Protokoll der Sitzung vom 06.09.2018

Hätte man dazu in der Vergangenheit etwas tun können? Ja, das hätte man. Die Bandbreite ist auf sage und schreibe 3 KBit/s begrenzt. Im Jahr 2009 hat man schon gesagt: Wir können ja das System aufwerten und auf 600 KBit/s hochgehen, immerhin eine Erweiterung der Bandbreite um das 200-Fache, mit sogenannten Testinseln. Das hat man aber auch nicht gemacht. Die Staatsregierung hat auch nicht erklärt, warum sie das nicht gemacht hat. Doch dabei ist es aber notwendig, wie wir sehen, gerade in Katastrophenfällen oder bei großen Einsätzen, wo viel gefunkt wird und wo mit den Geräten auch einmal telefoniert wird.

Die BDBOS hat damals eine schnelle Lösung versprochen, wenn der Netzausbau beantragt wird. Aber offensichtlich ist er nicht beantragt worden, und niemand hat

uns gesagt, warum er nicht beantragt worden ist. Diese Gelegenheit verstreichen zu lassen war schlicht und ergreifend ein ganz erheblicher Fehler. Wie gesagt, haben wir über den Katastrophenfall an dieser Stelle noch gar nicht geredet. Dann sind nämlich noch viel, viel mehr Kräfte auf dem Funk.

Trotzdem hilft man sich irgendwie. Man nutzt – zweifelhaft – private Technik, um Fotos zu machen, vielleicht einmal einen Ausweis abzufotografieren oder wie auch immer oder Bilder von Tatverdächtigen für die Fahndung herumzuschicken. Das ist eine schwierige Sache. Viel besser wäre es, wenn man dafür ein sicheres Netz hätte. Oder man nutzt das LTE privater Anbieter. Aber auch das hat nicht die Anforderungen an ein Netz für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, das am Ende auch sicher sein soll.

Doch das BOS-Netz kommt nicht, und warum kommt es nicht? Weil man sich zwischen Bund und Ländern mal wieder nicht auf die Leistungsanforderungen einigen kann. So verweist die Staatsregierung auf das ominöse Jahr 2025, soll heißen, der übernächste Landtag wird vielleicht einmal darüber entscheiden, ob wir denn unser Digitalfunknetz ausbauen oder nicht.

Ich glaube, dass man hier einfach Angst hat. Man hat Angst, hinter der aktuellen technischen Entwicklung hinterherzuhängen, und man wird hinterherhängen; denn die Entwicklung ist sehr schnell. Aber das bedeutet doch nicht, dass man zum Zeitpunkt jetzt keine Entscheidung treffen kann. Man kann eine Entscheidung treffen und muss eine Entscheidung treffen; denn durch Nichtentscheidungtreffen löst man das Problem nicht.

Es gibt Möglichkeiten und es gibt Lösungen. Bereits seit 2012 gibt es ein kanadisches und ein israelisches Unternehmen, es ist ein Konsortium. Es baut ein eigenes Netz auf und bietet auch Technik an, die von israelischen Sicherheitsbehörden genutzt wird, Breitbandtechnik, und dieses System wird fortentwickelt. Jeder, der hier im Raum sitzt, kann sich vorstellen, was die Israelis an Sicherheitsanforderungen an ihr Netz formulieren werden. Diese sind sicher höher als bei uns, aber zumindest nicht geringer. Selbst die USA bauen mittlerweile ein eigenes Breitbandnetz aus. Aber in Deutschland schaffen wir es nicht bis zum Jahr 2025.

