Dann gab es ein weiteres Problem: Es ging um die Finanzierung. Das Verwaltungsgericht Dresden meinte, dass die NUS Anspruch auf Finanzhilfe habe. Das OVG hob das Urteil auf und sprach davon, dass die Schule erst genehmigt werden müsse. Daraufhin beauftragte das Oberverwaltungsgericht einen unabhängigen Gutachter, Herrn Prof. Joachim Kahlert. Die Schule führte den Betrieb weiter fort und finanzierte sich selbst.
Am 8. Mai – das sagten Sie bereits – entschied das OVG, dass der Schulträger keinen Anspruch auf den Betrieb als Grundschule hat. Zur Wahrheit gehört auch: Der Schulbetrieb wurde dann zum Ende des Schuljahres 2017/2018 eingestellt.
Ich möchte noch einmal betonen: Das LaSuB beriet Eltern und Schüler über eine mögliche Aufteilung der Schulen in freier und in öffentlicher Trägerschaft. Das ist dann im Nachhinein passiert. Im Landtag wurden von uns Politikern unzählige Fachgespräche geführt. Wir haben am Rande von Demonstrationen mit den Initiatoren Gespräche geführt, um den Leuten auch zu helfen. Auch vor Ort wurden politische Gespräche geführt. Die Verantwortlichen waren einfach nicht in der Lage, ein genehmigungsfähiges Konzept für diese Grundschule zu entwickeln, und wollten diese Hilfestellung nicht akzeptieren bzw. sie ignorierten diese Hilfestellung; trotz des Entgegenkommens des SMK und der politisch agierenden Kräfte.
Deshalb war dieses Ansinnen von Beginn an zum Scheitern verurteilt, weil kein Einsehen in bestimmte bildungspolitische Notwendigkeiten vorlag. Genau aus diesem Grund konnte dieser Petition nicht stattgegeben werden.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion DIE LINKE hat mit dem Verfahren und der Beschlussempfehlung, dass der Petition nicht abgeholfen werden kann, auch erhebliche Probleme. Unser abweichendes Abstimmungsverhalten möchte ich kurz erklären.
Die Petenten haben den Wunsch geäußert, den Weiterbetrieb der Natur- und Umweltschule in Dresden durch eine staatliche Förderung zu ermöglichen. Diese Petition ist eine Sammelpetition und wurde von 3 456 Unterstützerinnen und Unterstützern eingereicht. Die freie Grundschule erhielt die Betriebserlaubnis für das Schuljahr 2012/2013 mit der Auflage – das haben wir schon gehört –, das pädagogische Konzept bis Januar 2013 zu überarbeiten. Das pädagogische Konzept wurde eingereicht, musste jedoch immer wieder aus Sicht der Schulbehörde nachgebessert werden.
Die endgültige Genehmigung der reformpädagogischen Grundschule wurde durch das Kultusministerium nicht erteilt, unter anderem mit der Begründung – ich zitiere –: „Es ist nicht feststellbar, ob der Unterricht zu mehr als
50 % auf Natur und Umwelt ausgerichtet ist.“ So steht es im Änderungsbescheid der Sächsischen Bildungsagentur vom 22. August 2013.
Der Schulbetrieb wurde nach langen und zähen Verhandlungen zum Ende des Schuljahres 2017/2018 eingestellt.
Herr Minister, das Sächsische Oberverwaltungsgericht bestätigte im Mai 2018 die Rechtsauffassung der Schulaufsichtsbehörde, dass die Schule nicht genehmigungsfähig ist.
Ich möchte noch einmal daran erinnern: Im Sommer 2015 urteilte das Verwaltungsgericht Dresden, dass die zu erfüllenden Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen, die Genehmigungsfähigkeit der NUS gegeben und die Behörde unter der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtes Dresden die NUS neu zu bescheiden sei. Dagegen ging die Kultusbehörde vor. Sie ging in Berufung und hat jetzt das Ergebnis – ich sage es einmal aus meiner Perspektive, genauso wie Frau Zais –: keine Genehmigungsfähigkeit für die NUS.
Was ist das für ein Armutszeugnis für behördliches Handeln? Ich bin über diese engstirnige Haltung und Auffassung der Sächsischen Bildungsagentur, des Landesamtes für Schule und Bildung und des Kultusministeriums mit Herrn Piwarz an der Spitze wirklich entsetzt.
In Zeiten von Lehrermangel und fehlenden Schulen – besonders in Dresden – habe ich es nicht für möglich gehalten, dass diese gut funktionierende, voll ausgelastete und anerkannte Schule geschlossen wird.
