René Jalaß

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Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren und AfD! Das Positive vorweg: Es ist
gut, dass es eine Fortsetzung des Hochschulpakts gibt. Der „Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken“ hält allerdings nicht, was sein Name verspricht. Die Kriterien, an die die finanziellen Zuweisungen gebunden sind, sind ein Trauerspiel.
Es geht wieder einmal nur um Quantität. Berücksichtigung finden die Zahl der Studienanfänger mit 20 %, die Zahl der Studierenden in der Regelstudienzeit plus zwei Semester mit 60 % und die Zahl der Absolventinnen und Absolventen mit 20 %. Finanzielle Unterstützung für die Hochschulen ist also daran gebunden, dass diese möglichst viele Studierende aufnehmen und diese möglichst schnell durchs Studium und zum Abschluss schleifen. Wer da nicht mithält, hat Pech, und fürs Pech gibt es keine Kohle.
An den berechtigten Interessen der Studierenden, nämlich ein Studium selbstbestimmt zu absolvieren, geht dieser Zukunftsvertrag völlig vorbei. Quantität als Maß der Dinge kann tatsächlich nicht Ihr Ernst sein, wenn wir national und international im Bildungsvergleich mithalten wollen.
Der Hochschulpakt war dafür gedacht, trotz steigender Studierendenzahlen ein qualitativ hochwertiges Studium zu ermöglichen. Qualitative Kriterien spielen in diesem Werk aber gar keine Rolle. Ein Beispiel ist der Mittelbau: Unbefristete Stellen würden helfen, die Qualität der Lehre zu steigern. Eine verbindliche Vorgabe zur Schaffung von Dauerstellen oder einen Indikator Dauerstellen, der die Zuweisung der Paktmittel wenigstens beeinflussen würde, gibt es aber schlicht nicht.
Dann stehen Sie hier und sprechen von guten Arbeitsbedingungen. Die Hoffnung, dass die Sächsische Staatsregierung die Selbstverpflichtung auf bilateraler Ebene mit dem Bund nutzen könnte, keimt in mir dabei höchstens müde auf.
Das Ergebnis ist insgesamt ein Schlag ins Gesicht der Mittelbauinitiativen und Gewerkschaften, deren Sorgen, Proteste und Vorschläge hier verhallen.
Laut Bundesministerin Karliczek und Staatsministerin Stange bringe die Einigung langfristige Planungs- und Zukunftssicherheit für die Hochschulen und die Forschungseinrichtungen. Versteht man das als grundlegenden Einstieg in die Grundfinanzierung durch den Bund, neigt man unvorsichtig zur Zustimmung. Doch dann kommt die CDU um die Ecke getrampelt – die Presseerklärung und die Unterschriften unter diesem Vertrag sind noch nicht einmal trocken –, und schon sollen die Mittel für die Erhöhung der Zahl der Medizinstudienplätze herhalten und zweckentfremdet werden. – So viel zur Planungs- und Zukunftssicherheit.
Die Mittel wären aber nötig, um damit grundlegende Aufgaben abzudecken, beispielsweise in der Lehramtsausbildung mit dem Bildungspaket, um die Verbesserung der Qualität der Lehre zu stützen oder auch um das
Überlastpaket zu finanzieren, damit frühere Stellenkürzungen kompensiert werden können, was ja auch weiterhin geschehen muss. Eine Zweckentfremdung würde notgedrungen zu Kürzungen an anderer Stelle führen. Das wäre fatal. Nach der Sparorgie von CDU und FDP würden unsere Hochschulen das definitiv nicht mehr vertragen.
Wie es besser gehen könnte oder wie wir uns das vorstellen, werde ich Ihnen in der zweiten Runde verraten. Sie dürfen gespannt bleiben.
Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren und Reste der AfD! Ich möchte noch einmal kurz zum Thema zurückkommen. Unsere Hochschulen sind chronisch unterfinanziert. Das ist das, was wir hier gerade von der CDU als Verantwortung bezeichnet bekommen haben. Deshalb haben wir unter anderem die Beteiligung des Bundes an der Grundfinanzierung immer gefordert und wollen auch die wettbewerbliche und befristete Vergabe von finanziellen Mitteln eindämmen. Mit diesem Zukunftsvertrag ist immerhin ein erster Schritt gemacht, aber darauf können wir uns nicht ausruhen. Der Freistaat muss schlicht mehr Geld in die Hand nehmen. Wenn wir eine bedarfsgerechte, auskömmliche Grundfinanzierung erreichen, dann klappt es vielleicht auch mit der Erhöhung der Medizinstudienplätze.
Unsere Hoffnung, aus dem Hochschulpakt einen Entfristungspakt zu machen, wie es auch von den Gewerkschaften und verschiedenen Initiativen aus dem Mittelbau gefordert wurde, ist quasi zerplatzt. Das ist ein fatales Signal. Möglich wäre noch, über die Selbstverpflichtung der Länder – ich hatte es vorhin bereits gesagt – eine Entfristungsoffensive anzustoßen. Die Ausbeutungssituation im Mittelbau gehört beendet, meine Damen und Herren. Vertun Sie die Chance nicht! Dauerstellen für Daueraufgaben, das würde nicht nur für planbare Karrierewege sorgen, sondern auch für eine Verbesserung der Betreuungsverhältnisse und damit für eine Verbesserung der Qualität in der Lehre.
Frau Ministerin – ja, man kommt überhaupt nicht um diese Schlagworte drum herum. Aber mit „hätte, könnte, wollte“ komme ich der Ausbeutungssituation im Mittelbau nicht effektiv entgegen. Was hierbei fehlt, ist Verbindlichkeit. Nichts anderes habe ich gesagt. Was dazugesagt werden muss, ist, dass der Qualitätspakt Lehre zusätzlich um 50 Millionen Euro gekürzt worden ist. Das muss nun auch an anderer Stelle ausgelöffelt werden.
Positiv bewerten wir allerdings die neue eigene Institution für die Lehre in der Hoffnung, dass diese möglichst unabhängig und unter Beteiligung von Studierenden, Hochschuldidaktikerinnen und Hochschullehrenden
agieren kann und dafür sorgt, dass die Lehre in der hochschulpolitischen Auseinandersetzung zukünftig
endlich auch einen höheren Stellenwert bekommt. Möglich wäre das auch mit einer überfälligen Dynamisierung der Mittel für die Hochschulen im Zukunftsvertrag gewesen. Das hätte eine Qualitäts- und Weiterentwicklung von Studium und Lehre ermöglicht und möglicherweise sogar die jährlich anfallenden Kosten und Tarifsteigerungen berücksichtigt.
Aber dieses Privileg kommt jetzt nur den außeruniversitären Forschungseinrichtungen zu. Wieso? Warum? Wes
halb? Vielleicht erfahren wir ja heute noch die Auflösung. Auch die einmalige Erhöhung des Volumens im Jahr 2024 steht in Gefahr, um mal zu glaskugeln, unter einer neuen Regierungskonstellation auf Bundesebene einem möglichen Sparprogramm zum Opfer zu fallen.
Meine Damen und Herren, grundsätzlich bedarf es in der Hochschulfinanzierung endlich einer radikalen Trendumkehr. Das ist mit diesem Zukunftsvertrag nicht geschehen. Die Hochschulen stehen vor erheblichen Herausforderungen und werden gezwungen, diese ohne Untersetzung mit finanziellen Ressourcen zu meistern oder, wie die CDU sagt, verantwortungsvoll. Dabei geht es um die Internationalisierung, die Digitalisierung oder Diversity und Gleichstellung und vieles mehr.
Bevor man die Akte Hochschulpakte schließt, sollte man jetzt gleich die Möglichkeit nutzen und einen Hochschulsozialpakt folgen lassen. Dieser sollte den Studierendenwerken die Möglichkeit geben, die soziale Infrastruktur an den Hochschulen zu erweitern und zu modernisieren, für offene und soziale Hochschulen.
Und trotz allem, Frau Ministerin, auch wenn Sie nicht mehr mit mir oder mit uns koalieren wollen und ein wenig die Nase voll haben, wünsche ich Ihnen für Ihre Zeit nach dem Landtag tatsächlich auch alles Gute.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren und AfD! Wir fragen uns heute also im Auftrag der AfD, ob Upload-Filter die Meinungsfreiheit einschränken.
