Protokoll der Sitzung vom 21.09.2023

Wir hatten diese Woche die Diskussion. Wir brauchen mehr Praxis im Unterricht. Dafür haben wir uns starkgemacht, Frau Friedel. Wir haben im Fachausschuss bereits miteinander darüber diskutiert,

(Sabine Friedel, SPD: Sie haben gerade gesagt, wir haben Halligalli gemacht!)

dass die Wirtschaft gestärkt werden müsse. Mit mehr Praxis im Unterricht motivieren wir die Kinder und können die Lehrer zum Teil entlasten, weil sie sich nicht mit Fächern auseinandersetzen müssen, bei denen Fachexperten viel besser sind,

(Zuruf des Abg. Markus Scholz, BÜNDNISGRÜNE)

weil sie aus der Praxis kommen und weil wir die Kinder nicht mit Demokratie überhäufen müssen, sondern sie für das wirkliche Leben lernen. Das ist die Wirtschaft. Das ist das, was Sachsen zukünftig braucht.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Im Kindergarten?)

Viertens. Wir müssen auch über eine ehrliche Bildungspflicht in diesem Land nachdenken. Unsere Kollegen in Brandburg haben damit bereits begonnen. Wir dürfen den Unterricht zu Hause nicht verteufeln,

(Sabine Friedel, SPD, steht am Mikrofon.)

wenn dort ordentlich unterrichtet wird. Auch darüber sollte man nachdenken, das sollte im Freistaat zumindest geprüft werden.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Auch das würde das entlasten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD –

Bekloppt! –

Bekloppte, Herr Gebhardt? –

Zuruf des Staatsministers Christian Piwarz –

Wollen

Sie die Schulpflicht aufheben? –

Die Bildungspflicht! –

Die Bildungspflicht? –

Sie müssen

zuhören, nicht so hoch springen!)

Gibt es vonseiten der Fraktionen, die noch Redezeit haben, Redebedarf? – Ich frage noch einmal die SPD-Fraktion, ob Sie sprechen möchte? – Das ist nicht der Fall. Somit beginnen wir wieder von vorn. Es sind noch fast 4 Minuten.

Ich war etwas irritiert – sowieso, Herr Dr. Weigand, darüber müssen wir nicht reden.

(Dr. Rolf Weigand, AfD: Was?)

Aber dass Sie damit um die Ecke kommen, dass die Schulpflicht aufgehoben werden soll und es möglich sein soll, dass Kinder einfach von zu Hause unterrichtet werden sollen, von wem auch immer – –

(Sabine Friedel, SPD: Von Herrn Weigand! – Markus Scholz, BÜNDNISGRÜNE: Von „Fachkräften!“)

Von Herrn Weigand? Dazu kann ich nur sagen: Ich warne davor. – Das ist das Erste.

Das Zweite: Ich möchte eines klarstellen: Ich weiß gar nicht, wie man darauf kommen kann, dass wir die Schule nur als „Spaßort“ sehen.

(Sebastian Wippel, AfD: Vielleicht liegt es an dem Titel!)

Das ist gar nicht der Punkt. Vielleicht unterscheidet uns eines: dass es hier erstens nicht um Spaß, sondern um Freude am Lernen geht, und wir zweitens Schule nicht nur als

Lernort begreifen. In der Tat – zumindest sage ich das als Mama – verbringt mein Sohn mehr Zeit in der Schule als zu Hause. Das heißt, dass die Schule nicht nur ein Lernort, sondern auch ein Lebensort ist.

(Lachen bei der AfD)

Das ist der Punkt. Das muss man einfach zur Kenntnis nehmen und dafür müssen wir die Rahmenbedingungen schaffen.

Das nächste ist Bildungsland 2030. Dazu haben wir uns bereits unterhalten. Im Übrigen stimmt Ihr Vorwurf, dass ich zu dem Teil gehören würde, der immer alles schlechtredet, einfach nicht. Ich habe mich in den letzten vier Jahren anders verhalten und kann nur sagen: Erstens ist es die Aufgabe der Opposition, zu kritisieren, und wenn ich – zweitens – Dinge gut finde, dann habe ich das auch mitgeteilt. Das habe ich im Übrigen vorhin gesagt.

Ich finde den Prozess Bildungsland 2030 an sich völlig okay. Wir müssen aber schauen, dass wir ihn umsetzen. Wenn wir über Zukunft reden, muss klar sein, dass beispielsweise Lehrkräfte, Eltern sowie Schülerinnen und Schüler wissen wollen – wenn das Ganztagsmodell kommt und das rechtlich verpflichtend ist usw. –, wie wir das in Sachsen organisieren und wer das macht; denn alle wissen, dass das ein Problem wird, weil wir bereits jetzt Schwierigkeiten haben. Das sind Dinge, über die wir diskutieren müssen. Ich finde, sie gehören in dieses Hohe Haus, und dafür braucht es Konzeptionen und Lösungsvorschläge.

