dass es für Gewalttaten automatisierte Upload-Filter geben muss. Wir vergleichen aber hier Äpfel mit Birnen. Wir reden über Upload-Filter im Zusammenhang mit
Urheberrechten, und jeder Beitrag, der sich auf einen anderen Beitrag bezieht, kann eine Urheberrechtsverletzung sein.
Deshalb betrifft das wesentlich mehr Beiträge im Internet als die gewalttätigen Beiträge, von denen Sie gesprochen haben. Wir reden hier auf zwei unterschiedlichen Ebenen. Und Waffenverkäufe im Darknet und Ähnliches – das möchte auch meine Fraktion unterbinden.
Nur, dass wir uns richtig verstehen: Es geht hier um die Ebene Upload-Filter zur Durchsetzung von Urheberrechten, Herr Rohwer – nicht für Attentäter.
Meine Damen und Herren! Es geht in der Aussprache weiter. Für die CDUFraktion spricht Herr Abg. Clemen. Herr Clemen, bitte sehr, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einige Damen und Herren in diesem Hohen Haus scheinen doch ein sehr merkwürdiges Verhältnis zum Eigentum zu haben. Das hat sich heute schon in einigen Debatten herauskristallisiert und stellt sich jetzt hier wieder dar.
Zwar hat schon 2001 ein bekannter amerikanischer Medienwissenschaftler gesagt, im Internet werden Dollar zu Cent – allerdings bin ich der Meinung, wir sollten zusehen, dass dann wenigstens die Cent erhalten bleiben und dort nicht die große Null steht.
Aber worum geht es eigentlich bei der Urheberrechtsrichtlinie? Musik, Filme, Fotos, Zeitungsartikel – nahezu alles, was das Ergebnis geistiger, künstlerischer oder journalistischer Arbeit ist, kann heute auf einer nicht mehr überschaubaren Zahl von Plattformen heruntergeladen werden. Frei, ohne Gebühr dafür bezahlen zu müssen. Dafür machen allerdings die Plattformen Gewinne, die in die Milliarden gehen.
Geistige und künstlerische Leistung ist vergleichbar mit dinglichen Werten oder Dienstleistungen. Wer erwartet denn von einem Bäcker, dass er auf eigene Kosten Mehl kauft, Brot bäckt und es dann verschenkt? Seit wann kostet die Werkstattreparatur des Autos keinen Cent? Die Vorstellung, meine Damen und Herren, es stehe einem zu, sich im Netz ungehindert zu bedienen, ähnelt dem Verlangen nach öffentlichem Personennahverkehr zum Nulltarif – wobei der sogar an einigen Stellen noch Sinn machen würde.
Beim Urheberrecht geht es allerdings darum, dass Rechteinhaber bisher entweder nicht oder nur in sehr geringer Form dafür entschädigt worden sind, dass ihr Eigentum von anderen genutzt wurde – und von denen, die daraus teilweise einen erheblichen Gewinn geschlagen haben.
Was ist denn eigentlich das Neue am europäischen Urheberrecht? Dass nicht der einzelne User haftbar gemacht wird, wenn er sich absichtlich oder einfach nur unbedacht urheberrechtlich geschützte Inhalte herunterlädt, sondern die Betreiber der Plattform sind zukünftig dafür zuständig, das zu kontrollieren; denn sie verdienen das Geld – entweder durch die Werbung oder durch die Nutzung der Vermarktung der gewonnenen Daten. Die Plattformen müssen beim Rechteinhaber – beispielsweise dem Komponisten oder Sänger eines Liedes – entweder eine Lizenz zur Weitergabe der Inhalte erwerben oder dafür sorgen, dass von ihrer Plattform aus Inhalte nicht ohne Einverständnis des Rechteinhabers hochgeladen werden dürfen, und genau das sagt Artikel 13.
Das Reizwort Upload-Filter wurde in dem Zusammenhang aufgebracht, aber das ist im Regelwerk der EU überhaupt nicht definiert.
Es ist lediglich die Rede davon, dass die Plattformen nach industrieüblichen Standards größtmögliche Anstrengungen, also Best Efforts, wie es in dem Text steht, unternehmen müssen, um nicht autorisierte Werke bei sich aufzufinden.
oder über die Pauschalvergütung durch beispielsweise solche ähnlichen Institutionen wie GVL oder die VG Wort, die es ja gibt. Wir haben ja viele Jahre in Deutschland dafür gestritten, dass genau diese Regelungen mit den großen Internetkonzernen zustande kommen – aber sie kommen offenbar erst zustande, nachdem jetzt diese EU-Richtlinie herauskommt.
