Das war Frau Kollegin Kersten. Nun sind wir am Ende der Rednerreihe angekommen. Gibt es weiteren Redebedarf in dieser ersten Runde aus den Fraktionen? – Dies kann ich nicht erkennen. Somit kommt nun die Staatsregierung zu Wort. Es erhält Herr Staatsminister Prof. Wöller.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Migration ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit, deshalb müssen wir uns fragen: Welche Migration wollen wir und welche nicht? Was nützt sie uns und welche Risiken birgt sie? Über diese Fragen müssen wir in Deutschland offen diskutieren und einen Konsens erreichen.
Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass sich die Vereinten Nationen der Migrationsfrage angenommen haben. Eine gemeinsame internationale Anstrengung ist notwendig, um die globale Migration menschenwürdig und geordnet zu gestalten. Der Globale Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration soll dazu dienen. Die Nationalstaaten allein können die Herausforderungen der Migration nicht bestehen, aber ohne Nationalstaaten geht es ebenfalls nicht. Deshalb ist es notwendig, dass wir über diesen Vertrag öffentlich diskutieren. Gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes muss sich die Bundesregierung darauf verständigen, ob die Bundesrepublik Deutschland der UN-Vereinbarung zustimmen möchte oder nicht.
Dass wir heute über einen Antrag mit derartigem Inhalt debattieren, zeigt doch, wie verzerrt die Informationen sind und wie notwendig die öffentliche Debatte ist. Nur so wird es uns auch gelingen, den Populisten den Nährboden für bewusste oder unbewusste Falschinformationen zu entziehen.
Meine Damen und Herren! Ich weiß, eine förmliche Befassung des Deutschen Bundestages und damit auch des Bundesrates ist nicht erforderlich, weil der Migrationspakt rechtlich nicht bindend ist; das wurde bereits in der Debatte herausgearbeitet. Aber es ist ein Akt der politischen Vernunft, wenn wir diese Debatte öffentlich, aber auch parlamentarisch führen. Daher finde ich es absolut richtig, dass der Bundestag morgen und auch im Dezember eine parlamentarische Debatte über den Pakt führt, um Gerüchte, Fehlinformationen und Missverständnisse auszuräumen, die jetzt überall – und leider auch in diesem Hohen Hause – grassieren.
Um die Migrationsströme zu steuern und zu ordnen, haben die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen im September 2016 in der New York Declaration beschlossen, den Globalen Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration auszuhandeln. Die Beratungen haben im April 2017 begonnen. Den Entwurf, der unter Federführung von Mexiko und der Schweiz entstanden ist, haben die Staaten von Februar bis Juli 2018 verhandelt. Der Wortlaut des Ergebnisdokuments soll nun bei der Regierungskonferenz am 10. und 11. Dezember in Marokko formell angenommen werden. Der Migrationspakt hat völkerrechtlich im Sinne von Artikel 59 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes keine Relevanz. Nationale Hoheitsrechte werden weder eingeschränkt noch übertragen. Die USA, Australien, Ungarn und Österreich haben sich aus den Verhandlungen zurückgezogen. Polen und Tschechien haben angekündigt, dem Pakt voraussichtlich nicht beizutreten.
Ziel des Migrationspaktes ist es, legale Migration zu steuern und illegale Migration zu bekämpfen, die Zusammenarbeit zwischen Herkunfts-, Transit- und Zielländern zu stärken, die Menschenrechte aller Migranten zu schützen, gegen Diskriminierung und Fremdenhass zu kämpfen und humanitäre, entwicklungspolitische und menschenrechtliche Aspekte in die Migrationsarbeit zu integrieren. Es ist gut, dass sich die Staaten der Weltgemeinschaft im Migrationspakt zu diesen Zielen verpflichten, obwohl viele dieser Ziele bereits im europäischen Migrationsrecht sowie im deutschen Ausländerrecht verankert sind.
Aber dieses Dokument begründet nur unzureichend die Verpflichtungen der Migranten gegenüber den Zielländern. Von den Migranten werden keine hinreichenden Verpflichtungen zur Integration und zum Bekenntnis zur Rechts- und zur Gesellschaftsordnung der Mehrheitsgesellschaft eingefordert. Menschen haben nicht nur Rechte, sondern sie haben auch Pflichten.
Meine Damen und Herren, eine öffentliche Debatte über diese Frage ist notwendig. Wir müssen uns darüber verständigen, was wir wollen und was nicht. Wir wollen eine klare Unterscheidung zwischen illegaler und legaler Migration, und wir wollen – das hat Kollege Anton bereits herausgearbeitet – eine Steuerung, eine Ordnung und eine
Begrenzung der Migration. Wir können nur dann offen sein, wenn wir unsere Grenzen kennen und sie nach außen deutlich machen. Eine Debatte über die Migration braucht Offenheit, Ehrlichkeit und Sachkunde. Da der vorliegende Antrag diese Voraussetzungen entbehrt, empfiehlt die Staatsregierung, ihn abzulehnen.