Warum macht das Deutschland eigentlich nicht selbst? Das wäre einmal etwas für Wirtschaftsminister Dulig. Man könnte ein Projekt starten, hier in Sachsen eine solche Technik zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. Dann haben wir einmal richtig was und wissen, dass diese Technik auch sicher ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Herr Kollege Wippel hat den Antrag eingebracht. Als Nächster spricht für die CDU-Fraktion Herr Kollege Löffler.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Digitalfunk: Ich konzentriere mich einmal reinweg auf den BOS-Teil Ihres Antrags. Der bundeseinheitliche digitale gemeinsame Sprechfunk – richtig, es ist viel mehr als nur die Polizei, es sind auch Feuerwehr, Rettungsdienste, Zivil- und Katastrophenschutz, die diesen doch im Vergleich modernen und vielseitigen Kommunikationsweg nutzen.

Dass die Technik abhörsicher ist, ist das eine. Aber sie hat ebenso eine hohe Verfügbarkeit. Ich komme noch einmal zu dem, was Sie als Beispiel genannt haben. Die Verfügbarkeit bei BOS ist hoch. Es gab zugegebenermaßen bei der Implementierung über die Funkstrecken Nachsteuerbedarf, was zum Beispiel die Mastenanzahl und Ähnliches betraf. Ein wesentlicher weiterer Vorteil ist die extrem hohe Sprachqualität, und es ist ein eigenes Funknetz.

Sie haben angesprochen, dass in anderen Ländern eigene Funknetze aufgebaut werden – ja, mein Gott, das ist doch genau das, was BOS macht. BOS baut ein eigenes Funknetz auf, um nicht auf die kommerziellen Mobilfunknetze zurückgreifen zu müssen, weil es ein Spezialbehördenfunk für Einsatzkräfte ist und auch bleiben soll. Gerade bei Großschadensereignissen und Katastrophen ist das, mit Verlaub, ein ganz wichtiges Merkmal dieses Kommunikationsmittels.

(Sebastian Wippel, AfD: Wenn das Netz nicht zusammenbricht!)

BOS hat – das haben Sie ein Stück weit ausgeführt – neben der reinen Alarmierungs- und Sprachübermittlung auch die Möglichkeit zu sagen, ich versende Datenpakete. Dabei ist aber nicht nur der eigentliche Funk das Thema, sondern dass das, was die Funkstrecke übermitteln kann, mit der Digitalisierung und der Einrichtung der integrierten Rettungsleitstellen entsprechend ausgewertet und verarbeitet wird. Mit der Verfügbarkeit liegen wir zurzeit – das haben Sie auf Ihren Antrag von der Staatsregierung erfahren – bei einer Netzabdeckung von 99,98 %.

Ich habe mir die Mühe gemacht und einmal versucht herauszubekommen, wie oft das Netz täglich verwendet wird. Das ist gar nicht so einfach. Wenn ich nur einmal bei den Dispositionszahlen der Leitstellen bleibe, kann ich im Jahr mit über 50 000 Dispositionen aus den einzelnen Leitstellen heraus rechnen. Ich kann allein bei der Netznutzung, wenn ich die Funknutzung berücksichtige, mit weit über einer Million Funkverbindungen kalkulieren. Da bringen Sie allen Ernstes zwei Beispiele, wo Sie fragen, warum es nicht funktioniert.

(Sebastian Wippel, AfD: Ich habe nicht so viel Redezeit, wissen Sie!)

Das tut mir leid.

(Sebastian Wippel, AfD: Das wird sich aber ändern!)

Vergleichen wir es einmal direkt mit den von Ihnen angesprochenen Mobilfunknetzen. Ob ich jetzt GSM,

UMTS oder LTE nehme, ist erst einmal völlig egal. Ich habe dort ein ganz entscheidendes Problem, und das sollten Sie als Einsatzkraft eigentlich wissen. Ich habe als Erstes das Problem, dass ich Gruppenkommunikationen in der Form über die normalen Netze nicht darstellen kann, und zweitens, dass ich einen ganz wesentlichen einsatztaktischen Effekt nicht habe, nämlich die DMOKommunikation, sprich: die netzunabhängigen Funkinseln und -strecken, die ich problemlos aufbauen kann, was im LTE-Bereich und Ähnlichem nicht so ohne Weiteres möglich ist.