Ich beantworte die Frage einmal wie folgt: Ja, UploadFilter schränken die Meinungsfreiheit ein. Ein Beispiel dafür könnte sein, dass man ein geschütztes Werk zitieren möchte und es keine künstliche Intelligenz der Welt gibt – außer vielleicht die GEMA findet noch irgendwo eine in selbst parkenden Autos –, die das ganz konkret interpre
tieren kann, ob dieses Werk korrekt zitiert wurde oder nicht. Die Folge wäre: Löschung.
Verschärfender als beim Netzwerkdurchsetzungsgesetz findet das dieses Mal sogar schon im Zeitraum vor der Veröffentlichung Anwendung. Ihr Problem bei der AfD – weil Sie gerade so ein bisschen jubelnd zustimmen – ist, dass Sie, sollten Sie Upload Filter tatsächlich ablehnen, sich selbst auch ablehnen müssten.
Denn Sie erfüllen alle Voraussetzungen, um als UploadFilter durchzugehen.
Ich will es Ihnen kurz erklären: Sie wollen Lehrerinnen und Lehrer mit eigener Meinung mundtot machen. Dafür gibt es Ihren Lehrerpranger, nicht wahr?
Alles, was nicht politisch steril oder rechtsoffen ist, wollen Sie verbieten. Dieses Phänomen kann man beispielsweise mit Overblocking bezeichnen.
Sie wollen Menschen, die vor Armut, vor Krieg oder vor Hunger und Verfolgung fliehen, lieber vor der Festung Europa ersaufen sehen. Das könnte man mit Geoblocking übersetzen.
Sie wollen demokratiestützenden und -schützenden Initiativen die Kohle streichen, damit sie nicht mehr in der Lage sind, nachfolgende Generationen gegen menschenverachtenden Nazidreck zu impfen; nennen wir es einfach mal – ich zitiere – „proaktive Mittel zur Verhinderung von Uploads widrigen Inhalts“. Sie wollen Menschen ausweisen – nicht erst, wenn sie etwas verbrochen haben, sondern einfach, weil sie eine andere Hautfarbe haben oder keinen deutschen Pass besitzen.
Sie weichen also im übertragenen Sinne – genauso wie Upload-Filter – vom sogenannten „Notice and take down“-Prinzip ab und kippen nebenbei maßgebliche rechtsstaatliche Funktionsweisen.
Diejenigen, die einen deutschen Pass haben, möchten Sie gegenüber allen anderen bis weit in bedeutende Grundrechte hinein bevorzugen. Im Artikel 13 – neu: 17 – steht ebenfalls etwas von sogenannten kollektiven Lizenzvereinbarungen bzw. von Pauschallizenzen. Ich merke schon:
Sie bekommen Schnappatmung. Sie von der AfD sind Partei gewordene Upload-Filter.
Sie sind Fleisch gewordener Artikel 13, und Sie richten sich – um Ihre Frage noch einmal aufzunehmen – eindeutig gegen Meinungsfreiheit.
Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren und AfD! Die EU-Urheberrechtsreform ist schädlich, sie zerstört die gewachsene Netzkultur, und das, weil Mehrheitsentscheider um Axel Voss mit einer so unfassbaren Ahnungslosigkeit glänzen, dass man sich fragt, ob sie überhaupt „www“ fehlerfrei buchstabieren können. Sie brechen den Koalitionsvertrag der Bundesregierung, sie fädeln einen Kuhhandel mit Frankreich um die Nord Stream 2 Pipeline ein, um dann die Zustimmung durchzubekommen, und winken am Ende diesen Unsinn letztlich durch.
Nun stellt sich die CDU hin und erklärt in Briefen an ehemalige Mitglieder, die ausgetreten sind, dass es ja gar keine Upload-Filter in der nationalen Umsetzung geben wird. Was sie dabei aber verschweigt, ist, dass EU-Recht vorrangig vor nationalem Recht ist. Die Upload-Filter werden kommen und sie sind zwingende Folge einer Haftungsverschiebung hin zu den Plattformbetreibern.
Mehr als 5 Millionen Menschen haben dagegen eine Petition gezeichnet. Am 23. März sind noch 200 000 Menschen dagegen auf die Straße gegangen. Was ist passiert? Aus der CDU heraus wurden diese als Bots und bezahlte Demonstranten beleidigt. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen!
Wenn aber hier in Sachsen ein paar Rassisten spazieren gehen, beklopptes Zeug herumblöken und Wohnungen von Geflüchteten anzünden, dann haben wir im Handumdrehen einen Abschiebegewahrsam und ein grundrechtsfeindliches Polizeigesetz. Sie nehmen den Nazis ja sogar noch die Kreativleistung ab, sich irgendwann vielleicht mal selbst irgendetwas ausdenken zu müssen.
Im Koalitionsvertrag von CDU und SPD steht wörtlich: „Eine Verpflichtung von Plattformen zum Einsatz von Upload-Filtern lehnen wir als unverhältnismäßig ab.“
Was sind Ihre Wahlversprechen, was sind Ihre Vereinbarungen, was sind die Verträge mit Ihnen eigentlich wert? Nichts, gar nichts! Sie lügen, dass keine Upload-Filter kommen sollten. Jetzt kommen sie wahrscheinlich doch, dann lügen Sie, dass die Filter, die kommen, ja nur zum Schutz von Kreativen kommen sollen. Was nun aber um die Ecke kam, ist aus der EU-Kommission die Absicht, jetzt schon Terror-Upload-Filter in den Raum zu werfen. Schon die technische Idee dahinter ist absoluter Müll.
Der damit verbundene Angriff auf rechtsstaatliche Grundsätze ist sogar noch krasser, als anno dazumal mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz.
Am 15. April soll sich die Bundesregierung im EU-Rat abschließend verhalten – wohlgemerkt: wahrscheinlich werden die Agrarministerinnen und -minister darüber bestimmen. Vielleicht haben wir am Ende noch UploadFilter an jeder Milchkanne.
Ich appelliere tatsächlich an Sie: Tun Sie alles Mögliche. Schreiben Sie SMS und Tweets, rufen Sie an, tippen Sie E-Mails, schicken Sie Sprachnachrichten oder, um beim netzpolitischen Horizont der CDU zu bleiben,
schicken Sie ohne Ende Faxe,
schicken Sie berittene Boten, buchen Sie eine Anzeige im Teletext oder lassen Sie ein paar Brieftauben los.
Es darf aber keine Zustimmung geben.
Es darf hierzu keine Zustimmung geben.
Die von der SPD beabsichtigte Protokollnotiz, die zur Zustimmung erfolgen soll, können wir alle sowieso in der Pfeife rauchen. Das wissen wir. Jetzt ist die CDU aber sogar noch dagegen. Liebe SPD, Sie könnten in der GroKo möglicherweise auf Enthaltung pochen.
Meine Damen und Herren! Zum Schluss: Upload-Filter, Polizeigesetz, Terror-Upload-Filter, die Reform des ITSicherheitsgesetzes inklusive Beugehaft zur Passworter
pressung, E-Mail-Blockaden gegen den Sächsischen Landtag – hört, hört!
(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ja! – Robert Clemen, CDU: Das haben Ihre kommunistischen Freunde in China doch schon alles umgesetzt! – Zuruf des Abg. Martin Modschiedler, CDU – René Jalaß, DIE LINKE, hält ein Buch hoch.)
Eine Frage: Kennen Sie das hier?
Das ist das Buch „1984“ von George Orwell. Ich lege Ihnen das Werk ans Herz.
Machen Sie sich einfach einmal ein Zukunftsbild von Ihrer Politik.
Vielleicht kann ich das Buch auch einmal zu Protokoll geben.
Vielen Dank.
Nein?
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren und AfD! Unser Gesetzentwurf zum Hochschulselbstverwaltungsgesetz steht heute zur Abstimmung. Was bisher geschah: Zur Landtagswahl 2014 sind SPD, GRÜNE und LINKE mit der Forderung angetreten, das Hochschulfreiheitsgesetz zu novellieren. Auch die Staatsministerin hat dieses Vorhaben 2016 noch einmal bekräftigt und eine Novellierung angekündigt. Bis auf kleinere Anpassungen nach Änderungen auf Bundesebene ist nichts passiert. Fast zwei Jahre liegt unser Gesetz nun vor und auch die GRÜNEN hatten einen eigenen Entwurf eingebracht. Von der Koalition kam nichts, und das wird wohl auch bis zum Ende der Legislaturperiode nicht passieren.
