Ich übergebe das Wort an den Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Herrn Martin Dulig. Bitte, Herr Staatsminister, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir befinden uns jetzt im fünften Jahr einer ungewöhnlichen Legislaturperiode mit vielen Krisen und komplexen Herausforderungen, zu Beginn dominiert von der weltweiten Corona-Pandemie mit allen Folgen für Lieferketten und Kurzarbeit. Vor zwei Jahren überfiel Putin die Ukraine. Im Sommer 2022 drehte Putin den Gashahn zu. Die Gas- und Strompreise stiegen daraufhin massiv, sogar um unsere Versorgungssicherheit mussten wir uns anfangs Gedanken machen.
Gleichzeitig steht Deutschland und damit auch Sachsen aktuell als Exportnation unter Druck. Die USA investieren mit dreistelligen Milliardensummen in ihre Industrie- und Infrastruktur. China startet eine aggressive Aufholjagd bei E-Autos, Solarzellen und globaler Infrastruktur. Hinzukommen die großen Herausforderungen für unsere Wirtschaft und Gesellschaft:
Erstens: Die Digitalisierung, künstliche Intelligenz und Automatisierung. Zweitens: Der Umstieg auf klimaneutrales Wirtschaften, auch um unabhängiger von Energielieferungen von Diktatoren, die uns jederzeit erpressen können, zu werden. Drittens: Der Mangel an Arbeits- und Fachkräften in allen Bereichen und Branchen.
Dass in solchen schwierigen Zeiten viele Menschen zweifeln, ist kein Wunder. Dass sich angesichts schlechter Nachrichten zum Teil Pessimismus und Unsicherheit ausbreiten, scheint mir nachvollziehbar. Daher ist es wichtig, Probleme zu benennen und Schritt für Schritt Lösungen für diese Herausforderungen in Sachsen zu finden und anzugehen. Das ist das, was wir als Sächsische Staatsregierung tun.
Man kann natürlich leugnen, dass es Krisen und Wandel gibt. Man kann leichte Lösungen von anderen einfordern oder selbst vorgaukeln. Wenn man sich die komplexen
Probleme anschaut, stellt man fest: Rechter Populismus und Rechtsextremismus sind auf keinen Fall eine Lösung.
Zum Thema Arbeit und Fachkräfte: Überall fehlen Leute in Betrieben, bei der Pflege, bei Bus- und Lkw-Fahrern oder vor den Schulklassen. In den kommenden zehn Jahren wird die Zahl der erwerbstätigen Personen in Sachsen um rund 150 000 Personen zurückgehen. Was machen andere? Sie diskutieren im Hinterzimmer, wie man am besten Menschen deportieren kann.
Rechtspopulisten und Rechtsextreme erzeugen eine Stimmung, dass Leute eher aus Sachsen weggehen werden. Lassen Sie mich sehr deutlich sagen: Rechtspopulisten und Rechtsextreme bedrohen den Innovations- und Wirtschaftsstandort Sachsen. Sie bedrohen unseren Wohlstand.
Sie stellen unsere Zukunft infrage, und das werden wir nicht zulassen. Diesbezüglich bin ich mir mit Michael Kretschmer einig.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich war berührt und bin immer noch dankbar, dass allein in Sachsen über 100 000 Menschen um den 21. Januar auf die Straßen gegangen sind und gegen rechtsextremes Gedankengut in den großen und in den kleinen Städten demonstriert haben. Sie setzen ein sehr wichtiges Zeichen, das weit über die Grenzen Sachsens wahrgenommen wird. Ich habe eine Bitte an diese Menschen: Machen Sie weiter! Nehmen Sie Ihr Wahlrecht wahr! Kandidieren Sie bei den Kommunalwahlen! Gestalten Sie Ihre Heimat aktiv mit!
Genauso froh bin ich, dass Unternehmen im Land lauter werden und Hass und Hetze widersprechen. All die Menschen auf den Straßen haben ein anderes, selbstbewusstes Bild über Sachsen gezeichnet, und das ist enorm wichtig.
Dieses andere selbstbewusste Bild sieht man auch, wenn man auf die wirtschaftliche Entwicklung in Sachsen schaut. Die objektive Lage ist besser als die gefühlte Stimmung.
Wir haben heute eine Beschäftigung auf Rekordniveau. Noch nie haben so viele Menschen in Sachsen gearbeitet. Wir haben heute rund 300 000 Arbeitsplätze mehr als vor 15 Jahren. Waren im Jahr 2014 noch fast 190 000 Menschen ohne Beschäftigung, sind es heute nur noch rund 130 000 Menschen. Dieser Rückgang entspricht der Bevölkerungszahl von Görlitz.