Dann haben Sie angesprochen, dass es verschiedene Beispiele gibt, wo das schon besser, schon moderner läuft. Aber es sind Musterbeispiele von Ihnen gewesen. Es ist ja nicht so, dass wir uns irgendeiner Transformation und Entwicklung in dem Bereich verwehren – im Gegenteil. Es geht darum, internationale Standards zu schaffen. Sie haben zwei Beispiele aus Israel und Kanada angesprochen. Die USA haben Sie, glaube ich, auch angesprochen. Dort wird die Zukunft des Sicherheitsfunks auch betrachtet. Dort wird aber die 5G-Technik herangezogen, die in der technischen Umsetzung zurzeit noch nicht flächendeckend verwendbar und von daher technisch auch noch nicht spruchreif ist, um sie umzusetzen.

(Zuruf des Abg. Sebastian Wippel, AfD)

Wenn Sie mir zum Abschluss noch eines erlauben: Wir reden hier trotzdem über eine kritische Infrastruktur, über die Kommunikation der Einsatzkräfte, wenn es wirklich brennt,

(Sebastian Wippel, AfD: Durchaus!)

und das nicht nur aus der Sicht eines Feuerwehrmannes. Da will ich mich auch nicht auf irgendwelche Experimente einlassen. Da war, glaube ich, das Experiment des BOS mit den ganz praktischen Problemen auch der technischen Implementierung – – Das beste Beispiel ist für mich immer, wie lange man über ein Faustmikrofon streiten kann, damit man es mit einem Handschuh bedienen kann. Aber das sind Aspekte, die gelöst werden müssen.

Diesen Populismus, indem Sie sagen, raus aus der Steinzeit – sorry, das ist ein Schreckensszenario, das Sie hier machen, das fernab der normalen Realität ist. Kein Verständnis dafür.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Für die Fraktion DIE LINKE ergreift jetzt Herr Kollege Stange das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum vorliegenden Antrag der AfD kann ich es dieses Mal relativ kurz machen.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Wirklich?)

Wirklich. – Erstens. Zum Berichtsteil hat die Staatsregierung ausführlich berichtet und mitgeteilt, was im

Grunde schon bekannt war oder hätte bekannt sein können. Kollege Löffler hat dazu ebenfalls ausgeführt.

Zweitens. Zum Antragspunkt 2 sollten die Ausführungen der Staatsregierung hinreichend Auskunft gegeben haben.

Drittens zum Antragspunkt 3: Hier darf ich Sie auf unsere Forderung vom 09.06.2016 verweisen, die Dienststellen entsprechend auszustatten. Auch die Anhörung im Hohen Hause zum E-Government-Gesetz und zum LIT-Gesetz sowie die Befassung mit den EU-Verordnungsvorschlägen über Interoperabilitäten bei den EU-Großdatensystemen EU-LISA oder e-CODEX haben uns bestärkt, vor allem auch die Folgen dieser Digitalisierungs- und Vernetzungsprozesse zu betrachten und zu hinterfragen, wie sich rechtsstaatliche Prinzipien und Verfahren sowie die Kompetenzverschiebung und Zuschreibung in diesem Zusammenhang verändern. Das will ich nur anmerken.

Viertens. Auch bei der Ausstattung der Einsatzfahrzeuge mit elektronischen Zahlungsterminals darf ich auf unsere Forderung vom 18.04.2018 verweisen. Logischerweise brauchen wir diese Terminals in den Fahrzeugen. Allerdings befinden wir uns in der Haushaltsberatung. Dort ist es angebracht, den Haushaltsentwurf zu prüfen. Wenn ich nicht irre, ist dazu bereits einiges eingestellt.

