Am vergangenen Freitag hat sich der Agrarausschuß des Bundesrates einstimmig für diesen Antrag ausgesprochen. Im Kern beinhaltet dieser die von mir bereits genannten Punkte. Ich denke, der Minister wird noch auf diesen Antrag eingehen wollen.
Die heutige Behandlung im Landtag dient also in erster Linie dazu, die bereits laufenden Aktivitäten der Landesregierung zu unterstützen.
Lassen Sie mich abschließend kurz zu dem Antrag der PDS Stellung beziehen. Inhaltlich liegen beide Anträge nicht weit auseinander. Sie haben beide das Ziel, den Anbau und die Verarbeitung von Hanf in unserem Land vor existenzbedrohenden Marktveränderungen zu schützen.
Die Formulierung des PDS-Antrages läßt allerdings vermuten, daß an der gegenwärtigen Marktordnung festgehalten werden soll. Ich denke, das ist angesichts der Tatsache, daß auch ohne Faserverarbeitung mit einem weiter steigenden Anbauumfang zu rechnen wäre, zumindest bei der gegenwärtigen Höhe der Flächenbeihilfe, nicht gewollt.
Ich schlage eine Änderung unseres Antrages vor, über den eigentlich direkt abgestimmt werden sollte. Ich denke, wir stehen nicht unter Zeitdruck. Die Landesregierung, sprich das Landwirtschaftsministerium hat schon gehandelt. Aus diesem Grund wäre es günstig, wenn wir den Antrag der PDS und unseren Antrag - ich beantrage das hiermit - in den Landwirtschaftsausschuß überweisen, um dort in Ruhe einen gemeinsamen Antrag formulieren zu können. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Danke sehr. - Ich erteile nunmehr dem Abgeordneten Herrn Czeke das Wort für die Einbringung des Antrags der PDS-Fraktion. Bitte, Herr Czeke.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am Rande der letzten Landtagssitzung im Dezember ist auf eine Bitte des Bauernverbandes hin die gemeinsame Absprache getroffen worden, fraktionsübergreifend einen Antrag zu formulieren, der die eben genannte Problematik zum Inhalt hat. Auch eine Zuarbeit des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten war dabei im Gespräch. Sie können jetzt sehen, daß es leider nicht zu diesem gemeinsamen Antrag gekommen ist.
Kollege Barth, es sei vorweg gesagt: Unser Ansatz soll nicht nur sein, die Landesregierung zu stützen, sondern gerade die Probleme der Praxis deutlich zu machen. Die EU-Kommission nimmt an, daß zahlreiche Enderzeugnisse aus Hanffasern sehr hohe Faserpreise bewirken werden. Daraus folgert sie, daß man dem mit deutlich niedrigeren Flächenbeihilfen begegnen kann. Das halten wir für reine Spekulation. Das entspricht auch nicht dem jetzigen Stand der Praxis.
Die neuen und die alten Sand- und Kieslöcher, speziell im Jerichower Land, aber auch die Tagebaurestlöcher aus dem Braunkohleabbau einerseits und der Verbrauch an Rohstoffen und Energieressourcen andererseits sind wohl der eindrucksvollste Beleg dafür, daß wir bisher nur wenig Rücksicht auf die Lebensbedürfnisse künftiger Generationen genommen haben.
In dem Maße, wie die Endlichkeit der herkömmlichen Rohstoffe und der fossilen Energieträger in einen absehbaren Bereich rückt, sollte sich endlich auch die Bereitschaft zum Handeln durchsetzen. Wenn wir wie bisher Rohstoffe und Energieträger weitestgehend nur verbrauchen, sind wir mehr denn je angehalten, sie gleichermaßen auch bewußt zu produzieren.
Wir sind der Meinung, das ist die große Chance für das Sonnenkraftwerk Pflanze, für die Landwirtschaft, für uns Landwirte und für den ländlichen Raum überhaupt. Mehr noch: Hier treffen sich die Interessen der Agrar-, der Umwelt- und der Arbeitsmarktpolitikerinnen und -politiker wie an keiner anderen Stelle in dieser Gesellschaft. Hinzu kommt, daß sich in diesem Bereich gerade für Forschung und Entwicklung ein weites Feld ergibt.
