Protokoll der Sitzung vom 10.02.2000

Wir haben etwas in der Polizeiverwaltung getan. Das erkenne ich an; das hat der Herr Innenminister gut über die Runden gebracht. Wir haben im Polizeibereich noch einige Tankstellen eingezogen, und dann war es eigentlich schon vorbei. Das ist das Problem.

(Ministerpräsident Herr Dr. Höppner: Schlecht orientiert, Herr Becker! Schlecht orientiert!)

- Ich habe es mir angesehen. Es gibt natürlich noch einige Dinge, aber das sind einfache Dinge, die aufgrund der EDV, der ADV einfach gemacht werden müssen.

Viertens komme ich zum Regierungspräsidium, Herr Ministerpräsident. Sie haben es selber angesprochen. Ich hätte Sie geschont. Aber jetzt kann ich Sie nicht mehr schonen. Sie haben 1997 gesagt: In zehn Jahren, im Jahre 2007, kommt ein Landesverwaltungsamt nach Dessau. Alle haben gestaunt. Schon haben sich die ersten Beamten, die besonders eilfertig sind, die ersten Grundstücke in Dessau gekauft.

(Heiterkeit bei der CDU)

Jetzt haben Sie verkündet: Im Jahr 2005 kommt das Landesverwaltungsamt nicht nach Dessau, sondern nach Halle. Herr Ministerpräsident, den Ball immer so weit wegzuwerfen - das zeigen diese beiden Beispiele -, ist doch keine Verwaltungsreform. Das ist nichts. Das ist Stillstand.

(Beifall bei der CDU)

Wir erwarten ein Gesetz, an dem wir mitwirken können, damit wir endlich einmal sagen können, was wir wollen. Wenn es im Gesetz festgelegt ist, ist es auch be sser.

Fünftens und letztens. Herr Gallert, diese Idee mit der Akteneinsicht ist uns natürlich auch schon gekommen.

(Herr Gallert, PDS: Ich habe ja Herrn Scharf im Ältestenrat gefragt!)

Aber das bringt doch nichts. Was wollen wir denn? Wir wollen nichts anderes, als daß die Denkansätze und Denkvorstöße der Regierung in den Ausschuß mit hineingegeben werden und daß wir einfach darüber diskutieren. Nur darum geht es. Frau Budde, ich gebe zu, der Ausdruck „unverzüglich vorzulegen“ ist vielleicht etwas verwirrend. Was wir meinen ist: Bringt doch die Papiere dort mit ein, wo wir sie diskutieren können. Das ist wichtig, und nur darum geht es uns mit unserem An trag.

(Beifall bei der CDU)

Herr Abgeordneter Becker, möchten Sie eine Frage des Abgeordneten Herrn Rothe beantworten? - Bitte sehr.

Herr Kollege Becker, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, daß der Auftrag des Artikels 86 der Landesverfassung, ein Landesorganisationsgesetz zu verabschieden, nach fast acht Jahren noch nicht erfüllt ist.

Ich frage Sie: Ist Ihnen bekannt, daß der Gesetzgebungsauftrag des Grundgesetzes, die Rechenschaftspflicht der Parteien hinsichtlich der Herkunft ihrer Einnahmen gesetzlich näher zu regeln, erst nach 16 Jahren durch den Bundestag erfüllt worden ist und daß es dann noch einmal solange gedauert hat, bis die Unionsführung dieses Gesetz verinnerlicht hatte?

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Herr Rothe, das ist mir wohl bekannt. Aber schlechte Beispiele muß man doch nicht nachahmen.

(Beifall bei der CDU)

An dieser Stelle hat der Herr Ministerpräsident noch einmal um das Wort gebeten. Wir wissen beide, daß die Debatte damit noch einmal eröffnet wird.

Aber ich glaube, das ist nicht erforderlich. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will nur eines richtigstellen. Wir haben im Jahr 1997 in der Tat gesagt, daß im Laufe von zehn Jahren drei Regierungspräsidien zu einem Landesverwaltungsamt zusammengefaßt werden sollen, und wir haben hinzugefügt: mit Außenstellen. Dabei ist kein Ort angegeben worden. Dem muß ich widersprechen. Das ist nicht gemacht worden.

(Herr Becker, CDU: Doch!)

- Entschuldigung, das ist definitiv nicht gemacht wo rden.

(Herr Dr. Bergner, CDU: Es wäre eben gut, wenn wir Papiere hätten und es nachlesen könnten!)

An der Stelle kann ich nicht sagen, daß andere Leute behauptet hätten, wir hätten es gesagt. Es ist definitiv nicht der Fall. Herr Becker, Sie wissen doch ganz genau - ich kenne die Situation im Lande wie Sie -, was es ausgelöst hätte, wenn wir das gesagt hätten. Deshalb brauchen Sie es hinterher nicht mehr festzustellen.

Zweitens will ich ausdrücklich erklären: Bei dem zeitweilig eingesetzten Ausschuß zu diesem Thema ist es genau wie bei allen anderen Ausschüssen. Wenn der Ausschuß wünscht, daß ihm Vertreter der Landesregierung entsprechende Informationen zur Verfügung stellen, dann sind diese zur Auskunft bereit. Es gibt sicherlich genug Gelegenheit, auch den Stand der Dinge, den wir in den Beratungen der Landesregierung haben, als Information in diesen Ausschuß einzubringen. Sie können sich darauf verlassen: Wir haben keine Veranlassung, Dinge geheimzuhalten, die von der Sache her keineswegs geheim sind. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von Frau Ludewig, CDU)

Meine Damen und Herren! Ich frage sicherheitshalber: Gibt es noch Wortmeldungen? - Dies ist nicht der Fall. Damit ist die Debatte abgeschlossen und wir kommen zum Abstimmungsverfahren.