Im April 2018, Herr Schreiber, erhielt die NUS unter anderem einen Bundespreis, und zwar eine Auszeichnung als Ressourcenschule mit der höchsten Stufe: „Wir sind Vorbild!“
Dennoch teilte das Kultusministerium im Juni 2018 öffentlich mit: Die Natur- und Umweltschule in Dresden muss schließen. Es gibt keine Möglichkeit für den Erhalt der freien Grundschule.
Ich sage es noch einmal: Die Schließung einer sehr beliebten und anerkannten freien Grundschule in Zeiten von Lehrer- und Schulmangel ist Staatsversagen auf ganzer Linie.
(Lachen des Abg. Martin Modschiedler, CDU – Staatsminister Christian Piwarz: Wir setzen ein Gerichtsurteil um! Was Sie erzählen, ist grober Unsinn!)
Das Kultusministerium mit seinen Behörden hatte die Möglichkeit, in den vergangenen sieben Jahren mit dem Schulträger eine Lösung im Sinne der Kinder, der Eltern und der Lehrer zu finden, und das hat es nicht getan.
Die Aufgabe der Bildungsagentur ist es nicht, gegen die Schule zu arbeiten, sondern ihre Aufgabe ist es, deren pädagogische Tätigkeit zu unterstützen und ihnen entsprechende Entwicklungsmöglichkeiten zu geben.
Diese Schule ist – jetzt muss ich leider sagen: war – ein Vorreiter für alternative Schulkonzepte und auch Vorbild für staatliche und freie Schulen mit ökologischen Entwicklungs- und Bildungszielen.
Aus heutiger Sicht und trotz des Urteils besteht immer noch die Möglichkeit einer konstruktiven Lösung für die Natur- und Umweltschule Dresden, wenn dies wirklich gewollt ist.
(Beifall der Abg. Petra Zais, GRÜNE – Patrick Schreiber, CDU: Frau Junge, die Schule ist zu! – Weitere Zurufe von der CDU)
Ich möchte zum Abschluss – für Sie, Herr Schreiber, und andere Mitglieder der CDU-Fraktion zum Nachdenken – noch einmal aus dem Sachverständigengutachten von Dr. Reiner Brinkel aus dem Jahr 2018 zitieren – das war das andere Gutachten –: „Insgesamt ist die Dresdner Natur- und Umweltschule viel zu bedeutsam und für die in ihr lernenden Kinder dermaßen nützlich, als dass ihr die Legitimation ihrer Praxis entzogen werden dürfte.“ – Genau das haben Sie getan.
(Beifall bei den LINKEN – Zuruf des Staatsministers Christian Piwarz – Zurufe der Abg. Patrick Schreiber und Lothar Bienst, CDU)
Amt. Präsident Thomas Colditz: Ich bitte nun Frau Kollegin Friedel um die Stellungnahme der SPDFraktion. Bitte schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will mich zu diesem Thema als ehemaliges Mitglied des Petitionsausschusses äußern. Kollege Bienst hat völlig recht mit seiner Aussage. Es steht weder dem Petitionsausschuss noch irgendjemandem sonst zu, die Güte von Gerichtsurteilen zu beurteilen und hier zum Gegenstand einer Debatte zu machen. Das verbietet uns schon der Respekt vor der richterlichen Unabhängigkeit.
Aber darum geht es in dieser Frage überhaupt nicht; denn der Petitionsausschuss hat nicht die Aufgabe, Gerichte zu beurteilen oder Gerichtsurteile hinzunehmen, sondern er hat originär die Aufgabe, sich das Handeln der Verwal
tung anzuschauen und zu schauen, ob dieses dem Geist, den unsere Gesetze aussenden, entspricht. Hat die Verwaltung in jedem Einzelfall das Ermessen, das ihr zusteht, so ausgeübt, dass der Sinn des Gesetzes erfüllt wird und der Betroffene eines Verwaltungsaktes davon ausgehen kann, dass der Staat ihm ein Helfer und keine Hürde ist?
Die Petition zur Natur- und Umweltschule zeigt sehr schön, dass wir dabei mit all unseren Regularien und unserem Selbstverständnis als Petitionsausschuss an unsere Grenzen gekommen sind. Der Petitionsausschuss hat sich in diesem Bereich – das sieht man auch an der Petition – leider vornehm zurückgehalten, vornehm zurückhalten müssen, weil das sein gepflegter Umgang und sein Selbstverständnis in den letzten Jahren und Jahrzehnten ist. Das ist so, weil wir es gerade hierbei mit einem Fall zu tun haben, bei dem das Selbstverständnis nicht zugunsten der Petenten wirkt.
