Protokoll der Sitzung vom 26.04.2023

Das hat nichts mit vernünftiger Politik für diesen Freistaat Sachsen zu tun.

(Lebhafter Beifall bei der AfD)

Werte Damen und Herren! Es ist einfach nicht Aufgabe des Steuerzahlers, die Inkompetenz eines sächsischen Umweltministers sowie hübsche Bildchen des sächsischen Ministerpräsidenten zu finanzieren, Fotografen für Auslandsreisen des Wirtschaftsministers zu bezahlen oder für geschminkte Gesichter der Staatsregierung aufzukommen.

(Lachen und Beifall bei der AfD)

Nein – und genau diese Leute aus der Staatsregierung erzählen uns heute, dass die Förderung eines Führerscheins keine Staatsaufgabe sei. Diese Leute erzählen uns, dass kein Geld vorhanden sei, diese Leute wollen Fachkräfte aus dem Ausland, aber sie wollen weder in Bildung noch in Ausbildung noch in die Zukunft unserer Jugend und in den Freistaat Sachsen investieren.

(Lebhafter Beifall bei der AfD)

Die Redezeit ist zu Ende, Herr Kollege. Letzter Satz.

Letzter Satz, Herr Präsident. Stimmen Sie unserem Antrag zu! Handeln Sie im Sinne Sachsens! Handeln Sie für unsere Jugend, für unsere Zukunft!

Vielen Dank.

(Starker Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 7/13068 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Danke.

(Oh-Rufe von der AfD)

Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist die Drucksache 7/13068 nicht beschlossen. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Meine Damen und Herren, wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 12

Kommunen endlich bei nachhaltiger Vergabe unterstützen –

Sächsische Kompetenzstelle Nachhaltige Beschaffung einrichten!

Drucksache 7/10555, Antrag der Fraktion DIE LINKE,

mit Stellungnahme der Staatsregierung

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde lautet: DIE LINKE, CDU, AfD, BÜNDNISGRÜNE, SPD – die fraktionslosen Abgeordneten haben keinen Redebedarf angemeldet – und die

Staatsregierung. Ich erteile jetzt der Fraktion DIE LINKE als Einreicherin das Wort. Bitte, Frau Kollegin Mertsching.

Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Es war schon heute Morgen Thema in der Debatte „Zukunft gemeinsam entwickeln – Sachsens Beitrag für den Globalen Süden“, als ich Ihnen mitteilte, dass die beste Entwicklungszusammenarbeit und die beste Bildung für nachhaltige Entwicklung nichts nützt, wenn wir nicht damit beginnen, Verantwortung zu übernehmen und die Einhaltung von Menschenrechten auch durch unser Verhalten zu garantieren.

Im Freistaat Sachsen bedeutet das, den Einkauf der öffentlichen Hand nach sozial gerechten Kriterien zu gestalten; denn es ist nicht zu rechtfertigen, dass die öffentliche Hand, zum Beispiel die sächsische Polizei, ihre Bediensteten mit Dienst- und Schutzkleidung ausstattet, die nachweislich in Mazedonien oder Rumänien unter ausbeuterischen Bedingungen produziert worden sind. Was heißt das konkret – ausbeuterische Bedingungen? – Das geht los bei befristeten Arbeitsverträgen, kein oder kaum Arbeitsschutz, zum Beispiel im Sommer bei unheimlicher Hitze zehn Stunden in der Bude zu sitzen und zu nähen, aber vor allem bedeutet es Armutslöhne.

Vorrangig Näherinnen verdienen einfach keinen Lohn zum Leben, wie eine letzte Recherche von „Sachsen kauft fair“ zur Firma Sirum wieder einmal zeigt. Von dieser Marke haben das Innen- und Justizministerium Dienst- und Schutzkleidung bezogen. Was bedeutet es, keinen Lohn zum Leben zu haben? – Es bedeutet, Rechnungen nicht bezahlen zu können. Es bedeutet, den Kindern keine optimalen Aufwuchsbedingungen bieten zu können. Es bedeutet, nach einer 50- bis 60-Stunden-Woche auch noch Landwirtschaft betreiben zu müssen, um mit dem Essen über die Runden zu kommen. Es bedeutet Abstriche bei der Gesundheitsversorgung. Es bedeutet, sich keinen Urlaub leisten zu können oder keine Möglichkeit, sich etwas anzusparen. Man arbeitet, bis man tot umfällt, und der Freistaat Sachsen unterstützt mit seinem Einkauf diese Zustände – das ist untragbar und nur ein Beispiel.

