Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, DIE LINKE, SPD, AfD, Staatsregierung. Das Wort hat für die einbringende Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Dr. Lippold.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es geht in unserem Antrag um Akzeptanz für den Ausbau erneuerbarer Energien, es geht um Beteiligungsmöglichkeiten, um Transparenz bei der Planung, und es geht auch um Beteiligung beim wirtschaftlichen Erfolg.
Meine Fraktion will in Sachsen eine Servicestelle Windenergie nach Thüringer Vorbild etablieren. Wir sehen dies zusammen mit dem ebenfalls dort in der Praxis bewährten Siegel „Faire Windenergie“ als Möglichkeit, ganz praktisch in der täglichen Realität von Planungs- und Umsetzungsprozessen kleine, aber wichtige Verbesserungen zu erreichen und schrittweise in der Praxis voranzukommen, statt sich weiter in Warteschleifen zu drehen und vor allem Papier zu beschreiben. Am langfristig anzugehenden, aber sehr wichtigen Thema der gesellschaftlichen Akzeptanz bei der Energiewende muss gearbeitet werden, denn in der Demokratie gibt es für den Erfolg eines Generationenprojektes wie der Energiewende keine wichtigere Ressource als die gesellschaftliche Akzeptanz.
Das Siegel „Faire Windenergie“ soll die kommunalen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern
sowie den Bürgerinnen und Bürgern die Orientierung im durchaus unübersichtlichen Feld von Projektentwicklern, Planern und Investoren erleichtern und einen Mindeststandard bei der Einhaltung definierter Kriterien sichern.
Solche Kriterien sind beispielsweise hohe Standards bei den Beteiligungsmöglichkeiten und bei der Bürgerinformation während der gesamten Planungsphase, faire Teilhabemöglichkeiten nicht nur für Flächeneigentümer, die Einbeziehung regionaler Versorger, Unternehmen und Kreditinstitute. Das gilt für jeweils ein Jahr, wodurch sich die Unternehmen dauerhaft an diese Standards binden müssen. Projektentwickler berichten, dass es mittlerweile kaum noch möglich ist, in Thüringen Projekte ohne dieses Label durchzuführen. Das zeigt, dass solche einfachen Maßnahmen zügig erhebliche Verbesserungen bei den Beteiligungsmöglichkeiten und bei der Teilhabe an der Wertschöpfung erreichen können.
Die Servicestelle informiert und berät Bürgerinnen und Bürger, Genossenschaften, Kommunen, Eigentümerinnen und Eigentümer unabhängig und kostenfrei. Das geschieht bei Vor-Ort-Terminen, in Sprechstunden, in Workshops und bei Informationsveranstaltungen. Sie vermittelt beispielsweise in Konflikten und bei unterschiedlichen Auffassungen zu Gutachten, sie hilft Kommunen und Anwohnern, geeignete Kompensationsmaßnahmen zu erarbeiten und vorzuschlagen.
Warum ist es notwendig, heute mögliche Schritte zur Verbesserung von Akzeptanz und Projektfortschritten rasch anzugehen? Die Staatsregierung bekennt sich im Koalitionsvertrag zum Ausbau erneuerbarer Energien, explizit auch der Windenergie. Tatsächlich tritt sie aber seit vier Jahren bei der Umsetzung auf der Stelle. Eine frühzeitige landesplanerische Zielfortschreibung in dieser Wahlperiode, verbunden mit zügiger Zielverankerung in
den Regionalplänen, hätte auch große Schritte ermöglicht. Das war offensichtlich in dieser Koalition nicht gewollt.
Nun trifft ein Schleichtempo beim Ausbau auf eine Situation, in der bereits bis 2025 circa zwei Drittel der Altanlagen aus der vor vielen Jahren üblichen, damals noch relativ hohen gesetzlichen Vergütung herausfallen, für die sie damals wirtschaftlich kalkuliert waren. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sie abgebaut werden. So laufen wir in Sachsen sogar Gefahr, bei der Energiewende aus dem De-facto-Stillstand der letzten Jahre sogar in den Rückwärtsgang zu kommen, und das zu einem Zeitpunkt, wo der schrittweise Kohleausstieg rasch vor der Tür stehen wird, der übrigens bei der Erarbeitung strategischer Energieversorgungsszenarien für Sachsen in der laufenden Fortschreibung des Energie- und Klimaprogramms ganz bewusst ignoriert wurde.
