Aber auch aus geologischer Sicht weisen die ermittelten Grundlagen für dieses Projekt große Unwägbarkeiten auf. Das hängt zum einen an Lücken in der vorhandenen Datendichte – dies ist das kleinere Problem –, zum anderen an der Beschaffenheit der Gesteinskomplexe, deren geomechanische Eigenschaften sich nicht durchgehend als gebirgsfest qualifizieren lassen. Festgestellt wurden Störungsbereiche und Falten in kleinräumig wechselnden Gesteinen, die weitere Untersuchungen erforderlich machen. Festgestellt wurden Quarzit-FluoridVererzungen mit verstärkter Klüftigkeit und Wasserführung. Aber selbst in den gebirgsfesten Bereichen der Trasse sind gespannte Grundwasserverhältnisse nicht auszuschließen.
Wenn wir die nachhaltige, moderne und bedarfsgerechte Eisenbahninfrastruktur im Blick haben, dürfen wir den Erhalt der Lebensgrundlagen nicht aus dem Blick verlieren. Das Verkehrsprojekt der Neubaustrecke Dresden – Prag hat den Nachweis, dass es sich daran tatsächlich orientiert, bislang nicht erbracht. Die Menschen, die jetzt dem Lärm der Strecke im oberen Elbtal ausgesetzt sind, verdienen jetzt unser Engagement, dass Lärmschutzmaßnahmen umgesetzt werden. Das kann man nicht mit einem unzureichenden Verkehrsprojekt verbinden. Denn es wurde bislang bereits viel zu lange aufgeschoben.
Das war Frau Dr. Pinka, und sie sprach für die Fraktion DIE LINKE. Gibt es weiteren Redebedarf in dieser von ihr eröffneten Rederunde? Den sehe ich nicht. Jetzt kommt die Staatsregierung zum Zuge. Das Wort ergreift Herr Staatsminister Martin Dulig.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Reden wir doch einmal nicht drum herum. LINKE und GRÜNE wollen diese Neubaustrecke nicht. Punkt.
Bei solchen großen Projekten wird man immer Gründe finden, warum es nicht geht. Das ist ein typisch deutsches Denken, warum bei uns inzwischen Infrastrukturprojekte Schwierigkeiten haben.
(Beifall bei der SPD und der CDU – Widerspruch bei den LINKEN – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Da sie so schlicht sind!)
Ihre Debatte, wissen Sie, ist eine richtig große Ablenkung unter dem Motto: Wir bauen keinen Tunnel, aber wir bauen ein paar Lärmschutzwände hin. Fahren Sie doch bitte einmal durchs Elbtal und schauen Sie sich die tatsächliche Möglichkeit von Lärmschutzwänden in dieser Topografie an. Da müssten Sie sich bitte einmal damit auseinandersetzen, was möglich ist und was nicht.
(Zuruf von der CDU – Andreas Nowak, CDU: Das kannst du in die Elbe hineinbauen! – Beifall bei der SPD und der CDU)
Um es ganz klar zu sagen: Das eine tun, ohne das andere zu lassen – auch wenn Sie in Ihrem Schwarz-WeißDenken damit nicht zurechtkommen – –
Wir brauchen mehr aktiven Lärmschutz aktiv jetzt bereits im Elbtal, und wir brauchen zur Entlastung für effektiven Lärmschutz die Neubaustrecke.
Die Große Anfrage zur Neubaustrecke Dresden – Prag hat uns als Staatsregierung mehrfach überrascht. Sie hat uns aber die Gelegenheit gegeben, unsere Aktivitäten anhand sehr kritischer Fragen auf das richtige Maß, die Art und Weise und auf ihre Erfolgsaussichten zu überprüfen. Dafür mein herzlicher Dank. Denn im Ergebnis können wir weiterhin ein sehr positives Fazit ziehen. Es bleibt allerdings das Erstaunen darüber, dass ausgerechnet BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unser Engagement für die Stärkung des Eisenbahnverkehrs kritisieren, zumal Sie mir in der Debatte vorhin vorgeworfen haben, ich würde nur Straßen bauen. Jetzt wirft mir die Fraktion vor, ich würde nur diese Neubaustrecke in den Blick nehmen. Sie müssen sich langsam einmal entscheiden.
