Protokoll der Sitzung vom 10.02.2000

(Zuruf von Herrn Schomburg, CDU)

Wie wäre es denn, wenn Sie sich, statt Arbeitspapiere von der Landesregierung zu verlangen, um Ihre hauseigenen CDU-Panzerschränke kümmern würden?

(Beifall bei der SPD - Herr Dr. Sobetzko, CDU: Zur Sache!)

Diese bergen wohl kaum nur Arbeitsstände von Ministerien, sondern Schmiergeldunterlagen oder Spendenpapiere oder zumindest Zinsertragsabrechnungen.

(Heiterkeit bei der SPD - Zurufe von und starke Unruhe bei der CDU)

Wissen Sie, ich sage das ganz sicher ohne Spott und Häme; denn ich bin keineswegs glücklich darüber, daß unsere Demokratie durch das Verhalten Ihrer Partei Schaden nimmt.

(Zurufe von Frau Stange, CDU, und von Herrn Webel, CDU)

Sie fordern in Ihrer Presseerklärung zu dem Antrag, daß der MP seine Richtlinienkompetenz wahrnehmen soll,

(Herr Jeziorsky, CDU: Wird auch Zeit!)

und beziehen sich damit auch auf den Tresor. Wissen Sie, unser MP ist kein Herr der Tresore, und die Devise der Landesregierung heißt auch nicht: Machen Sie den Safe sicher!

(Zustimmung von Herrn Metke, SPD)

Vielleicht würde es Ihnen ausreichen, wenn Ihnen unser Innenminister, sozusagen als der oberste Kommunal

politiker, sein Ehrenwort geben würde, daß das Papier nicht im Panzerschrank liegt, sondern auf dem Tisch als Arbeitspapier. Diese Akte gibt wahrlich keine Nahrung für Spekulationen.

Meine Damen und Herren von der CDU, es ist wirklich nett, daß Sie sich so um uns sorgen. Aber ich kann Ihnen garantieren, folgendes Zitat paßt nicht zum Umgang unserer Landesregierung mit den Akten - ich zitiere aus der „MZ“ vom 20. Dezember 1999 -:

„Daß ausgerechnet die Akten, die Auskunft über das Verhalten der Landesregierung in diesem Punkt geben könnten, nun nicht mehr aufzufinden sind, ist schon ein höchst merkwürdiger Umstand, zieht man den normalen Umgang deutscher Behörden in Betracht.“

Das paßt nicht zu den Akten, die Sie fordern. Unsere Fürsorge, was Akten betrifft, reicht nicht so weit wie die von Herrn Münch.

(Herr Dr. Keitel, CDU: Was? - Herr Dr. Bergner, CDU: Das habe ich jetzt nicht verstanden! - Herr Becker, CDU: Akustisch nicht verstanden! - Herr Dr. Sobetzko, CDU: Kommen Sie zur Sache!)

Erinnern Sie sich, meine Damen und Herren, um über Akten zu reden: Leuna war Chefsache, und Herr Münch hat die Standortsicherung immer als seinen Erfolg verkauft.

(Unruhe bei der CDU)

Ich finde es schon komisch, daß sich nur noch vier Ordner in dem entsprechenden Referat der Staatskanzlei finden lassen, ohne einen Aktenvermerk.

Ich könnte Ihnen natürlich mit ganz formalen Argumenten kommen. Herr Becker, Sie haben sie selbst schon genannt.

Herr Bergner, zum jetzigen Zeitpunkt genügt der Antrag der CDU-Fraktion unter zwei Gesichtspunkten nicht den Vorgaben des Artikels 53 Abs. 3 der Landesverfassung.

Erstens kann nur ein Ausschuß bzw. ein Viertel seiner Mitglieder Aktenvorlage verlangen und nicht der Landtag.

Zweitens hat sich der zeitweilige Ausschuß noch nicht einmal konstituiert. Aber er wird dies tun, um diesem Vorwurf gleich vorweg zu kommen; ich denke, Sie haben die Einladungen bekommen.

Oder ich könnte Ihnen erklären, warum die Landesregierung Ihrem Verlangen auf Aktenvorlage, diesen Punkt betreffend, auch dann nicht nachkommen muß, wenn Sie Ihren Fehler korrigieren würden.

