Ein kleines Beispiel dazu: In einer Anhörung zum Finanzausgleich vor zwei Jahren hat uns der Bürgermeister von Boxberg eindrucksvoll seine Sorgen vor Augen geführt. Er ist zuständig für neun Ortsfeuerwehren, für die Instandhaltung von 104 Kilometern Gemeindestraßen, für die Bewirtschaftung von 120 gemeindeeigenen Gebäuden und Liegenschaften und für die Unterhaltung von 22 Brückenbauwerken und neun Wehranlagen.
Das Fazit des Bürgermeisters lautete: Die entstehenden Mehraufwendungen für flächengroße Kommunen sind durch den Freistaat Sachsen auszugleichen, solange es sich um Pflichtaufgaben oder Pflichtaufgaben nach Weisung handelt. Was zeigt uns das, meine Damen und Herren? Die Verteilung des Steueraufkommens nach Köpfen entstand um das Jahr 1910, und wie wir seit letzter Woche wissen, geschah das in einer Zeit, als man in deutschen Großstädten vornehmlich U-Bahnen baute. Doch kennen Sie eine sächsische U-Bahn? – Ich kenne keine. Warum verteilen wir aber nach wie vor wie vor 100 Jahren, bevorteilen Städte und benachteiligen den ländlichen Raum?
Die Verteilung nach Köpfen führt nämlich dazu, dass die Städte Dresden und Leipzig nach Ansicht der Staatsregierung überörtliche Funktion für ihr Umfeld wahrnehmen, aber eben nicht für den ländlichen Raum.
Weiter zuhören, Herr Gebhardt! Das kommt noch! – Viele Dresdner fahren aber beispielsweise an die Talsperre Malter oder in das Naherholungsgebiet Sächsische Schweiz.
Es ist also auch bedeutend für die Städter. Warum wird aber dieser Erholungsfaktor nicht finanziell berücksichtigt? Warum hören wir nicht auf die Sorgen des Boxber
ger Bürgermeisters? Warum wird er mit seinen Sorgen alleingelassen? Nach Prognosen des Statistischen Landesamtes wird die Bevölkerung im ländlichen Raum bis zum Jahre 2030 um weitere 10 % schrumpfen.
Mit den sinkenden Einwohnerzahlen gehen auch Finanzzuweisungen zurück. Es entwickelt sich ein Teufelskreis. Niedrigere Zuweisungen haben weniger Investitionen, weniger Jugendklubs, weniger Sportplätze und am Ende auch marode Brücken und Straßen zur Folge. Die Betriebe und die Einwohner wandern weiterhin ab, was zu weiteren geringeren Finanzzuweisungen führen wird.
Wollen wir künftig, wie es uns Wissenschaftler vorgeschlagen haben, beispielhaft abseits der B 170 nur noch auf Schotterwegen zur Talsperre Malter fahren?
Die U-Bahn bauen wir nicht dorthin, Herr Gebhardt. – Die Bürger auf dem Land haben nicht nur das Gefühl, abgehängt zu werden, sie werden auch tatsächlich abgehängt.
Meine Damen und Herren! Gerade diesen berechtigten Anliegen der Bürgerinnen und Bürger auf dem Land nimmt sich unser Gesetzentwurf ernsthaft an. Das Geld sollte nicht mehr nach Einwohnerzahlen verteilt werden, sondern nach der Größe der Gemeindeflächen. Flächenstarke Kommunen wie Boxberg sollen davon überproportional profitieren. Sie sollen Leistungen, wie Kindertagesstätten, Vereinsheime, Schulen, aber auch die Bezahlung eines Jugendfußballtrainers stemmen können.
Lieber Herr Michel, uns hilft eben kein weiteres Betonbauprogramm, das die Staatsregierung so sehr liebt, weil man davor ein Schild aufstellen kann, auf dem steht, wer es gefördert hat, wenn dabei unser ländlicher Raum völlig verkommt.
Lieber sollten wir einen Jugendfußballtrainer einen grünweißen Trainingsanzug anziehen lassen, auf dem „Danke Freistaat Sachsen“ steht, wenn wir dafür Jugendliche wieder auf dem Land leben lassen und ihnen sinnvolle Freizeitbeschäftigungen anbieten können.
Meine Damen und Herren! Die Aussprache geht in folgender Reihenfolge weiter: CDU-Fraktion, danach DIE LINKE, die SPDFraktion, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und ein fraktionsloser Abgeordneter.
