Protokoll der Sitzung vom 11.04.2019

Herr Barth! Ich möchte Sie herzlich bitten, –

Entschuldigung.

– wenn Sie selbst von „Spinner“ reden und die sachliche Ebene einfordern, dass Sie sich auch selbst daran halten.

(Beifall bei den LINKEN)

Selbstverständlich.

(Sebastian Wippel, AfD: Und wir werden gerügt, oder was! Wo gibt es denn so was?! – Marco Böhme, LINKE: Sie demonstrieren mit Pegida! – Carsten Hütter, AfD: Herr Böhme, das führt jetzt zu weit!)

Ich fasse es noch einmal zusammen: Auch wir sind für einen effektiven Urheberrechtsschutz. Wir sind aber nicht dafür, dass pauschale Verwertungsvereinbarungen getroffen werden à la GEMA oder Ähnliches, was wir in Deutschland bereits haben.

(Robert Clemen, CDU: Da liegt der Hase im Pfeffer! – Holger Mann, SPD: Dann müssen Sie einmal sagen, wie Sie es organisieren wollen!)

Wir sind der Meinung: Upload-Filter nur dort, wo es tatsächlich Beiträge gibt, welche die öffentliche Sicherheit und Ordnung in irgendeiner Art und Weise gefährden.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Dann gibt es leider keine Übereinstimmung zu uns!)

Bitte zum Schluss kommen.

Alles andere muss anders geregelt werden. – Ich bin leider schon in der Minuszeit.

(Heiterkeit bei den LINKEN – Susanne Schaper, DIE LINKE: Das ist nichts Neues! Das ist schon lange so mit der Minusnummer! Deshalb, lieber Herr Mann, kann ich jetzt leider nicht weiter ausführen. (Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren! Ich frage in die Runde: Wird von der CDUFraktion noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Die anderen Fraktionen haben keine Redezeit mehr. Ich frage nun die Staatsregierung. – Herr Staatsminister Schenk, bitte, Sie haben das Wort, und wir bekommen wieder Ruhe in den Raum.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Debatte zeigt es: Das sperrige Wort „Urheberrechtsreform“ löst einiges an Emotionen und Argumenten aus, die manchmal vielleicht ein bisschen am Kern der Debatte vorbeigehen.

Ich glaube, alle, die wir heute zusammen sind, haben in den letzten Wochen und Monaten viele Gelegenheiten und viele Möglichkeiten gehabt, sich über dieses Thema auszutauschen, bei Bürgersprechstunden und bei Veranstaltungen. Ich erinnere mich an eine Gesprächsrunde in Stollberg, bei der einige Kolleginnen und Kollegen dabei waren, Herr Stange und Herr Baumann-Hasske, gerade mit jungen Leuten. Ich habe diese Gesprächsrunden, ehrlich gesagt, immer als sehr gewinnbringend angesehen. Wir haben Argumente ausgetauscht. Ich denke auch, wir haben viele Argumente in die Politik aufnehmen können. Wir haben mitbekommen, was die jungen Leute bei dem Thema umtreibt.

Ich habe aber auch gemerkt, wenn man mit Argumenten darstellt, warum es diese Reform gibt, warum es dieses Vorhaben auf europäischer Ebene gibt, dann zieht auch auf der anderen Seite Verständnis ein. Deshalb, glaube ich, ist das, was am 26. März beschlossen worden ist, ein guter Kompromiss, der auf der einen Seite die Interessen von Kreativen und Urhebern wahrt und auf der anderen Seite die Plattformbetreiber in die Pflicht nimmt.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Harald Baumann-Hasske, SPD)

Leider, das zeigt die Debatte, wird die Debatte über diese Richtlinie viel zu häufig auf die Diskussion über UploadFilter reduziert. Zugleich ärgert es mich, dass es in dieser Debatte Einzelne, häufig die großen Plattformbetreiber, waren, die sie angefacht und völlig missbräuchlich Begriffe wie „Zensur“ eingebracht haben.

