Allgemeinmedizin sowie die ärztliche Versorgung auch im ländlichen Raum zu stärken. Hier muss es auch weiterhin möglich sein, gesonderte Zuschläge oder erhöhte Geldleistungen zu geben; das darf kein Tabu sein.
Aber zurück zu Ihrem Antrag zum Praktischen Jahr. Eigentlich ist es Pflichtbestandteil des Studiums. Somit ist es nach BAföG förderfähig. Das heißt, man bekommt BAföG, oder es gibt Personen, die unterhaltspflichtig sind. Damit wären wir dann bei der Debatte von morgen früh; diese können wir jetzt hier nicht führen, schon allein aus Gründen der Redezeit. Aber das BAföG muss eben auch den Studienrealitäten folgen. Reichere Eltern für alle können wir fordern, könnten wir sogar beschließen, aber eben doch nicht erwirken. Generell muss ein Umlenken zu fairer Entlohnung von Arbeit, die im Zuge von Pflichtpraktika geleistet wird, gefunden werden. Das sind demnach auch ganz konkrete Ansätze.
Es genügt nicht, nur Zahlungen an die Unikliniken anzuweisen. Vielmehr wollen wir den Blick auf eine auskömmliche, lebenswirkliche Studienfinanzierung und eine Reform des Medizinstudiums, faire Arbeits- und Studienbedingungen sowie Qualitätssicherung lenken und dies im Dialog mit allen Partnern machen. Die SPD-Fraktion wird dies gern tatkräftig unterstützen.
Als Fraktion können wir Ihrem Antrag heute leider nicht zustimmen. Gleichwohl werden wir sicherlich gemeinsam mit Ihnen am Thema in verschiedenen Fachbereichen arbeiten.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie, werte GRÜNEN, möchten also das Medizinstudium attraktiver machen. Hierfür wollen Sie eine Mindestvergütung für das praktische Jahr einführen. Meinen Sie, dass durch mehr Geld für alle sächsischen Ärzte und Studenten im praktischen Jahr mehr Landärzte gewonnen werden können? Das denken wir nicht. Wir finden, wir müssen das Geld in den ländlichen Raum lenken, um den Landärztebedarf zu decken.
Nehmen wir an, Sie sind Medizinstudent und suchen ab Februar 2019 einen Platz für das praktische Jahr. 16 % der Lehrkrankenhäuser zahlen keine Vergütung, die Hälfte der Kliniken zumindest zwischen 200 und 400 Euro. Wenn Sie Anspruch haben, bekommen Sie BAföG, wenn nicht, dann müssen Sie sich Geld dazuverdienen. Dann wundert man sich natürlich nicht, dass 83 % der Studenten im praktischen Jahr mit den Rahmenbedingungen unzufrieden sind.
Es bedarf also einer Verbesserung des praktischen Jahres, die man unserer Meinung nach intelligenter angehen
sollte. Sie wollen über 650 Euro im Monat für jeden sächsischen Studenten im praktischen Jahr ausgeben, egal wo er in Sachsen sein Praktikum durchführt. Intelligent wäre es aber, diese Vergütung als Lenkungsmittel im Wettbewerb um Ärzte für die ländlichen Regionen zu nutzen.
Derzeit zahlen ländliche Krankenhäuser schon mehr Geld als städtische. Das Klinikum Oberlausitzer Bergland zahlt monatlich 400 Euro und stellt den Studenten eine kostenlose Unterkunft zur Verfügung. Das Dresdner Uniklinikum zahlt null Euro und stellt keine Unterkunft zur Verfügung. Regeln wir eine sachsenweite Mindestvergütung, fällt der Wettbewerbsvorteil für das Land weg. Wir würden als AfD mitgehen, wenn Sie die 650 Euro nur für Krankenhäuser in den ländlichen Raum geben, um junge Ärzte im Land anzusiedeln. Die Arbeit in städtischen Regionen ist unserer Meinung nach attraktiv genug und bedarf aus unserer Sicht keiner so starken Förderung, zumal Studenten, die Anspruch haben, BAföG beziehen können.
Zum Schluss noch ein Wort zu den Fehltagen. Die Studenten im praktischen Jahr bekommen 30 Fehltage zugestanden. Sie wollen zusätzlich 24 Urlaubstage, dann könnten die Studenten ja fast drei Monate fehlen. Wie wollen Sie damit eigentlich die festgelegten Ausbildungsziele erreichen?
Außerdem blenden Sie aus, dass der Anspruch im Jahr 2012 schon damals von 20 auf 30 Tage, also um 50 %, erhöht wurde, um die Vereinbarkeit von Studium und Familie zu erhöhen. Wenn ich jetzt im Vergleich den Handwerksgesellen anschaue, dann ist das ungerecht. Wir lehnen Ihren Antrag ab, da wir andere Zielvorstellungen haben.