Abschließend stelle ich fest, dass der Antrag im Grunde entbehrlich war.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Jetzt spricht die SPDFraktion. Das Wort hat dazu Herr Kollege Pallas.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wieder einmal ein Antrag mit reißerischem Titel: „Steinzeit beenden“. Diese vermeintlich absolute Rückständigkeit der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, die Sie hiermit heraufbeschwören, ist – um es kurz zu sagen – einfach falsch. Sie gibt weder die aktuelle Situation noch die fortlaufenden technischen und prozessbezogenen Weiterentwicklungen im Bereich des BOS-Digitalfunks oder auch der polizeilichen IT wieder. Wenn etwas Urzeit- oder Steinzeitniveau hat, dann Ihr Auftreten hier, wobei ich den Steinzeitmenschen damit Unrecht tue, Herr Wippel.

(Lachen bei der CDU)

Natürlich ist es in Ordnung, wenn Sie enttäuscht sind, dass die Staatsregierung frühestens im Jahr 2025 eine nach ihrer Ansicht zufriedenstellende Breitbandinfrastruktur für den Digitalfunk zur Verfügung stellen wird. Aber Sie müssen schon die Erläuterungen der Staatsregierung in der Kleinen Anfrage zur Kenntnis nehmen, auf die Sie im Antrag auch noch verweisen. Dort wird doch eingeräumt, dass die Nutzung derzeitiger kommerzieller Netze nicht dauerhaft die Anforderung der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben – BOS – hinsichtlich der Verfügbarkeit und Sicherheit erfüllt. Dort steht auch, dass durch die Bundesanstalt für den Digitalfunk, die

BOS und eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe seit 2016 konkrete Vorbereitungen für eine gemeinsame bundesweit einheitliche und sichere Breitbandinfrastruktur für die BOS durchgeführt werden.

(Zuruf des Abg. Sebastian Wippel, AfD)

In der kommerziell verfügbaren Systemtechnik ist eine Realisierung aufgrund fehlender technischer Leistungsmerkmale in den Mobilfunkspezifikationen nicht vor dem Jahr 2025 zu erwarten.

In der Stellungnahme zu Ihrem Antrag steht immerhin, dass die BOS in Sachsen entsprechend den einsatztaktischen Erfordernissen bereits mit potenziell geeigneten Endgeräten ausgerüstet sind. Das alles ignorieren Sie, Herr Wippel, wenn Sie hier vortreten und ein schwarzes, ein düsteres Bild malen. Es passt halt nicht zu Ihrer Protesthaltung. Fakt ist: Die Weiterentwicklung des Digitalfunks läuft. Ich halte es für sinnvoll, dass hier in der gemeinsamen Bund-Länder-Arbeitsgruppe weitergearbeitet wird. Ich finde es schon bezeichnend, dass Sie, die sonst immer bessere Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern einfordern, gerade hier einen sächsischen Alleingang vorschlagen. Ich nehme wahr, dass die Staatsregierung hier viel tut, um diesen gemeinsamen Prozess zu unterstützen und zu befördern. Hierfür braucht es diesen Antrag wahrlich nicht.

Auch bei den weiteren Punkten des Antrages, betreffend die technische Ausstattung der Dienststellen des Polizeivollzugsdienstes, Nr. 3, und der Ausstattung der Einsatzfahrzeuge, Nr. 4, sehe ich keine Steinzeit. Das Gegenteil ist doch der Fall. Fortlaufend und mit beträchtlichen Haushaltsmitteln werden in Sachsen neue Technologien entwickelt, angeschafft und implementiert. Die Staatsregierung nennt dies zu Recht eine Daueraufgabe und verweist zum Beispiel auf das Programm IuK 2020 zur Modernisierung der Informations- und Kommunikationstechnik der sächsischen Polizei.

Weitere Beispiele, um das nur anzutippen, sind der 2017 erfolgte Anschluss an die Zertifikats- und Verschlüsselungsinfrastruktur der Bundespolizei, die Voraussetzung ist, um Dokumentenprüf- und -lesegeräte zu nutzen, oder das mobile Fingerabdruckidentifizierungsverfahren FastID.