Ich kann Ihnen nicht hundertprozentig mit Gewissheit sagen, ob der Diesel noch eine Zukunft hat. Ich persönlich bin vom Diesel auf ein Elektrofahrzeug umgestiegen. Ich bin damit sachsenweit mobil unterwegs. Ich begleite unser H2-Cluster in Chemnitz.
Darum sage ich Ihnen: Ich bin mir sicher, der Antrieb der Zukunft wird aus Sachsen kommen. Insoweit ist unser Ansatz, technologieoffen an die Sache heranzugehen. Es ist Aufgabe der Automobilindustrie und nicht der Politik, zu entscheiden, wohin die Reise geht. Wir haben Rahmenbedingungen zu schaffen, um zu ermöglichen, in den nächsten fünf, zehn – oder vielleicht sind es sogar 20 – Jahren dafür zu sorgen, dass der Antrieb der Zukunft aus Sachsen kommt. Dies sichert Arbeitsplätze, Wohlstand und Wertschöpfung in unserem Freistaat.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, es geht darum, über das Verursacherprinzip zu sprechen. Es geht um Nachrüstungen an Katalysatoren und Filtern. Hier ist die Automobilindustrie in der Pflicht, Handwerkern, Gewerbetreibenden und natürlich auch Pendlern, die auf diese Fahrzeuge angewiesen sind, weiter dabei zu helfen bzw. erst zu ermöglichen, dass auf diese wichtige Form der Mobilität nicht verzichtet werden kann.
Ich würde mir wünschen, dass wir diese Debatte hier im Haus vernünftig führen. Insoweit möchte ich zum Schluss Franz Müntefering zitieren. Er hat viel Kluges gesagt, so auch hier. „Die Vernünftigen müssen dafür sorgen, dass nicht die Bekloppten das Sagen kriegen.“
Vielen Dank. – Herr Vieweg, um noch einmal auf die Wissenschaftlichkeit der Grenzwerte einzugehen: Unser Vorwurf ist nicht, ob der eine oder andere Pneumologe an der Wissenschaftlichkeit der Grenzwerte zweifelt. Es sind sehr viele Wissenschaftler, die daran zweifeln.
Wir tragen Ihnen regelmäßig vor: Es gibt keine Studien, die NOx im Laborversuch testen ob ihrer Schädlichkeit. Die gibt es schlicht und einfach nicht. Dass die Bundesregierung jetzt, nachdem die Diskussion endlich so hochkocht, eine eigene Untersuchung macht, unterstreicht das ja nur. Wir haben an Arbeitsplätzen NOx-Grenzwerte von 900 Mikrogramm pro Kubikmeter in Deutschland, in der Schweiz von 6 000, und wir reden auf der Straße von 40. Wir müssen erleben, dass an Wochenenden, an denen ein Stadtmarathon stattfindet, die NOx-Belastung an der Messstelle höher ist, als wenn Autos fahren. Das spricht doch Bände.
Ja, es ist auch die SPD in Zusammenarbeit mit der CDU gewesen, die diese Grenzwerte auf der europäischen Ebene vorangetrieben hat. Wir haben es Ihnen zu verdanken, dass wir diese Grenzwerte und Fahrverbote in Deutschland haben. Es nützt uns gar nichts, wenn wir die Möglichkeit der Sammelklage haben. Der Druck auf die Automobilbauer wächst umso mehr. Die Automobilwerke werden sich in Zukunft entscheiden, ob sie hierbleiben oder ob sie nach China gehen. Das haben wir Ihnen zu verdanken.
Die Arbeitsplätze, die hier verloren werden, wenn VW jetzt ankündigt, 7 000 Stellen zu kürzen, das wird weitergehen. Das ist Ihre arbeitsplatzfeindliche Politik, die Sie als SPD betreiben.
Sehr geehrter Herr Präsident! Ich möchte versuchen, auf diese Kurzintervention des Kollegen zu antworten.
Sehr geehrter Herr Urban! Es war die Automobilindustrie, die getrickst und betrogen hat. Es war die Automobilindustrie, die verantwortlich ist, dass sich Verbraucherinnen und Verbraucher auf eine Aussage eines Herstellers nicht
verlassen konnten. Es war nicht die Politik, die hier für das Überschreiten von Grenzwerten gesorgt hat.
Es ist Aufgabe der Politik, Verbraucherinnen und Verbraucher vor Betrug zu schützen. Das haben wir mit den Mitteln der Musterfeststellungsklage getan.
Es gilt jetzt – das habe ich klar und deutlich gesagt –, hier wieder die Balance zwischen Verbraucherrechten, Umweltschutz und natürlich auch Wirtschaftlichkeit und Arbeitsplätzen zu finden. Das passiert gerade.
Was Sie hier tun, ist, die Debatte, die man vernünftig führen könnte, mit populistischen Argumenten aufzuladen. Das lehne ich ab.
(Carsten Hütter, AfD: Das ist totaler Unsinn, was Sie hier erzählen! – Jörg Urban, AfD: Sie vernichten Arbeitsplätze, so einfach ist das!)
Es geht in der Aussprache weiter. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt Frau Abg. Meier. Vielen Dank für Ihre Geduld.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich habe mich ein bisschen über den Antrag gewundert, weil die Debatte schon im letzten Jahr geführt wurde.
