Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Es beginnt die einreichende Fraktion DIE LINKE; Herr Abg. Brünler. Danach folgen CDU, SPD, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Frau Abg. Kersten sowie die
Wochen wurde in den Medien immer wieder die These zitiert, dass der Breitbandausbau in Deutschland schlechter sei als in Albanien.
Nun war ich noch nie in Albanien und kann keine wirklich zutreffende Aussage über das dortige Breitbandnetz treffen. Aber die Beliebtheit dieser These beschreibt nicht nur eine deutsche Überheblichkeit gegenüber den Volkswirtschaften auf dem Balkan – quasi als Synonym für eine besonders verfahrene Situation –, sondern auch die nüchterne Einschätzung der Situation bei uns vor Ort durch große Teile der Wirtschaft und der Bevölkerung, auch und gerade hier in Sachsen. Denn die Tatsache, dass der Netzausbau besser ist als vor fünf Jahren, bedeutet noch lange nicht, dass inzwischen alles gut ist, und erst recht nicht, dass der Freistaat hier zukunftssicher aufgestellt ist. Der Freistaat befindet sich im bundesweiten Vergleich noch immer am hinteren Ende.
Nun will ich gar nicht darüber sprechen, dass von den zur Verfügung stehenden Fördermitteln für den Ausbau bisher überhaupt nur ein Bruchteil bewilligt und noch weniger für einen tatsächlichen Ausbau wirklich geflossen ist. Ich will auch nicht darüber sprechen, dass es noch nicht einmal in ganz Sachsen abgestimmte Kreisprojekte gibt. Dass die Staatsregierung hier der Öffentlichkeit ein Stück weit Sand in die Augen streut, indem jeder bewilligte Bescheid als der große Durchbruch verkündet wird, wäre ein Thema für sich.
Nein, lassen Sie uns idealistischerweise ruhig einmal annehmen, dass alle laufenden oder beantragten Förderprojekte zügig zu einem erfolgreichen Abschluss geführt werden. Nur, auch danach wird kein Zustand erreicht sein, der eine zukunftssichere Dateninfrastruktur sichert. Von einer tatsächlich flächendeckenden Verfügbarkeit von Glasfasernetzen kann auch dann keine Rede sein.
Hinzu kommt, dass die Ausbauleistungen der Vergangenheit keineswegs immer nachhaltig waren und wir in absehbarer Zeit über Nachbesserungen reden müssen. Bereits jetzt entwickeln sich die in den letzten Jahren per Vectoring ertüchtigten Anschlüsse zu Problemfällen. Es zeichnet sich inzwischen ab, dass gerade in den Kernräumen zahlreicher Unter- und Mittelzentren ohne Zusatzinvestitionen Mindestdatenraten von über 30 Mbit auf absehbare Zeit nicht verfügbar sein werden.
Ein Teil der Tragik ist dabei, dass diese technologische Sackgasse teilweise noch mit Steuergeldern subventioniert wurde und das Wirtschaftsministerium das auch noch jahrelang ausdrücklich verteidigt hat.
Um es kurz zu machen: Der Breitbandausbau ist kein einmaliges Projekt mit absehbarem Ende. Vielmehr werden wir die nahezu gleichen Debatten von vor zwei oder drei Jahren in naher Zukunft von vorn führen. Es ist bereits jetzt absehbar, dass auch die Ausgangssituation mit der von vor einigen Jahren vergleichbar sein wird.
Wenn die Staatsregierung seit einigen Jahren besonders auf Mobilfunklösungen setzt und hier die Technologie der Zukunft sieht – als Stichworte seien nur Internet der
Dinge und autonomes Fahren genannt –, dann muss man sich klarmachen, dass 5G und die entsprechenden Netze noch gar nicht existieren, noch nicht einmal im Entwurf; denn es ist ja auch bei Weitem nicht damit getan, an bestehende Masten neue Antennen anzuschrauben. Was in der aktuellen Debatte dazu selten erwähnt wird, ist, dass im Freistaat Hunderte neuer Masten gesetzt werden müssen, wenn es keine auf die Großstädte beschränkten Insellösungen geben soll.