Das war die Staatsregierung. Es sprach Herr Staatsminister Prof. Wöller. Nun kommen wir zum Schlusswort. Dieses hat die einreichende Fraktion AfD, und es hält Herr Kollege Urban.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die CDU wollte eine Diskussion um den Globalen Migrationspakt bis zum Schluss vermeiden, obwohl sie natürlich an dessen Vorbereitung beteiligt ist. Wie sagte der EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker: „Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“
Die CDU ist dieses Mal mit ihrer Hinterzimmerpolitik nicht durchgekommen. Unsere Nachbarländer, alternative Medien und die AfD haben auch in Deutschland eine öffentliche Debatte erzwungen, und jetzt, da diese Debatte endlich beginnt, warnt unser Ministerpräsidentin Herr Kretschmer vor Falschinformationen. Wir brauchen keine Falschinformationen. Es gibt umfangreiche reale und detailliert untersetzte Kritik vieler europäischer Regierungen an diesem Pakt, und es gibt die Verpflichtung zu Resettlement und Relocation im Wahlprogramm der CDU. Deshalb beantragen wir heute eine namentliche Abstimmung. Die Menschen in Sachsen haben vor der Landtagswahl im nächsten Jahr ein Recht darauf, zu erfahren, wie sich der jeweilige Abgeordnete in ihrem Wahlkreis zum Globalen Migrationspakt positioniert.
Viele unserer europäischen Nachbarn und auch die USA oder Australien machen uns vor, wie eine Politik für das eigene Land aussieht. Ungarn, Österreich, wahrscheinlich auch Tschechien, Kroatien, Polen, Dänemark, Italien und viele weitere Länder werden diesen Pakt nicht unterzeichnen.
Was ich in der Einbringung des Antrags vorgetragen habe, waren zum großen Teil Zitate von Regierungschefs aus diesen Ländern.
Das wussten Sie natürlich nicht. Ihre Reaktionen darauf verdeutlichen aber umso mehr, wo Sie politisch stehen.
(Zuruf der Abg. Susanne Schaper, DIE LINKE – André Barth, AfD: Um euch geht es gerade mal nicht! Ihr müsst mal zuhören!)
„Wir können die Welt nicht retten, wenn wir Probleme kontinental verlagern. Wir haben vor Ort Hilfestellungen zu leisten. Es ist unsere Verantwortung, die Bevölkerung zu schützen und unsere Souveränität, Verfassung und Entscheidungshoheit in Fragen der Migration zu wahren und sicherzustellen.“
Ich fordere Sie auf: Schließen Sie sich den konservativen Regierungen in vielen unserer Nachbarländer an und fordern Sie Ihre Parteifreunde in Berlin auf, diesen Pakt nicht zu unterzeichnen!
Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 6/15210 zur Abstimmung. Es ist namentliche Abstimmung beantragt worden. Frau Kollegin, wir beginnen mit dem Namensaufruf.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Dank der fast ans Geniale grenzenden Rechenkunst zu meiner Rechten und Linken darf ich Ihnen das Ergebnis verkünden: Mit Ja haben 12 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 97, es gab keine Stimmenthaltungen, und 17 Abgeordnete haben sich nicht an der Abstimmung beteiligt. – Die Summe stimmt. Damit ist die Drucksache 6/15210 nicht beschlossen. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.
Vielen Dank, Herr Präsident. Ja, ich möchte mein Abstimmungsverhalten erklären und denke, dass ich auch für den überwiegenden Teil meiner Fraktion sprechen kann.
Ich habe diesen Antrag abgelehnt, weil ich mich den Ausführungen unseres Redners Rico Anton und des Staatsministers des Innern anschließen kann, die sehr differenziert eine Betrachtung dieses Global Compact for Migration vorgenommen und deutlich gemacht haben, dass es sich um einen Rahmen, um eine Grundlage handelt; dass es wichtig ist für uns, die Souveränität Deutschlands beizubehalten.
Es ist in dieser Debatte auch deutlich geworden, dass das Angebot, dieses Thema fachlich im Innenausschuss zu thematisieren, bzw. auch der Hinweis, dass es ein bundespolitisches Thema ist, das vor allem im Bundestag zu diskutieren ist, von der AfD abgelehnt worden ist – was deutlich macht, dass es hier nur darum geht, auf eine populistische Art und Weise Abgeordnete vorzuführen. Wir sind der Auffassung, ich bin der Auffassung, dass es auch wichtig ist, Haltung zu beziehen, und das ist der Grund, warum wir diesen Antrag abgelehnt haben.
Vielen Dank. Das war eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten. Der Tagesordnungspunkt 10 ist damit beendet.