(Petra Čagalj Sejdi, BÜNDNISGRÜNE: Na, aus dem Ausland! – Heiterkeit bei der LINKEN und den BÜNDNISGRÜNEN)
Ja klar, aus dem Globalen Süden! Herr Kretschmer, der sächsische Ministerpräsident, meinte, in Indien gebe es einen gigantischen Bevölkerungsüberschuss, man nehme niemandem etwas weg.
ich habe noch aus keinem Land der Welt gehört, dass es sich über einen Fachkräfteüberschuss beschwert, auch nicht aus Indien. Und ist es nicht gerade für die Länder des Globalen Südens das Grundübel, dass keine gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen aufgebaut, sondern die wenigen Fachkräfte, wie Ärzte, Ingenieure und Informatiker, abgeworben werden? Dass sich die restliche Bevölkerung auch
auf den Weg in den Norden macht, wenn man ihnen vor Ort das wichtige Humankapital entzieht, das ist die logische Konsequenz. Soweit scheinen aber weder Wirtschafts- noch andere Minister zu denken. Die Gedanken münden vielmehr darin, Ausländer- in Willkommensbehörden umbenennen zu wollen. Nein, werte Staatsregierung, das ist keine Wirtschaftsförderung und keine Entwicklungshilfe, sondern das ist blanker Aktionismus.
Daher mein dringlicher Appell: Investieren wir in die eigenen Leute, anstatt in die An- bzw. Abwerbung von Fachkräften! Der Arbeitsmarkt ist kein Transfermarkt und Fachkräfte sind keine Ware.
Das war Kollege Beger, AfD-Fraktion. Jetzt könnte die CDU-Fraktion erneut das Wort ergreifen. – Kein Redebedarf. Frau Kollegin Mertsching für die Fraktion DIE LINKE eilt jedoch zum Rednerpult. Bitte, Sie haben das Wort, Frau Kollegin.
Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Der Titel der heutigen Fachregierungserklärung lautet ja: „Zukunft gemeinsam entwickeln – Sachsens Beitrag für den Globalen Süden“. Allein in dieser einen kleinen Präposition verbirgt sich ein ganzes Weltbild. Denn Zukunft entwickelt man am besten mit dem anderen und nicht für diesen; denn Entwicklungspolitik ist die Auseinandersetzung mit dem anderen, eine echte Begegnung und ernst gemeinte Verständigung zwischen Menschen, Kulturen und Staaten. Sie ist der stete Versuch, Probleme mit mehr als Technologie und Verwaltung zu lösen und echte demokratische Kultur zu bauen.
Unter dieser Maßgabe möchte ich eine Einschätzung zum Aufbau der Partnerschaft des Freistaates Sachsen mit der Republik Uganda geben. Lobend ist in jedem Fall zu erwähnen, dass der Freistaat bei der Suche nach einem Partnerland die hiesige Zivilgesellschaft einbezogen hat. Man kann natürlich vortrefflich darüber streiten, ob man erst ein Ziel definiert, weswegen man eine Entwicklungspartnerschaft aufbaut, und sich dann ein Land sucht, mit dem man zusammenarbeiten möchte, oder sich erst ein Land sucht und dann die Ziele definiert.
Heute ist es, wie es ist. Im vergangenen Jahr reiste eine Delegation aus Sachsen nach Uganda. AfD-Vertreter waren auch dabei. Deshalb verstehe ich nicht, warum die nicht wissen, worüber wir heute reden.
Sie haben sich vor Ort ein Bild vom neuen Partner gemacht. Vieles wurde richtig gemacht. Zivilgesellschaftliche Projekte wurden besucht. Beim Besuch des Präsidenten wurde auch kritischen Stimmen ein Raum gegeben. Es gab Veranstaltungen zur Unterstützung der örtlichen Zivilgesellschaft und der Austausch zwischen Unternehmen wurde gefördert.
Doch eine Partnerschaft auf Augenhöhe beinhaltet vor allem die Frage: Was haben wir mit Uganda gemeinsam? Oder: Was können wir von Uganda lernen?