Deshalb, meine Damen und Herren, bin ich nach wie vor der Meinung, dass die grundsätzliche Richtung stimmt, dass wir versuchen müssen, Pauschalvergütungen zu verhandeln, und dass wir verhindern sollten, dass einzelne Upload-Filter kommen. Es gibt jetzt bereits eine Reihe von Ausnahmen, für die die Regelungen des Artikels 13 nicht gelten. Das sind zum Beispiel nicht kommerzielle Plattformen, das sind Open-Source Plattformen – Plattformen, bei denen nur die Rechteinhaber selbst hochladen wie Dropbox oder Ebay oder Dating-Plattformen und Ähnliches. Das heißt, es gibt also schon jetzt eine ganze Reihe von Ausnahmen, bei denen es eben nicht so ist, dass dort Betreiber blockiert werden können oder deren Inhalte nicht hochgeladen werden können.
Es gibt auch für eine Reihe von Unternehmen, nämlich für Start-up-Unternehmen und für kleine Unternehmen, Haftungserleichterungen.
Insofern geht meiner Meinung nach die Diskussion, die hier aufgemacht worden ist, etwas in die falsche Richtung.
Es taucht auch die Frage auf, was zum Beispiel mit Memes, mit den Zitatrechten oder mit der Parodiefreiheit ist.
Hier sind den Urhebern Schranken gesetzt. Entsprechend diesen Urheberschranken dürfen derlei Memes hochgeladen werden, und zwar zukünftig in allen EU-Staaten – was bisher nicht der Fall war.
Insofern, meine Damen und Herren, bitte ich mir bei der ganzen Diskussion ein wenig mehr Ernsthaftigkeit aus – und vor allen Dingen, sie nicht nur vom Kopf her, sondern von allen irgendwelchen Verästelungen aus wieder darauf zurückzuführen. Es geht darum, in Deutschland oder in der Europäischen Union produziertes geistiges Eigentum zu schützen und damit Einnahmen für die Europäische Union zu generieren.
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren und AfD! Die EU-Urheberrechtsreform ist schädlich, sie zerstört die gewachsene Netzkultur, und das, weil Mehrheitsentscheider um Axel Voss mit einer so unfassbaren Ahnungslosigkeit glänzen, dass man sich fragt, ob sie überhaupt „www“ fehlerfrei buchstabieren können. Sie brechen den Koalitionsvertrag der Bundesregierung, sie fädeln einen Kuhhandel mit Frankreich um die Nord Stream 2 Pipeline ein, um dann die Zustimmung durchzubekommen, und winken am Ende diesen Unsinn letztlich durch.
Nun stellt sich die CDU hin und erklärt in Briefen an ehemalige Mitglieder, die ausgetreten sind, dass es ja gar keine Upload-Filter in der nationalen Umsetzung geben wird. Was sie dabei aber verschweigt, ist, dass EU-Recht vorrangig vor nationalem Recht ist. Die Upload-Filter werden kommen und sie sind zwingende Folge einer Haftungsverschiebung hin zu den Plattformbetreibern.
Mehr als 5 Millionen Menschen haben dagegen eine Petition gezeichnet. Am 23. März sind noch 200 000 Menschen dagegen auf die Straße gegangen. Was ist passiert? Aus der CDU heraus wurden diese als Bots und bezahlte Demonstranten beleidigt. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen!
Wenn aber hier in Sachsen ein paar Rassisten spazieren gehen, beklopptes Zeug herumblöken und Wohnungen von Geflüchteten anzünden, dann haben wir im Handumdrehen einen Abschiebegewahrsam und ein grundrechtsfeindliches Polizeigesetz. Sie nehmen den Nazis ja sogar noch die Kreativleistung ab, sich irgendwann vielleicht mal selbst irgendetwas ausdenken zu müssen.
Im Koalitionsvertrag von CDU und SPD steht wörtlich: „Eine Verpflichtung von Plattformen zum Einsatz von Upload-Filtern lehnen wir als unverhältnismäßig ab.“
Was sind Ihre Wahlversprechen, was sind Ihre Vereinbarungen, was sind die Verträge mit Ihnen eigentlich wert? Nichts, gar nichts! Sie lügen, dass keine Upload-Filter kommen sollten. Jetzt kommen sie wahrscheinlich doch, dann lügen Sie, dass die Filter, die kommen, ja nur zum Schutz von Kreativen kommen sollen. Was nun aber um die Ecke kam, ist aus der EU-Kommission die Absicht, jetzt schon Terror-Upload-Filter in den Raum zu werfen. Schon die technische Idee dahinter ist absoluter Müll.
Der damit verbundene Angriff auf rechtsstaatliche Grundsätze ist sogar noch krasser, als anno dazumal mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz.
Am 15. April soll sich die Bundesregierung im EU-Rat abschließend verhalten – wohlgemerkt: wahrscheinlich werden die Agrarministerinnen und -minister darüber bestimmen. Vielleicht haben wir am Ende noch UploadFilter an jeder Milchkanne.
Ich appelliere tatsächlich an Sie: Tun Sie alles Mögliche. Schreiben Sie SMS und Tweets, rufen Sie an, tippen Sie E-Mails, schicken Sie Sprachnachrichten oder, um beim netzpolitischen Horizont der CDU zu bleiben,
schicken Sie berittene Boten, buchen Sie eine Anzeige im Teletext oder lassen Sie ein paar Brieftauben los.