Dabei geht es nicht nur darum, die derzeit bestehenden Mobilfunklücken zu schließen – wobei selbst hierbei riesiger Handlungsbedarf bestünde –; es kommt noch etwas anderes hinzu: Bei den derzeit zur Versteigerung anstehenden 5G-Frequenzen ist mit einer deutlich kürzeren Reichweite als bei den heutigen Mobilfunknetzen zu rechnen. Sie wird selbst unter optimalen Bedingungen klar unter 1 000 Metern liegen. In letzter Konsequenz bedeutet das, dass für eine zuverlässige Netzabdeckung im Schnitt alle 500 bis 700 Meter ein Sendemast stehen müsste,
der nicht nur eine Stromversorgung benötigt, sondern auch an ein zugrunde liegendes Glasfasernetz angeschlossen werden muss. Das zeigt nicht nur, dass 5G keine Alternative zu einem tatsächlich flächendeckenden Glasfasernetz ist, sondern Letzteres zwingend erfordert. Es zeigt auch, wie gigantisch die Herausforderungen sind, die hier noch vor uns liegen. Jeder, der die derzeitigen Klagen der Telekommunikationsunternehmen gegen die aktuellen Bedingungen bei der Versteigerung der Netzlizenzen verfolgt, weiß, dass es blauäugig ist, dabei auf den freiwilligen Ausbau privater Netzanbieter zu setzen.
Es ist bereits jetzt klar erkennbar: 5G wird es flächendeckend ohne massive staatliche Unterstützung nicht geben. Im Kern wird damit aber auch deutlich, dass eine wirklich flächendeckende Abdeckung ohne nationales Roaming volkswirtschaftlicher Unsinn ist, hieße es doch nichts anderes, als mehrere dieser Netze parallel zu errichten.
Wir legen Ihnen heute einen Antrag vor, um die noch vor uns stehenden Herausforderungen anzugehen. Er enthält sowohl Schritte zu einer kurzfristigen Verbesserung der Breitbandversorgung als auch längerfristige Maßnahmen. Dazu gehört zunächst ein individueller Rechtsanspruch auf die Versorgung mit schnellem Internet und Breitbanddiensten. Wir halten es für unabdingbar, dass der Bund verfassungsrechtlich verpflichtet wird, deutschlandweit eine moderne Mobilfunkversorgung sicherzustellen.
Dabei handelt es sich um eine grundlegende Infrastrukturmaßnahme und einen Teil der modernen Daseinsvorsorge.
Wir fordern die Staatsregierung auf, diesbezügliche Vorstöße, wie sie aktuell von Mecklenburg-Vorpommern oder zwischenzeitlich auch von Rheinland-Pfalz im Bundesrat eingereicht wurden, offensiv zu unterstützen und im Rahmen seiner Möglichkeiten hier auch selbst aktiv zu werden.
Ebenso fordern wir die Gründung einer sächsischen Landesgesellschaft zur technischen Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung mit schnellem Internet – eine Forderung, die auch von kommunaler Ebene unabhängig von den aktuell zur Verfügung stehenden Förderinstrumente nach wie vor erhoben wird. Diese Landesgesellschaft soll nicht nur die bisherigen Aktivitäten der Kommunen und Kreise und die dazu bereits laufenden regionalen Projekte zum Breitbandausbau unterstützen, sondern auch aktiv noch bestehende Lücken schließen.
Wir denken dabei aber auch perspektivisch und haben die noch vor uns liegenden Aufgaben zur Errichtung eines 5G-Netzes im Blick. Wir wollen den Ausbau der Hochgeschwindigkeitsbreitbandnetze nicht nur, wie bisher, mit öffentlichen Mitteln subventionieren, sondern auch sicherstellen, dass die dabei errichteten Infrastruktureinrichtungen öffentliches Eigentum bleiben. Wie gesagt, wir reden von Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge.
Wir haben heute die Chance, gemeinsam nach vorn zu schauen und den Grundstein dafür zu legen, dass Sachsen tatsächlich zu einem Vorreiter bei der Errichtung einer modernen Dateninfrastruktur wird und nicht, wie aktuell, in einem großen Kraftakt der Entwicklung wieder hinterherrennen muss. Die entscheidenden Weichen dazu werden in den nächsten Monaten gestellt.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielen Dank für diese Debatte, gibt sie uns doch die Möglichkeit, genau in dieser Woche über die Dinge, die auch in Sachsen im Bereich Digitalisierung voranschreiten, zu diskutieren. Aber erst einmal zu den Punkten, die Kollege Brünler gerade angesprochen hat.