Danke, Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die hier geäußerten Sorgen des Boxberger Bürgermeisters sind jetzt über zwei
Es gibt zwar immer noch keine U-Bahn in Boxberg, aber die Welt hat sich weitergedreht und es hat andere gesetzliche Entwicklungen gegeben. Wobei ich jetzt aber etwas Sorge habe, ist, dass wir in ein Spiel „Stadt gegen Land“ kommen. Ich selbst wohne im ländlichen Raum,
aber ich denke, wir haben gerade in den letzten Jahren mit der Umgestaltung des FAG gezeigt, dass wir versuchen, das Thema systematisch anzugehen, und nicht, dass wir das FAG lassen und dann noch irgendwelche Nebenfonds – Flächenfonds – machen.
(André Barth, AfD: Sie machen doch genau dasselbe, Herr Michel! Von daher ist der richtige Weg, dass wir in die Schlüssel- zuweisungen, in die Hauptansatzstaffel, gehen und das systematisch ändern, und jeder in diesem Raum hier müsste jetzt schon wissen, dass wir das für das Jahr 2020 auch vorgesehen haben. Aber das geschieht nicht nach dem Zufallsprinzip, indem man mal ein paar Zahlen nimmt, sondern schön mit der Systematik; denn es ist unsere sächsische Besonderheit, dass wir ein regelgebun- denes System haben. Daran würde ich beim FAG auf jeden Fall festhalten wollen. Zu ihrem Gesetzentwurf. Sie haben dazu ja noch gar nichts gesagt, sondern nur allgemein ausgebreitet, was Sie ins Schaufenster stellen wollen. Der Gesetzentwurf ist – so würde ich auf den ersten Blick sagen – das abgeschrie- bene Sächsische Investitionskraftstärkungsgesetz. (André Barth, AfD: Haben wir gar nicht nötig!)
Ich nehme es als Lob, zumindest für die Idee des Fonds „Brücken in die Zukunft“. Aber Sie sagen, Sie haben es nicht nötig abzuschreiben. Es ist auch ein Trugschluss, denn es ist auch nicht gut abgeschrieben – weder technisch noch inhaltlich.
Wenn wir einmal bei der Technik bleiben, dann stellen wir uns jetzt diesen Fall vor: Das Hohe Haus würde das Gesetz letztendlich verabschieden, und im Jahr 2020 wäre die Tranche von 113 Millionen Euro, jetzt geändert, einzuzahlen. Ich habe einmal durchgerechnet: Wie wird denn im Jahr 2020 die Aufteilung der 113 Millionen Euro erfolgen? Klar ist noch, dass im ländlichen Raum, zwischen Kreisen und Kommunen, hälftig geteilt wird. Das bedeutet, wir haben 56,5 Millionen Euro für die Landkreise. Danach erfolgt die Verteilung unter den Landkreisen nach der Fläche.
Ich weiß nicht, ob Sie es einmal ausgerechnet haben. Sie können uns ja dann einmal darlegen, wie viel beispielsweise der Landkreis Zwickau bekommen würde. Es würde mich mal interessieren, ob Sie es überhaupt heruntergebrochen haben.
Aber wie geht es dann weiter? Darüber schweigt der Gesetzentwurf, denn die Verteilung für die einzelnen genannten Aufgabengebiete ist dann wahrscheinlich frei. Gehen wir einmal davon aus, Zwickau bleiben rund 6 Millionen Euro, dann ist man frei, in Zwickau zu wählen, auf welches Fachgebiet die 6 Millionen Euro verteilt werden.
Dann habe ich das Geld, ich bekomme 600 000 Euro – Sie können uns ja einmal erläutern, wie weit Sie kommen.
Das Verfahren haben Sie jedoch aus „Brücken in die Zukunft“ abgeschrieben, mit Maßnahmenplänen usw. usf. Der entscheidende Unterschied ist aber: Bei „Brücken in die Zukunft“ hatten wir ordentliche Summen, und da hatte sich das aufwendige Verfahren schon gelohnt. Aber so stellt sich eher die Frage: Warum nehmen Sie denn überhaupt keine Pauschalen? Wenn Sie dem ländlichen Raum schon etwas zukommen lassen wollen, dann machen Sie es doch über Pauschalen, wie es im neuen FAG teilweise schon vorkommt. Das ist viel einfacher und viel besser, und dafür brauchen Sie keine Maßnahmenpläne.
