Protokoll der Sitzung vom 13.03.2019

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bitte schön.

Bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident.

Frau Dr. Maicher, Sie sagen, dass wir fünf Jahre nichts gemacht haben. Sind Ihnen unsere Anträge „Sofortmaßnahmen zur Lehrergewinnung“ und „Erweiterung des Sachsenstipendiums“ bekannt, mit denen wir Lehrer aufs Land bekommen wollten? Sind die Ihnen bekannt?

Wir haben also etwas gemacht.

Ich habe zwei Sachen gesagt. Offensichtlich können Sie auch nicht zuhören. Ich habe gesagt: Sie haben nichts Nennenswertes zur Lehramtsausbildung gesagt. Dazu gab es ja einige Gelegenheiten. Und ich habe gesagt: Sie haben nichts Nennenswertes dazu beigetragen.

(Dr. Rolf Weigand, AfD: Die Lohnerhöhung findet jetzt so statt, wie wir es gefordert haben!)

Den Antrag, den Sie heute vorgelegt haben, haben Sie offensichtlich in aller Eile zusammengestückelt. Sie haben damit ein Wunder vollbracht. Sie haben etwas vorgelegt, was teilweise abgekupfert ist, Ihrer eigenen Linie zuwiderläuft und in sich auch noch völlig widersprüchlich ist.

(Patrick Schreiber, CDU: Das ist doch nichts Neues!)

Das muss man auf zwei Seiten erst einmal schaffen.

Abgekupfert ist der Antrag, weil er eine Evaluierung der Lehramtsausbildung fordert, was schon vor drei Jahren hier im Plenum auf grüne Initiative hin Thema war. Nur haben wir sinnvollerweise nicht nur das Studium und die Abbruchzahlen in den Blick genommen. Wir wollten die ganzheitliche Betrachtung, die auch die Rahmenbedingungen der Lehramtsausbildung untersucht. Wenn wir über Qualität der Ausbildung sprechen, dann müssen wir nämlich in den Blick nehmen, ob und wie prekär das Lehrpersonal beschäftigt ist. Wir müssen uns die Praxisphasen anschauen. Wir müssen fragen, ob das Studium auch in Teilzeit geleistet werden kann. Wir müssen zum Beispiel analysieren, ob die Zentren für Lehrerbildung ihrer Aufgabe, nämlich der gesamten Koordinierung des Studienangebotes, ausreichend nachkommen können. Nichts davon findet sich in Ihrem Antrag.

Sie sagen einfach: Regierung, sage uns bitte mal, wie viele Studierende, nein, Sie sagen Studenten, ihr Studium abbrechen und warum.

Damit komme ich zu meinem zweiten Punkt. Sie wollen eine Studie in angemessener Zeit, die den Studienabbruch untersucht, analysiert und bewertet.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Schreiber?

Bitte.

Vielen Dank, Frau Kollegin. Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Dr. Maicher, können Sie mir sagen, was Sie damit meinen, wenn Sie von prekär beschäftigten Lehrerinnen und Lehrern im Freistaat Sachsen sprechen?

Da haben Sie mir offensichtlich nicht ganz zugehört. Ich habe von dem Lehrpersonal gesprochen, das die Lehrerinnen und Lehrer an unseren Hochschulen ausbildet. Dazu gibt es eine ganze Menge zu sagen. Ich kann jetzt nicht alles dazu ausführen, wie prekär teilweise die Beschäftigungen an unseren Hochschulen sind und wie dort die Ausbildung stattfindet.

Wir wollten mit unserem Evaluierungsantrag von 2016 herausfinden, wie hoch die Anzahl der Studienabbrüche in Sachsen ist. Dazu haben Sie uns einiges vorgehalten. Ich weiß nicht, ob Sie sich daran erinnern. Sie haben uns vorgehalten, dass wir für die Evaluierung keine Frist aufgenommen hätten, dass wir nicht gesagt hätten, was mit den Ergebnissen am Ende passieren soll usw.

Jetzt habe ich mir Ihren Antrag in diesem Punkt einmal genauer angeschaut und festgestellt: Dort gibt es keine Fristen, es gibt keine Vorgaben, was mit den Ergebnissen der Studie passieren soll, es gibt keine Forderungen an die Staatsregierung – es gibt überhaupt nichts zu dieser Studie. Stattdessen fordern Sie im dritten Punkt Ihres Antrages, dass sich parallel zu dieser Studie eine Arbeitsgruppe gründen soll, die die Lehramtsausbildung noch einmal auf den Prüfstand stellt und bei Bedarf korrigiert. Wozu brauchen Sie denn eine Studie, wenn deren Ergebnisse schon zum Zeitpunkt der Veröffentlichung obsolet sind und die Arbeitsgruppe die Lehramtsausbildung bereits überarbeitet hat?

Abgesehen davon, dass wir keine solche Arbeitsgruppe gründen müssen – Kollege Mann hat schon darauf hingewiesen –, haben wir mit der Staatlichen Kommission Lehrerbildung bereits etwas ganz Ähnliches. Aber offensichtlich ist auch das an Ihnen vorbeigegangen.

