Liebe Kollegen! Der Beschlussempfehlung des Europaausschusses können Sie entnehmen, dass dieser dem Gesetzentwurf einstimmig zugestimmt hat. Die AfDFraktion trägt den Entwurf also mit und wird auch hier im Plenum zustimmen.
Zu dem Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen werden wir uns aber enthalten. Natürlich unterstützen wir als AfD-Fraktion das grundsätzliche Anliegen des Antrags, nämlich die Konsequenzen des Brexit für alle Beteiligten und speziell für Sachsen so gering wie möglich zu halten. Ich gehe sogar so weit, dass dieser Antrag zu einem großen Teil auch ein AfD-Antrag hätte sein können. Das ist doch einmal ein Lob für Sie.
Wir können aber die Vorgehensweise der Koalitionsfraktionen, so einen grundlegenden Antrag kurzfristig in Form eines Entschließungsantrags – und damit gewissermaßen als Annex zu einem Gesetzentwurf – hinterherzuschieben, nicht mittragen. Der Antrag hätte aufgrund seines Inhalts einigen zeitlichen Vorlauf verdient. Dann hätten sich alle Fraktionen gründlich auf ihn vorbereiten und gegebenenfalls Änderungsanträge einbringen können. Als eigenständiger Antrag in einem späteren Plenum wäre er angemessen und sachgerecht gewesen. So aber bleibt uns als AfDFraktion nur die Enthaltung.
Als letzte Fraktion in dieser – zumindest – ersten Runde spricht jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Kollegin Dr. Maicher.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bereits im letzten Plenum haben wir über den Brexit und die Folgen
auch hier in Sachsen – diskutiert. Ich hatte damals auch nach einem sächsischen Brexit-Übergangsgesetz gefragt. Das lag bis dahin noch nicht vor. Heute stimmen wir darüber ab, auch wenn nach der gestrigen Entscheidung im britischen Parlament ein Abkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU immer unwahrscheinlicher wird.
Gleich zu Beginn möchte ich sagen, dass meine Fraktion zustimmen wird. Wir haben das im Ausschuss auch getan. Es ist ein rein technischer Akt. Sachsen sollte ihn vollzogen haben, denn wir wissen heute nicht, was in den nächsten Wochen und Monaten geschieht. Wenn es Bewegung, wenn es neue Lösungsvorschläge gibt oder auch Pläne für ein neues Referendum, dann sollte die EU eine Verlängerung zumindest sorgfältig prüfen und nicht automatisch ausschließen. Viele andere Fragen haben wir im Januar in der Debatte auch angesprochen. Die sind weniger technisch. Leider hat uns bisher Herr Staatsminister Schenk diese nicht beantwortet. Deswegen möchte ich heute die Debatte nutzen, sie nochmals zu stellen, weil sie nämlich uns hier in Sachsen betreffen:
Was tun Sie für die Britinnen und Briten, die hier bei uns in Sachsen leben und arbeiten? Was haben Sie in den letzten beiden Jahren ganz konkret unternommen, um kommunale Partnerschaften mit Großbritannien zu befördern und um Partnerschaften vorzubereiten, die tragfähig sind, wenn es zum Brexit kommt? Welche Schulen haben Sie beispielsweise wie unterstützt, damit Schüleraustausche mit Großbritannien neu entstehen können? Wie stärken Sie die Zusammenarbeit der kulturellen Einrichtungen des Freistaates mit Häusern in Großbritannien auch nach dem Austritt aus der EU? Und: Was bedeutet denn nun der unmittelbar bevorstehende Brexit für unsere Hochschulen und Forschungseinrichtungen? Wie haben Sie den Aufbau neuer Forschungskooperationen und Austausche von Studierenden sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern vorangebracht?