Eine Weigerung würde ihre Rechtfertigung in Artikel 53 Abs. 4 der Landesverfassung unter dem Gesichtspunkt der wesentlichen Beeinträchtigung der Eigenverantwortlichkeit der Regierung finden. Eine eigenverantwortliche Arbeit der Landesregierung wäre unmöglich, wenn diese ihre jeweiligen Arbeitsstände nicht mehr schriftlich niederlegen könnte. Das haben Sie im Grunde schon zugegeben.

Es ist also nicht die Aufgabe eines Parlaments, jeden Schritt der Meinungsbildung in der Regierung nachzuvollziehen und diesen zu diskutieren. Es ist vielmehr Aufgabe des Parlaments, die Ergebnisse der Meinungsbildung zu würdigen, und dann werden sie, wie das Leitbild, dem Landtag zur Verfügung gestellt.

Ich bin mir sicher, unsere Landesregierung wird ihren Beitrag zur Sachaufklärung im Ausschuß leisten. Ich bin fest davon überzeugt, daß sich unser Ministerpräsident in seiner Aufgabe als oberster Hüter der Landesverfassung

(Oh! bei der CDU)

dessen anders bewußt ist, als sich das der Bundeskanzler über lange Zeit als Hüter der Bundesverfassung bewußt war. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion spricht noch einmal der Abgeordnete Herr Becker. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Lassen Sie mich vor dem Hintergrund der vorangegangenen Diskussion kurz fünf Punkte vortragen.

Erstens. Wir haben uns unter dem damaligen Oppositionsführer Herrn Dr. Reinhard Höppner als Vorsitzendem des Verfassungsausschusses eine Verfassung gegeben, die, Herr Ministerpräsident, in Artikel 68 Abs. 3 unter anderem die Aufgaben der Landesregierung vorsieht. Darin heißt es: Sache der Landesregierung ist „die Abgrenzung der Geschäftsbereiche und die Einsetzung von Landesbeauftragten für besondere Aufgaben“.

Darin steht nichts von Organisation. Das wäre auch nicht folgerichtig, weil - damit komme ich zu zweitens es in Artikel 86 heißt:

„Der allgemeine Aufbau“

- nicht der spezielle

„der Verwaltung und ihre räumliche Gliederung werden durch Gesetz geregelt.“

(Beifall bei der CDU)

Das heißt, Herr Ministerpräsident, eine Reihe von wichtigen Ämtern - nicht jedes Ämtchen; darin sind wir uns ja einig - und deren räumliche Gliederung gehört in dieses Parlament.

Herr Abgeordneter Becker, möchten Sie eine Frage beantworten?

Ich werde sie am Schluß beantworten. - Man ist sicherlich als Ministerpräsident damit gut beraten, daß man immer das Votum des Ausschusses einholt.

Wir haben derzeit die gleiche Diskussion bei der Frau Justizministerin. Warum befaßt sich dieses Hohe Haus eigentlich mit den Amtsgerichten? - Weil es einfach sein muß, weil es so vorgeschrieben wird.

Das gilt natürlich hierbei auch. Das heißt, in Vorbereitung des von Ihnen selbst, Herr Ministerpräsident, angesprochenen Organisationsgesetzes muß sich dieses Hohe Haus mit der Sache befassen. Eine Erfahrung lehrt, je eher Bürgerbeteiligung erfolgt, um so besser ist es. Wir sind eigentlich die repräsentativen Bürger dieses

Landes, die man an diesem Prozeß beteiligen sollte. Das war der zweite Punkt.

(Zustimmung bei der CDU)

Drittens. Herr Ministerpräsident, Sie haben auf viele Reformschritte hingewiesen.

(Frau Budde, SPD: Wie war das beim Aufbau der Ämter, der Strukturen? War der Landtag be- teiligt an dem Aufbau der verschiedenen Ämter in der ersten Legislaturperiode?)

- Ich möchte nicht unhöflich sein; ich höre nachher zu, wenn ich Zeit habe.

Ich will dazu eines sagen: Herr Ministerpräsident, diese Reformschritte sind Reformschrittchen. Sie haben eine Schulverwaltung geschaffen und haben gesagt, sie werde billiger. 5 Millionen DM wurde sie teurer.

Wir haben etwas in der Polizeiverwaltung getan. Das erkenne ich an; das hat der Herr Innenminister gut über die Runden gebracht. Wir haben im Polizeibereich noch einige Tankstellen eingezogen, und dann war es eigentlich schon vorbei. Das ist das Problem.