Meine Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sieht bei der Lehramtsausbildung sehr großen Reformbedarf. Wir haben als einzige Fraktion ein Gesetz zur Lehramtsausbildung in dieser Legislaturperiode vorgelegt. Ihrem undurchdachten und inkonsistenten Schnellschussantrag können wir nicht zustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt kommt Frau Kollegin Kersten zu Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Aufgrund meiner sehr abgeschmolzenen Redezeit kann ich nur kurz zum Antrag Stellung nehmen.

Die in den Punkten 1 und 2 geforderten Daten bzw. die Studie sind natürlich interessant, aber nicht nur für das Lehramtsstudium, sondern für alle Studiengänge. Aktuell liegen allerdings für Sachsen verschiedene Daten vor, mit denen man arbeiten kann; sowohl jene aus der im Rahmen der Studentenbefragung erfolgten Sonderauswertung zum Lehramt als auch aus der Untersuchung der Lehrerbildungsstrukturen an sächsischen Hochschulen. Auch die Rostocker Studie, auf die in der Antragsbegründung verwiesen wird, dürfte nützlich für Sachsen sein.

Wir werden uns daher bei diesen Punkten der Stimme enthalten, verweisen an dieser Stelle aber eindringlich auf die Novelle des Hochschulstatistikgesetzes und darauf, dass wir erwarten, dass zügig begonnen wird, die seit dem Jahr 2017 angelaufene Datenerhebung zu nutzen.

Die in Punkt 3 geforderte Arbeitsgruppe lehnen wir ab. Die Notwendigkeit ist für uns nicht erkennbar, auch deshalb, weil zu den unter den Punkten 3 a) bis 3 c) genannten Aufgabenfeldern bereits aus den eingangs genannten Expertisen Ergebnisse vorliegen. Allerdings befürworten wir die in Punkt 3 d) geforderte Zulassungsprüfung ausdrücklich. Besonders im Lehramt ist es immens wichtig, dass möglichst nur jene dieses Studium beginnen, die für den Lehrerberuf auch geeignet sind. Bei einem Eignungstest – dieser Appell richtet sich an Staatsministerin Stange – geht es nicht darum, Bewerber abzuschrecken, wie Frau Staatsministerin erschreckend schreibt. Es darf auch nicht darum gehen, die Studienplätze irgendwie vollzubekommen, sondern möglichst mit denen zu besetzen, die für dieses Studienfach geeignet sind. Abgesehen davon, kostet jedes abgebrochene Studium den Steuerzahler viel Geld.

Von daher kann ich Frau Staatsministerin Stange nur empfehlen, ihre als recht nachlässig zu bezeichnende Einstellung zur Verwendung von Steuergeldern dringend zu überdenken.

Wir erhoffen uns sowohl eine punkt- als auch eine buchstabenweise Abstimmung.

Vielen Dank.

Wir sind am Ende der Rederunde angekommen. Gibt es noch weiteren Redebedarf aus den Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Damit spricht jetzt für die Staatsregierung Herr Staatsminister Dulig.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist der Staatsregierung ein sehr großes Anliegen, dass an den sächsischen Schulen genügend gut ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer für den Unterricht zur Verfügung stehen. Hierfür haben wir in der Vergangenheit bereits Wesentliches auf den Weg gebracht. In den vorherigen Sitzungen des Landtags hat meine Kollegin Eva-Maria Stange, die ich heute vertrete, über unsere vielen und umfänglichen Maßnahmen schon mehrfach berichtet und mit Ihnen ausführlich diskutiert;

Maßnahmen, die die sächsischen Hochschulen betreffen, bilden dabei natürlich wichtige Bausteine.

Die lehrerbildenden Hochschulen in Sachsen haben auf Initiative der Staatsregierung seit dem Jahr 2011 ihre Kapazitäten für die Lehramtsstudierenden kontinuierlich gesteigert. Die Plätze für Studienanfänger wurden von damals rund 900 auf zunächst 1 800, dann auf 2 000 und nunmehr auf 2 400 erhöht. Diese Anstrengungen tragen nun erste Früchte. Die Absolventenzahlen sind im Jahr 2016 von 820 im Vorjahr auf 1 316 gestiegen. Im Jahr 2017 lagen wir erneut bei knapp 1 300 Absolventinnen und Absolventen. Für die Erhöhung der Kapazitäten stellt die Staatsregierung den Hochschulen erhebliche zusätzliche finanzielle Mittel zur Verfügung. Allein in diesem Jahr beläuft sich diese Unterstützung auf rund 20 Millionen Euro zusätzlich.

Dieses Geld ist die Grundlage dafür, dass die Hochschulen den Studienerfolg sicherstellen können. Die Hochschulen werden dadurch in die Lage versetzt, ein qualitativ hochwertiges Studium anzubieten. Sie haben von Anfang an unterschiedliche Maßnahmen ergriffen, um die Qualität der Ausbildung zu erhöhen. Die Verbesserung der Qualität hat dabei immer zum Ziel, die Schwundquote so gering wie möglich zu halten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben uns der Thematik des Studienerfolgs schon seit Längerem gestellt. Bereits im Koalitionsvertrag haben wir das Ziel formuliert, den Studienerfolg zu steigern und die Qualität der Lehre zu verbessern. In der Umsetzung dieses Zieles wurde in unserem Entwicklungsplan für die sächsischen Hochschulen bis zum Jahr 2025 ausdrücklich festgehalten, dass es die Aufgabe der Hochschulen ist, ihre Studienerfolgsstrategien regelmäßig zu evaluieren und fortzuschreiben.