Sie haben zu Recht gesagt, 5G wird in ganz Sachsen notwendig sein. Aber ich sage Ihnen auch: Ohne flächendeckend verlegtes Glasfaserkabel wird 5G auch nicht funktionieren; denn Glasfaser ist genau die Voraussetzung, dass 5G überhaupt funktionieren kann, dass wir auch im Mobilfunk diesen Standard einführen können.
Das Zweite ist, dass Sie am Ende Ihres Redebeitrages noch einmal darauf hingewiesen haben, Sie wollen einen individuellen Rechtsanspruch auf schnelles Internet. Herr Kollege, schauen Sie bitte noch einmal in den Koalitionsvertrag von CDU und SPD im Bund hinein.
Da steht genau dieser Rechtsanspruch drin, es steht sogar eine Jahreszahl drin – die werden Sie finden, wenn Sie
nachlesen –, also auch da ist die Politik in Berlin bereits unterwegs und wir müssen das hier nicht im Sächsischen Landtag beschließen, sondern es wird umgesetzt werden.
Als ich den Antrag gelesen habe, habe ich mir überlegt, wo das, was DIE LINKE hier fordert, herkommen könnte. Ich habe mich daran erinnert, dass ich in Thüringen war. In Thüringen gibt es eine Landesgesellschaft, die ein Breitbandkompetenzzentrum hat, und es könnte ja sein, dass die Kollegen aus der LINKEN-Fraktion mit den Thüringer Kollegen gesprochen haben – immerhin haben sie ja in den letzten Jahren den Ministerpräsidenten gestellt. Dann habe ich mir noch einmal die Zahlen für Thüringen angeschaut: Sie haben 2,2 Millionen Einwohner, 16 000 Quadratkilometer Fläche, 17 Landkreise, sechs kreisfreie Städte, davon ist die kleinste Kreisfreie Stadt Suhl mit 37 000 Einwohnern.
In meinem Wahlkreis hier in Dresden habe ich einen Stadtteil – Gorbitz – mit 21 000 Einwohnern. Das heißt, ich bin noch ein bisschen weg von der Größenordnung der Stadt Suhl, aber das ist sozusagen Bestandteil in einer kreisfreien Stadt in Sachsen. Sachsen hat bekanntlich vier Millionen Einwohner und 18 400 Quadratkilometer Fläche, zehn Landkreise und drei kreisfreie Städte. Was sagen uns diese Zahlen im Unterschied? In Sachsen haben Kreisgebietsreformen stattgefunden, sodass wir andere Größenordnungen haben, um genau diesen Breitbandausbau voranzutreiben.
Deswegen verstehe ich, dass man sich in Thüringen mit dieser Kleinteiligkeit gesagt hat: Ein Breitbandkompetenzzentrum machen wir lieber mit einer Landesgesellschaft. In Sachsen halte ich das nicht für notwendig, weil wir andere Strukturen haben. Deswegen habe ich Ihnen diese Zahlen noch einmal vorgetragen, um Ihnen ein erstes Argument dafür zu liefern, weshalb wir Ihrem Antrag nicht zustimmen können.
Manchmal läuft die Situation auch ein bisschen gegen einen Antrag. Am Montag wurde der Deutschlandindex der Digitalisierung im Jahr 2019 veröffentlicht, also vor drei Tagen. Was ist der Deutschlandindex der Digitalisierung? Er gibt darüber Auskunft, wo es die meisten Glasfaseranschlüsse gibt, wie digital die Verwaltung ist und wie häufig soziale Medien in diesen Ländern genutzt werden.
Sie haben es vielleicht schon entdeckt; Sie wissen, was jetzt kommt: Sachsen hat hierbei zugelegt. Im Vergleich zum letzten Index im Jahr 2017 sind wir um 21,6 Punkte nach vorn geschritten. Es ist aber immer noch der undankbare vierte Platz hinter Berlin, Hamburg und Bremen.
Thüringen ist Schlusslicht, letzter Platz. Auch Mecklenburg-Vorpommern, das Sie uns in dem Antrag als zu unterstützen anbieten, ist nur zwei Plätze davor, auf Platz 14. Es ist also nicht so der richtige Zeitpunkt, um Ihrem Antrag zuzustimmen, weil die Studie eine andere Sprache zu sprechen scheint.
Ich verstehe Ihre Initiative natürlich insofern, als Sie noch einmal in diesem Wahljahr im Parlament auf Ihre Meinung aufmerksam machen wollen.