Derzeit investieren wir 2 Milliarden Euro allein an Landesmitteln in den Breitbandausbau. Mit Bundes- und Landesmitteln zusammen sind es 5 Milliarden Euro. Bis zum Jahr 2030 können alle sächsischen Haushalte und Unternehmen über hochleistungsfähige Glasfasernetze verfügen.
Wir haben Förderprogramme digitalisiert und beschleunigt. Der Weiterbildungscheck ist heute komplett digitalisiert. Innerhalb von drei Tagen bekommt man eine Bewilligung, manchmal schon innerhalb von 24 Stunden.
Der Weltkonzern TSMC wird eine hochmoderne Chipfabrik in Europa errichten und hat sich für Sachsen entschieden. Wenn man aktuell allein die großen Investitionen von Unternehmen, Bund und Sachsen zusammenrechnet, die gerade über das normale Maß hinaus in unserem Land in die Wirtschaft und wirtschaftsnahe Infrastruktur investiert werden, dann sprechen wir von über 30 Milliarden Euro für die nächsten Jahre.
30 zusätzliche Milliarden – das ist das Anderthalbfache des sächsischen Jahreshaushaltes, die gerade investiert werden in Stahl, Optik, Breitband, Halbleiter, Wasserstoff und Großforschungszentren. Diese Investitionen werden Erfolge zeitigen. Sie bringen unseren gesamten Industriestandort ins 21. Jahrhundert.
Wir werden uns darum kümmern, dass auch die vielen kleinen Unternehmen und Handwerker gleichfalls davon profitieren. Sie werden die Bauleistungen primär übernehmen, den Transport gewährleisten, die Rohstoffe liefern und die Anlagen bauen. Das ist keine Zukunftsmusik. Wer heute auf der A 4 aus Richtung Chemnitz nach Dresden fährt, der sieht nachts im Norden die Lichter der hell erleuchteten Infineon-Baustelle. Tagsüber sieht man, wie sich die Kräne drehen.
Wir begleiten die Unternehmen dabei, beispielsweise indem wir gerade zusammen mit den Unternehmen ein sächsisches Ausbildungszentrum Mikroelektronik vorbereiten. Auch hierfür ist es mir wichtig, dass nicht nur die großen, sondern auch die kleinen Unternehmen profitieren.
Die Politik dieser Staatsregierung hat das Ziel, dass Sachsen in zehn, 15 Jahren gut dasteht, dass die Menschen sichere Arbeitsplätze haben und dass wir weiter eine hohe
Wir haben das Ziel, unsere Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Es geht um gute Löhne und um neue Aufstiegschancen. Genau daran arbeiten wir. Wir sind dabei erfolgreich.
Die hohe Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der sächsischen Wirtschaft lässt sich an der anhaltend hohen Exportquote festmachen. Diese lag für Sachsen bei mehr als 33 % und damit deutlich über dem Schnitt in den anderen neuen Ländern.
Die Durchschnittslöhne sind in den letzten Jahren ebenfalls deutlich gestiegen. Im ostdeutschen Vergleich verdient man in Sachsen durchschnittlich am besten. Die Lohnunterschiede zu den Westbundesländern bestehen aber weiter, wie ich seit Jahren fast schon mantraartig wiederhole, weil in Sachsen weniger Tariflohn gezahlt wird, weil die Betriebe kleiner sind und weil es weniger Konzernsitze und gut bezahlte Forschungs- und Entwicklungsbereiche im Vergleich zu westlichen Regionen gibt. Genau deshalb hat Sachsen gerade die Chance auf mehr.
Am Montag hat der Expertenrat des SMWA seinen Bericht vorgelegt. Der Rat besteht aus anerkannten Persönlichkeiten aus Wirtschaft, aus Wissenschaft, von Gewerkschaften und aus der Gesellschaft. In ihrem Bericht heißt es: „Sachsen hat die Chance, von der verlängerten Werkbank zum Zukunftsstandort zu werden.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind in einer neuen ökonomischen Entwicklungsphase. Der „Aufbau Ost“ liegt hinter uns.
Überall dort, wo sich gerade die Zukunft entscheidet, sind wir in Sachsen gut aufgestellt: Wasserstoffwirtschaft, Elektromobilität, Life Sciences, künstliche Intelligenz, Leichtbau, Halbleiter.