In Ihrer Auswertung, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, monieren Sie, Sachsen habe kein Konzept für den Eisenbahnverkehr im Land und beschränke seine Aktivitäten auf die Neubaustrecke Dresden – Prag. Wie viele Debatten haben wir im Landtag geführt? Sie wissen es doch selbst besser.
Mit dem Bundesverkehrsministerium und der Deutschen Bahn stehen wir im ständigen intensiven Kontakt zu allen Fragen der Bahninfrastruktur und des Verkehrs. Dort, wo der Bund in seiner Zuständigkeit aus unserer Sicht noch zu wenig tut, stellen wir Forderungen, und zwar – Stichwort Realpolitik – anhand substanzieller Grundlagen. Ja, das kostet Geld. Gerade im Ergebnis der Vorplanungsstudie für die Neubaustrecke Dresden – Prag haben wir gesehen, dass es richtig gut angelegtes Geld ist.
Wir konnten in der Zeit der Bewertung durch das Bundesverkehrsministerium die Machbarkeit, die Notwendigkeit und den Nutzen der neuen Trasse fachkundig belegen. Ohne diesen Beitrag hätten wir es nicht erreicht, dass
unsere Vision einer starken neuen Bahnverbindung heute ein prioritäres Projekt des Bundes ist und unmittelbar mit den erforderlichen Mittelzusagen für den Planungsbeginn ausgestattet ist. Ich frage mich tatsächlich, was Sie eigentlich wollen. Wir sind doch so weit gekommen und es ist eben kein Prestigeprojekt Sachsens. Es geht auch nicht um die Verbindung zweier Hauptstädte, sondern das ist eine europäische TEN-Strecke.
Wir wollen damit die Häfen im Norden mit den Häfen im Süden Europas verbinden. Aber das ist Ihnen doch nicht neu. Was erzählen Sie denn hier immer?
Sie wissen auch, dass wir uns keinesfalls nur auf diese eine Strecke konzentrieren. Das haben wir vorhin unter TOP 3 diskutiert. Ich möchte noch etwas zu der Strecke Plauen – Bad Brambach sagen. Sie haben diese als Alternative für die Neubaustrecke Dresden – Prag genannt.
Also wirklich: Wenn wir erreichen, dass diese Strecke ausgebaut wird, ist sie hinsichtlich Kapazität, Streckenführung und Längsneigung keine wirkliche Alternative, sondern nur eine Ergänzung.
Sie haben sich die Mühe gemacht, die Antworten auf Ihre Große Anfrage von einem Gutachter bewerten zu lassen. Das ist immer interessant und kann von Nutzen sein, wenn man Fachkenntnis, Sorgfalt und unvoreingenommene Perspektive voraussetzt. Mögliche Irrtümer könnten so erkannt werden. Wir haben allerdings in allen Punkten gesehen, dass wir mit den Studienergebnissen richtig liegen. Diese bescheinigt uns auch die Deutsche Bahn, die sich als Planer und zukünftiger Bauherr die fachlichen Inhalte weitgehend zu eigen gemacht und in der beginnenden Vorplanung verwendet hat. Das ist auch insofern gut angelegtes Geld.
Ihre Vermutung über Stand und Inhalt der Studien und Planungen im Nachbarland Tschechien kommen mir sehr spekulativ vor. Auf einen Ihrer Vorwürfe möchte ich dennoch eingehen, denn er betrifft das Thema Lärm. Dieser ist für die Bewohnerinnen und Bewohner des Elbtals tagtägliches hautnahes Erleben und spürbar. Es liegt der Staatsregierung sehr am Herzen, dabei in realistischen Schritten voranzukommen. Die Staatsregierung macht daher erfolgreich ihren Einfluss in der Arbeitsgruppe Lärmschutz Elbtal geltend, in der das SMWA und das SMUL von Anfang an mitarbeiten. Auch zur Mitfinanzierung des zusätzlichen Lärmschutzes haben wir uns verpflichtet. Nun liegt das Konzept der Deutschen Bahn vor und es ist den Gremien zur Mitbestimmung vorgestellt worden. Was tatsächlich umgesetzt wird, wird also
Es gibt kein Patentrezept für Lärmschutz und zugleich den Erhalt der landschaftlichen Schönheit des Elbtals. Wir müssen es weiter mit Realpolitik versuchen. Unsere Lösung ist auch noch Jahre entfernt. Unsere Lösung ist eine Neubaustrecke Dresden – Prag. Denn anstatt weiter auf 37 Kilometer durchs Elbtal zu fahren, verschwinden Züge dann auf 7 Kilometer im Tunnel. Diese 7 Kilometer werden nach den Normen des Lärmschutzes geplant und gebaut.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werbe für Ihre Unterstützung. Wir können bereits sehr stolz auf das sein, was wir bisher erreicht haben. Der Bund hat sich auf unsere Initiative hin die neue Bahnstrecke in Sachsen zur Aufgabe gemacht.