Aber zum Glück haben Sie ja uns. Was wollen wir? – Unser Gesetzentwurf ist wegweisend und eröffnet den Hochschulen die Möglichkeit, wirklich selbstverwaltet ihre Aufgaben wahrzunehmen und ihre Entwicklung eigenständig zu gestalten. Wir schaffen endlich wieder die im sogenannten Hochschulfreiheitsgesetz suggerierte Autonomie und stärken die Idee der Gruppenuniversität. Unser Gesetzesvorschlag orientiert sich nicht an wirtschaftlichen Effizienzzwängen, im Gegenteil, wir wollen das Mantra der unternehmerischen Hochschule überwinden, wir wollen demokratischere, offene, freie und vielfältige Hochschulen. Grundsätzlich muss sich das Verständnis von Hochschule von ihren Aufgaben, von ihrer internen Struktur und von den Mitbestimmungsmöglichkeiten her ändern. Unser Gesetz gibt dafür den Anstoß.
Die Diskussion über den Gesetzentwurf in den Rektoraten, mit den wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den Studierendenvertretungen und vielen weiteren Akteuren haben uns in unserem Vorhaben grundsätzlich ermutigt. Vor allem haben uns die Reaktio
nen gezeigt, dass es unbedingt notwendig ist, die Abhängigkeitsverhältnisse im akademischen Betrieb zwischen wissenschaftlichen Mitarbeitern und den Lehrstühlen aufzuheben. Es bedarf vielmehr eines kollegialen Verhältnisses. Dies wird beispielsweise schon an der Uni Leipzig praktiziert. Klar ist, dass dies nicht von heute auf morgen umsetzbar ist, aber das muss es auch nicht. Wichtig ist vielmehr, dass Sachsen hier überhaupt aktiv wird.
Eine Umwandlung der sogenannten Ordinarien-Universität hin zum Department-Modell lehnt die Koalition strikt ab. Dabei ist das längst internationaler Standard. Antiquiert und rückschrittlich ist folglich nicht die in diesem Gesetzentwurf angestrebte Strukturreform, sondern das Beharren auf herkömmlichen Formen.
Für die Hochschulen bietet das die Möglichkeit, unbefristete Arbeitsverhältnisse als Regel und nicht als Ausnahme zu schaffen. Dass dies gewollt und notwendig ist, zeigen vielfältige Kampagnen der Mittelbauinitiativen und der Gewerkschaften in Sachsen und auf Bundesebene. Für diejenigen unter Ihnen, die mit dem Internet mehr anfangen können als es kaputtzureformieren, sind Hashtags wie „Frist ist Frust“, „unbezahlt“ oder „Ausstieg Hochschule“ – ein guter Anfang. Schauen Sie dort einmal hinein. Oder gönnen Sie sich die wenigen Minuten und sehen sich das neueste Video meiner Fraktion an. Das finden Sie bei Facebook, Twitter und auf YouTube. Dort erklären wir auch Ihnen die ausbeuterische Situation im akademischen Mittelbau.
Neben den Beschäftigten im Mittelbau bringt unser Gesetzentwurf den Studierenden die Möglichkeit, gleichberechtigt mitzubestimmen und mitzugestalten. Nicht nur das Kreuzwahlrecht, sondern auch die Einführung eines studentischen Prorektors, einer studentischen Prorektorin, die Erweiterung des hochschulpolitischen Mandates der verfassten Studierendenschaft sowie die Abschaffung der unsäglichen Austrittsoption stärken die studentische Vertretung auf allen Ebenen der Hochschule. Man muss sich einmal vor Augen führen, wer eigentlich die größte
Mitgliedergruppe an den Hochschulen ist. Das sind nicht die Professoren und Professorinnen, sondern die Studierenden. Aber genau diese Gruppe hat die geringsten Mitbestimmungsmöglichkeiten.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass wir für die Hochschulen die Möglichkeit schaffen, sich eigenständig eine Zivilklausel zu geben. Das ist mitnichten realitätsfern, wie eine aktuelle Umfrage unter den Studierenden an der Uni Leipzig gezeigt hat. Ein Blick in andere Bundesländer oder in die Grundordnung einiger weniger sächsischer Hochschulen zeigt, dass Zivilklauseln schon Realität sind. Um ein anderes Beispiel zu nennen, die JohannWolfgang-von-Goethe-Universität in Frankfurt am Main: Laut Beschluss des Senats im März 2013 dienen – Zitat: „Lehre, Forschung und Studium an der GoetheUniversität zivilen und friedlichen Zwecken“.
Was in Sachsen als Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit gilt – die Forschung zu friedlichen Zwecken –, ist in anderen Ländern längst gang und gäbe. Die Hochschulen können Friedensbeauftragte benennen, die sicherstellen sollen, dass die Annahme von Drittmitteln, die eine nicht zivile Nutzung von Forschungsergebnissen zum Inhalt haben, transparent gemacht wird. Dann kommt das Argument, dass beispielsweise an der TU Dresden 5 000 Anträge zu prüfen wären. Ich halte dem einmal die These entgegen, dass sich bei einer angemessenen Grundfinanzierung der Hochschulen die traurige Abhängigkeit von Drittmitteln und damit der Prüfaufwand vielleicht in einem überschaubaren und der Wissenschaftsfreiheit zuträglicheren Rahmen bewegen würden.
Im Ausschuss wurde so gern darauf hingewiesen, dass in der Anhörung ganz tolle Kritik geäußert wurde und Sie deshalb ganz und gar nicht zustimmen könnten, weil diese Kritikpunkte nicht ausgeräumt wären. Vielleicht können Sie – aber nur, wenn Sie wirklich mögen und wenn Sie diese Position ernsthaft und nicht nur nach Thema vertreten – gleich noch dazu Stellung nehmen. Interessant ist nämlich, ob Sie die gleiche Position nach den vernichtenden Kritiken in den Anhörungen heute auch einige Tagesordnungspunkte weiter beim Polizeigesetz beziehen. Oder ist das nicht so wichtig, weil es dabei nur um einige Grundrechte geht?
Meine Damen und Herren! Wir wollen gute Hochschulen für alle. Die angebliche Balance des bestehenden Hochschulsystems fußt auf der Ausbeutung, auf fehlender Mitbestimmung und auf der Ignoranz gegenüber Problemlagen der Mitgliedergruppen, vor allem gegenüber denen, die sich nun mal nicht Hochschullehrerin oder Hochschullehrer nennen. Unser Gesetz bietet noch etliche andere Vorteile und Verbesserungen, wie beispielsweise das Promotionsrecht für Hochschulen für Angewandte Wissenschaften.
Wir wollen mit diesem Gesetz die Rahmenbedingungen für eine solidarische und fortschrittliche Hochschule in Sachsen schaffen. Wir sind heute bereit, dies mit Ihnen anzupacken. Sie sind herzlich eingeladen. Nutzen Sie die Chance und stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu.
Vielen Dank.
Kollege Stange, kannst du mir vielleicht noch einmal darlegen, wenn die Kriminalstatistik rückläufig ist, welche tatsächliche Notwendigkeit für ein solch überzogenes Polizeigesetz im Raum steht?
Ja, Herr Präsident. Mir stellen sich tatsächlich noch einige Nachfragen.
Wenn die Kriminalstatistik das nicht hergibt, Herr Kollege Stange, gibt es aus der Anhörung dann wenigstens kriminologische Begründungen? Oder gibt es größere Bedenken, die hier tatsächlich nicht berücksichtigt werden?
Vielen Dank, Herr Präsident!
Kollege Stange, nachdem mehrere Tausend Menschen –
– mehrmals in Sachsen erfolglos demonstriert hatten, können Sie sich und mir vielleicht erklären und auch diesem Hause, warum es offensichtlich in Sachsen einfacher ist, politische Veränderungen durchzuführen, wenn ein paar Leute spazieren gehen, bisschen wirres Zeug herumschreien, Geflüchtetenwohnungen anzünden, anstatt wenn sie wohlbegründet, oft und zu vielen Tausenden spazieren oder demonstrieren gehen?