Mit 600 Millionen Euro in der Technologieförderung unterstützen wir die Technologiecluster und -netzwerke aus unseren erfolgreichen kleinen und mittleren Unternehmen, um damit die hemmenden Nachteile der Kleinteiligkeit und Insellösungen auszugleichen. Es gibt eine besondere, ja, in vielen Bereichen einzigartige Verknüpfung von Wirtschaft, Innovation, Wissenschaft und Forschung, um die uns viele beneiden.
Wir haben aus dem Osten heraus immer Großforschungsinstitute für Ostdeutschland gefordert. Nun liefert die Bundesregierung: das Deutsche Zentrum für Astrophysik in Görlitz, das ressourcensparende Digitalisierung vorantreibt und neue Technologien entwickelt; das Zentrum für die Transformation der Chemie in Delitzsch, in dem es um nichts Geringeres als um eine Neuerfindung der Chemie ohne CO2 gehen soll.
Dazu werden wir, soweit der Bundestag den Haushalt in dieser Woche beschließt, zusammen mit Brandenburg und Sachsen-Anhalt ein Zentrum im Lausitzer Revier bekommen, in dem über den größten bisher da gewesenen Paradigmenwechsel im Bauwesen geforscht werden wird, das
Zentrum „Living Art of Building“, das Lösungen für ein klimaneutrales und ressourceneffizientes Bauen entwickeln wird. All das wird viele neue Unternehmen und Arbeitsplätze schaffen. Davon werden die Regionen enorm profitieren. Ich danke Thomas Schmidt für die exzellente Zusammenarbeit.
Genau deshalb ist es auch wichtig, ausreichend Flächenvorsorge zu betreiben, zum Beispiel mit neuen Gewerbegebieten. Das SMR unterstützt dabei die Kommunen. Auch das ist gut in die Zukunft investiertes Geld.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir müssen es zudem schaffen, den Transfer von Forschung und Entwicklung in die Wirtschaft und vor allem in kleinere und mittlere Unternehmen noch stärker als bislang voranzutreiben. Industrie in Sachsen sind nicht nur die Großen, Industrie in Sachsen ist vor allem Mittelstand.
Es braucht einen Transfer von Automatisierung, KI und Robotik in den KMU-Bereich oder in das Handwerk. Dies werden wir stärker aktiv begleiten. Das Zentrum für Fachkräftesicherung und Gute Arbeit übernimmt hierfür eine wichtige Rolle.
Aus GRW-Mitteln erhält etwa die Warwick GmbH aus Markneukirchen im Vogtland eine Förderung, ein Unternehmen, das im Musikwinkel E-Bässe und E-Gitarren baut. Durch die Investition wird eine neue Robotertechnik eingeführt, die eine bessere und konstantere Qualität der Produkte sowie eine effizientere und genauere Fertigung ermöglicht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind als Land seit Jahren aktiv, um Unternehmen und Branchen darin zu unterstützen, ihre Geschäftsmodelle und Standorte in Bezug auf Digitalisierung und klimaneutrales Wirtschaften neu auszurichten. Dafür haben wir die GRW-Mittel als wichtigstes sächsisches Investitionsprogramm für Unternehmen und Kommunen. Es ist weiterhin stark nachgefragt, trotz der an manchen Stellen eingetrübten gesamtkonjunkturellen Lage.
Der Mittelstand, die kleinen Firmen, investieren. Wir haben das zweitgrößte Budget aller Bundesländer: 200 Millionen Euro im Jahr 2024. Allein in den vergangenen zwei Jahren gingen 630 Anträge mit einem beantragten Zuschuss in Höhe von mehr als 400 Millionen Euro ein. Damit sollen Investitionsvorhaben in einer Größenordnung von zusammen 1,2 Milliarden Euro umgesetzt werden.
Im vergangenen Jahr haben wir zusätzliche 45 Millionen Euro über die GRW-Förderung vergeben können. Während andere Bundesländer Mittel zurückgaben, haben wir die Gelder angefordert. Wir haben die sächsischen Mittel umgeschichtet und so weitere Investitionen von kleinen und mittleren Unternehmen in Sachsen ermöglicht. An dieser Stelle danke ich den drei Koalitionspartnern dafür, dass sie diese Umschichtungen möglich gemacht haben. Wir haben in der vergangenen und in dieser Legislaturperiode gut zusammengearbeitet. Dafür danke schön.