Wenn ich die Agenda 2000 richtig verstanden habe - die Fachleute wissen, daß man damit seine Schwierigkeiten haben kann -, dann war es doch wohl das öffentlich propagierte Ziel, genau in diesem Sinne ein gemeinsames, regional abgestimmtes Handeln mit nachhaltiger Wirkung zu fördern.
Was jetzt jedoch an Vorschlägen von der EU-Kommission nach und nach auf den Tisch kommt, ist schlechthin kontraproduktiv und spricht nicht dafür, daß man dort ernsthaft bemüht ist, für das Projekt nachwachsende Rohstoffe verläßliche Rahmenbedingungen zu schaf-fen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Kritik, die wir an der Agenda 2000 geübt haben. Wir haben vor Vorgängen gewarnt, die jetzt erst langsam durchsickern.
Worum geht es in unserem konkreten Fall? Nachdem in Sachsen-Anhalt in den zurückliegenden Jahren beachtliche Erfolge im Hanfanbau und bei der -verarbeitung erreicht werden konnten und inzwischen in Gardelegen Kollege Barth sprach davon - die modernste Hanfverarbeitungsanlage ihrer Art in Europa in Produktion ging, sollen ab dem Jahr 2000 neue Förderbedingungen erarbeitet werden, die - das ist unsere Meinung - das bisher Erreichte in Frage stellen. Die Flächenbeihilfe soll von rund 1 300 DM pro Hektar auf ca. 750 DM reduziert werden. Auch die Verarbeitungsbeihilfe von rund 80 DM pro Tonne wird nur noch gewährt, wenn der Verunreinigungsgrad bei Fasern unter 5 % liegt.
Drittens soll die Beihilfe künftig an ein Mengenkontingent von - Kollege Barth hat es angesprochen - 6 300 t für die gesamte Bundesrepublik gebunden werden. Ich bin der Meinung, daß das eine Ungleichbehandlung unter den Bundesländern wäre; denn Sachsen-Anhalt würde, wie gesagt, allein schon 3 000 t binden.
Erstens zur Flächenbeihilfe. Nach Angaben des Bauernverbandes haben die Hanfanbauer mit der letzten Ernte noch ca. 700 DM Erlöse pro Hektar aus Hanfstroh erzielt und etwa 1 000 DM pro Hektar an Beihilfe erhalten. Das ergibt einen Gesamterlös von ca. 2 000 DM je Hektar. Die Kosten belaufen sich ebenfalls auf diese Größenordnung. Von einem einträglichen Geschäft kann also nicht die Rede sein.
Wenn die Landwirte an den Standorten um ZerbstWittenberg und in der Altmark Hanf anbauen, obwohl er mit Erträgen von 6,5 bis 8 t je Hektar mit anderen Kulturen dieser Standorte nicht konkurrieren kann, dann aus dem Grund, daß er ein wichtiges Fruchtfolgeglied in der ohnehin engen Getreidefruchtfolge ist und weitestgehend ohne Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und mineralischem Dünger auskommt. Sein Anbau ist also gleichzeitig eine bodenschonende bzw. -verbessernde Maßnahme, die sich betriebswirtschaftlich nur rechnet, wenn der Strohpreis halbwegs stimmt und ein Mindestmaß an Förderung gewährt wird.
Außerdem gab es bislang die berechtigte Hoffnung, nicht zuletzt gemessen an dem Vorankommen der Verarbeitungsanlage in Gardelegen, daß die Erzeugerpreise in den nächsten Jahren von 100 auf etwa 130 DM je Tonne Stroh gesteigert werden könnten. Mit der Kürzung der Beihilfe um über 500 DM dürfte sich der Hanf-anbau also schon aus betriebswirtschaftlichen Gründen auch in Sachsen-Anhalt dann praktisch erledigt haben.
Zweitens. Was die Förderfähigkeit in Abhängigkeit vom Grad der Verunreinigung betrifft, so ist das - jedenfalls nach unserer Kenntnis - für den Verarbeitungsstandort Gardelegen nicht das Problem.