Letzter Punkt. Ich bleibe dabei, dass es ganz wichtig ist, dass Kinder und Jugendliche gern in die Schule gehen. Ich behaupte, das ist die Abkehr von der These, es müsse bitter schmecken, sonst nütze es nichts. Kinder und Jugendliche sagen, sie hätten keinen Bock mehr und wollten überhaupt nicht mehr in die Schule gehen. Ärzte müssen aufgesucht werden usw. usf. Der Ruf nach Schulsozialarbeit, der im Schulgesetz steht, hängt nicht nur damit zusammen, dass wir ein bisschen Schulsozialarbeit brauchen, sondern dass an den Schulen manifeste Probleme existieren. Darüber müssen wir diskutieren und dafür brauchen wir Lösungen; besonders wenn ich mir anschaue, dass Schulsozialarbeit an Gymnasien nur zur Hälfte abgedeckt ist.

Herr Dr. Weigand, das Problem des Internets – und generell des Infrastrukturausbaus – ausschließlich auf den ländlichen Raum zu schieben, dazu kann ich nur sagen: Mir sind Schulen in der großen Stadt Leipzig bekannt, wo gesagt wird: Wir schauen mal, ob wir dort 2025 Glasfaser anlegen können.

Zu glauben, dass wir Beamte in den ländlichen Raum schieben können, dazu kann ich nur sagen: Dann haben Sie nicht verstanden, dass der Lehrkräftebedarf nicht nur im ländlichen Raum groß ist, sondern inzwischen auch in den Großstädten;

(Zuruf der Abg. Martina Jost, AfD)

nicht nur in Sachsen, sondern bundesweit. Das Verschieben von Beamten hilft an dieser Stelle meiner Meinung nach überhaupt nicht.

Danke schön.

(Beifall bei den LINKEN)

Gibt es noch Redebedarf vonseiten der Fraktionen? Ich frage zunächst die CDU, damit wir die Reihenfolge einhalten. – Nein. Herr Dr. Weigand, bitte. Sie haben noch 2 Minuten 39 Sekunden.

Die reichen. Danke schön, Frau Präsidentin. Frau Neuhaus-Wartenberg, weil Sie mich persönlich angesprochen haben:

(Luise Neuhaus-Wartenberg, DIE LINKE: Ja!)

Wir alle haben in den letzten drei Jahren erlebt, dass die Schulen geschlossen waren. Wir mussten die Kinder zu Hause beschulen. Ich kann Ihnen sagen: Meine Kinder hatten mit mir als Lehrer zu Hause viel Spaß. Das hat tippitoppi geklappt, weil wir etwas Praxis in die ganze Sache hineingebracht haben.

(Marco Böhme, DIE LINKE: In den drei Jahren zu Hause?)

Ich kann mir vorstellen, dass viele Eltern das ganz toll machen. Niemand will hier die Schulpflicht komplett abschaffen und das System sich und den Eltern selbst überlassen. Ich habe gesagt: Wir haben die 70 % der Lehrer, die in Dresden oder Leipzig bleiben wollen. Auch wenn dort an einzelnen Schulen Lehrermangel herrscht, müssen wir trotzdem ehrlich auf die Karte schauen. Lehrermangel im ländlichen Raum ist ein riesengroßes Problem. Wir müssen Bildungsgerechtigkeit im gesamten Land herstellen. Da muss ich schauen. Wie ich es mit Polizeibeamten mache, so muss ich es auch mit Lehrern machen: Ich kann sie mit dem Mittel greifen – das sagt übrigens auch der Landesschülerrat – und schicke den einen oder anderen Lehrer – das heißt ja nicht sofort alle – in den ländlichen Raum. Ich kann es aber nicht verantworten, zu sagen, in Leipzig fallen nur 5 Stunden in der Woche aus, doch im Erzgebirge ist eine halbe Woche nichts los in der Schule. Das ist kein vernünftiger Umgang mit Lehre und Bildung in diesem Land. Das muss man anders auf die Füße stellen.

Zweitens habe ich gesagt, wir müssen in der Fläche ausbilden; auch das ist eine Lösung.

Und ich habe zum Schluss gesagt, ich würde es durchdenken – „durchdenken“ heißt nicht, es heute oder morgen umsetzen –, zu einer Bildungspflicht zu kommen. Das sagen mir übrigens auch viele Eltern aus vernünftigen Elternhäusern: In einer 28-Mann-starken Klasse, die wir in Sachsen leider haben und in den nächsten Jahren immer noch haben werden, geht mein Kind unter; ich bin selbst besser in der Lage, den Unterricht zu Hause durchzuführen. Wir sollten es ordentlich abprüfen. Das bedeutet nicht: Alle machen irgendwas zu Hause, und wir überlassen die Kinder den Eltern. – Nein, das heißt für mich: Wir durchdenken das einmal. Wir können dazu gern eine Anhörung im Landtag machen und das vernünftig miteinander im Fachausschuss diskutieren: Wie könnte so etwas aussehen, wenn Eltern im