Aber ich weiß nicht, ob es bei 6 Millionen Euro so weit ist. Aber schauen wir mal darüber hinweg und kommen wir zu den grundsätzlichen Problemen Ihres Gesetzentwurfes.
Ich behaupte, dass das, was Sie betreiben, Schaufensterpolitik ist; denn wie ist die Einordnung Ihres Fonds im Gesamtgefüge? Wie ist die Einordnung dieses möglichen Fonds im FAG, im Verhältnis Zukunftssicherungsfonds und zu all dem? Sie müssten uns das dann einmal zum Beispiel beim Breitbandausbau erläutern. Momentan haben wir Mittel für den Breitbandausbau im Zukunftssicherungsfonds und neu im Gesetzentwurf – darüber haben wir bald zu beraten – im Breitbandfonds. Die Kommunen haben eine Unterstützungszusage über 100 %. Es stellt sich jetzt die Frage, warum wir dafür überhaupt noch eine neue Finanzquelle brauchen, wie in Ihrem Papier. Das müssen Sie erläutern, und das ist bisher überhaupt noch nicht erfolgt. Des Weiteren ist die Frage schon angesprochen – –
Erklären Sie es uns dann; vielleicht hilft das noch. – Trotzdem müssen Sie uns einen weiteren Denkansatz erläutern: Wie ist denn nun der Fördermittelansatz für Ihren Fonds? Wir haben für Breitband schon 100 %. Jetzt wollen Sie 90 % und können es aber auch als Eigenmittel nehmen.
Jetzt frage ich mich: Was denn nun? Habe ich einen Fonds mit einer Förderquote von 90 % oder kann ich es auch als Eigenmittel nehmen? Dann können Sie ja gleich sagen: 100 %. Das steht völlig neben der Spur und widersprüchlich in Ihrem Gesetzentwurf.
Gehen wir weiter: Das ist der Artikel 2 § 3 Abs. 1, in dem Sie letztendlich auf die Stellung kommen. Das ist der Punkt, an dem ich sage: schlecht abgeschrieben. Bei uns passt das vom System her rein. Sehen wir uns die Verwendungszwecke an, dann möchte ich beispielhaft auf Artikel 2 § 3 Abs. 1 und die Nrn. 2 und 3 hinweisen, da haben wir schon die Unterschiede bei der Betrachtung: Zum einen haben wir Maßnahmen von freien Schulträgern und kommunalen Trägern der Einrichtungen zugelassen. Es sind aber unterschiedliche Formulierungen. Jetzt müssen Sie mir einmal erzählen, warum Sie das machen. Schon allein diese Ungleichbehandlung von Schulträgern wäre eigentlich ein Ablehnungsgrund. Was Sie mit den abundanten Gemeinden in Ihrem Änderungsantrag machen, das ist richtig. Damit umgehen Sie verfassungsrechtliche Bedenken.
Letztendlich ist der Gesetzentwurf trotzdem überflüssig. Er ist zumindest spätestens dann überflüssig, nachdem Sie die Unterlagen zum neuen FAG erhalten haben. Er ist überflüssig, nachdem wir das Pauschalengesetz mit den 70 000 Euro je Gemeinde beschlossen haben, und er ist letztendlich auch mit dem neuen Haushaltsentwurf überflüssig.
Wir haben, um das einmal festzustellen, ein funktionierendes kommunales Finanzausgleichgesetz, da das neue FAG den Kommunen eine Finanzausgleichsmasse im Jahr 2019 in Höhe von 3,47 Milliarden Euro und im Jahr 2020 von 3,7 Milliarden Euro zur Verfügung stellt. Aus der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen hat Sachsen 111 Millionen Euro im Jahr 2020 mehr zu erwarten. Durch den Gleichmäßigkeitsgrundsatz entfallen davon automatisch wieder 41 Millionen Euro auf die Kommunen. Im Ergebnis sieht der Regierungsentwurf eine dauerhafte Aufstockung des FAG um weitere 142 Millionen Euro für die Kommunen vor.
Weiter geht es dann: Das FAG führt letztendlich zu einer strukturellen Stärkung der kommunalen Ebene von 183 Millionen Euro pro Jahr. Über diese Zuweisungen hinaus, sozusagen außerhalb des FAG, soll der kommunalen Ebene im Regierungsentwurf – der Ihnen ja nun schon lange vorliegt – zwischen den Jahren 2018 und 2019 ebenfalls eine deutliche Steigerung, nämlich um