Zum dritten Problem. Der Plan der EU-Kommission, an einzelne Mitgliedsstaaten Mengenkontingente auszugeben, an die die Beihilfen gebunden werden sollen, könnte auch in Sachsen-Anhalt verheerende Folgen für den Anbau und die Verarbeitung von Hanf haben und weitreichende Projekte im Rahmen von Forschung und Entwicklung ernsthaft gefährden. Wenn man bedenkt, daß allein die Anlage Gardelegen unter verläßlichen Rahmenbedingungen leicht auf eine Verarbeitungskapazität von 3 000 t Fasern kommt, dann dürfte klar sein, daß ein Limit von 6 300 t für die gesamte Bundesrepublik der Entwicklung von vornherein Beschränkungen auferlegt.
Gerade Gardelegen arbeitet derzeit an der Entwicklung des Einsatzes von Fasern in der Automobilproduktion. Das macht die Pkws leichter und damit kraftstoffsparend, was ein zusätzlicher ökologischer Effekt ist. Das ist - das können Sie mir glauben - positiv für die Nutzer und von finanzieller Bedeutung zum Beispiel für Berufs-pendler, aber auch gerade für uns im ländlichen Raum.
Zukunftsträchtige Projekte werden so kurzgehalten und schon aus betriebswirtschaftlichen Gründen kaum aus den Kinderschuhen kommen. Bemerkenswert ist, daß die EU-Kommission in dem Moment mit ihren Vorschlägen kommt, in dem vielversprechende Produkt-linien gerade dabei sind, den Marktzugang zu finden. Es besteht die Gefahr, daß bisherige Pionierleistungen - ich möchte sie so nennen -, unschätzbares persönliches Engagement, bereits getätigte Investitionen in Gardelegen sowie die investierten Forschungsmittel von Bund und Ländern, aber auch der EU mit den Vorschlägen aus Brüssel letztendlich in den Sand gesetzt werden.
Von der Landesregierung erwarten wir, daß sie in Berlin und Brüssel alles unternimmt, um das zu verhindern. Allein durch die Hanfverarbeitungsanlage in der Altmark besteht ein einzigartiger Standortvorteil für die Ansiedlung weiterer innovativer Unternehmen. Das Projekt kommt unseren Vorstellungen von geschlossenen Stoffund Wirtschaftskreisläufen in der Realität ein deutliches Stück näher. Wir sind gut beraten, dieses Projekt weiterhin und möglichst mehr als bisher zu unterstützen und vor Angriffen, wie sie jetzt aus Brüssel kommen, zu schützen.
Zum SPD-Antrag möchte ich so viel sagen: Dieser Antrag greift das Problem natürlich auch auf. Er erscheint uns aber von vornherein mit einem gewissen Rückzug schwanger zu gehen. Es wird gefordert, daß im Rahmen dieses Rückzuges die Standortverhältnisse und Produktionskapazitäten in Sachsen-Anhalt angemessen berücksichtigt werden.
Wenn wir uns im Ausschuß darüber verständigen können, dann, so meine ich, können wir dort eine gemeinsame Beschlußempfehlung erarbeiten. Wir müssen das dann nur über die Zeitschiene verlängern.
Gestatten Sie mir noch eine kurze Anmerkung zum Änderungsantrag der DVU. Es gibt seit langem eine interministerielle Arbeitsgruppe, die sich mit nachwachsenden Rohstoffen beschäftigt. Im letzten Satz des ersten Absatzes steht wörtlich - ich zitiere, Herr Präsident -:
Ein Hinweis sei mir in diesem Zusammenhang noch gestattet. Wenn Bundeslandwirtschaftsminister Funke auf der Grünen Woche in Berlin von mehr Wettbewerbsgleichheit für Europa spricht, dann geht es nicht an, daß wir immer erst kräftig kürzen - wie bei der Gasölbeihilfe, wie bei allen anderen Kontingenten, die der Landwirtschaft zugebilligt werden - und dann hingehen und einige Prozente drauflegen. Das funktioniert nicht. Das ist der falsche Weg. Das ist eigentlich auch die Kritik. Daher die Formulierung, daß man bei dem SPD-Antrag mit einem Rückzugsgedanken schwanger geht. Wir werden darüber im Ausschuß konstruktiv diskutieren. - Vielen Dank.
Danke sehr. - Meine Damen und Herren! Aus aktuellem Anlaß möchte ich noch einmal darauf hinweisen, daß der Einsatz von Handys im Plenarsaal zu einer nachhaltigen Störung unserer elektronischen Aufzeichnungstechnik führt und deshalb nicht erwünscht ist.