Ich glaube, es reicht nicht, ein sehr technisches BrexitÜbergangsgesetz kurz vor knapp durch den Landtag zu bringen, sondern wir sollten viel stärker vor Ort prüfen, wie wir bestmögliche Partnerschaften mit Großbritannien auch weiter voranbringen können. Grundsätzlich möchte ich für meine Fraktion hier auch noch einmal deutlich sagen: Großbritannien ist ein Teil Europas. Wir bedauern die Entscheidung, die EU zu verlassen, genauso wie viele Britinnen und Briten hier in Sachsen und in Großbritannien.
Wir stehen für ein starkes Europa und treten allen nationalistischen Bestrebungen innerhalb der Europäischen Union entschieden entgegen, weil eine Gemeinschaft Kooperation und Solidarität braucht. Das alles sollten wir aus dieser politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Loose-Loose-Situation des Nationalismus lernen.
Mir ist aber noch ein zweiter Punkt wichtig. Mit dem Brexit-Übergangsgesetz oder auch einem ungeordneten Austritt verlieren die rund 1 400 Britinnen und Briten, die
in Sachsen leben, mit einem Schlag das kommunale Wahlrecht in Sachsen. Das ist formal richtig; denn sie haben dann den Status von Drittstaatenangehörigen. Dies halten wir GRÜNE aber politisch für falsch. Alle Menschen, nicht nur die EU-Bürgerinnen und EU-Bürger, sollten in ihrem Wohnort das Wahlrecht haben. Meine Fraktion hat einen Gesetzentwurf zur Einführung des Kommunalwahlrechts für Ausländer und Ausländerinnen in den Landtag eingebracht. Wir meinen, wer seinen dauerhaften Wohnsitz in Sachsen hat, muss auch hier wählen können; denn er ist Teil unserer Gemeinschaft, und er ist Teil unseres Gemeinwesens.
Das hat mehr als die Hälfte der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bereits erkannt und ihren Bewohnerinnen und Bewohnern das Kommunalwahlrecht zugestanden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, wir können vieles tun, um die Beziehungen zu Großbritannien zu stärken, und wir können auch einen Teil dazu beitragen, dass Europa, dass die EU weiterhin zusammenhält.
Wir sind am Ende der Rederunde angekommen. Gibt es weiteren Aussprachebedarf aus den Fraktionen? – Das kann ich nicht feststellen. Damit hat jetzt die Staatsregierung das Wort. Ich sehe einen längeren Redetext. Herr Staatsminister Schenk, bitte.
Oliver Schenk, Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestern Abend wird es Ihnen nicht anders als mir gegangen sein, dass unsere Handys aufploppten und Pushnachrichten über die Ablehnung des Austrittsabkommens durch das Unterhaus in London sendeten. Für den heutigen Abend sind wieder Pushnachrichten zu erwarten; denn es steht eine erneute Abstimmung über den HardBrexit an. Die meisten Beobachter – das wurde schon geteilt – erwarten, dass das Unterhaus einen Hard-Brexit deutlich ablehnen wird.
Am 14. März wird das Unterhaus voraussichtlich über einen Antrag auf Verlängerung der Vertragsverhandlungen abstimmen. Die Verlängerung bedarf allerdings der Zustimmung aller verbleibenden Mitgliedsstaaten. Der Ausgang dieses Verfahrens ist völlig offen.
Für hier und heute bleibt allerdings festzuhalten, dass nur eine Verlängerung der Austrittsverhandlungen nach der gestrigen Entscheidung des Unterhauses noch den Weg zu einem geordneten Austritt eröffnet. Für diesen Fall haben wir das Ihnen vorliegende Sächsische Brexit-Übergangsgesetz auf den Weg gebracht, ein Gesetz für einen geregelten Austritt. Unser Anliegen war und bleibt es, mit dem Gesetzentwurf für Rechtsklarheit zu sorgen. Die Klarstel
lung bezieht sich auf all jene Bestimmungen im Landesrecht, die auf die Mitgliedschaft in der Europäischen Union Bezug nehmen. Das Gesetz basiert auf der Annahme, dass ein Austrittsabkommen mit anschließender Übergangsfrist abgeschlossen wird. Während dieser Frist soll das Vereinigte Königreich im Unionsrecht und im darauf beruhenden nationalen Recht im Wesentlichen weiter als Mitgliedsstaat der EU gelten.