Rund 75 % Kohlestrom im Erzeugungsmix haben wir derzeit noch in Sachsen. Die Staatsregierung geht in eine strategische Planung der künftigen Energieversorgung in Sachsen, als käme es darauf überhaupt nicht an. Das ist ein Unding, meine Damen und Herren. Sachsen läuft damit Gefahr, seine Rolle als Energiestandort im Zuge des Kohleausstiegs zu verlieren. Wir verlieren damit als Wirtschaftsstandort die eigene Gestaltungsfähigkeit für Struktur und Kosten unserer Energieversorgung. Das kann doch niemandes Interesse sein.
Aus diesem Grund enthält unser Antrag in Punkt 3 die Forderung, bei der laufenden Überarbeitung des EKP die Zielvorgabe für Windenergie auf 2 % der Landesfläche anzuheben. Dafür ist es trotz einer ganz anderen Systematik der SAENA-Studie noch nicht zu spät. In wirtschaftlich starken Ländern, wie etwa Hessen, die das auch bleiben wollen, ist dies das Maß der Dinge. Die Bundesländer werden sich künftig gliedern in jene, die ihre Energieversorgung im Zeitalter der Dekarbonisierung weiter in der eigenen Hand haben wollen – die kommen um den Ausweis von 1 bis 2 % der Landesfläche nicht herum – und in jene, die darauf vertrauen, dass die anderen ihre Energieversorgung mit absichern.
Bitte stimmen Sie unserem Antrag zu, denn es wird höchste Zeit, dass wir endlich aufhören, immer nur Ziele auf Wegweiser zu schreiben, wir müssen endlich anfangen, Schritte auf dem Weg dorthin zu gehen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorab: Zur heutigen Diskussion gab es in der gestrigen „DNN“ einen Artikel mit der Überschrift „Hunderte Windräder in Sachsen vor dem Aus“. Der Artikel stützt sich auf eine Kleine Anfrage von Ihnen, Herr Lippold, an das Sächsische Wirtschaftsministerium. Lieber Kollege Lippold, nur weil für die älteren Anlagen ab 2021 die EEG-Umlage wegfällt, heißt das
noch lange nicht, dass die Anlagen deswegen auch abgeschaltet werden müssen. Die alten Maschinen müssen sich dann auf dem freien Markt bewähren.
Das nenne ich Marktwirtschaft, Herr Kollege Dr. Lippold. Jeder Windanlagenbauer, der nicht ohne Förderung auskommt, macht etwas falsch. Nach 20 Jahren Anschubfinanzierung – wo bekommen Sie schon 20 Jahre Anschubfinanzierung in der heutigen Zeit – muss man so weit sein und am Markt bestehen können. Auch die Investition sollte sich so weit amortisiert haben.
Nach Schätzung des TÜV Rheinland können Windräder je nach windstarken oder windschwachen Standorten mit 24 bis 40 Jahren Gesamtnutzungsdauer betrieben werden. Ihre Berechnungen, dass 931 Anlagen vor dem Aus stehen, sind somit klar überspitzt.
Nun zur Aktuellen Debatte und Ihrem Vorschlag. Sie fordern, eine Servicestelle Windenergie bei der Sächsischen Energieagentur zu etablieren. Als ich diesen Antrag gelesen habe, fragte ich mich, ob Sie sich wirklich damit auseinandergesetzt haben und ob sie wissen, welche Aufgaben die SAENA heute hat und warum sie gegründet wurde. Gerne will ich Ihnen das erklären: Die Sächsische Energieagentur ist eine unabhängige Kompetenz- und Informationsstelle zum Thema Energie. Diese Agentur gilt als eine Anlaufstelle für Bürger, Kommunen und Unternehmen. Sie berät auf den Feldern energieeffizient bauen und sanieren, Energieeffizienz in den Kommunen, Energie in den Unternehmen, erneuerbare Energien, effiziente Mobilität und die gesetzlichen Rahmenbedingungen dazu. Die SAENA ist folglich eine Energieagentur, die breit aufgestellt ist und nicht auf einzelne Energiefelder fokussiert ist. Keinesfalls ist sie eine Beratungsgesellschaft für Windkraft, schon gar nicht eine Unternehmensberatung.
