Protokoll der Sitzung vom 22.06.2000

Herr Rehhahn, Sie haben recht, daß wir in Deutschland sehr hohe Grenzsteuersätze haben; sie liegen bei der Einkommensteuer bei 51 %, bei der Körperschaftsteuer derzeit bei 40 %. Aber die Bemessungsgrundlage, Herr Rehhahn, wird doch heruntergerechnet. Von 100 Einkommensmillionären in Hamburg bezahlen 30 überhaupt keine Steuern, weil die Bemessungsgrundlage Null ist. Die Bemessungsgrundlage müssen wir nennen, nicht die Spitzensteuersätze.

(Zustimmung bei der PDS)

Zweitens. Der Glaube, meine Damen und Herren, daß die Begünstigung einbehaltener Gewinne - Absenkung des Körperschaftsteuersatzes von 40 % auf 25 % -, die Einführung des Halbeinkünfteverfahrens und die Körperschaftsteuerfreistellung von Veräußerungsgewinnen bei Anteilsveräußerungen zu Investitionen und zu mehr Beschäftigung führt, ist irreführend.

(Beifall bei der PDS)

Erstaunlicherweise hat das sogar Frau Wiechmann gesagt. Wissen Sie, was die Unternehmen mit den größeren einbehaltenen Gewinnen machen? Sie investieren nicht, sie gehen an die Börse

(Zustimmung bei der PDS)

und sie kaufen und verkaufen internationale Aktien, und Deutschland wird gar nichts davon haben.

Nun will ich noch etwas zu meiner Befindlichkeit sagen. Frau Wiechmann, ich will ausdrücklich sagen, Ihnen schütte ich mein Herz nicht aus.

(Heiterkeit bei der PDS)

Was wird hier passieren? Der Vermittlungsausschuß wird marginale Veränderungen beschließen. Das Land Sachsen-Anhalt wird am 14. Juli im Bundesrat dem Steuersenkungsgesetz zustimmen, und wir werden im September in der ersten Beratung über einen Haushaltsplan 2001 beraten, der von Grausamkeiten so gespickt ist, daß ich mir die Frage stelle: Kannst du es vor deinen Wählern verantworten, dich in den Finanzausschuß zu setzen und mit Beratungen zu diesem Haushalt zu beginnen?

Ich bitte Sie nochmals, unserem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der PDS - Herr Dr. Daehre, CDU: Und dann noch zuzustimmen!)

Meine Damen und Herren! Wir sind am Ende der Debatte und kommen zum Abstimmungsverfahren zur Drs. 3/3275. Die CDU-Fraktion hat gefordert, punkt

weise, auch in den Unterpunkten, abzustimmen. So verfahren wir.

(Unruhe)

Ich lasse abstimmen über den Punkt 1 a. - Dazu brauchen wir jetzt etwas Ruhe, weil die Mehrheiten wechseln können.

Ich rufe nochmals zur Abstimmung über den Punkt 1 a auf. Wer stimmt dem Antrag der PDS in diesem Punkt zu? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Keine Enthaltung. Wir haben mitgerechnet, wie viele Abgeordnete im Saal sitzen und jeder Fraktion zugeordnet werden müssen. Dem Punkt 1 a wurde mehrheitlich zugestimmt.

Ich lasse abstimmen über den Punkt 1 b. Wer stimmt zu? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Ich habe eine Enthaltung gesehen. Damit ist der Punkt 1 b abgelehnt worden.

Ich lasse abstimmen über Punkt 1 c. Wer stimmt zu? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Zwei Stimmenthaltungen. Damit ist Punkt 1 c abgelehnt worden.

Ich lasse abstimmen über Punkt 1 d. Wer stimmt zu? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Eine Stimmenthaltung. Punkt 1 d wurde zugestimmt.

Punkt 2. Wer stimmt Punkt 2 zu? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei zahlreichen Stimmenthaltungen ist dieser Punkt abgelehnt worden.

Ich rufe Punkt 3 auf. Wer stimmt zu? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei zahlreichen Stimmenthaltungen wurde Punkt 3 abgelehnt.

Meine Damen und Herren! Wir haben den Tagesordnungspunkt 23 abgeschlossen.

(Herr Prof. Dr. Trepte, PDS: Der Antrag in seiner Gesamtheit?)

- Nein. Wir haben diesen Fall bereits gehabt. Es gibt ein unterschiedliches Verfahren bei einem Gesetz und bei einem Antrag. Wenn ein Antrag in allen Punkten abgestimmt ist, wird er nicht noch einmal insgesamt zur Abstimmung gestellt. Ich erinnere an die langen Debatten darüber im Ältestenrat.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 24 auf:

Beratung

Haushaltsrechnung für das Haushaltsjahr 1998 - Entlastung

Jahresbericht des Landesrechnungshofes SachsenAnhalt 1999 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung im Haushaltsjahr 1998 - Teil 1 und 2