Die wesentlichen Inhalte dieses Gesetzes wurden heute schon genannt. Ich will deshalb darauf verzichten. Das Gesetz, das wir im Verbund mit allen anderen Ländern auf den Weg gebracht haben, zeigt, dass wir all das auf den Weg gebracht haben, was notwendig und gesetzgeberisch möglich ist. Darüber hinaus haben wir in den letzten Wochen und Monaten, gar Jahren, viele Veranstaltungen durchgeführt, um unsere Unternehmen, Einrichtungen und Hochschulen mit den Fragen des Brexits, die auf sie zukommen, zu konfrontieren, ihnen zu zeigen, wie man damit umgehen kann, welche Lösungsmöglichkeiten bestehen.
Wir haben wegen der Volatilität des Verfahrens auch ein No-Deal-Szenario, den sogenannten Hard-Brexit, mitgedacht. Im Ergebnis zeichnet sich hier allerdings bislang kein Handlungsbedarf ab, weder gesetzlich noch organisatorisch oder personell. Im Ergebnis eines umfassenden Normenscreenings wurden in keinem deutschen Land gesetzliche Maßnahmen hinsichtlich dieses Szenarios vorbereitet. Sollte sich allerdings nach vollzogenem Austritt des Vereinigten Königreichs dennoch Handlungsbedarf zeigen, müssen wir jedenfalls rasch und energisch nachsteuern. Dies liegt insbesondere an der Tatsache, dass wir uns dann ganz überwiegend auf den Feldern vor allem der konkurrierenden Gesetzgebung bewegen. Der Bund hat, weil er zuständig ist, zahlreiche Gesetze vorbereitet, die die relevanten Punkte regeln.
Mit Blick auf den Antrag kann ich Ihnen versichern, dass wir an einer engen Partnerschaft mit unseren britischen Freunden selbstredend festhalten wollen, soweit dies in unserer Macht steht. Das wurde seitens der Staatsregierung immer wieder betont. Die geplante Eröffnung eines britischen Honorarkonsulats in Dresden zeigt, dass unsere konstruktive Haltung auf der anderen Seite des Ärmelkanals wahrgenommen wird. Wir sprechen uns als Staatsregierung gegenüber Bund und EU weiter für ein enges Miteinander aus.
Für eine international starke EU brauchen wir auch künftig eine engstmögliche Partnerschaft mit einer pragmatischen und engen Einbindung unserer britischen Freunde in die gemeinsame Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Das Vereinigte Königreich bleibt selbstverständlicher Teil unserer europäischen Wertegemeinschaft.
Die Staatsregierung, meine Damen und Herren, will mit diesem Gesetz Unsicherheit über die rechtlichen Folgen eines geordneten Brexits verhindern. Der Weg zu einem geordneten Austritt kann noch beschritten werden. Allerdings steht die Uhr heute schon eher auf fünf nach zwölf
als auf fünf vor zwölf. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die noch ausstehenden Abstimmungen im britischen Unterhaus.
Ich will deshalb an dieser Stelle nicht weiter spekulieren. Wir werden gemeinsam die weitere Entwicklung in Großbritannien beobachten müssen und dann rasch die richtigen Schlüsse ziehen. Das Ihnen vorliegende Gesetz ist im Rahmen unserer Möglichkeiten ein klares Bekenntnis zu einem geordneten Austritt. Auch deshalb werbe ich um Ihre Zustimmung.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir können jetzt zur Abstimmung schreiten. Aufgerufen ist Sächsisches Gesetz für den Übergangszeitraum nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union – Sächsisches BrexitÜbergangsgesetz, Drucksache 6/15508, Gesetzentwurf der Staatsregierung. Wir stimmen ab auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Europaausschusses in der Drucksache 6/16809. Es liegen keine Änderungsanträge vor. Wir können also im Block abstimmen.