Der Petitionsausschuss befasst sich in aller Regel nicht mit der Sache, sondern er befasst sich mit der Auffassung der Staatsregierung auf der einen Seite und der Auffassung der Petenten auf der anderen Seite.
Wenn es gut läuft, dann schafft es der Ausschuss, beides in Einklang zu bringen – dadurch, dass man versucht, die Positionen einander anzugleichen. Sobald Gerichte im Spiel sind, funktioniert es leider nicht gut, weil dann der Ausschuss sagt: Ich habe hier zwar eine Auffassung der Staatsregierung und da eine Auffassung der Petenten, aber inzwischen ist ein Gericht unterwegs. Gerichte darf ich nicht beurteilen, also warte ich mal und mache gar nichts.
Das ist ein Schwachpunkt in unserem Petitionswesen, den wir anfassen müssen mit Blick auf die Weiterentwicklung; denn es ist zwar nicht legitim, in Gerichtsarbeit hineinzufunken, aber es ist natürlich legitim, dass der Petitionsausschuss fragt: Liebe Verwaltung, tust du deine Aufgabe, für die du da bist, oder tust du sie nicht? Das ist etwas, was der Petitionsausschuss beurteilen muss. Wenn man sich vor Gericht trifft, dazu gehören ja immer zwei Seiten. Der Bestand des Urteils von 2015 ist deswegen nicht eingetreten, weil die Verwaltung gegen das Urteil vorgegangen ist. Diese Entscheidung der Verwaltung kann der Petitionsausschuss natürlich schon hinterfragen.
Ich glaube, es gibt auch gute Gründe, sie zu hinterfragen. Wir haben ein Schulgesetz, und in diesem Schulgesetz haben wir nicht ohne Grund neu geregelt und formuliert, dass die staatliche Schulaufsicht – Herr Kollege Schreiber, du erinnerst dich bestimmt auch noch daran –
ich weiß, deswegen spreche ich ihn an; aber es ist nicht so schlimm, er kann es ja dann im Protokoll nachlesen –, dass den Schwerpunkt der Schulaufsicht die Beratung und Unterstützung der Schulen bei der eigenverantwortlichen Wahrnehmung ihrer Aufgaben bildet. Natürlich sollte sich ein Petitionsausschuss fragen: Hat die Verwaltung in diesem Fall alles getan, um die betreffende Schule in der eigenverantwortlichen Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu beraten und zu unterstützen?
Man kann unterschiedlicher Meinung sein, ob sie das hat oder nicht. Das Problem ist: Der Petitionsausschuss befasst sich mit dieser Frage nicht, weil das Gerichtsverfahren anhängig ist.
Wenn man sich mit dieser Frage befasst, dann kann man sich natürlich fragen: Was sagt eigentlich unser Schulgesetz über die Aufgaben einer Schule, die sie eigenverantwortlich und selbstständig ausführen soll? Da haben wir einen neuen Erziehungs- und Bildungsauftrag, der auch nicht ohne Grund geschrieben worden ist und bei dem von vielen Dingen die Rede ist, die in der Beurteilung der Schulaufsicht überhaupt keine Rolle gespielt haben. Wir definieren im Schulgesetz: Schulen haben die Aufgabe, Kinder und Jugendliche zum selbstständigen Handeln zu befähigen; Schulen haben die Aufgabe, Freude an der Bewegung zu vermitteln; Schulen haben die Aufgabe, Ehrfurcht vor allem Lebendigen und zur Erhaltung der Umwelt anzuregen. Sie haben die Aufgabe, soziales Handeln und freiheitlich-demokratische Haltung zu vermitteln.
Das alles sind Punkte, bei denen die Schulaufsicht schauen, beraten, unterstützen und beurteilen muss und bei denen der Petitionsausschuss durchaus in der Sache hätte prüfen können, ob die Schulaufsicht hier ihrer gesetzlichen Aufforderung nachgekommen ist. Das ist nicht der Fall, das kann der Petitionsausschuss aufgrund der jetzigen Regelungen nicht. Das ist auch der Grund, warum wir sagen, der Bericht, so wie er hier vorliegt, ist unter den gegebenen Umständen das Einzige, was der Petitionsausschuss abgeben kann. Aber das ist auch der Grund dafür, dass wir weiter darüber reden, darauf drängen und Schritt für Schritt vorankommen wollen, das Petitionswesen in diesem Landtag so auszubauen, dass es mehr Wirkung für die Petenten entfaltet und mehr Animierung der Verwaltung zu einem bürgerfreundlichen Handeln Ausdruck geben kann.