Protokoll der Sitzung vom 11.04.2019

Man sollte diesem zwanghaften linken Negativismus nicht folgen, ihn nicht ernst nehmen und folglich einfach ignorieren. Schon im Titel zeigt sich dessen ganze Widersprüchlichkeit. Mit solchen Titeln zementieren Sie die Mauer in den Köpfen.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt keine Ostdeutschen. Suchen Sie den Begriff einmal im Duden. Es gibt die Bundesländer Sachsen, Thüringen, Brandenburg usw. im Osten der Bundesrepublik. Das Konstrukt der sogenannten Ostdeutschen wird von Ihnen kultiviert. Das dient einzig und allein Ihren politischen Zielen und Interessen.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von den LINKEN)

Niemand diskreditiert die Arbeits- und Lebensleistung der Sachsen. Was die Sachsen hier im Freistaat seit 1990 geleistet haben, ist außerordentlich beeindruckend.

(Beifall bei der CDU)

Veränderungen in nahezu allen Lebensbereichen wurden gemeistert, Neues gelernt, berufliche Herausforderungen geschafft, Kinder erzogen, Familien gegründet, Demokratie verinnerlicht. Die Menschen engagieren sich in zahllosen Vereinen, Parteien und Kirchen. Aus einer unterge

henden DDR wurde mit der Wiedervereinigung ein Sachsen aufgebaut, das in vielen Bereichen der Wissenschaft, Bildung und Forschung an vorderster Stelle im Ranking der Bundesländer liegt.

(Beifall bei der CDU)

Ich denke dabei nur an die PISA-Befragung. Das Land wurde aufgebaut, und das Ergebnis kann sich mehr als sehen lassen,

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Aha!)

und blühende Landschaften sind überall zu entdecken,

(Lachen bei den LINKEN)

wenn man nur mit offenen Augen durch das Land fährt.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung – Susanne Schaper, DIE LINKE: Bravo! – Zurufe von den LINKEN)

Ehrlich gesagt, welches Land hat das nach 29 Jahren so geschafft? Hier gebührt der Dank allen Sachsen, allen Menschen, die mitgeholfen haben, dieses Jahrhundertwerk zu schaffen.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Eines ist klar: Fehler und Versäumnisse gibt es immer.

(Zurufe von der SPD)

Einer systematischen Aufarbeitung bedarf es, wenn verbrecherische Unrechtsstaaten am Werk waren. Aufarbeitung war und ist nötig nach dem Ende des Nationalsozialismus und nach dem Ende der SED-Diktatur in der ehemaligen DDR. Für mich gehört die Aufarbeitung in wissenschaftliche Hände.

Was, bitte, ist Treuhandunrecht? Wenn es in einzelnen Fällen zu Rechtsverstößen gekommen sein sollte, dann ist hier unsere unabhängige Justiz am Zug. Auf unseren Rechtsstaat kann sich der Bürger verlassen. Falls Ihnen das entgangen ist, es gab einen Treuhand-Untersuchungsausschuss. Der Deutsche Bundestag hatte mehrere Untersuchungsausschüsse zur Untersuchung der Tätigkeit der Treuhand eingesetzt. Gegenstände waren unter anderem: veruntreutes DDR-Vermögen, diverse Betrugsfälle, die Leuna-Affäre oder auch die Ermittlung gegen Treuhandmanager. Anträge wie der Ihre vermengen unzulässig verschiedenste Themen.

Nun zum Einzelnen: Sie tun gerade so, als hätten sich die neuen Bundesländer seit 1990 nicht entwickelt. Dabei stieg das Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner von 42 % im Jahr 1990 auf fast 75 % im Jahr 2017. Die Bruttowertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe je Einwohner ist im Jahr 2017 besser als in Italien, Frankreich und Großbritannien. Die Arbeitslosenquote ist auf unter 8 % gesunken. Die Lebenserwartung ist in den letzten 30 Jahren deutlich gestiegen. Das gilt auch für die Löhne. Ihr Ruf nach Anhebung des Lohnniveaus Ost ist nicht zielführend. Es gibt schließlich auch einen Unterschied bei

den Löhnen in Schleswig-Holstein und Bayern, und das Aushandeln der Löhne ist Sache der Tarifpartner.

Die Unterpräsenz von Menschen aus den Ländern in Führungs- und Leitungspositionen ist sicher Realität. Das hat aber seine Gründe. Hier beginnen inzwischen auch Veränderungen. Es muss gelten: Qualität zählt, nicht der Geburtsort.

(Beifall bei der CDU)

In den neuen Bundesländern wurden neue Gerichts- und Behördenstandorte angesiedelt, das Bundesverwaltungsgericht, zuletzt der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes in Leipzig und das Fernstraßenbundesamt. Hier muss sicher noch mehr geschehen. Eines Antrags der LINKEN bedarf es dazu nicht.

(Beifall bei der CDU)

Eine Lösung zur Angleichung der Renten ist nunmehr gefunden. Die Renten in Ost- und Westdeutschland werden bis zum 1. Januar 2025 vollständig angeglichen. Übrigens – das wissen Sie auch ganz genau, aber vielleicht muss man Ihnen das immer wieder sagen – ist das ein Thema, das in der Bundesregierung jetzt behandelt wird und hier in Sachsen auf keinen Fall rechtlich vollzogen und ein Gesetz dazu im Sächsischen Landtag verabschiedet werden kann.