Ich muss mich korrigieren und rufe auch in dieser Rederunde noch Frau Kollegin Dr. Muster auf, die ebenfalls Redebedarf angemeldet hat.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! „Praktisches Jahr nicht zum Null-Tarif“ – so der Antrag der GRÜNEN. Dies ist eine vernünftige und längst überfällige Forderung. Die Abgeordneten der blauen Partei unterstützen diese Forderung voll und ganz. Am 16. Januar 2019 fand eine Demo der Dresdner Medizinstudenten vor dem Sächsischen Landtag statt. Wir hatten gerade Ausschusssitzung des Verfassungs- und Rechtsausschusses, als sich die Demo bemerkbar machte. Ich ging kurz hinunter, die Studenten konnten ihre Forderungen sehr gut begründen und hatten einen sehr guten Flyer dabei.
Zunächst wollte ich es nicht glauben, dass viele von ihnen überhaupt keine Entschädigung während des PJ bekamen, obwohl sie fast alle 40 Stunden pro Woche arbeiten mussten. Sie mussten auf ihr Erspartes zurückgreifen, die Eltern unterstützten sie oder sie gingen ganz einfach arbeiten. Insgesamt fand an diesem Tag an 36 Fakultäten
ein Aktionstag statt. Die begleitende Online-Petition für ein faires praktisches Jahr Medizinstudium läuft noch bis März. Sowohl die Online-Petition als auch dieser Aktionstag haben fünf Punkte, für die sie kämpfen.
Erstens. BAföG-Höchstsatz als Aufwandsentschädigung und bei über 25-jährigen Krankenversicherungen – diesen Punkt kann die blaue Partei gut unterstützen.
Zweitens. Die Gewährung von Krankheitstagen in gesplitteten Tertialen – auch das ist zustimmungsfähig.
Drittens. Mindestens vier Stunden Lehrveranstaltungen und mindestens acht Stunden Selbststudium pro Woche – hierbei habe ich persönlich Schwierigkeiten; ich halte vier Stunden Selbststudium pro Woche für völlig ausreichend und würde den Punkt ablehnen.
Viertens. Persönlicher Zugang zum Patientenverwaltungssystem. – Ich denke, dies sollte man erst einmal datenschutzrechtlich checken. Auch dem würde ich nicht zustimmen.
Fünftens. Eigene Arbeitskleidung und eigene Aufbewahrungsmöglichkeiten für diese Kleidung und persönliche Gegenstände. – Das ist eine Selbstverständlichkeit, der wir gern zustimmen.
Leider müssen wir feststellen, dass der Antrag der GRÜNEN diese fünf Punkte nicht aufgenommen hat, sondern sich lediglich mit der Vergütung oder Aufwandsentschädigung beschäftigt und viele zusätzliche Punkte dazu einbringt. Diese zusätzlichen Forderungen der GRÜNEN sind nach meiner Auffassung weitestgehend entbehrlich. Deshalb bitten wir um punktweise Abstimmung über diesen Antrag.
Der Berichtsteil über die Situation der PJler ist unproblematisch. Auch den Forderungen unter Nummer 2 und 3 können wir grundsätzlich zustimmen. Nicht nur die Studenten in den Universitätskliniken, sondern auch diejenigen an anderen Lehrkrankenhäusern und akademischen Lehrpraxen sollten zukünftig eine angemessene Aufwandsentschädigung erhalten. Es hat mich beruhigt, dass die Krankenhäuser des Landkreises Meißen, kurz Elblandkliniken genannt, hier Riesa und Radebeul, 400 Euro Aufwandsentschädigung bezahlen. Es sind Lehrkrankenhäuser der TU Dresden. Schade, dass die Unikliniken in Dresden und Leipzig nichts bezahlen!
Auch im Ländervergleich behandelt Sachsen seine Medizinstudenten schlecht. Der PJ-Aufwandsentschädigungsliste des Hartmannbundes können wir entnehmen, dass zum Beispiel Mainz 700 Euro an der Uniklinik bezahlt und die HELIOS Klinik Gotha auch 700 Euro. Es zeigt sich wieder, dass die sächsische Koalition ihre Großbaustellen nur halbherzig angeht. Selbstverständlich benötigen wir bei einem drohenden Ärztemangel auf dem Land auch attraktive PJ-Stellen.