Ich möchte in aller Deutlichkeit klarstellen, dass es bei der Reform um den wirksamen Schutz vor dem Diebstahl geistigen Eigentums im Internet und nicht um Zensur geht.

(Beifall bei der CDU)

Es geht um den Schutz der Kreativen, die nur von ihrer Arbeit leben können, wenn es ein funktionierendes Urheberrecht gibt. Ja, unser Urheberrecht beschneidet Freiheiten, nämlich die Freiheit, fremdes geistiges Eigentum ohne Lizenz für eigene Zwecke zu nutzen. Das ist bereits nach geltender Rechtslage unzulässig. Insoweit ändert sich überhaupt nichts an der Rechtslage. Es geht also nicht um die Wertung, ob und nach welchen Regeln fremde geistige Leistungen genutzt werden dürfen. Diese Wertung haben wir im Urheberrecht schon längst getroffen. Es geht darum, dieser Wertung Geltung zu verschaffen.

Es geht um effektiven Rechtsschutz. Es geht um Verlässlichkeit und Handlungsfähigkeit des Rechtsstaats, nicht mehr und nicht weniger. Es gibt die Mentalität, dass im Internet möglichst alles kostenlos sein müsse. Aber das ist ein Trugschluss. Wir alle wissen, die globalen Giganten, die die Infrastruktur im Internet beherrschen bzw. betreiben, handeln nicht selbstlos. Wir sind es, die mit unseren Daten dafür zahlen, aber den meisten ist das nicht bewusst.

Natürlich sind hier neue Geschäftsmodelle entstanden, die selbstverständlich ihre Berechtigung haben. Niemand von uns will sie abschaffen oder verbieten. Diese Geschäftsmodelle erwirtschaften Milliardenumsätze und haben eine enorme Machtposition aufgebaut. Sie verdienen mit unseren Daten und der Kreativität Dritter Geld, weil sie uns damit auf ihre Plattformen locken. Damit geht aber Verantwortung einher. Genau das ist es, was heute im Kern des Artikels 17 geregelt werden soll. Artikel 17 gefährdet weder das Geschäftsmodell noch die Meinungsfreiheit im Internet. Das ist Panikmache. Aber es nimmt diejenigen in die Verantwortung, die die Macht im Internet haben und die die Spielregeln bestimmen.

(Beifall bei der CDU)

Wichtig: Die Richtlinie gibt dabei nicht vor, wie die Plattform ihrer Verantwortung nachkommen soll. UploadFilter sind weder ausdrücklich genannt, noch ist ihr Einsatz vorrangiges Ziel. Kern von Artikel 17 ist vielmehr die Notwendigkeit, Nutzungsrechte zu erwerben und folglich Lizenzvereinbarungen mit den Urhebern zu schließen. Darum geht es. Wer Lizenzvereinbarungen schließt, braucht keinen Upload-Filter. Artikel 17 erhöht den Druck, Lizenzvereinbarungen zu schließen. Das ist der richtige Hebel, um zu erreichen, dass kreative Leistungen im Internet nicht länger ausgebeutet werden. Es geht darum, diejenigen zu stärken, die für kulturelle Vielfalt ihren Anspruch auf eine faire Vergütung erheben. Sie haben einen gesetzlichen Anspruch darauf. Hier müssen wir auch ansetzen, wenn wir die Richtlinie in nationales Recht umsetzen.

Kernanliegen muss deshalb die Lizenzierung und nicht die Unterdrückung von Inhalten sein. Hier gilt es praktikable Modelle zu entwickeln, die einen rechtmäßigen Upload ermöglichen und damit ein nachträgliches Herausfiltern entbehrlich machen. Die – das hat lange gedauert, das weiß ich – zwischen der Verwertungsgesellschaft GEMA und YouTube Ende 2016 geschlossene Vereinbarung zeigt, dass es funktionieren kann. Es ist eine europä

ische Aufgabe, im europäischen Rahmen entsprechende Regelungen zu entwickeln.

