediglich diese eine Bienenrasse vorhanden ist, kann man auch die Zucht sicher gewährleisten.

Aktuell ist es so: Wenn man nicht auf den Goodwill allein angewiesen sein will bzw. nicht auf das Verständnis der anderen Bienenhalter stößt, gibt es keinerlei rechtliche Handhabe, die Belegstelle insofern sicher zu machen, dass nur diese eine Bienenart dort gezüchtet werden kann.

In diese Lage wollen wir unsere Imker versetzen. Ich hoffe jedoch, dass es weiterhin in gutem Einvernehmen funktioniert. Ein Gesetz ist immer die zweitbeste Möglichkeit. Aber am Ende mag es doch den einen oder anderen Fall geben, in dem dieses Gesetz notwendig ist.

Die Zucht ist für unsere Imker wichtig. Dabei steht nicht nur die Leistungsfähigkeit der Bienenvölker im Vordergrund, sondern auch andere Eigenschaften wie Sanftmut, Resistenz gegen Krankheiten und Schädlinge und das Schwarmverhalten. Wenn man nicht diese guten Zuchterfolge hätte, dann wäre die Imkerei in Sachsen nicht auf dem hohen Niveau, auf dem sie sich befindet. Die Imkerei erlebt derzeit wirklich sehr hohen Auftrieb. Es gibt viele neue Mitglieder im Landesverband Sächsischer Imker. Die Imkerzahl steigt. Auch die Imkervölker werden mehr. Das ist Ziel unserer Politik. Wir unterstützen die Imker dabei. Wenn wir uns vor Augen halten, dass wir bei Honig aktuell eine Eigenversorgungsquote von 30 % haben – nur 30 % des Honigs, den wir verzehren, produzieren wir in Sachsen selbst –, dann wissen wir, dass es insoweit noch genügend Potenzial gibt.

Beim Schutzradius – dazu möchte ich noch Ausführungen machen – weichen wir als Parlament von dem Entwurf der Staatsregierung ab. Das war Ausfluss der Anhörung zu diesem Thema. Alle Sachverständigen waren sich einig: Je größer der Schutzradius ist, desto besser ist das für die Sicherheit der Belegstelle. Aber wir müssen auch abwägen zwischen dem Wünschenswerten und dem, was in der Praxis realisierbar ist. Deshalb haben wir uns an dem 7-Kilometer-Radius orientiert, den die Staatsregierung vorgeschlagen hat. Wir wollen aber auch die Möglichkeit schaffen, diesen Schutzradius auf bis zu 10 Kilometer auszudehnen, wo es möglich ist.

Der Zeitraum des Schutzes reicht laut Gesetzentwurf vom 1. Mai bis zum 15. August. Damit wird es Wanderimkern ermöglicht, außerhalb dieser Zeit diese Gebiete für die Tracht zu nutzen. Ich denke, das ist eine Entscheidung, die vertretbar ist.

Ich möchte noch kurz zu dem Änderungsantrag der GRÜNEN, der uns zu diesem Thema vorliegt, ausführen. Zum einen fordern die Antragsteller einen Mindestschutzradius von 10 Kilometern. Dazu muss ich noch einmal sagen: Wünschenswert wäre es. Aber Sachsen ist ein dicht besiedeltes Land. Man muss sich an die Realität anpassen. Auch 7 Kilometer helfen den Imkern schon; das wurde uns bestätigt. Deshalb plädiere ich für unseren Vorschlag.

Die Zuchtziele im Gesetz festzulegen halten wir für wenig ratsam. Auch insoweit vertraue ich auf den Sachverstand der Imker. Diese wissen selbst, was wichtig ist, was gebraucht wird. Wir als Gesetzgeber sollten uns nicht zu weit in dieses Geschäft einmischen.

Die Forderung, für jede Belegstelle extra einen Expertenrat zu bilden, möchte ich vor dem Hintergrund des Verwaltungsaufwands und der Sinnhaftigkeit durchaus infrage stellen.

Deswegen lehnen wir den Änderungsantrag der GRÜNEN ab.