Wenn wir Ihre Vorstellung verwirklichen wollen, müssten wir die SAENA komplett neu aufstellen. Aber nur weil Windenergie Ihr Lieblingsthema ist, werden wir solche Lobbystrukturen nicht schaffen. Der Ansatz der CDUFraktion ist ein anderer. Wir bevorteilen mehrere Energieträger. Uns ist die Vielfalt der Energieerzeugung im Freistaat Sachsen wichtig. Eine einseitige Betonung, beispielsweise der Windkraft, verstößt gegen unsere Sicht der elementaren Grundsätze des Nachhaltigkeitsprinzips und führt zur Entwicklung von Ungleichgewichten, zur Fehlsteuerung von Ressourcen und zum Verlust von Akzeptanz in der Energiewende.
Nun zu Ihrer zweiten Forderung. Sie wollen ein neues Siegel im Freistaat ins Leben rufen, welches sich „Faire Windenergie Sachsen“ nennt. Darüber habe ich etwas länger nachdenken müssen. Aber mir ist auch hierzu etwas eingefallen, warum ich das nicht richtig finde. Ich erzähle Ihnen auch gern die Geschichte dazu.
Stellen Sie sich vor, es gäbe eine Partei – nennen wir Sie die „Alternative Kraft zur Energiewende“. Diese AKE würde ein Siegel für faire Braunkohlenutzung einführen wollen. Richtig, Sie würden sagen: Das ist aber eine Lobby-Partei. Was ich damit sagen will: Ihre Forderung für eine Siegel „Faire Windenergie“ halte ich für reine Lobbypolitik. Und auch deshalb lehnen wir dies ab.
Es ist ein Siegel, welches den Umweltschutz, den Landschaftsschutz und die Landesplanung einbezieht. Folglich ist Ihr Antrag aus unserer Sicht nicht mehr als ein Placebo. Das rechtsstaatliche Verfahren dauert nur länger und erzeugt mit der Absicherung der Gerichte die notwendige Sicherheit.
Ist Ihnen eigentlich bekannt – um zu einem dritten Punkt beim Thema Windräder zu kommen, die für Sie ein Hauptthema sind –, wie hoch die Lautstärke bei den Windrädern liegt? Ich habe keinen Anbieter gefunden, der unter 105 Dezibel mit seinen Windrädern liegt. Keiner der führenden Windkraftanlagenhersteller hier in Deutschland ist heute in der Lage, die Emission so zu minimieren. Die WHO empfiehlt in einer neuen Studie tagsüber einen Grenzwert von 45 Dezibel, was ungefähr so laut ist wie ein Radio.
Der gesetzliche Grenzwert gemäß Bundesemissionsschutzgesetz liegt in Gewerbegebieten nachts bei 50 Dezibel. Die Windräder überschreiten also die gesetzlichen Bestimmungen um das Doppelte, von Wohngebieten spreche ich hier schon gar nicht.
Auch wenn mein Gesagtes gerade wie ein Frontalangriff gegen die Windkraft wirkt, so bin ich doch kein Windkraftgegner.
Ich stelle mir beispielsweise Windkraftanlagen vor, die keine Einbindung an das Stromnetz mehr haben und grünen Wasserstoff produzieren.
Danke, Herr Kollege Rohwer. Zunächst, bevor ich meine Frage stelle: Diese Dezibel, also 115 ist das Doppelte von 45, das ist loga
Diese Emission, die Sie genannt hatten, die ist oben an der Gondel, am Generator. Diese 45 oder 40 Dezibel, von denen Sie sprachen, dass ist einen Kilometer entfernt, einen Meter vor dem Fenster von dem Gebäude. Ist Ihnen klar, dass Sie hier Dinge miteinander verglichen haben, die in diesem Vergleich einfach nur Fake News sind?