Das ist schön.
Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Auch ich gebe eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten ab.
Als Sozialarbeiter trete ich zunächst uneingeschränkt und solidarisch für die Interessen meiner Klientinnen und Klienten ein. Das birgt Konfliktpotenzial – zum einen, weil möglicherweise meine eigenen Ansichten den Zielen bzw. Intentionen der Klientinnen und Klienten entgegenstehen, zum anderen aber auch, weil deren Ziele sowie die Ideen, Anliegen und Zielstellungen des Staates und der Gesellschaft an sich miteinander in Einklang zu bringen sind.
Diese Konflikte aufzulösen ist eine Aufgabe von sozialer Arbeit, und wenn man sich ständig damit herumschlagen muss, dass jede Anstrengung auf Kosteneffizienz geprüft wird, dann ist das schon mühsam genug. Wenn es aber zu hegemonialen Deutungsstreits kommt, wenn soziale
Arbeit instrumentalisiert wird oder lediglich die schnelle Feuerwehr spielen darf, dann wird es umso kritischer.
Das nun beschlossene Polizeirecht greift an dieser Stelle umso intensiver ein. Soziale Arbeit ist Vertrauensarbeit. Ihre Erfolge sind nicht immer sofort in Zahlen messbar. Es braucht meist viel Zeit, um Veränderungen herbeizuführen, und es geht darum, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen und die verschiedenen Interessen der Klientinnen und Klienten, der eigenen Profession und der Gesellschaft in Einklang zu bringen.
Welchen Anspruch an das Vertrauen der Menschen hat soziale Arbeit denn noch, wenn diejenigen, denen man sich anvertraut, von der Polizei abgehört werden dürfen – ohne jede Berechtigung durch die Polizeiliche Kriminalstatistik, ohne kriminologische Begründung, ohne verfassungsrechtlich robusten Rückhalt? Dieses Gesetz ist der Gefährder an sich, und ich denke, dass es ein so substanzieller Angriff auf die soziale Arbeit in Sachsen ist, wie es vermutlich nur noch zuletzt der radikale Kürzungshammer unter Schwarz-Gelb war. Deshalb habe ich mit Nein gestimmt – aus tiefster Überzeugung.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren und AfD! Die Message dieses Antrags, obwohl es dabei zum großen Teil nur um einen Bericht geht, ist gelinde gesagt fatal. Die Hochschulen haben drei Aufgaben bzw. Missionen. Die erste Mission ist die Forschung, die zweite die Lehre und die dritte Mission die gesellschaftliche Verantwortung der Hochschulen. Um diese geht es scheinbar in diesem Antrag. Im Hochschulentwicklungsplan heißt es dazu: „Die Hochschulen stärken Demokratie und Zivilgesellschaft.“ Frau Kollegin Fiedler versuchte, es heute zumindest schon einmal kurz anzureferieren.
Diese grundlegende Idee, eine Hochschule zu gestalten, die in die Gesellschaft hineinwirkt und gesellschaftliche Entwicklung vorantreibt, ist zu begrüßen. Doch in dem hier vorgelegten Antrag wird schon im Titel „Sachsens Hochschulen als Keimzelle von Innovation und Unternehmertum“ deutlich, dass die Koalition unter dritter Mission etwas anderes versteht, als sie eigentlich ist. Es sollte um die Hochschule und deren Rolle in der Gesellschaft gehen, um ihre soziale Verantwortung. Auf diesen wesentlichen Aspekt wird aber nur verknappt unter II. Nr. 4 eingegangen, und in der Begründung lesen wir, auch da geht es nur um Geschäftsideen.
Im Wesentlichen geht es Ihnen doch wieder nur um Quantität statt Qualität. Die Zahl der Ausgründungen und deren wirtschaftlicher Nutzen für die Hochschulen stehen im Vordergrund. Eine Hochschule ist aber keine Holding, kein Unternehmen und sollte das auch nicht sein. Wir als LINKE sprechen uns ganz klar gegen das wissenschaftsunfreundliche Leitbild einer unternehmerischen Hochschule aus.
Die dritte Mission lässt sich als Schnittmenge dreier Bereiche auslegen. Da wäre der wissenschaftlichakademische Bereich mitsamt seinen Ressourcen, also Lehre, Forschung, Studierende etc. Da wäre der Bereich der gesellschaftlichen Entwicklung. Stichworte wären hier Nachhaltigkeit, Mitbestimmung oder zum Beispiel Diversity-Management und der Bereich der externen Adressatinnen und Adressaten, etwa über Sponsoring, Werbung, Alumni-Netzwerke usw. Das bedeutet, dass die
dritte Mission durch Interaktion mit Akteurinnen und Akteuren außerhalb der akademischen Sphäre geprägt ist, sich gesellschaftlicher Entwicklungsinteressen bedient, die durch die zwei grundlegenden Aufgaben der Hochschule, nämlich Lehre und Forschung, nicht abgedeckt werden können und dass auf Ressourcen von Lehre und Forschung zurückgegriffen wird.
Nach diesem Maßstab sind Aufgaben und Aktionen zu bewerten, wenn es um die dritte Mission an den Hochschulen geht. Ein Beispiel dafür wären Maßnahmen der Hochschulen, die Chancengleichheit beim Zugang zu Bildung herzustellen. Hier wird nämlich eine unterrepräsentierte Gruppe potenzieller Studieninteressierter angesprochen. Es wird damit ein gesellschaftliches Interesse bedient, und eben diese Maßnahmen können nicht durch andere Institutionen, sondern nur durch das Hochschulsystem selbst umgesetzt werden. Diese Form der Innovation kommt aber im Antrag nicht vor.
Wenn der Koalition die Hochschulen als Keimzellen von Innovation und Unternehmertum so wichtig wären, könnte sie doch erst einmal für bessere Voraussetzungen sorgen; denn solche Maßnahmen, wie sie in Ihrem Antrag zur Motivation von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern gefordert werden, erreicht man zuerst, wenn man für gute Arbeitsbedingungen im Mittelbau sorgt, und die sind aktuell mehr als unterirdisch. Sollten Sie da eventuell immer noch Aufholbedarf haben, empfehle ich Ihnen heute schon zum zweiten Mal das neue Erklärvideo meiner Fraktion – zu finden auf Facebook, Twitter und YouTube.
Entlasten Sie bitte zuerst diejenigen, auf deren Arbeit der übergroße Teil dieses Erfolgs beruht. Da wären wir wieder beim Hochschulentwicklungsplan. Dort lesen wir auf Seite 30: „Zur Gewinnung bzw. Bindung von Studierenden und Mitarbeitern, insbesondere jungen Nachwuchswissenschaftlern, sowie zur Dämpfung der Abwanderungsneigung schaffen Hochschulen attraktive Studien- und Arbeitsbedingungen und ein familienfreundliches Klima.“
Der vorliegende Antrag will diesen Anspruch überspringen – zulasten der Freiheit der Hochschulen und der dort Beschäftigten. Wir lehnen ihn deswegen ab.
Vielen Dank. Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen und AfD!
Ihr Antrag zeigt zunächst: Sie lesen meine Kleinen Anfragen und arbeiten damit. Das ist gut.
Dann sind Sie abgelenkt und hetzen kurz einmal nicht gegen Geflüchtete. So viel zum Positiven.
Sie stellen den Antrag, die Staatsregierung möge berichten. Schon in der Antwort zu meiner Anfrage wurde festgestellt: „Studierende, die ihr Studium abbrechen, werden bislang in keiner amtlichen Statistik erfasst, weil dazu die gesetzlichen Grundlagen fehlten. Wenn die Neuerungen des novellierten Hochschulstatistikgesetzes greifen, wird erwartet, dass dann entsprechende Zahlen im Rahmen der Studienverlaufsstatistik vorliegen werden.“ Das betrachte ich also zunächst als erledigt.
Zu Ziffer 2: Dass ausgerechnet die AfD eine Studie einfordert, mahnt dann aber doch zur Vorsicht. Über die Mitte-Studie der Universität Leipzig twitterte Ihr „Parteistorch“ beispielsweise: „ein schönes Beispiel für ideologisch beeinflusste Pseudoforschung zur Verblödung der Massen“.