Ich bitte um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Für die Fraktion DIE LINKE Frau Dr. Pinka, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Sie gleich am Anfang darauf hinweisen, worauf bereits der Normenkontrollrat unmissverständlich aufmerksam

gemacht hat: Das bloße Einführen eines Ordnungswidrigkeitstatbestandes ist unzureichend für die Legitimation eines Gesetzes. Gesetze, die nicht erforderlich sind oder nicht in der Lage sind, allen betroffenen Gruppen annähernd gerecht zu werden, oder die nicht in der Lage sind, einen gesamtgesellschaftlichen Nutzen hervorzubringen, sind aus unserer Sicht nicht zu erlassen.

Ich habe daher in den Vorberatungen bereits mehrfach die Staatsregierung und die Koalition aufgefordert, den Gesetzentwurf zurückzuziehen, um mit allen beteiligten Verbänden nochmals den Austausch zu suchen.

Eine kurze Hoffnung entstand bei mir, als Herr Kollege Wähner im Mai äußerte, es gebe in der Koalition noch Abstimmungsbedarf. Der große Wurf ist jedoch ausgeblieben und die Änderungen sind überschaubar. Das ist für mich ein Zeichen von Faulheit oder von Desinteresse.

(Dr. Stephan Meyer, CDU: Na, na!)

Die Zuchtarbeit der Imkerinnen und Imker wird nicht gefördert, wenn zwei von drei Zuchtverbänden mit dem Gesetzentwurf unzufrieden sind und weitere Beratungen fordern. Meines Erachtens sollte es dabei nicht nur um Umkreisradien gehen, sondern auch um Zuchtziele und Verständigungsmechanismen.

Der Sachverständige Sven Büchner, Mitglied im Bundesfachausschuss Imkerei bei „Bioland“, wies darauf hin, dass die wichtigste Aufgabe der Biene im Moment deren Bestäubungsleistung sei. Der produzierte Honig sei dabei nur ein netter Nebeneffekt.

Die Tragik besteht darin, dass einseitige Bienenzucht, der Umgang mit der Varroa und der Mangel an Wohnraum, kombiniert mit insektenfeindlichen Bedingungen in der Landschaft, dazu geführt haben, dass es heute kaum noch wild lebende Honigbienen gibt. Die Domestikation führt zu Abhängigkeit, die die Biene heute bei uns in freier Wildbahn gefährdet.

Es ist gut, die Kulturtechnik der Imkerei zu fördern. Gleichzeitig darf die Zuchtentwicklung nicht – wie bei

anderen Tieren – dazu führen, dass diese nicht mehr in Freiheit überleben können. Wir brauchen eine Richtungsentscheidung, welche Form der Zucht wir als Freistaat wünschen.

Der gesamtgesellschaftliche Wert der Bienen bildet sich nicht im Honigertrag ab, sondern in der Bestäubungsleistung. Rahmenbedingungen dafür sind die Überlebensfähigkeit der Tiere unter natürlichen Bedingungen und eine allgemein insektenfreundliche Welt.

Das erklärte Ziel laut Gesetzentwurf ist es, die Eigenschaften der Honigbienen zu verbessern. Nach wie vor ist es meines Erachtens erforderlich, dass der Freistaat selbst eine Idee davon hat, was genau an den Eigenschaften der Bienen verändert werden soll. Dazu ist nichts bekannt.

Laut Gesetzentwurf ist noch die Verbesserung der Leistungseigenschaften das Ziel der Koalition. Nach unserer Gegenargumentation, dass Leistungseigenschaften wohl einseitig auf Honigerzeugung abzielen, hat die Koalition das noch in „Eigenschaften“ geändert. Das kann alles und nichts heißen. Von der Varroatoleranz bis hin zur Stechfreude ist alles drin.

In § 2 Abs. 2 Nr. 2 ist davon die Rede, dass das Zuchtprogramm der Belegstelle dem Gesetzeszweck entsprechen muss. Da der Zweck darin besteht, die Eigenschaften der Honigbiene zu verbessern, aber nicht definiert ist, was genau gewünscht wird, ist diese Vorgabe sinnlos und bietet wunderbare Angriffsmöglichkeiten für Rechtsanwälte.

Etwas zu den Gegenargumenten, die im Ausschuss vorgebracht wurden: Es hieß, das Gesetz müsse keine Zuchtziele vorgeben, da diese durch die Zuchtrichtlinie bereits gegeben seien. Dazu ist zu sagen: Grundsätzlich bietet die Zuchtrichtlinie nur einen Rahmen dafür, welche Eigenschaften wie geprüft werden. Sie verweisen auf diesen Rahmen.