Wir setzen die Debatte fort mit einem Beitrag des Landwirtschaftsministers. Bitte, Herr Minister Keller.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts der ausführlichen Einbringungsvorträge, die die Sachlage zur Hanfproblematik deutlich und richtig geschildert haben, kann ich es relativ kurz machen.
Sie haben gehört, daß die EU die Vorschriften ändern will. Der Hauptgrund dafür ist - darauf möchte ich noch einmal hinweisen -, daß insbesondere in Südeuropa, in Spanien, die Anbauregelungen mißbraucht worden sind und die Beihilfen für den Hanfanbau deshalb sehr stark angestiegen sind.
Gleichwohl halten wir die Reaktion der Europäischen Union darauf nicht für den richtigen Schritt, weil die Rahmenbedingungen, die in Europa herrschen, sehr unterschiedlich sind.
Sie wissen, daß, nachdem der Hanf wieder als Pflanze zum Anbau zugelassen worden ist, in Sachsen-Anhalt, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der nachwachsenden Rohstoffe, große Anstrengungen unternommen worden sind, um die Produktion und vor allem die Verarbeitung möglich zu machen. Herr Abgeordneter Barth hat ausführlich darauf hingewiesen, und Herr Czeke hat das unterstützt. Wir haben, wie gesagt, in Gardelegen die Anlage, die zur Verarbeitung geeignet ist. Wir sind in den Anfängen und hoffen, daß sich doch eine Möglichkeit ergibt, zu produzieren und auch auf den Markt zu kommen.
Infolgedessen haben wir natürlich ein großes Interesse daran, daß die von der EU beabsichtigten Regelungen nicht wirksam werden. Wir sind deshalb, nachdem uns der Bauernverband auf die entsprechenden Möglichkeiten hingewiesen hat, tätig geworden und haben bereits im vergangenen Jahr Herrn Bundeslandwirtschaftsminister Funke angeschrieben und haben gemeinsam mit anderen Ländern im Bundesrat einen Antrag eingebracht, der in der letzten Woche vom Agrarausschuß des Bundesrates einstimmig verabschiedet worden ist und der in absehbarer Zeit vom Bundesratsplenum behandelt werden wird. Ich gehe davon aus, daß sich die Länder insgesamt hinter diesen Antrag stellen.
erstens eine Neuregelung der Marktordnung für Flachs und Hanf frühestens zur Aussaat im Jahr 2001 in Kraft treten zu lassen,
zweitens für Flachs und Hanf Sonderregelungen im Rahmen der allgemeinen Stützungsregelung aufgrund der für die Anbauer nicht auszuschließenden negativen Auswirkungen, insbesondere hinsichtlich der Grundflächenberechnung, der Stillegungsverpflichtung und des Anbaus, auf nicht förderfähige Flächen zu beschränken,
drittens die Beihilfe so zu gestalten, daß eine wettbewerbsfähige Fasererzeugung ermöglicht sowie der bestehenden und der im Aufbau befindlichen Verarbeitungsindustrie eine ausreichende heimische Rohstoffbasis gesichert wird,
viertens jegliche Höchstmengen für die Faserproduktion sowie Höchstflächen für den Hanfanbau aufzuheben, also nicht einzuführen,
fünftens das vorgeschlagene Verwaltungsverfahren zu vereinfachen und bei Hanf insbesondere auf das Verbot des Abschlusses von Kaufverträgen zu Verkehrszwekken sowie die Vorabgenehmigung zum Hanfanbau zu verzichten.
Das sind alles Vorschläge, die in die Richtung gehen, die von den einbringenden Fraktionen gewünscht wird. Wir werden natürlich das weitere Verfahren aufmerksam begleiten.
Auch der Bundeslandwirtschaftsminister unterstützt diese Zielrichtung. Insofern gehe ich davon aus, daß wir alle an einem Strang ziehen.
Der Ausschuß wird sich sicherlich dieses Themas noch einmal annehmen. Wir werden dort über den weiteren Fortgang der Beratungen innerhalb der Europäischen Union berichten. Ich persönlich gehe davon aus, daß hierzu noch eine ausführliche Diskussion auch auf Intervention der Bundesrepublik erfolgen wird. - Herzlichen Dank.
Danke sehr. - Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie bitten, die Zwiegespräche etwas einzuschränken. Der Lärmpegel ist enorm hoch.