Die Stellungnahme der Staatsregierung zum Antrag der GRÜNEN ist eine große Enttäuschung. Wenn man weiß, wie Frau Stange für die ordentliche Bezahlung von Theatern und Orchestern im ländlichen Raum kämpfen
konnte und mal eben 7 Millionen Euro extra lockermachte, obwohl Kreise und Gemeinden originär zuständig sind,
ist Ihre Abwehrhaltung bei der Entlohnung des PJ für mich unverständlich und sehr enttäuschend. Das ist meine Auffassung, Frau Dr. Stange, die ich auch laut und deutlich äußern werde.
Die Vorschläge der GRÜNEN wurden einfach abgetan. Die Antwort der Staatsregierung las ich so, als hätte die zuständige Wissenschaftsministerin kein Interesse an einer finanziellen Verbesserung der PJ-Bedingungen. Die Staatsregierung betont, dass sie keine Einflussmöglichkeiten habe und die Universitätsklinik nicht zur Zahlung einer Vergütung verpflichten kann. Nun, ob es während oder nach dem Studium ist, Rechtsreferendare und Lehramtsreferendare müssen nach ihrem Studium eine praktische Ausbildung absolvieren. Die Unterhaltsbeihilfe der Rechtsreferendare liegt in Sachsen seit Januar 2018 bei 1 368,22 Euro brutto, und die angehenden Lehrer werden ja sogar auf Widerruf verbeamtet und erhalten monatlich 1 500 Euro, und wenn sie in den ländlichen Raum gehen noch einmal 1 000 Euro dazu.
Der letzte Satz: Die Urlaubsforderung der GRÜNEN läuft dem Konzept des PJ zuwider. Den Punkt 5 lehnen wir ab.
Das war Frau Kollegin Dr. Muster. Allerdings muss ich Sie auf unseren § 102 der Geschäftsordnung hinweisen, und im Abs. 2 kann man lesen: „Über mehrere Teile eines Antrages kann getrennt abgestimmt werden. Auf Antrag des Einreichers, einer Fraktion oder von sieben Mitgliedern des Landtags ist getrennt abzustimmen.“
Ich sehe jetzt auch keine andere Fraktion. Es müssten sich sieben Abgeordnete zusammenfinden; ich sehe nur drei. – Tut mir leid. Ein
Wir kommen zur zweiten Runde, soweit Redebedarf aus den Fraktionen bestünde. Gibt es weiteren Redebedarf? – Ich sehe Frau Kollegin Lang, die sich erhebt. Gibt es aus der CDU-Fraktion weiteren Redebedarf? – Dann hat erst einmal Herr Kollege Patt das Wort, danach Frau Kollegin Lang. – Bitte, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Danke, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich mich an Herrn Jalaß wenden, der ein Problem darlegt, das wir wahrscheinlich alle haben. Immer dann, wenn wir in der Opposition sind, fordern wir etwas, weil wir ja nicht regieren. Aber da, wo wir regieren, halten wir nicht das, was wir woanders fordern. Schauen Sie doch bitte einmal nach Brandenburg und überlegen Sie, ob Sie dort auch solche Reden schwingen und Forderungen aufmachen wie hier.
Ich möchte zum Thema kommen. Die Attraktivität des Studiums ist unproblematisch. Dass man an den Bedingungen etwas ändern muss, darüber wurde gesprochen. Der Verbleib in Sachsen ist unser wichtiges Thema. Ob aber das BAföG-orientierte Einkommen für PJler der richtige Weg ist und ob die Niederlassung oder Anstellung eines Arztes in Sachsen unabhängig vom Studienort und nach ganz anderen Kriterien erfolgt, das sind die Fragen.
Die Aufgabe, der wir uns als CDU stellen, ist nicht allein, das Studium zu organisieren – die medizinische Versorgung insgesamt ist uns wichtig. Das ist unser Thema. Das geht weit über das hinaus, was die GRÜNEN hier beantragen.
Studium ist daher ganz bestimmt ein wichtiger Teil. Aber wir müssen uns überlegen, wie wir als Staat zwei Bereiche organisieren und steuern. Das eine ist das Fachgebiet, auf dem sich unsere Ärzte niederlassen. Wir haben einen erschreckenden Rückgang in der Bereitschaft, später als Allgemeinmediziner tätig zu sein und entsprechend auszubilden. Von 560 Studenten, die wir in jedem Jahr an den beiden Universitäten Dresden und Leipzig haben, entscheiden sich 30 für Allgemeinmedizin. Das sind etwas über 5 %. Der Bestand an Allgemeinmedizinern allerdings beträgt rund 14 %. Die Anzahl der Mediziner insgesamt ist auch gestiegen; die Attraktivität ist also da und vieles auf einen guten Weg gebracht – 6 % mehr Mediziner, niedergelassen oder angestellt, als noch vor drei Jahren. Aber es werden uns zukünftig immer mehr Allgemeinmediziner fehlen, und die fehlen uns – das ist die zweite Steuerungsgröße – im Raum.