Die Entwicklung der hochschuleigenen Strategien zur Verbesserung des Studienerfolgs war auch Bestandteil des vorherigen Hochschulentwicklungsplanes. In der Folge ist dies auch in die einzelnen Zielvereinbarungen mit den Hochschulen aufgenommen worden. Wir unterstützen die Hochschulen bei der Umsetzung einzelner Maßnahmen im Rahmen ihrer Studienerfolgsstrategien dabei auch finanziell.

Ich bin der Überzeugung, dass die jeweilige Hochschule am besten weiß, was getan werden muss. Hierfür bedarf es keiner zusätzlichen kostenintensiven Studie der Staatsregierung. Ein kleiner Hinweis für Sie:

(Dr. Rolf Weigand, AfD: Gerne!)

Eine solche Studie gibt es bereits. Das SMWK hatte die TU Dresden beauftragt – diese liegt seit 2018 vor –; denn es ist tatsächlich besser, dass diejenigen, die näher dran sind, diese Studie machen. Von daher ist dieser Teil des Antrages völlig obsolet. Ein Blick in diese Studie, die regelmäßig fortgeschrieben wird, hilft tatsächlich. Man muss sich natürlich die Mühe machen, sich darum zu kümmern und diese Studie auszuwerten.

Auch die Einrichtung einer großen gesonderten Arbeitsgruppe, wie Sie es fordern, bringt uns nicht weiter. Es gehört bereits zu den Aufgaben der sächsischen Hochschulen, kontinuierlich daran zu arbeiten, den Studienerfolg zu verbessern. Die sächsischen Hochschulen kommen dieser Aufgabe nach. Ich kann nicht alle Initiativen der Hochschulen aufzählen, aber einige möchte ich doch kurz erwähnen, um das zu belegen.

Die Universitäten in Chemnitz, in Dresden und in Leipzig haben ihr Beratungsangebot ausgebaut und die Studienorganisation verbessert. Die Fakultät für Mathematik und Informatik der Universität Leipzig bietet bereits seit mehreren Jahren ein freiwilliges Propädeutikum vor dem ersten Fachsemester oder beispielsweise spezielle Fachvorlesungen für Lehramtsstudierende im Fach Mathematik an. Des Weiteren hat sie sich die Einrichtung eines Kompetenzkollegs für Studierende in den lehramtsbildenden Studiengängen in der Studieneingangsphase vorgenommen.

Die Technische Universität Dresden hat mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds ein Mentoring- und Tutorienprogramm für fortgeschrittene Studierende und Studienanfänger bzw. Studieninteressierte eingerichtet. Daneben hat sie insbesondere für die Studienfachbereiche Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik spezielle Unterstützungsangebote aufgebaut.

In der schriftlichen Stellungnahme zum Antrag hat meine Kollegin Stange ausgeführt, dass die Gesamtzufriedenheit der Lehramtsstudierenden mit denen anderer Studiengänge vergleichbar hoch ist. Des Weiteren gaben nach den Ergebnissen dieser Befragung nur 8 % der Lehramtsstudierenden als Grund für einen möglichen Wechsel eine mangelnde Organisation oder eine ungenügende Betreuung an.

Dies alles belegt, dass die Universitäten in Sachsen ihren Auftrag ernst nehmen und dass die im Antrag geforderten Maßnahmen insgesamt nicht notwendig und nicht zielführend sind.

Zu zwei Punkten des Antrags möchte ich noch kurz Anmerkungen machen. Für den Nutzen spezieller Zulassungsprüfungen in den Lehramtsstudiengängen gibt es keinen wissenschaftlich fundierten Beleg. Nach meiner Überzeugung werden sie sogar momentan das Gegenteil bewirken. Zusätzliche Zulassungshürden werden zu weniger Bewerberinnen und Bewerbern an sächsischen Hochschulen führen, da die Studienbewerberinnen und -bewerber dann auf zulassungsfreie Hochschulen ausweichen. Das kann doch nicht in unserem Sinne sein!

Der Anteil schulpraktischer Studien an der universitären Ausbildung ist seit 2006 deutlich – auf circa 30 % – angestiegen. Ein weiterer Anstieg ginge zulasten der fach- und bildungswissenschaftlichen Bildung. Die sächsischen Studierenden sammeln frühzeitig Erfahrungen an Schulen vor Ort, zudem ist die Lehramtsausbildung zweiphasig, und daran soll absehbar nichts geändert werden. Die erste Phase ist für die Vermittlung der wissenschaftlichen Grundlagen in den Fächern und den Berufswissenschaften

und die zweite Phase für die praktische Ausbildung in der Schule gedacht.