Unterrichtungen - Drs. 3/2097 und 3/3068

Antrag des Ministers der Finanzen - Drs. 3/2522

Beschlußempfehlung des Ausschusses für Finanzen - Drs. 3/3279

Änderungsanträge der Fraktion der CDU - Drs. 3/3316, 3/3317, 3/3318 und 3/3319

Ich bitte den Abgeordneten Herrn Dr. Keitel, als Berichterstatter das Wort zu nehmen.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir bleiben beim Thema Finanzen. Waren die letz

ten beiden Punkte Dinge, die mehr in die Zukunft weisen, so geht es im folgenden zwar um zurückliegende Sachverhalte, die jedoch in der Gegenwart von erheblicher Bedeutung bleiben und für die Zukunft von Bedeutung sein werden, da die Art und Weise des Umgangs mit unseren Landesfinanzen wohl wesentlich darüber entscheiden wird, mit welcher Kondition und mit welchem Anspruch auf Seriosität das Bundesland SachsenAnhalt in die nächsten entscheidenden Phasen treten wird.

Meine Damen und Herren! Was hier zu behandeln ist, hat Frau Präsidentin Stolfa vorweg im einzelnen genannt. Ich kann mir die Benennung der einzelnen Dokumente an dieser Stelle sparen.

Meine Damen und Herren! Es geht im folgenden um die Entlastung zur Haushaltsrechnung 1998 und damit letztlich um die Frage, wie die Landesregierung in der Haushaltsführung der Landesverfassung, dem Haushalt selbst, der Haushaltsordnung sowie Beschlüssen des Parlaments und seiner Gremien gerecht geworden ist.

Im letzten Jahr habe ich meinen Vortrag mit dem Hinweis auf die enge Verknüpfung der Einbringung des Haushaltes und der Haushaltsrechnung als den beiden Seiten des Budgetrechts des Hohen Hauses begonnen. Der Hinweis schien mir damals angebracht, da in ein und derselben Plenarsitzung im September letzten Jahres der neue Haushalt eingebracht und für den alten die Entlastung erteilt wurde.

Es erschien mir damals nicht notwendig, auf das gute Einvernehmen hinzuweisen, welches über Jahre hinweg fraktionsübergreifend die Beratungen im Rechnungsprüfungsausschuß sowie im Finanzausschuß geprägt hat. Das war nach meinem Verständnis angesichts der gemeinsamen parlamentarischen Verantwortung eine Selbstverständlichkeit.

Meine Damen und Herren! In den Beratungen im Rechnungsprüfungsausschuß zur Haushaltsführung 1998 traten nunmehr unübersehbar qualitative Veränderungen ein, die sich in Abläufen und Ergebnissen niederschlagen, wie zum Beispiel daß Forderungen des Parlaments aus früheren Jahren hinter Grundsatzfragen zurücktraten bzw. durch diese nachträglich konterkariert werden, wie die weitere Berichterstattung beispielhaft belegen wird.

Meine Damen und Herren! Ich darf Sie an dieser Stelle daran erinnern, daß die Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt die Aufgaben der Rechnungsprüfung dem Landesrechnungshof und die Auswertung der getroffenen Feststellungen dem Landtag zuweist. Beide Organe teilen sich die Aufgabe der Kontrolle der Exekutive in Finanzfragen und sind in dieser Hinsicht natürliche Verbündete.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In dem unterschiedlichen Beratungsergebnis zu Teil 1 und Teil 2 des Jahresberichts des Landesrechnungshofs spiegeln sich die qualitativen Veränderungen des Umgangs im Rechnungsprüfungsausschuß wider, die insbesondere nach der personellen Neubesetzung aufgrund der Bildung der Fraktion der FDVP eingetreten sind.

Während zu Teil 1 die Feststellungen noch einvernehmlich getroffen worden sind, haben sich bei Teil 2 die Mehrheitsfraktionen in Kampfabstimmungen durchgesetzt. Anstelle der in Zusammenarbeit mit dem Landesrechnungshof vorbereiteten Abschlußberichte bzw. Be

schlußempfehlungen traten Empfehlungen, die auf dem Vorweg von der Mehrheitsfraktion mit der Landesregierung abgestimmt worden waren.

Meine Damen und Herren! Wem das alles zu abstrakt erscheint, dem möchte ich die Dramatik der Veränderungen gegenüber den Vorjahren in folgenden konkreten Punkten deutlich machen.

Erstens. Erstmalig kommt aus dem Rechnungsprüfungsausschuß kein einstimmiges Votum in Form einer Beschlußempfehlung für den Finanzausschuß.

Zweitens. Im Finanzausschuß setzt sich die Kontroverse sogleich in Änderungsanträgen zur Beschlußempfehlung des Rechnungsprüfungsausschusses fort.

Drittens. Der Finanzausschuß sieht sich erstmalig nicht in der Lage, über die Beschlußempfehlung zur Entlastung von Landesregierung, Landesrechnungshof und Landtag geschlossen abzustimmen, sondern kommt zu unterschiedlichen Voten in den einzelnen Passagen der Beschlußempfehlung.

Viertens. Angesichts dieser Situation beschließt der Ältestenrat für die Verabschiedung im Plenum eine Debatte, zumal abermalige Änderungsanträge zur Beschlußempfehlung des Finanzausschusses wahrscheinlich sind.