(Martin Modschiedler, CDU: Bravo! – Beifall bei der CDU)

Ich möchte noch einmal in aller Deutlichkeit sagen, dass die Richtlinie die Meinungsfreiheit nicht beschränkt. Zu ihrem Schutz werden ganze Textgattungen von dem Hochladeverbot ausgenommen. Das betrifft Zitate, Kritiken und Besprechungen, aber auch Karikaturen, Parodien und sogenannte Memos.

(Zuruf des Abg. René Jalaß, DIE LINKE)

Ich bin überzeugt, dass die Meinungsfreiheit und die Geschäftsmodelle im Internet erhalten bleiben, aber verbunden mit der Anerkennung der Leistung der Kreativen. Das ist ein vernünftiger Dreiklang. Deshalb hat diese Richtlinie, glaube ich, zu Recht eine Mehrheit im Parlament gefunden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren! Die zweite Aktuelle Debatte ist abgeschlossen und dieser Tagesordnungspunkt ist beendet. Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 3

Befragung der Staatsminister

Für die Staatsregierung berichtet zunächst der Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Herr Martin Dulig, zu dem Thema „Richtlinie Regionales Wachstum: Neue Impulse für die Wirtschaft in Sachsens ländlichen Regionen.“ Hierfür stehen ihm nach § 54 Abs. 2 Satz 1 der Geschäftsordnung bis zu 10 Minuten zur Verfügung. Anschließend haben die Fraktionen über eine Dauer von insgesamt 35 Minuten die Möglichkeit, dem Staatsminister Fragen zu seinem Bericht sowie zu einem weiteren Themenkomplex zu stellen. Als weiteren Themenkomplex hat die AfD-Fraktion das Thema „Wir haben es erkannt, keine Schlaglöcher braucht unser Land“ benannt. Es gilt wieder die Festlegung, dass in der ersten Fragerunde nur Fragen zum Berichtsthema der Staatsregierung gestellt werden. In den weiteren Runden können diese Fragen sowohl dieses Thema als auch den von der AfD-Fraktion benannten Themenkomplex betreffen.

Meine Damen und Herren! Ich erteile nun dem Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Herrn Martin Dulig, das Wort. Bitte sehr, Herr Staatsminister.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Verabschiedung des Haushaltes für die Jahre 2019/2020 haben die Abgeordneten dieses Hauses auch Mittel für ein Programm bereitgestellt, das bereits in den ersten zwei Monaten seit seinem

Start einen sehr guten Anklang gefunden hat, nämlich das Programm Regionales Wachstum. Wir wissen alle, wie langwierig und zäh es oft sein kann, neue Förderprogramme in die Tat umzusetzen oder auch nur vergleichsweise kleine Änderungen oder Anpassungen an bestehenden Programmen vorzunehmen. Umso erfreulicher ist es, dass die Richtlinie bereits am 8. Februar dieses Jahres in Kraft treten konnte. Mein Dank gilt dafür all denjenigen, zum Beispiel auch der verfassten Wirtschaft, die dazu beigetragen haben.

Seit dem Förderungsstart wird das Programm rege in Anspruch genommen. Allein im Februar – ich erinnere, dass der Start am 8. Februar war – verzeichnete die Sächsische Aufbaubank fast 1 300 Anträge und Beratungen. Wöchentlich gehen rund 20 neue Anträge ein. Wir haben mit dem Programm ins Schwarze getroffen, und das bei Unternehmen, die bisher weniger im Fokus des Fördergeschäftes standen: bei den kleinen und regionalen Anbietern.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir hatten bisher bereits viele Instrumente, die helfen sollten, dass unsere Unternehmen wachsen, Neues erfinden und erfolgreich in alle Welt verkaufen. Das ist wichtig! Allein die Tatsache, dass ein Programm gut angenommen und stark nachgefragt wird, bedeutet noch nicht, dass es auch zweckmäßig ist. Deshalb müssen wir uns die Frage stellen, was mit

einem zusätzlichen Programm erreicht werden soll und ob ein solches Instrument zielführend ist.