Das bedeutet – erstens – für die Carnica: Am Ende kommen Zuchtwerte für einzelne Königinnen heraus. Aus den Einzelzuchtwerten – Honigertrag, Sanftmut, Wabensitz, Schwarmneigung, Varroa-Index – ergibt sich der Gesamtzuchtwert, nach dem die Königinnen bewertet werden. Dieses Verfahren stellt bei der Carnica nicht sicher, dass beispielsweise tatsächlich in Richtung Varroa-Toleranz gezüchtet wird. Ein Blick auf die Auflistung der Zuchtwertergebnisse beim Länderinstitut für Bienenkunde in Hohen Neuendorf zeigt, dass beispielsweise auch Königinnen mit sehr hohen Zuchtwerten von über 120 % gar nicht in Bezug auf Varroa geprüft wurden. Ohne Richtungsentscheidung wird es also nicht gehen.

Zweitens. Bei der Buckfastbiene ist das etwas anders, aber auch nicht komplett zufriedenstellend gelöst. Hierzu finden wir in den Zuchtrichtlinien die Aussage: „Es ist für jede Eigenschaft eine möglichst hohe Punktzahl anzustreben.“ Gemeint sind die aufgezählten elf Eigenschaften der Bienen, die neben Vitalität, Honigertrag und Schwarmträgheit auch als wünschenswert erscheinen lassen, dass die Bienen möglichst wenig Propolis erzeugen. Es geht

also hier wohl in erster Linie um die bessere Bearbeitbarkeit der Völker durch die Imkerinnen und Imker. Das ist kein Staatsziel, das sich der Freistaat Sachsen zu eigen machen müsste.

Drittens. Zu der Dunklen Biene wird in den Zuchtrichtlinien gar nichts ausgesagt.

Meine Prognose lautet daher: Durch das Gesetz wird die Situation in Sachsen nicht besser, sondern schlechter. Frei nach dem Motto „Wir wissen zwar nicht, wohin, aber wir gehen schon mal los“ schafft der Freistaat die Möglichkeit, Belegstellen einzurichten, um etwas zu tun, wovon er selbst keinen Nutzen hat und wovon andere Imker, die nicht mehr in das Gebiet einwandern können, einen Schaden haben.

Zu allem Überfluss war die Lobbyarbeit des Landesverbandes Sächsischer Imker so erfolgreich, dass durch den vorliegenden Entwurf nicht sichergestellt ist, dass auch andere Verbände zum Zuge kommen. Hier wird das Windhundprinzip statt des fairen Umgangs mit knappen Ressourcen, die allen zustehen sollten, weiter verfestigt.

Erforderlich wäre ein Gremium gewesen, das die Interessen der drei vorhandenen Verbände berät und dafür sorgt, dass jede der drei Interessengruppen zum Zuge kommt. Durch den gegenwärtigen Gesetzentwurf wird alles dem Selbstlauf überlassen. Deshalb bleibt es für mich dabei: Wer nicht steuern will, soll besser die Finger vom Lenkrad lassen.

Der Gesetzentwurf sollte unseres Erachtens komplett zurückgezogen werden. Belegstellen, wo diese Art der Zucht durchgeführt wird, gibt es schon anderswo. Wir sind gegen staatlich geschützte Belegstellen in Sachsen, solange sie keinen erkennbaren Mehrwert für die Gesellschaft insgesamt erbringen. Zum Mehrwert für die Gesellschaft, lieber Herr Wähner, habe ich noch nichts von Ihnen gehört, außer der verschwurbelten Förderung der Zucht.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit ihrem Änderungsantrag wenigstens noch versucht, eine Verbesserung an der Formulierung der Zuchtziele herbeizuführen. Die Idee ist gut, aber, liebe GRÜNE, irgendwie bleibt es auch beliebig, wenn das Zuchtziel insbesondere Krankheits- und Schädlingsresistenz oder Honigleistung sein soll. Ehrlich gesagt, sehe ich es nicht als Aufgabe der Opposition, ein solch grundsätzlich schlechtes Gesetz der Regierung noch aufhübschen zu wollen, das tut mir leid, und deshalb lehnen wir diesen Gesetzentwurf komplett ab.

(Beifall bei den LINKEN)