Es ist keine Ausschußüberweisung beantragt worden. Diese ist vom Inhalt her auch nicht geboten. Daher stimmen wir über den Antrag direkt ab. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Ich bitte, die Gegenstimmen zu zählen.

(Frau Wernicke, CDU: Jetzt werden es mehr!)

Ich lasse sicherheitshalber auch die Jastimmen zählen und bitte, noch einmal die Jastimmen anzuzeigen. Stimmenthaltungen? - Mit 34 Neinstimmen bei 29 Jastimmen und 12 Stimmenthaltungen ist der Antrag abgelehnt worden. Damit ist die Beratung zum Tagesordnungspunkt 10 abgeschlossen.

(Unruhe)

- Meine Damen und Herren, ich denke, Sie werden sich ganz schnell wieder beruhigen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf:

Beratung

a) Kompensation der ökologischen Steuerreform in der Land- und Forstwirtschaft

Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 3/2661

b) Agrardiesel für landwirtschaftliche Maschinen

Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 3/2664

Der Antrag der Fraktion der CDU wird von der Abgeordneten Frau Wernicke eingebracht. Bitte sehr.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir erinnern uns alle noch an die Wahlkampfversprechen der Sozialdemokraten hier in Sachsen-Anhalt für die Landwirte und für den ländlichen Raum: „Chancengleichheit für alle Rechtsformen in der Landwirtschaft. Wir stehen für die Stärkung des ländlichen Raumes.“

Die rot-grüne Bundesregierung formulierte vollmundig in ihrer Koalitionsvereinbarung: „Die neue Bundesregierung wird die ländlichen Räume stärken und die Landwirtschaft in Ost und West sichern. Die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft einschließlich der vor- und nachgelagerten Bereiche ist gleichzeitig zu stärken.“

Ein Jahr später ist weder die Chancengleichheit zwischen den Rechtsformen in der Landwirtschaft noch die Chancengleichheit zwischen Betrieben in Ost und West und schon gar nicht die Chancengleichheit der landwirtschaftlichen Betriebe gegenüber anderen Wirtschaftsbranchen gesichert. Im Gegenteil: Die rot-grüne Bundesregierung hat der Landwirtschaft Maßnahmen aufgebürdet, die zu Einkommensverlusten führen, die der Deutsche Bauernverband sogar auf 5 Milliarden DM beziffert.

Allein die erste und zweite Stufe der Öko-Steuer wird die deutsche Land- und Forstwirtschaft mit mindestens 900 Millionen DM jährlich belasten. Allein über den Kraftstoff wird den Landwirten eine zusätzliche Belastung in Höhe von 700 Millionen DM aufgebürdet. Zu

sammen mit der geplanten Streichung der Gasölbeihilfe wird sich der Preis für Diesel für den Landwirt verdoppeln, während die Landwirte in anderen Staaten mit verbilligten Kraftstoffen fahren dürfen. Allein im Bereich der Öko-Steuer wird die Landwirtschaft im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbereichen am stärksten bel astet.

Sehe ich die Landwirtschaft im gnadenlosen Preiskampf mit der Verarbeitungsindustrie auf der einen Seite und den Vermarktern und Verbrauchern auf der anderen Seite und beziehe ich den Agrarbericht in die Betrachtung ein, dann zieht sich die Bundesregierung zu einem für die Landwirte dramatischen Zeitpunkt aus ihrer Verantwortung für die Gestaltung der Rahmenbedingungen für die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft zurück.

In keinem anderen Wirtschaftsbereich gibt es ein derartig krasses Mißverhältnis zwischen Be- und Entlastung durch die Öko-Steuer.

(Beifall bei der CDU)

Wegen des hohen Anteils Selbständiger und mithelfender Familienangehöriger fällt die Entlastung über die gesunkenen Sozialversicherungsbeiträge völlig unzureichend aus. Das Ziel der Bundesregierung, eine Entlastung der Arbeitskosten zu erreichen, wird im Bereich der Land- und Forstwirtschaft verfehlt.

Wegen des hohen Anteils kleiner und mittlerer landwirtschaftlicher Unternehmen ist die Entlastung durch die auf 20 % reduzierten Steuersätze oberhalb der Sockelbeiträge von jeweils 1 000 DM auf Strom und Heizöl bzw. Gas weitgehend unwirksam. Zum überwiegenden Teil wird in der Landwirtschaft Diesel verbraucht, für den das Gesetz weder reduzierte Steuersätze noch eine Erstattungsmöglichkeit vorsieht.

Hingegen haben die Unternehmen des produzierenden Gewerbes die Möglichkeit, die Energie für ihre Produktionsprozesse zu wesentlich niedrigeren Steuersätzen zu beziehen, etwa durch den Einsatz von Heizöl, Gas oder Kohle, und die hierfür vorhandenen Entlastungs- bzw. Befreiungsmöglichkeiten zu nutzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir verfolgen die agrarpolitischen Diskussionen im Moment intensiver als sonst. Landwirtschaftsminister Funke wird nicht müde, ziemlich volkstümlich - er kommt bei den Bauern damit sogar an - auf den Bauernversammlungen zu verkünden, wie er die deutsche Landwirtschaft nicht nur beim Prozeß der Globalisierung, sondern auch vor den Plänen der rot-grünen Bundesregierung retten will.