Durch Studien erhalten wir wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse. Das ist grundsätzlich eine feine Sache. Aber was passiert, wenn die Ergebnisse einer solchen Studie dann wieder nicht in das Weltbild der AfD passen?
Zu Ziffer 3: Das Image bzw. die Wertschätzung des Berufs der Lehrerinnen und Lehrer – Sie hatten in Ihrem Antrag übrigens die Lehrerinnen vergessen – soll unter Abiturientinnen und Abiturienten verbessert werden. Deshalb soll eine Arbeitsgruppe gegründet werden. In dieser Arbeitsgruppe sind dann aber gar keine Abiturientinnen und Abiturienten vorgesehen. Auch die Aufgaben der Arbeitsgruppe beinhalten keine Auseinandersetzung mit den Erwartungen der Schülerinnen und Schüler an das Studium. Im Gegenteil, es soll sogar geprüft werden, ob nicht verbindliche Zulassungsprüfungen eingeführt
werden sollen – eine weitere Hürde, die zu den bestehenden hinzukäme. Na, herzlichen Glückwunsch! An welchem Lack muss ich eigentlich schnüffeln, um irgendwann hinter Ihre Logik zu steigen?
Sie wollen Studienabbruchquoten im Lehramtsstudium senken. Studienabbrüche sind grundsätzlich immer bedauerlich, nicht nur im Lehramtsstudium. In jeder Debatte, welche die Gründe für Studienabbrüche zum Thema hatte, sind Sie Teil des Problems. In jeder Debatte geht es Ihnen um die Leistungsorientierung. Sie wollen weder ein gerechtes BAföG noch eine Senkung des Leistungsdrucks auf die Studierenden. Das Konstrukt der Regelstudienzeit wird von Ihnen ebenfalls nicht hinterfragt.
Ganz im Gegenteil finden Sie es dufte – haben wir beim letzten Mal gehört –, wenn Studierende neben dem Studium noch arbeiten gehen müssen. Wir seien hier ja schließlich eine Leistungsgesellschaft. Das ist Schwachsinn und offenbart nur die elitäre Ideologie, die hinter diesem Antrag steckt. Aber nicht mit uns! Wir wollen offene und vielfältige Hochschulen für alle.
Zu guter Letzt frage ich zur Sicherheit noch einmal nach: Sie wollen das Image des Lehrerinnen- und Lehrerberufs in Sachsen steigern, ja? Sie wollen zu diesem Beruf motivieren? Ist das so? Korrigieren Sie mich, wenn ich meilenweit danebenliegen sollte. Aber dieses denunziatorische Hetzportal, dieser Lehrerpranger wird laut Impressum von Ihnen betrieben. Ist das korrekt?
Nein?
Nicht schlecht. Ich fasse also zusammen: Ihr Antrag ist schlichtweg ein abgrundtiefes Lügenwerk, pure Heuchelei. Sie schlagen mit Ihrer Politik allen Studierenden – nicht nur im Lehramt – mit Anlauf ins Gesicht.
Jetzt werden Sie es vielleicht schon erraten haben: Wir lehnen Ihren Antrag ab. Sorry, not sorry.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren und AfD! BAföG-Reform, das ist eine nette Debatte über Bundesrecht. Das finde ich grundsätzlich gut, weil in Sachsen viele Menschen potenziell davon betroffen sein können. Vielleicht sollten Sie sich das für Ihre nächsten spöttischen Bemerkungen aufheben, wenn wir über Hartz-IV-Beantragung oder Krieg und Frieden reden. Aber reden wir mal über die BAföG-Novelle.
Ad 1, der Bedarfssatz. Geplant ist die Anhebung um 20 Euro und ein Jahr später noch einmal um 8 Euro. Das holt nicht einmal im Ansatz den bisherigen Rückstand zu den Lebenshaltungskosten auf. Dieser Punkt ist schon mal ein Rohrkrepierer für sich.
Ad 2, die geplanten Freibeträge, Eltern, Partner, Kinderfreibeträge etc. Zum Beispiel sollen die Elternfreibeträge von 1 835 auf 2 000 Euro steigen. Das ist nett gemeint, aber leider keine tatsächliche Trendwende. Eine sofortige Anhebung und gleichzeitig dynamisierte Anpassung an die Inflationsrate wäre vielleicht ein bisschen was gewesen. So wird sich der Kreis der Profiteure nicht erheblich weiten.
Ad 3, die Wohnpauschale. Kopf braucht Dach, aber das Dach muss bezahlbar bleiben. Eine Anhebung der Pauschale auf 325 Euro ist vorgesehen. Nun ist das Bundesrecht. Möglicherweise mag man sich in Greifswald darüber freuen und in ein paar Teilen von Sachsen vielleicht auch noch, aber Sie bekommen in vielen Teilen Deutschlands nicht einmal ein einzelnes der günstigsten Zimmer für diesen Preis. Das ist eine Situation, auf die wir beispielsweise in Leipzig schnurstracks zusteuern. Das deutsche Studentenwerk hat erhoben, dass der Durchschnitt für alleinlebende Studierende in dem Bereich bereits bei 368 Euro liegt. Das ist geförderte wirtschaftliche Selektion im Bildungssektor: die Top-Unistädte den Reichen, und der Pöbel darf dann in die günstigen Rand
gebiete. Das ist die Entwicklung, die Ihre Kolleginnen und Kollegen im Bund damit fördern. Das ist die neoliberale Denke, die dahintersteckt.
Ad 4, die Förderhöchstdauer. Der Fixpunkt für die Förderungsdauer ist nach wie vor die Regelstudienzeit. Das sollte höchstens als Empfehlung für die Studierbarkeit eines Studiengangs gelten und alles, was darüber hinausgeht, ist lediglich Druckmittel gegen Studierende. Die Regelstudienzeit ist im Grunde Gängelung ohne Beachtung von besonderen Lebenslagen. Wir reden allein in Sachsen von über 100 000 besonderen Lebenslagen.
Ad 5, die Rückzahlung oder auch Darlehensrückführung. Da wird es etwas kompliziert. Man könnte in dem Bereich kurz den Eindruck bekommen, dass es hier um eine wirkliche Reform geht. Für Schuldner ändert sich aber de facto unter dem Strich wenig. Ein Schuldenschnitt nach 20 Jahren ist grundsätzlich nicht verkehrt, aber die monatliche Mindestrate für Rückzahlung auf 130 Euro zu erhöhen finde ich gelinde gesagt frech. Die Voraussetzungen für geringere Raten sind zu schwierig, als dass sie noch einen größeren Empfängerinnen- und Empfängerkreis erschließen würden.
Man soll nun 77 Raten à 130 Euro zahlen, das macht summa summarum 10 010 Euro. Damit hat man quasi im Vorbeigehen – Herr Mann hat es schon erwähnt – die heilige Kuh des 10 000-Euro-Schuldenlimits notgeschlachtet. Unterm Strich bleiben vor der Beantragung immer noch die Überlegung und die Angst, dass man am Ende vor einem erheblichen Schuldenberg steht – dafür, dass man studiert, einen Beruf erlernt, sich kritisch mit der Entwicklung der Gesellschaft auseinandergesetzt, geforscht und möglicherweise Dinge entwickelt hat; also dafür, dass man Teil des gesellschaftlichen Fortschritts war.
Ad 6. Der Förderbeginn ist auf den Studienbeginn festgenagelt. Wer im Vorfeld Kosten hat, hat nach wie vor Pech. Die Wohnungskaution, die erste fällige Miete, Lernmaterial, ÖPNV-Tickets, Nahrung, der Semesterbeitrag oder einfach nur saubere Schlüppi. Das fällt vor dem ersten Semestertag an. Das ist so.
Na ja, gut.
Das habe ich berücksichtigt. Ich würde aber in der zweiten Runde noch einmal darauf eingehen, was wir wirklich dufte finden.