Ein Beispiel: Der Frauenanteil im Sächsischen Landtag beträgt 29 %. Der ist rückläufig. Der Frauenanteil im Parlament Ugandas beträgt seit mehr als zehn Jahren, seit 2011, stabil circa 34 %. Grund ist unter anderem eine feste Quote für weibliche Abgeordnete. 112 der 556 Sitze sind für Frauen reserviert. Außerdem wurde durch den Präsidenten sowohl die Stelle der Vizepräsidentin als auch der Ministerpräsidentin weiblich besetzt und er hat die Zahlen der Frauen im Kabinett von 27 % auf 49 % erhöht. In Sachsen sind es übrigens nur 27 %.
Leider ist es aber auch in Uganda so, dass es außerhalb der Quote weiblichen Abgeordneten kaum gelingt, in das Parlament einzuziehen. Die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ist in Uganda weiterhin hoch, sodass Frauen Männern kaum Plätze streitig machen. Grund dafür sind weiterhin die geringere finanzielle Ausstattung, generell höhere Ansprüche an weibliche Politikerinnen usw. Es gibt kaum Initiativen, um strukturelle Benachteiligungen von Frauen in der Politik abzubauen. Das könnte man beim nächsten Treffen ja einmal zum Thema machen.
Oder nehmen wir den Bereich der Jugendpolitik. In Uganda gibt es einen National Youth Council, der gebündelt die Interessen der Menschen zwischen 18 und 30 Jahren in Uganda repräsentieren soll. Es gibt auch ein National Youth Parliament, unter anderem gestützt von der GIZ. Die Jugendabgeordneten melden sich in der Presse zu Wort, wenn es um wichtige Themen geht, zum Beispiel um Korruption.
Wovon wir aber am meisten von Uganda lernen könnten, ist der Bereich Migration und Geflüchtetenpolitik. Uganda nimmt weltweit die drittgrößte Zahl an Flüchtlingen auf. In Afrika ist es sogar die höchste Zahl. Insgesamt sind es bereits über 1,4 Millionen Menschen, die meisten davon sind aus dem Südsudan, der Demokratischen Republik Kongo und Burundi. Das alles passierte in einem sehr hohen Tempo. Zwischen 2015 und 2017 wurden fast eine Million
Menschen aufgenommen – bei einer Bevölkerung, die gerade einmal halb so groß wie die Deutschlands ist.
Ugandas Geflüchtetenpolitik wird von vielen Stellen als die progressivste der Welt gelobt. Was ist so beispielhaft an der ugandischen Geflüchtetenpolitik? Der Fokus liegt ganz klar auf einer Langzeit- und nachhaltigen Inklusion der Geflüchteten und nicht auf kurzfristigen Lösungen. Geflüchtete leben dort nicht in Camps, sondern dürfen sich frei bewegen und arbeiten. Sie bekommen Land zugeteilt, wenn sie in spärlich besiedelten Gegenden leben. Sie haben gleiche Rechte in Bezug auf Krankenversorgung und Schulbildung wie die Menschen aus Uganda. Vor allem – und das ist das Wichtigste – dürfen sie arbeiten und Unternehmen gründen.
Natürlich gibt es auch Probleme. Es wäre eine Illusion, wenn sich das Zusammenleben von Menschen konfliktfrei gestalten ließe. Doch hieraus, wie diese Konflikte angegangen werden und wie man Menschen aus einem anderen Land Platz bei sich machen kann, könnten wir von Uganda lernen.
Wenn Sie sich also das nächste Mal auf die Reise machen, dann empfehle ich einen Blick auf diesen Politikbereich. Oder laden Sie unsere neuen Freundinnen und Freunde doch einmal auf ein Tässchen fair gehandelten Kaffee ein, denn sie möchten bestimmt auch einmal kennenlernen, wie wir unser Leben hier gestalten.
Bei der SPD? – Das kann ich nicht erkennen. Wollen wir eine dritte Rederunde eröffnen? Gibt es Redebedarf aus den Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Meine Damen und Herren! Damit ist die Aussprache zur Fachregierungserklärung beendet und der Tagesordnungspunkt abgeschlossen.
Die Verteilung der Gesamtredezeit der Fraktionen hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU 38 Minuten, AfD 33 Minuten, DIE LINKE 11 Minuten, BÜNDNISGRÜNE 14 Minuten, SPD 12 Minuten; Staatsregierung zweimal 10 Minuten, wenn gewünscht.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Bauzinsen wachsen wieder in ungeahnte Höhen.
(Valentin Lippmann, BÜNDNISGRÜNE: Das wollten Sie doch! – Sören Voigt, CDU: Sie wollten doch steigende Zinsen!)