Was bedeutet das Programm Regionales Wachstum? Zunächst werden Investitionszuschüsse ausgereicht. Jetzt können Sie mir vorhalten, dass wir das schon seit fast 30 Jahren machen. Da müsste ich Ihnen zustimmen. Seit fast 30 Jahren erhalten Unternehmen Zuschüsse für ihre betrieblichen Investitionen im Rahmen der vom Bund und vom Freistaat Sachsen je zur Hälfte finanzierten Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaft, kurz GRW. Dabei verfolgt die GRW ein ganz klares Ziel. Sie unterstützt überregional agierende Unternehmen, die durch ihren überregionalen Absatz zusätzliches Geld für strukturschwache Regionen erwirtschaften: zusätzliches Geld für zusätzliches Einkommen für zusätzliche Arbeitskräfte für zusätzliche Wirtschaftskraft. Mit diesem Instrument haben wir in den letzten 30 Jahren maßgeblich zur Entwicklung der sächsischen Unternehmen und der sächsischen Wirtschaft insgesamt beigetragen.

Warum bedarf es jetzt eines zusätzlichen Instruments? Regional betrachtet gibt es innerhalb Sachsens erhebliche wirtschaftliche Unterschiede und diesen Unterschieden kann man nicht überall mit der GRW begegnen. Wir haben doch alle vor Augen, wo die regionalen Unterschiede zu finden sind: vor allem zwischen den drei großen kreisfreien Städten auf der einen Seite und den 10 Landkreisen auf der anderen Seite. Ich möchte jetzt nicht mit Zahlen jonglieren, aber doch ein Beispiel anführen: Das Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner in der Stadt Dresden übersteigt das des angrenzenden Kreises Sächsische Schweiz/Osterzgebirge um rund 70 %. Jetzt mögen einige das als gegeben hinnehmen und daraus schließen, dass weitere wirtschaftliche Entwicklungen nur mit einer Konzentration auf Zentren gelingen können. Die Folgerung, ländliche Gebiete deshalb nicht mehr zu fördern, wie kürzlich vom Institut für Wirtschaftsforschung Halle gefordert, kann überhaupt keine Option sein. Wir haben uns in der letzten Landtagsdebatte damit heftig auseinandergesetzt.

Selbstverständlich müssen wir unsere Stärken stärken. Zu den Stärken gehören ganz besonders auch ein interessantes wirtschaftsstarkes Umfeld und vielfältige ländliche Regionen und ganz besonders starke regionale Wertschöpfungsketten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um ländliche Regionen insgesamt zu stärken, haben wir gemeinsam mit der Richtlinie Regionales Wachstum ein attraktives Förderangebot geschaffen, das sich an gewerbliche Unternehmen mit regionalem Absatz gerade dort vor Ort richtet. Mit anderen Worten: Mit dem Programm stehen Unternehmen im Fokus, denen der Freistaat bisher nicht mit Investitionszuschüssen unter die Arme gegriffen hat, die eher kleinen regional wirksamen Unternehmen.

So komme ich auch meiner Zusage nach, unser bestehendes, sehr ausdifferenziertes Förderinstrumentarium

regelmäßig zu überprüfen und bei Bedarf zu ergänzen,

und ich denke, das ist mit dieser Richtlinie wirklich gelungen. Für das Leben eines Ortes und auch einer Region sind auch die kleinen Unternehmen, Handwerker, Händler und Gastwirte prägend, die ihre Dienste nur im Dorf oder Landkreis anbieten. Auch das gehört zu gleichwertigen Lebensverhältnissen und einem lebenswerten Umfeld.