Ad 7. Ich hätte tatsächlich noch drei, vier Punkte, aber die Zeit sitzt mir gewissermaßen im Nacken. Ich komme – wie gesagt – in der zweiten Runde nochmal darauf zurück und erzähle Ihnen, was wir tatsächlich dufte gefunden hätten, dass wir vielleicht über eine wirkliche Reform reden können. Sie, Herr Mann, hatten sich das gewünscht; Sie können dann gern ein bisschen mitmeißeln.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren und AfD! Runde zwei: Sie hatten um Impulse gebeten, wie wir uns ein schönes BAföG vorstellen. Zunächst: Das BAföG muss ein elternunabhängiger Vollzuschuss sein, der nicht zurückgezahlt werden muss. Punkt. Der BAföG-Fördersatz für den Grundbedarf muss auf 560 Euro erhöht werden, um das soziokulturelle Existenzminimum auch für Auszubildende zu gewährleisten. Damit sind wir übrigens näher an der Forderung des Studentenwerks als Schwarz-Rot. Perspektivisch fordern wir einen BAföG-Höchstsatz von 1 050 Euro, eine monatliche Pauschale von 120 Euro für ausbildungsbedingte Ausgaben, die Übernahme der tatsächlichen Kranken- und Pflegeversicherungskosten, die Erhöhung der Wohnpauschale auf mindestens 370 Euro und die Anpassung der Pauschale auf das jeweilige Mietniveau in den Regionen.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung windet sich ein wenig mit der Ausrede heraus, dass es schwierig ist, regionale Unterschiede im Verwaltungshandeln abzubilden. Ich bitte Sie! Währenddessen diskutierte Schäuble schon regional unterschiedliche Einkommensteuersätze und wir sind in Deutschland sogar in der Lage, Weihnachtsbäume auf verschiedene Art zu besteuern.
Der Kinderbetreuungszuschlag muss erhöht werden. Der Fördersatz braucht grundsätzlich eine Dynamisierung und eine Anpassung an die durchschnittlichen Armutsrisikogrenzen. Die Berücksichtigung des Einkommens von Ehegattinnen und Ehegatten, eingetragenen Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern muss entfallen.
Nein, jetzt nicht. – Unterhaltsansprüche sind ohne Berücksichtigung des BAföGAnspruchs zu berechnen. Die Förderung durch das BAföG muss bereits vor dem Studium beginnen. Das habe ich vorhin bereits erwähnt; denn auch schon vorher müssen Semesterbeiträge, Vorkurse, Fahrtkosten etc. bezahlt werden.
Die Förderhöchstdauer darf sich nicht an der Regelstudienzeit orientieren. Das BAföG sollte Bologna-tauglich sein, das heißt, alle Masterstudiengänge müssen uneingeschränkt gefördert werden – auch mit Unterbrechungen.
Eine Abschaffung der Altersgrenzen wäre schön – wir reden immer von lebenslangem Lernen – und Auslandsförderung für ein gesamtes Studium im Bologna-Raum. Grundsätzlich sollte das Teilstudium – das wurde auch mehrfach erwähnt – förderfähig sein und BAföG – jetzt halten Sie sich da drüben etwas fest – sollte natürlich auch für Personen mit Duldung oder Aufenthaltserlaubnis gewährt werden.
Last, but not least wäre eine Angleichung der Förderkonditionen der Berufsausbildungsbeihilfe an das BAföG sinnvoll.
Das wäre eine Reform. Das wäre bedarfs- und realitätsorientiert. Das wäre zukunftsfest,
progressiv und modern, aber so, wie die Sachlage im Moment ist, wird es kein Erfolgsrezept. Sorry, not, sorry.
Ich muss am Ende die pure Arroganz, die aus der fehlenden Einbindung der Studierenden- und Schülerinnen- und Schülervertretungen in Beteiligungsverfahren oder der Beiratsbesetzung spricht, nicht mehr gesondert hervorheben.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen und AfD! Im Zuge des Medizinstudiums absolvieren die Studierenden ihr Praktisches Jahr an einer Universitätsklinik oder einem Lehrkrankenhaus. Das Ziel des Praktischen Jahres ist in der Approbationsordnung geregelt. Die Studierenden sollen dabei ihre während des vorangegangenen Studiums erworbenen ärztlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten vertiefen und erweitern sowie diese auf den einzelnen Krankheitsfall anwenden.
Im Mittelpunkt der Ausbildung im PJ stehen die Patienten. Die Studierenden sollen ärztliche Verrichtungen unter Anleitung, Aufsicht und Verantwortung der ausbildenden Ärztinnen und Ärzte ausführen, soweit § 3 Abs. 4 der Approbationsordnung. Die Ausbildung im Praktischen Jahr nimmt dabei einen hohen Stellenwert ein, wir hörten es bereits, denn sie ist die Schnittstelle zwischen studentischer Ausbildung, ärztlichem Alltag und Weiterbildung.
In den letzten Wochen und Monaten formte sich zunehmend Protest von Medizinstudenten. Ein Kernpunkt ist dabei die unterschiedliche Aufwandsentschädigung im Praktischen Jahr, wenn sie denn überhaupt bezahlt wird. Man wird im Praktischen Jahr nämlich sehr unterschiedlich vergütet. Der medizinische Berufsverband Hartmannbund gibt an, dass in 111 der 691 Universitätsklinika und Lehrkrankenhäuser in Deutschland überhaupt keine Aufwandsentschädigung geleistet wird. Nur in 56 Lehrkrankenhäusern werden 597 Euro oder mehr bezahlt. Die Hälfte aller Einrichtungen zahlt lediglich zwischen 200 und 400 Euro im Monat. In Sachsen, auch das hörten wir bereits, gibt es höchstens 649 Euro im Klinikum Görlitz. Wer sich beispielsweise für das Elblandklinikum in Meißen entscheidet, erhält 400 Euro. Die Uniklinika in Dresden und Leipzig zahlen nichts.
Oft erhalten Studierende nur Sachleistungen, wie Büchergutscheine oder eine Verpflegungsermäßigung. Hinzu kommt, dass die Studierenden in dieser Zeit nicht nur wenige Stunden in den Uniklinika und Lehrkrankenhäu
sern arbeiten, denn die 40-Stunden-Woche ist im Praktischen Jahr die Regel. Wie sollen sie sich nun in dieser Zeit finanziell über Wasser halten, wenn sie, wie in Leipzig oder Dresden, keine Aufwandsentschädigung bekommen und keinen Anspruch mehr auf BAföG haben, weil das Studium vielleicht etwas länger dauerte? Antwort der Staatsregierung: Tja, keine Ahnung, wissen wir nicht.
Meine Damen und Herren! Genau das ist das Problem, denn viele Studierende, die nicht auf eigene Rücklagen oder die Unterstützung der Familie oder Freunde zurückgreifen können, sind gezwungen, nach einem strapaziösen Arbeitstag in der Klinik zusätzlich arbeiten zu gehen. Für Selbststudium, Vor- und Nachbereitung des Stationsalltags oder Examensvorbereitung bleibt dann kaum noch Zeit. Darunter leiden nicht nur die Leistungen. Durch die Doppelbelastung aus Praktischem Jahr und existenzsichernder Erwerbsarbeit steigt auch das Risiko für psychische und physische Erkrankungen der Studierenden. Diese ausbeuterische Situation muss endlich abgeschafft werden.
Wir schließen uns deshalb der Position der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland BVMD an, Studierende im Praktischen Jahr sind keine kostenlosen Stationshilfen. Deshalb muss sich endlich etwas ändern, meine Damen und Herren.
Die Staatsregierung kann die Verantwortung hier auch nicht nur auf die Kliniken oder die Hochschulen schieben oder, wie wir auch schon gehört haben, dies sozusagen den Markt regeln lassen, sondern muss dafür sorgen, dass bundesweit der BAföG-Höchstsatz als Mindestaufwandsentschädigung im Praktischen Jahr gezahlt wird. Die LINKE fordert dabei für eine tatsächliche Trendumkehr in der Studienfinanzierung einen BAföG-Höchstsatz von 1 050 Euro, und bevor Sie nun schnappatmen, sei Folgendes gesagt: Wir befinden uns hiermit noch weit unter der Forderung des Deutschen Ärztetags, der sogar 1 500 Euro veranschlagt hat. Aber nach oben machen wir natürlich keine Vorschriften.