Der Freistaat Sachsen selbst hat in den Jahren 2019/2020 1,5 Milliarden Euro für Bau-, Liefer- und Dienstleistungen ausgegeben – und das sind nur die Zahlen unterhalb der Schwellenwerte und ohne die Kommunen. All das, was wir im Freistaat an IT nutzen, in Straßen verbauen oder was unsere Bediensteten anziehen, kommt aus der ganzen Welt. Es wird endlich Zeit, dass wir dafür einen angemessenen Preis bezahlen.

Bevor ich hier im Landtag als Abgeordnete tätig wurde, habe ich beim heute schon erwähnten Entwicklungspolitischen Netzwerk Sachsen als Referentin für nachhaltige Beschaffung gearbeitet. Ich habe mich fünf Jahre mit der sächsischen Vergabepraxis beschäftigt – sowohl auf Landes- als auch auf kommunaler Ebene. Ich kenne die Argumente und Vorbehalte – und ja, ich würde mir auch eine internationale Handelspolitik wünschen, in der nur Waren in die EU eingeführt oder hier produziert werden, die den Arbeitsrechtsstandards entsprechen.

Leider kann ich mich nicht daran erinnern, dass sich in den vergangenen 20 Jahren irgendjemand von den CDU- und

FDP-geführten Bundeswirtschaftsministerien dafür eingesetzt hätte. Auch ein modernes Vergabegesetz, das den EURichtlinien entspricht, hat auf Bundesebene lange auf sich warten lassen und wurde nur halbherzig umgesetzt. In Sachsen gibt es bis heute keinen Anspruch beim Einkauf, was Nachhaltigkeit betrifft. Man bleibt lieber Teil des Problems und nimmt Kinderarbeit, Armutslöhne und Umweltverschmutzung in Kauf. Beschafferinnen und Beschaffer werden zwar nicht daran gehindert, soziale oder ökologische Kriterien zu verwenden, aber sie werden erst recht nicht dazu ermutigt oder dabei begleitet. Menschen, die in der sächsischen Verwaltung – egal auf welcher Ebene – für den Einkauf zuständig sind, haben in der Regel wenig in ihrer Ausbildung dazu gehört, und wenn, dann eher Weiterbildungen besucht.

Deshalb fordern wir eine Kompetenzstelle Nachhaltige Beschaffung, die die kommunale Verwaltung dabei begleitet, bei der Vergabe öffentlicher Aufträge nachhaltige Aspekte wie die ILO-Kernarbeitsnormen, Lebenszykluskosten oder kreative Lösungen im Sinne der Nachhaltigkeit anzuwenden – und das nun mit oder neues Vergabegesetz. Denn Leitfäden und Informationsmaterialien gibt es zuhauf, siehe auch die Kompetenzstelle Nachhaltige Beschaffung des Bundes. Es braucht die aktive Begleitung von uninformierten oder unsicheren Beschafferinnen und Beschaffern, von alten Gewohnheiten abzurücken und sich Neues zu trauen. In vielen Produktbereichen gibt es glaubwürdige Siegel. Die Infos werden auf Siegelklarheit – ein Portal der Bundesregierung – bereitgestellt.

Gerade deshalb, damit es für die Kommunen leichter wird und nicht jeder Einzelne in den Landkreisen und Gemeinden losrennt, schlagen wir mit unserer Kompetenzstelle eine Strategie zur Bündelung von Kompetenzen vor, damit kreative Lösungen wie Einkaufsgemeinschaften gefunden werden. Bitte erzählen Sie mir in der nachfolgenden Debatte nicht die alten Geschichten, es würde nicht gehen, es gebe keine Angebote, es gebe keine glaubwürdigen Nachweise. Das ist alles Schnee von gestern. Nachhaltiger Einkauf ist möglich, wenn er gewollt ist. Also lassen Sie uns endlich damit beginnen, und zwar mit einer Kompetenzstelle Nachhaltige Beschaffung.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Frau Kollegin

Mertsching hat ihren Antrag für ihre Fraktion DIE LINKE eingebracht. Jetzt spricht für die CDU-Fraktion Herr Kollege Wähner.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Mit dem Antrag der LINKEN wird die Schaffung einer Sächsischen Kompetenzstelle für Nachhaltige Beschaffung beim Wirtschaftsministerium für die Kommunen gefordert.

Vielleicht erst einmal etwas Grundsätzliches: Die Beschaffung dient dazu, öffentliche Aufträge am Markt zu platzieren. Ich warne davor, auch wenn es Entwicklungen in der

Welt gibt, die wir gern anders sehen wollen, dieses Vorhaben zu sehr mit Begleitbestimmungen zu überfrachten, weil das nur dazu führt, dass die Beschaffung oder Platzierung von Aufträgen immer schwieriger wird, und es dazu kommt, dass man nur schlechte oder mittlerweile gar keine Angebote mehr erhält.