Im Antrag und im Debattenbeitrag der AfD war es wieder deutlich zu erkennen: Statt sich um die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land zu sorgen, führen Sie hier eine Debatte um Grenzwerte. Das sind Grenzwerte, die schon vor über zehn Jahren zum Schutz der Gesundheit festgelegt wurden. Jetzt, wo klar ist, dass die Luft nicht von allein sauber wird und man etwas ändern muss, ziehen Sie die Grenzwerte hier in Zweifel. Das ist ein ziemlich durchschaubares Manöver.
In dieser Woche ist am Dienstag wieder einmal eine Studie veröffentlicht worden, dieses Mal von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des renommierten Max-Planck-Institutes für Chemie und weiteren namhaften Instituten. Die haben berechnet, wie viel Lebenszeit in Europa durchschnittlich wegen der Luftverschmutzung verloren geht. Es sind 2,2 Jahre, also zwei Lebensjahre, die den Menschen genommen werden, weil sie hier lieber Scheindebatten führen und veraltete Technologien verteidigen.
Ihre aktuelle Messwertdebatte ist deshalb nur ein reines Ablenkungsmanöver. Die Positionierung von Messstationen – das ist ja auch ein Punkt in Ihrem Antrag – am Straßenrand, also genau dort, wo sich Fußgängerinnen und Fußgänger täglich bewegen, ist nicht das Problem. Sie stehen da genau richtig. Wenn man mit dem Fahrrad unterwegs ist, ist man noch viel näher am Auspuff.
Mit Ihren vorbehaltlosen Parolen für den Diesel machen Sie sich zu den Verkaufsagenten von Autoherstellern, die Vorgaben zum Umweltschutz in betrügerischer Weise unterlaufen und Innovationen verschlafen und verschleppt haben, wodurch der Wert vieler Pkws massiv gefallen ist. Statt die eigentlichen Verursacher der Schadstoffproblematik an die Kandare zu nehmen, versuchen Sie, die Umweltschutzorganisationen, die den Betrug aufgedeckt haben und nun für saubere Luft kämpfen, als Schuldige darzustellen.
Während Norwegen die Vorteile von leisen, emissionsfreien Elektroautos erkannt hat, scheint es – wenn es nach Ihnen geht – in Deutschland unter der Haube röhren und beim Tanken stinken zu müssen. Wenn die Industriepolitik der AfD so aussieht, dann müssen die Werkshallen der Autobauer bald zum Museum werden. Die Arbeitsplätze liegen dann nämlich in innovationsfreudigen Nationen.
In einer globalisierten Welt muss auch die AfD zur Kenntnis nehmen, dass China der Absatzmarkt der deutschen Automobilindustrie ist. Die drei größten deutschen Automobilhersteller haben 2018 ein Drittel ihrer Fahrzeuge in China abgesetzt, weit mehr als in Deutschland selbst.
Aber ich muss gar nicht bis nach China blicken. Es reicht, wenn ich nach Frankreich schaue, nach Dänemark, Norwegen oder auf des Deutschen Lieblingsinsel Mallorca. In all diesen Ländern – im Falle von Mallorca ist es Spanien – werden ab 2030 bzw. 2035 Dieselautos nicht mehr zugelassen. Das hat natürlich Auswirkungen auf die deutsche Automobilindustrie. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen.
Der AfD geht es aber weder um die deutsche Wirtschaftskraft noch um die Interessen der Menschen, die an den stark befahrenen Straßen und in den Innenstädten wohnen. Das wundert uns nicht. Wenn es Ihnen wirklich um die Gesundheit und eine lebenswerte Stadt gegangen wäre, hätten Sie hier vielleicht eine flammende Rede für den Radverkehr oder den ÖPNV gehalten, für ein dichtes Netz oder einen besseren Takt. Stattdessen singen Sie hier immer wieder das Hohelied auf den Diesel. Deshalb können wir ganz klar Ihrem Antrag nicht zustimmen.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Dieseldebatte sollten wir nicht nur offen führen, sondern auch aktuell. Zu dieser Aktualität gehört, dass seit spätestens gestern die Karten in Sachen Diesel neu gemischt sind.
Wer gestern die „Welt“ gelesen hat, wird es wissen: Die Automobilindustrie ist eingeknickt. Hatte sie sich bis vorgestern noch für den Erhalt des Dieselmotors als effiziente Antriebstechnik mit Attributen wie Langlebigkeit und Leistungsstärke eingesetzt, wollte sie diese Antriebstechnik noch zukunftsfest und damit sauberer gestalten, wissen wir seit gestern, dass dies nur heiße Luft war.
Unter der Überschrift „Totales Umdenken in Wolfsburg“ können wir in der „Welt“ lesen, dass VW bis 2050 komplett klimaneutrale Autos herstellen will,
dass in den kommenden zehn Jahren statt der bisher 50 nunmehr 70 neue Elektromodelle auf den Markt kommen und dass statt bisher 15 Millionen nunmehr 22 Millionen Batteriefahrzeuge gebaut werden sollen. Auch BMW will bis 2020 klimaneutral produzieren und legt mit neuen EAutomodellen nach. Mercedes will seine Produktion bis 2022 komplett klimaneutral gestalten.
Die Automobilindustrie ist eingeknickt, eingeknickt vor Abmahnvereinen wie der Deutschen Umwelthilfe