Protokoll der Sitzung vom 21.09.2023

Eine neue Rederunde ist von der einbringenden AfD-Fraktion eröffnet worden. Gibt es aus den anderen Fraktionen Redebedarf? – Redebedarf hat die CDU-Fraktion. Das Wort hat erneut Herr Kollege Hippold.

Ich habe jetzt nicht gerechnet – das sei vorab gesagt. Herr Wiesner, Sie haben mich gereizt, doch noch etwas dazu zu sagen; denn Sie haben geäußert, Sie wollen gern zu trockenen Fakten und zu Volkswagen kommen.

Sie haben es nur aus europäischer Sicht betrachtet. Ich weiß nicht, ob das bekannt ist: Wenn ich in den großen Metropolregionen – dort wohnen in China ja die meisten Menschen – ein Fahrzeug zulassen will, brauche ich für die Zulassung eines Verbrenners, statistisch gesehen, derzeit circa 97 Jahre. Ich bin kein Chinese,

(Heiterkeit bei der CDU und den LINKEN)

aber ich kann mich recht gut in einen Chinesen als Kunde hineinversetzen. Wenn er sagt, er möchte gern ein Fahrzeug haben, er möchte Auto fahren, dann stelle ich mir die Frage: 97 Jahre – ich bin jetzt 30 oder 20 Jahre alt. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich 107 oder 117 Jahre alt werde, ist relativ klein. Wie bekomme ich denn schneller ein Fahrzeug zugelassen? Als einzige Alternative bleibt: Wasserstofffahrzeug. Wir wissen, es gibt nur eines am Markt: den

Toyota Mirai. Oder ich setze auf ein Elektrofahrzeug und kaufe mir eins davon.

Wir wissen – und da bleiben wir wieder bei VW –: Volkswagen hatte in China einst einen Verbrenneranteil von über 50 % am Markt. Jetzt liegen sie bei circa 36 % im Verbrennerbereich. Im Elektromobilitätsbereich liegen sie derzeit leider – darunter sind bestimmt auch hausgemachte Probleme – bei unter 5 %.

(Zuruf des Abg. Sebastian Wippel, AfD)

Das heißt, wenn ich Manager bei Volkswagen wäre, würde ich mir doch die ganz klare Frage stellen: Wie kann ich in einem Schlüsselmarkt wie China Produkte platzieren, die ich dort verkaufen kann? Das kann ich eben nicht mit Ihrer Strategie, indem ich sage, wir setzen weiter auf Verbrenner; denn der normale Chinese wartet nicht 97 Jahre, bis er das Auto zugelassen bekommt, sondern er kauft Elektrofahrzeuge. Genau aus diesem Grund war die Entscheidung von Volkswagen und von allen anderen deutschen OEMs richtig, in den Elektromobilitätsbereich zu investieren. Das wollte ich damit nur gesagt haben.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und der SPD)

Das war erneut Jan Hippold für die CDU-Fraktion. Besteht weiterer Redebedarf aus den anderen Fraktionen? –

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Wir haben alles schon erzählt!)

Das kann ich nicht feststellen. Dann wird die einbringende AfD-Fraktion eine weitere Rederunde eröffnen. Das Wort ergreift erneut Herr Kollege Thumm.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Herr Thumm, Sie haben schon geredet!)

Vielen Dank, Herr Präsident! Herr Hippold, Sie haben hier vieles zur Debatte beigetragen und ich möchte darauf nun reagieren.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Aha!)

Sie nannten das Roboterbeispiel und sagten, dass man Wettbewerbsvorteile zukünftig durch Produktionsautomatisierung ausgleicht. Sie wissen ganz genau, dass China den deutschen Roboterhersteller Kuka – einen Familienbetrieb – gekauft hat. Kuka verdient das Geld vornehmlich in der Automobilindustrie. Der Wettbewerbsvorteil ist zum Ersten schon mal weg.

Wenn wir zukünftig die Produktion in der E-Mobilität in Deutschland automatisieren und weniger Personal in der Produktion binden, wird China genau das Gleiche machen – Wettbewerbsvorteil gleich null. Der Preisvorteil von 25 %, den China heute im Vergleich zu einem in Deutschland hergestellten E-Mobil hat, wird gleichbleiben.

Mit anderen Worten: Sie hoffen dann weiterhin, dass die Kosten durch die Produktionserhöhungen in Deutschland sinken werden. Das mag sein, aber parallel ist es doch so:

Wenn hier die Produktionskosten um 25 Prozentpunkte gesenkt werden, dann können Sie doch nicht davon ausgehen, dass China nichts tun wird, um zum Beispiel in Automatisierung zu investieren. Auch in China werden die Produktionskosten in den nächsten Jahren vielleicht um 25 % sinken. Das bedeutet wiederum: Die Wettbewerbsvorteile, die China aktuell hat, bleiben erhalten und Volkswagen zum Beispiel schaut in die Röhre.

Als Nächstes sagten Sie, dass China darauf warte, dass deutsche E-Automobilität nach China exportiert werde. Das können Sie gleich einmal vergessen; denn die Europäische Union hat beschlossen, die chinesischen Märkte wegen Wettbewerbsverzerrung zu sanktionieren. Wenn Europa dann beschließt, im Bereich der E-Automobilität den Export nach Deutschland zu sanktionieren, wird China genau das Gleiche mit deutschen E-Autos machen. Ihre viel beschworenen Exportmärkte sind dann auch nicht mehr vorhanden, weil die Europäische Union gerade am Vernichten dieser ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben von Herrn Hippold, von der CDU viel von Technologieoffenheit gehört. Ich finde es schon etwas vermessen, wenn sich die CDU hier im Plenum hinstellt und von Technologieoffenheit spricht. Ihre CDU-Kommissionspräsidentin in Europa,

(Christian Hartmann, CDU: Wer ist das?)