Die Beschaffung der Kommunen erfolgt durch diese selbst im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung. Man ist hier im Zivilrecht unterwegs. Dafür zuständig sind nun einmal die Kommunen. Sie machen das in guter Eigenverantwortung und sind damit auch zuständig für die Schulung ihres Personals. Sie haben es außerdem selbst in der Hand, wie sie hierbei agieren. Ich denke, das ist ein Ausfluss der kommunalen Selbstverwaltung, so wie wir sie als CDU sehen.

Die geforderte Unentgeltlichkeit, die Sie im Antrag ansprechen, ist ein Stück weit ein Problem und verstößt gegen das Beihilferecht; denn damit kommt es direkt zur Ausgrenzung von Rechtsdienstleistern bzw. Fachanwälten, die im Vergabeverfahren Hilfestellungen geben, aber natürlich zwingend gegen Entgelt, weil sie davon leben müssen. Letztendlich würde es dazu führen, dass die Kommunen die kostenlosen Dienstleistungen des Freistaates beanspruchen würden und die erwähnten Berufsgruppen keine Aufträge mehr hätten. Ebenso würde diese Unentgeltlichkeit dazu führen, dass das Beschaffungswesen von den Kommunen auf den Freistaat verlagert wird und es am Ende zu Einsparungen bei den Kommunen, aber zu massiven Mehrkosten und Personalaufbau beim Freistaat führt.

In diesem Zusammenhang ist Ihre Herangehensweise etwas inkonsequent. Sie sagen im Antrag, ohne dass wir das jetzt näher geprüft haben, dass die nachhaltige Vergabe langfristig zu enormen Kosteneinsparungen führt – das mag wohl so sein –, aber gleichzeitig verlagern Sie die gesamten Kosten für dieses Verfahren auf den Freistaat. Ich denke, man sollte hier bei einer gewissen Stringenz bleiben, sodass diejenigen, die gewisse Vorteile aus den Verfahren genießen, am Ende auch für die anteiligen Kosten aufkommen. Ich denke, es wäre gut, wenn man hier in klaren Strukturen bleibt und weiterhin arbeitet.

Es ist auch so, dass bereits jetzt unsere Kommunen im Bereich der Auftragsvergabe durch die Auftragsberatungsstelle Sachsen e. V. unterstützt werden. Dort sind die sächsischen Handwerkskammern, die Ingenieurkammer Sachsen, die Architektenkammer Sachsen und die sächsischen IHKs Mitglieder. Dort kann man eine kostenlose Erstberatung erhalten. Wenn man weiterführende Dienstleistungen als Kommune benötigt – gerade kleinere nutzen dies –, dann sind diese kostenpflichtig. Aber auch das ist stringent. Bei größeren Kommunen, die ein größeres Beschaffungswesen haben, müssen diese Kosten auch selbst im eigenen Haus getragen werden.

Nach den zusammenfassenden Ausführungen kommen wir als CDU-Fraktion zu dem Ergebnis, dass es einer Sächsischen Kompetenzstelle für Nachhaltige Beschaffung nicht bedarf und lehnen damit Ihren Antrag ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und des Staatsministers Armin Schuster)

Das war Herr Kollege Wähner für die CDU-Fraktion. Jetzt spricht Herr Kollege Ulbrich für die AfD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der LINKEN offenbart mal wieder, wie sozialistisches Gedankengut

(Oh-Rufe bei der LINKEN)

auch über 30 Jahre nach der Wende in den Köpfen einiger Zeitgenossen weiterlebt. Da soll in altgewohnter DDR-Manier eine zentrale Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung für kleine und mittlere Städte und Gemeinden geschaffen werden. Dass dieses ideologische Ansinnen gegen die Sächsische Verfassung verstößt, die die Unabhängigkeit der Gemeinden und deren kommunale Selbstverwaltung sicherstellt, scheint nicht weiter zu interessieren. Seit Merkel sind wir ja daran gewöhnt, dass Gesetze und Verordnungen irgendwie dehnbar

(Martin Modschiedler, CDU: Sie wissen gar nicht, was das ist!)

und vielleicht irgendwie auch egal sind. Das ändert trotzdem nichts an der Tatsache, dass Zentralismus schon in der sogenannten DDR gescheitert ist. Das sollte man mal langsam als Fakt betrachten.

Aber davon mal abgesehen: Praktische Begleiterscheinung des Antrags aus dem Themenbereich phrasenreicher Inhaltslosigkeit garniert mit Kontrolle, Gängelung und Vorschriften ist die Möglichkeit weiterer Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für versorgungsbedürftige Parteigänger und Vorfeldorganisationen im linken Lager.