Ich trage vor: Überschrift, § 1 Übergangsregelung, § 2 Ausnahmen, § 3 Inkrafttreten. Wer dem seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gibt es Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine, deshalb einstimmig.
Ich stelle den Entwurf „Sächsisches Gesetz für den Übergangszeitraum nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union – Sächsisches Brexit-Übergangsgesetz“, Drucksache 6/15508, Gesetzentwurf der Staatsregierung in der in der Zweiten Beratung beschlossenen Fassung gemäß § 46 Abs. 5 der Geschäftsordnung als Ganzes zur Abstimmung. Wer dem Entwurf des Gesetzes zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit ist der Entwurf als Gesetz einstimmig beschlossen.
Jetzt kommen wir zum Entschließungsantrag der CDUFraktion und der SPD-Fraktion, Drucksache 6/17026, und ich bitte um Einbringung. Bitte, Herr Kollege Schiemann.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich für die Debatte dazu und danke auch der Staatsregierung für die Einbringung des Gesetzentwurfs.
Ich weiß, dass es im Interesse des Freistaates ist, dass wir eine gute und partnerschaftliche Zusammenarbeit in Richtung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auch in Zukunft brauchen. Daher muss es natürlich unser gemeinsames Ziel sein, mit dem Vereinigten Königreich eine Partnerschaft und Zusammenarbeit zu
erreichen, wie dies bisher mit keinem Drittstaat geschehen ist. Insbesondere müssen die Handelsbeziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich so eng wie möglich ausgestaltet werden. Wir benötigen auch weiterhin Unternehmen aus dem Vereinigten Königreich in Sachsen, aber auch sächsische Unternehmen, die starke, gute Wirtschaftsbeziehungen mit der Insel, eben mit Großbritannien, pflegen können.
Auch künftig müssen Lernmobilitätsaktivitäten, also der Austausch von Lehrenden und Lernenden, zwischen der Insel und der EU der 27 Staaten in vergleichbarem Umfang wie bisher ermöglicht werden. Ebenso muss die Forschungszusammenarbeit zwischen dem Vereinigten Königreich und den EU-27-Staaten vergleichbaren Umfang wie bisher erreichen. Wir brauchen dort eine Kontinuität der Zusammenarbeit, die auch im Interesse des Freistaates Sachsen liegt.
Nicht zu vergessen sind auch die vielen Städtepartnerschaften und die Beziehungen zwischen Schulen, die viel zum Austausch und zu der Verständigung zwischen Menschen in Sachsen und eben in Großbritannien beigetragen haben. Das alles und einige Punkte mehr sind Gegenstand des Entschließungsantrages, und ich bitte Sie ganz herzlich, dem Entschließungsantrag Ihre Zustimmung zu geben.
Das war Kollege Schiemann. Die Sachsen haben eben eine besondere Verantwortung für die Angelsachsen. – Herr Kollege Baumann-Hasske für die SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir lassen uns die Freundschaft zu den Angelsachsen nicht vermiesen, auch nicht von einigen Brexiteers. Ich will das jetzt nicht breit ausführen, weil die Tagesordnung lang ist, und gebe meine Rede zu Protokoll.
Das war Herr Kollege Baumann-Hasske, SPD-Fraktion. – Gibt es weiteren Redebedarf? – Kollege Stange? – Ach, Sie lassen der Dame den Vortritt. Das ist gut. – Frau Kollegin Dr. Maicher, bitte, gleich von Mikrofon 4 aus.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zum Entschließungsantrag, der uns ja leider äußerst kurzfristig erreicht hat, kurz etwas sagen. Leider ist es uns auch nicht möglich, ihn durch Änderungsanträge vielleicht noch ein Stück zu qualifizieren. Viele Sachen, die darin stehen, stimmen; sie unterstützen wir. Deswegen können wir auch zustimmen. Leider konzentrieren Sie sich wieder vorrangig auf Zahlen.