Wir wollen, dass für alle über 25-Jährigen zusätzlich der Krankenversicherungsbeitrag übernommen wird, dass es eine einheitliche ausreichende Gewährung von Krankheits- bzw. Urlaubstagen gibt, dass ein angemessener Freiraum für Lehrveranstaltungen und Selbststudium während des Praktischen Jahres berücksichtigt wird und dass Arbeitskleidung und Materialien sowie Aufbewahrungsmöglichkeiten für Kleidung und persönliche Gegenstände überhaupt einmal bereitgestellt werden.
Dieser letzte Punkt mag neben den finanziellen Aspekten vielleicht marginal erscheinen. Aber stellen Sie sich einmal vor, Sie würden sich hier im Flur umziehen und Ihre Privatsachen einfach in irgendeine unbeobachtete Ecke stellen müssen! Das ist im PJ die Realität, und das geht einfach nicht.
Meine Damen und Herren, der Ärztemangel in Sachsen ist so hoch wie nie. Mit verschiedenen Lockangeboten sollen Studierende und ausgebildete Ärzte und Ärztinnen im Land gehalten werden. Aber vielleicht fangen wir erst
einmal bei den grundsätzlichen Rahmenbedingungen an und sorgen dafür, dass sich Studierende am Ende ihres Studiums nicht noch haushoch verschulden oder krankheitsbedingt ihr Studium vielleicht sogar abbrechen müssen. Da spielt es keine Rolle, ob Großstadt oder ländlicher Raum – es geht hier um eine grundsätzliche Existenzsicherung für alle.
Die Vertretung der Medizinstudierenden in der Universität Leipzig betont: „Oberstes Kriterium bei der Wahl des Standortes für das Praktische Jahr sollte gute Lehre sein. Das kann nur gegeben sein, wenn Studierende einheitlich finanziell unterstützt werden und bei der Auswahl nicht gezwungen sind, sich nach Aufwandsentschädigungen zu richten, um ihren Lebensunterhalt zu sichern.“
Im Masterplan Medizinstudium 2020 wurde diese Chance vertan, jahrelang debattiert, nicht ausreichend finanziert, und nach der Expertenkommission soll nun ein Beirat bei der Umsetzung aushelfen. Was alle nie mitdachten, sind die grundlegendsten Bedürfnisse der angehenden Medizinerinnen und Mediziner. Über eine entsprechende Änderung der Approbationsordnung besteht aber durchaus noch viel Raum für Nächstenliebe, meine Damen und Herren, und da kann man sich auch von hier aus mal in Richtung Bundesebene strecken.
Wir hochschul- und wissenschaftspolitischen Sprecherinnen und Sprecher der LINKEN aus den Ländern und dem Bundestag haben unsere Position in einem gemeinsamen Papier aktuell zum Ausdruck gebracht, und ich danke den GRÜNEN für diese parlamentarische Initiative. Dieser Antrag ist richtig, er ist wichtig, und wir werden ihn sehr gern unterstützen. Das sollte auch nicht als abschließend verstanden werden; denn ähnlich prekäre Zustände finden wir beispielsweise auch bei angehenden Psychotherapeuten und -therapeutinnen.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren und AfD! Herr Clemen, es tut mir leid, Sie müssen noch einmal ganz kurz ganz stark sein.
Der vorliegende Gesetzentwurf ist nach unserem eigenen nun ein zweiter Anlauf zur Änderung des Hochschulfreiheitsgesetzes in dieser Legislaturperiode, noch ein Versuch, die sächsischen Hochschulen dabei zu unterstützen, endlich selbstverwaltet und autonom agieren zu können. Derweil schläft die Regierung weiter den Schlaf der Gerechten.
Ich möchte auf die wesentlichen Forderungen eingehen, die auch für uns ein wichtiger Schritt hin zu wirklich freien, demokratischeren und vielfältigen Hochschulen wären. Wir unterstützen es, die Entscheidungsgremien wie Fakultätsrat, Senat und Erweiterten Senat paritätisch zu besetzen. Alle Mitglieder an den Hochschulen, das heißt Studierende, künstlerische und wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Hochschullehrende sowie die sonstigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
müssen gleiches Stimmrecht erhalten. Das wäre doch schon mal ein guter Anfang.
Diejenigen in diesem Hause, die immer den Habitus der Mehrheitsmacht vor sich hertragen, werden das sicher verstehen. Es wäre doch vielmehr ein Festival der Demokratie, wenn die Lehrenden gleichberechtigt mit den Studierenden an einem Tisch sitzen dürften. Warum soll denn ausgerechnet die größte Mitgliedergruppe den geringsten Einfluss in der Hochschule haben? Folgerichtig ist es dann auch, dem Senat wieder mehr Kompetenzen zu übertragen. Bei den studentischen Prorektoren und Prorektorinnen hätten wir uns über eine generelle Einführung gefreut,
statt nur einer Kannbestimmung. Die Hochschulräte können aus unserer Sicht komplett weg. Dieser Ausfluss des radikalen neoliberalen Umbaus der Hochschulen in den letzten Jahrzehnten ist dann doch eher so nützlich wie ein Loch im Kopf.
Die Austrittsoption aus der verfassten Studierendenschaft ist Blödsinn und muss raus aus dem Gesetz. Auch hier finden wir uns wieder. Hier und heute ist es zudem zwingend notwendig, das politische Mandat der Studierendenvertretung zu erweitern. Auch an den Hochschulen existiert Rassismus, existieren Ideologien der Ungleichwertigkeit, und von außen mischt sich nun eine verkommene Faschistenpartei ein,
für die das Grundgesetz einer linksextremistischen Hetzschrift gleicht. – Habe ich Sie jetzt getriggert?
Meine Damen und Herren! Gute Arbeit in der Wissenschaft durch Mindestvertragslaufzeiten und den Kampf gegen Befristungen finden wir richtig. Diese elende Ausbeutung von Menschen im Wissenschaftsbetrieb muss verdammt noch mal endlich aufhören!
Der Mittelbau trägt einen Großteil der Leistung weg, und viele hochqualifizierte Beschäftigte wissen heute nicht einmal, ob sie nächstes Jahr zu Weihnachten noch einen Job haben.
Die Abschaffung des Lehrstuhlprinzips finden Sie bereits in unserem Entwurf. Das ist uns ebenfalls ein wichtiges Anliegen. Das Lehrstuhlprinzip ist nicht mehr zeitgemäß und stellt eine Gefahr für die Zukunftsfähigkeit unserer Hochschulen sogar im internationalen Vergleich dar. Det kann ja nu och keener woll‘n, wa?
Um Studienqualität und Studienbedingungen zu verbessern, soll eine Akkreditierungspflicht eingeführt werden,
und alle Studiengänge sollen in Teilzeit studierbar sein – gute und wichtige Punkte. Für den Nachweis der Prüfungsunfähigkeit soll der Krankenschein ausreichen. Für Letzteres hat sich auch schon die LRK ausgesprochen. Auch bei mir und meiner Fraktion trifft das auf vollste Zustimmung, logisch; denn Studierende unter den Generalverdacht der Faulheit zu stellen und das mit Schikanen wie dem Zwang zur Offenlegung der Symptome zu begleiten, ist nichts weiter als eine bodenlose Frechheit.
Zum Thema Studiengebühren kann ich nur sagen: Bildung ist Menschenrecht, und Menschenrechte haben kein Preisschild. Wir wollen allerdings auch die Gebühren für das Zweitstudium abschaffen, Stichwort: lebenslanges Lernen.
In Zukunft sollten wir, statt Langzeitstudiengebühren zu erheben, vielleicht auch einmal grundsätzlich die Regelstudienzeit an sich infrage stellen. Statt aufdringliche Krankheitsnachweise zu erfinden, könnten wir auch die Dreiversuchsregel abschaffen. Das nähme Druck von den Studierenden. Das verhindert Studienabbrüche.
Herr Patt, vor einigen Jahrzehnten konnte man „Regelstudienzeit“ noch nicht einmal buchstabieren. Die gab es nicht.