Ursula von der Leyen, hat zusammen mit den europäischen Kommissaren beschlossen, dass ab 2035 keine Verbrenner mehr hergestellt werden.

(Richtig! von der AfD)

Das ist keine Technologieoffenheit. Das ist ein klares Technologieverbot, beschlossen mit der CDU.

(Beifall bei der AfD)

Ihre Milchmädchenrechnung von Stromverbräuchen für EMobilität können Sie stecken lassen. Wissen Sie, warum? Sie haben die Summen aufgezählt. Das Problem unseres Stromnetzes sind nicht die Summen, die im Jahr produziert werden und extreme Netzregelungskosten verursachen – ich habe es ja genannt: 4,2 Milliarden Euro –, weil man Strom nach außen verschenken und dann noch Geld dazu geben muss, um ihn überhaupt im Ausland loszuwerden. Das Stromnetz in Deutschland ist abhängig vom Strombedarf und gleichzeitiger Strommenge. Diese beiden Faktoren müssen in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Ihre, von der CDU beworbenen Flatterstromanlagen, zum Beispiel in sächsischen Wäldern, werden dazu führen, dass die Energie noch teurer werden wird.

(Christian Hartmann, CDU: Flatterstromanlagen?)

Es wird Wettbewerbsnachteile im Bereich der Vorkosten bei den Unternehmen in Deutschland erzeugen und es wird den Standort Deutschland im Bereich der Unternehmensansiedlung weiter zurückfallen lassen.

(Beifall bei der AfD)

Wir sagen klar und deutlich – –

Herr Kollege, ich bitte um die Wendung zur Automobilindustrie hin, um beim Thema zu bleiben.

– Genau. Wenn wir hier in Sachsen und in Zwickau – und das ist doch unser aller Ziel – in 50 Jahren noch Automobile bauen wollen, dann müssen wir zurück zur Technologieoffenheit. Wir brauchen vernünftige Stromgewinnung, die 24 Stunden, sieben Tagen in der Woche und 365 Tage im Jahr funktioniert.

(Zurufe der Abg. Kerstin Köditz und Antonia Mertsching, DIE LINKE)

Wir dürfen den Standort Deutschland nicht verspielen.

(Marco Böhme, DIE LINKE: Dass in 50 Jahren noch Verbrenner produziert werden? Wo leben Sie denn?)

Wir brauchen die Arbeitsplätze, im Besonderen die Region Südwestsachsen.

Vielen Dank, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Wir sind in einer neu eröffneten Rederunde. Herr Kollege Thumm hat für die AfDFraktion gesprochen. Ich frage die anderen Fraktionen. – Erneut tritt Herr Kollege Hippold in das Rund der Arena. Bitte, Sie haben das Wort.

Sie haben offensichtlich nicht zugehört. Ich habe ausgeführt, dass unsere deutschen OEMs ganz bewusst entschieden haben, Werke beispielsweise in China zu bauen. Ich bleibe bei China, aber das könnte man für andere Länder genauso deklinieren. Sie wollen Werke in China bauen, um dort Produkte herzustellen.

Sie haben gerade die steile These aufgestellt, dass deutsche Produkte nicht mehr in China verkauft werden dürfen. Jetzt mache ich mal eine Klammer auf und sage: Meiner Meinung nach sind irgendwelche Zölle und Abschottungen natürlich immer falsch. – Klammer zu. Fahrzeuge, die in China produziert werden, werden selbstverständlich auch in China verkauft werden können. Das sei gesagt, um beim Thema Automobil zu bleiben.

Nun noch einmal zum Thema Strom, Strombedarfe, Stromentstehung, Stromverteilung. Es ist doch Quatsch, was Sie erzählen.

(Thomas Thumm, AfD: Aha!)

Überlegen wir uns doch einmal Folgendes: In Deutschland sind mehrere Millionen Elektrofahrzeuge auf der Straße unterwegs. Die Elektrofahrzeuge können bidirektional geladen werden. Sie stehen irgendwo an Ladeplätzen in Garagen, in Tiefgaragen oder vielleicht auch auf öffentlichen Plätzen. Sie sind angesteckt.

(Zuruf des Abg. Jan-Oliver Zwerg, AfD)

Ich bin der Meinung, dass die Entscheidungen, die getroffen worden sind – beispielsweise die Abschaltung der Atomkraftwerke zum jetzigen Zeitpunkt –, falsch sind, weil wir dabei differenzieren müssen: zwischen industriellem Strombedarf und dem Strombedarf, der für andere Dinge erforderlich ist, und zwar in der Fläche.

Wenn diese Elektrofahrzeuge, wie soeben von mir beschrieben, bidirektional ladbar im Stromnetz verfügbar sind, dann sind sie gegebenenfalls auch verfügbar für Strom, der zu viel entsteht, weshalb heute Windkraftanlagen, Fotovoltaikanlagen – also Strom, der durch erneuerbare Energie erzeugt wird – abgeschaltet werden. Dieser Strom kann in diese großen, in Deutschland oder in Europa verteilten Speicher eingebracht und zu einem späteren Zeitpunkt wieder herausgenommen werden. Dann spielt das Thema Netze – wenn Sie vielleicht zuhören würden, dann könnten Sie mir auch folgen – nicht mehr die Rolle, die es heutzutage in Deutschland spielt.

Deswegen ist es falsch zu sagen: Wir müssen in Größenordnungen das Netz ausbauen. Für den Bedarf, der für Elektromobilität und den privaten Konsum entsteht, ist das nicht erforderlich.

Erforderlich ist es dann, wenn ich im größeren Stil industrielle Strombedarfe habe.