Ganz grotesk wird es wenig überraschend, wenn Ihr Antrag beim Thema Außenstellen der Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen – – Dass Ihnen die Aufarbeitung des SED-Stasi-Unrechts nicht passt, wissen wir.

(Zuruf der Abg. Sarah Buddeberg, DIE LINKE)

Wir stehen zu unserem Antrag aus dem Jahr 2016 und wollen, dass drei Außenstellen der Behörde des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen in Leipzig, Chemnitz und Dresden erhalten bleiben.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Diese Aufarbeitung muss weitergehen. Die von Ihnen geforderte Bereitstellung der für die Realisierung eines für die Menschen, die Umwelt und die Regionen erfolgreichen sozialökologischen Strukturwandels in den Braunkohlerevieren in Sachsen erforderlichen Bundesmittel in einer auskömmlichen Höhe ist dank des Engagements unseres Ministerpräsidenten Michael Kretschmer und unseres Altministerpräsidenten Herrn Tillich bereits geregelt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Sie von der Linksfraktion sprechen davon, den Menschen hier Respekt zu zollen. Wir brauchen dazu keinen Antrag von Ihnen. Wir tun das selbstverständlich täglich.

(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Das hat man an Ihrer Rede gemerkt! – Zurufe von den LINKEN)

Ich kann Ihnen sagen, wie wir in der Weiterentwicklung unseres Freistaates vorangehen wollen. Wir stärken weiter unsere Wirtschaft, sorgen für Entbürokratisierung, fördern Wissenschaft und Bildung, bauen die Infrastruktur aus,

besonders das Breitband, stärken die innere Sicherheit und die Justiz.

(Zurufe von den LINKEN)

Das hilft den Menschen am meisten, um weiter die Folgen der SED-Diktatur zu beheben. Was wir verstärken müssen, ist die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit. Aber so einen Antrag werden wir aus Ihren Reihen wohl nicht erwarten können. Wie Sie sich denken können, lehnen wir Ihren Antrag ab.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Für die SPD-Fraktion Herr Abg. BaumannHasske. Bitte, Sie haben das Wort.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag verfolgt einige löbliche Ziele. Wir haben gerade für die sehr viel Sympathie. Aber er ist ein Rundumschlag in so viele unterschiedliche Bereiche, dass er dem eigenen Anliegen gar nicht gerecht werden kann. Im Übrigen beschäftigt er sich auch mit Dingen, die meines Erachten nicht so richtig in den Zusammenhang gehören – darauf komme ich dann vielleicht noch –, sodass wir dem nicht folgen können.

Meine Damen und Herren! Seit vier Jahren ist unsere Staatsministerin für Gleichstellung und Integration im Lande unterwegs, um in vielen Teilen mit Menschen ins Gespräch zu kommen, die sich in besonderer Weise nach 1989/1990 benachteiligt fühlen, die Unrecht erlitten haben oder in dem großen Transformationsprozess Eigentum, Beruf oder Orientierung verloren haben. Es ist erstaunlich, was in diesen Gesprächen alles zutage kommt. Sie hat es inzwischen in einem Buch verarbeitet, das 28 Jahre Deutsche Einheit aus dieser Perspektive sehr eindrucksvoll beleuchtet.

Ja, ostdeutsche Arbeits- und Lebensleistungen müssen mehr anerkannt werden.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Insofern ist der Titel Ihres Antrags vollkommen berechtigt.

Zur Treuhandanstalt hat Frau Köpping bereits eine Versöhnungskommission angeregt, um aufzuarbeiten, was insbesondere in den Neunzigerjahren geschehen bzw. seither bekannt geworden ist. Der Deutsche Bundestag hatte – das wurde bereits gesagt – schon Ausschüsse dazu eingesetzt. Da sind Bewertungen vorgenommen worden, über die man heute auch noch einmal nachdenken kann. Ich denke, wir sollten uns darüber klar sein, dass es für alle Beteiligten die erste deutsche Vereinigung war und dass eine Menge Fehler passiert sind, über die man aus der zeitlichen Distanz unabhängig nachdenken kann.

Kommen wir zu einigen Ihrer Forderungen.

Sie wollen eine Angleichung des Tarifniveaus zwischen Ost und West. Ich glaube, ich muss Sie nicht darüber belehren, wie Tarifverträge zustande kommen. Aber was wir alle dafür tun können, ist, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu veranlassen, Mitglieder in Gewerkschaften zu werden und deren Verhandlungskraft in Tarifverhandlungen zu stärken. Wir brauchen gute, branchenbezogene Tarifverträge, die wir dann bei vorliegender Voraussetzung politisch für allgemeinverbindlich erklären können. Aber wir können als Gesetzgeber keine tariflichen Vorgaben machen.

Weil bei den Tarifpartnern auch gerade im deutschen Osten die Not so groß war, hat der Bund den gesetzlichen Mindestlohn eingeführt und inzwischen angehoben. Ich glaube, dass wir damit eine ganze Menge zur Verbesserung der Lebensverhältnisse in Ostdeutschland getan haben.