Meine Damen und Herren! Gleichstellung, Inklusion und Diversity – wir hinken hier in Sachsen bei der Erfüllung dieses gesellschaftlichen Auftrags hinterher. Diesen Bereichen zu mehr Kraft und Durchsetzung zu verhelfen findet ebenfalls unsere Zustimmung. Hier braucht es ausfinanzierte Beauftragtenstellen und keine Marginalisierung und erst recht keine steuerfinanzierten Berichte, die am Ende niemand lesen darf.
Das partielle Promotionsrecht für forschungsstarke Bereiche an den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften ist uns hingegen noch nicht genug. Wir wollen ein generelles Promotionsrecht für alle HAW.
Den Vorschlag, dass sich Hochschulen in ihren Grundordnungen Zivilklauseln geben können, befürworten wir. Forschung soll dem Frieden dienen und nicht dem Tod. Wir setzen uns dennoch weiter für eine verbindlichere Regelung ein.
Meine Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf geht die grundlegenden Probleme an den sächsischen Hochschulen an. Er ist an Stellen nicht so konsequent wie unser Entwurf, aber wir können ihm im Grundsatz folgen.
Wir stimmen deshalb diesem Entwurf zu, damit wir endlich aus dem hochschulpolitischen Mustopf kommen –
Nö, ich bin gleich am Ende.
Nein. – damit wir endlich aus dem hochschulpolitischen Mustopf kommen und in Sachsen etwas zum Positiven bewegen.
In den sogenannten Positionen der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag für ein sächsisches Hochschulgesetz finden wir viele Themen wieder, die heute angesprochen wurden: Streichung der Austrittsoption, Abschaffung von Studiengebühren, Fragen der Akkreditierung, Stärkung der Gleichstellungsbeauftragten, Kompetenzen der
akademischen Selbstverwaltung stärken und etliches mehr. Ich denke – ich weiß es nicht genau, aber ich denke –, auch die GRÜNEN hätten nichts dagegen, wenn Sie von der SPD heute einmal zeigen, wozu Rot-Rot-Grün in Sachsen in der Lage wäre.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen und AfD! Die AfD-Fraktion begehrt, Minderjährige zum Alkoholkauf anzustiften, um den Alkoholverkauf an Minderjährige zu unterbinden.
Darauf muss man ja erst einmal kommen. Dazu muss ich auch nicht erst den Deutschen Kinderschutzbund befra
gen, um auf grundsätzliche ethische oder juristische Probleme zu stoßen. Schon simple Erziehungsziele wie Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit werden mit solchen Maßnahmen eklatant unterlaufen. Was Sie Kindern damit beiläufig näherbringen, sind Hinterhältigkeit und Denunziantentum.
Nun muss man mittlerweile keine wissenschaftlichen Kunststücke mehr vollführen, um Ihre Wesensnähe zu diesem Antragsbegehr herauszuarbeiten.
Aber ich möchte nicht müde werden, Sie darauf hinzuweisen, dass der Einsatz von Minderjährigen in der beantragten Form durchaus gegen die Würde des Kindes verstößt. Deswegen sage ich es Ihnen gleich vorab: Wir lehnen den Einsatz von Kindern und Jugendlichen als Lockvögel für Alkoholtestkäufe kategorisch ab.
Jugendschutz in der Drogenpolitik – und diese spielt hier eine Geige – muss eine präventive, sachliche und glaubwürdige Aufklärung über die Wirkung und Risiken von Drogen ermöglichen. Nur so kann ein selbstverantwortlicher Umgang mit Rauschmitteln entwickelt werden und auch die Fähigkeit, selbstbestimmt Nein zu sagen.
Statt ausreichende Mittel für präventive und therapeutische Angebote bereitzustellen, gibt Deutschland über 80 % seiner Ausgaben im Drogenbereich für die Strafverfolgung aus – ein Bereich, der in Sachsen mit sehr, sehr viel Liebe gepflegt wird.
So viel Engagement würde ich mir einmal wünschen, wenn wir über ein komplettes Verbot von Werbung, Sponsoring und Marketingmaßnahmen im Zusammenhang mit Alkohol, aber auch Tabakprodukten reden. Aber das scheitert gern und oft am Umgang Betroffener mit ihren wohlmeinenden Parteitagssponsoren.
Eine effektive Gewährleistung von Jugendschutz sieht für uns definitiv anders aus. Dieser ist – beispielsweise im Rahmen des Jugendschutzgesetzes – Bestandteil des Ordnungsrechts mit all seinen entsprechenden Folgen und Sanktionsmöglichkeiten. Die Polizei bzw. andere zuständige Behörden haben hier zur Abwehr der Kindes- und Jugendwohlgefährdung entsprechende Eingriffshoheit.
Herr Präsident, nein!
Das, was Sie nun vorhaben, ist eine Maßnahme, die staatlich gesteuert zu Straftaten anstiftet. Im Rahmen des Möglichen und Denkbaren liegt
ja, dass eine eventuelle strafrechtlich relevante Abgabe von Alkoholika an Minderjährige im jeweils konkreten Fall möglicherweise gar nicht stattfinden würde, wenn keine Lockvögel darum ersuchten. Sie können sich gern einmal mit dem BGH dazu auseinandersetzen. Sie werden sich zumindest der juristischen Debatte um behördlich beauftragte Anstiftung zum Rechtsbruch – also zu prüfendes Verfahrenshindernis – nicht entziehen können.
Auch wenn die Koalition aus CDU und SPD – wie gestern mit dem Abschiebegewahrsam, wie jüngst mit dem bundesrechtlichen Vorstoß zum Thema Straftaten – im Vollrausch oder vielleicht in naher Zukunft mit einem neuen aufgepumpten Polizeigesetz am laufenden Band elementarste Rechtsgrundsätze infrage stellt, müssen Sie nicht hoffen, dass sich in der LINKEN eine gewisse Betriebsblindheit einschleift. Ihr Antrag ist schlicht eine drogenpolitische Kapitulation, nichts weiter als eine Schnapsidee.
Nun fällt die AfD ja in Fragen der Jugendpolitik oder des Jugendschutzes grundsätzlich nicht sonderlich positiv auf. Ihre Positionierungen beschränken sich allenfalls auf die Themenkomplexe Strafrecht, Inklusionsfeindlichkeit,
Kampfansagen gegenüber demokratiepädagogischen
Jugendprojekten, oder man fragt nach Möglichkeiten der Sterilisation unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter – ohne dass der Landtagspräsident hier die Unzulässigkeit feststellen möchte.
Sogar gegen die Verankerung von Kinderrechten in der Sächsischen Verfassung haben Sie hier in diesem Haus gestimmt. Der Hammer hinter Ihrem Antrag ist, dass Sie sich einerseits vehement gegen die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre aussprechen. Gegen entsprechende Entscheidungen einer fortschrittlichen und erfolgreichen Landesregierung – wie der in Thüringen –
geht die AfD sogar mit einem Eilantrag vor dem Verfassungsgerichtshof vor. Übrigens erfolglos!
Für Sie sind Minderjährige also absolut ungeeignet, sich demokratisch zu beteiligen, aber alt genug, um für hoheitliche Aufgaben der Gefahrenabwehr eingesetzt zu werden. Das läuft mit uns definitiv nicht.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren und AfD! Was zeigt uns die Antwort auf die Große Anfrage der GRÜNEN? Zunächst einmal zeigt sie, dass die Regierung viel Kraft und viel Aufwand in die Bekämpfung von Crystal steckt, aber das Ergebnis dabei eher mau bleibt.
In den Statistiken sehen wir: Der Andrang ist nach wie vor enorm. Die Suchtberatungsstellen verzeichnen einen Anstieg von über 1 800 Personen im Jahr 2010 auf über 4 800 im Jahr 2016. Die Krankenhausstatistik unterstützt diese Erhebung. Die Patientenzahlen sind von 2010 bis 2016 auf mehr als das Vierfache angewachsen.
Im Gefängnis standen im Jahr 2016 jeder Fachkraft über 168 Hilfesuchende gegenüber. Sie können sich vielleicht vorstellen, wie viel Zeit neben der Vor- und Nachbereitung da noch bleibt. Was allerdings ebenso auffällt, ist, dass die Fachkraftzahlen in den Beratungsstellen zunächst zurückgingen und danach mit dem wachsenden Beratungsbedarf nicht mehr Schritt halten konnten. Das wiederum erklärt die langen Wartezeiten von mehreren Wochen.