Wir wissen, die richtige Arbeit fängt erst an – für die Deutsche Bahn, aber auch für uns. Ich sehe das Vorhaben als große Chance, mehr Güterverkehr auf die Schiene zu bringen – das ist von Anfang an das Ziel gewesen –, als Chance für schnelleres und bequemeres Reisen zu Lande; denn wir wollen, dass die Menschen mehr mit der Bahn fahren, und vor allem als Chance für die Menschen in der Region, die effektiv von Lärm befreit werden wollen. Das sind die Punkte, für die wir uns so engagieren.
Vielleicht noch eine Bemerkung zu dem, was Frau Meier vorhin dargestellt hat, weil sie Zweifel sehen will, ob Güterverkehr dort möglich sei. Es gibt keine Planung mit 12 Promille, die gibt es nicht.
(Andreas Nowak, CDU: Hört, hört! – Katja Meier, GRÜNE: Schauen Sie mal in die Vorplanung! Da steht das drin!)
Es gibt keine Planung. Wir haben Studien durchgeführt; diese Studien sind die Grundlage für die Planungen, die erst beginnen. Sie müssen sich wirklich einmal fachlich ein bisschen damit auseinandersetzen und hier nicht so tun, als würde eine Studie verhindern, dass es Bahnverkehr gibt. Sie müssen sich einfach einmal die Richtlinien der Deutschen Bahn anschauen, die von 5 Promille Steigung ausgehen. Das wird bei den Planungen selbstverständlich berücksichtigt werden.
Von daher müssen Sie sich weiterhin meinen Vorwurf gefallen lassen, den ich Ihnen vorhin schon gemacht habe: Das kommt mir manchmal wie politische Marktschreierei und nicht wie eine Fachdebatte vor.
Gerade haben wir für die Staatsregierung Herrn Staatsminister Dulig gehört. Wir sind jetzt am Ende der Aussprache angekommen.
Damit kommen wir zum vorliegenden Entschließungsantrag in Drucksache 6/14851, vorgelegt von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Dieser soll jetzt eingebracht bzw. begründet werden. Bitte, Frau Kollegin.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Dulig, ich finde es schon unsäglich, was Sie hier sagen. Ich habe an keiner Stelle meiner Rede geäußert, dass wir diesen Tunnel ablehnen.
Aber wenn ich mich in Deutschland umsehe – Stuttgart 21, BER oder auch der City-Tunnel in Leipzig –, stelle ich fest: Die Projekte sind teurer geworden, sie haben viel länger gedauert und sie sind am Ende komplizierter gewesen.
Deswegen haben wir diese Große Anfrage gestellt, um genau dem vorzugreifen. Deswegen jetzt auch unser Entschließungsantrag, mit dem wir Prüfaufträge formuliert haben – einerseits, was die Steigung anbetrifft. Das ist die Fahrplanstudie, die von der DB vorgelegt wurde; ich kann Herrn Baum gerne noch zeigen, wo genau dort die 12,5 Promille verankert sind.
Es geht darum, einfach noch einmal zu prüfen: Inwiefern ist sichergestellt, dass bei einer solchen Steigung auch schwere Güterzüge fahren können?
Ein weiterer Aspekt: Die schienenergänzenden Maßnahmen zwischen Dresden-Hauptbahnhof und Heidenau, die ausgebaut werden müssen, sollten noch einmal dargestellt werden, was bisher nicht passiert ist.