Die Bahn ist als wichtiges Grundverkehrsmittel in den letzten Jahrzehnten extrem vernachlässigt worden. Trotzdem: Der Konzern der Deutschen Bahn muss sparen; er will auch sparen, wie wir aus Ankündigungen und bereits wirksamen Maßnahmen erkennen können.
Aber gerade die neuen Bundesländer sind in ihrer Neustrukturierung besonders davon betroffen. Wir haben uns bisher als Landesparlament in diesen Prozess des Öfteren eingemischt und wir sollten dies aus unserem Landesinteresse heraus auch weiter tun.
Die Bahnführung hat seit 1993 ihre Ziele nur zum Teil erreicht. Es ist festzuhalten: Die Bahn als staatliche Gesamtaufgabe gibt es nicht mehr. Unterschiedliche Verantwortlichkeiten und die Privatisierung von Geschäftsbereichen haben mit ihren oft erheblichen Abstimmungsproblemen und nicht ausreichenden Rahmenbedingungen die erhofften Wirkungen nicht erreicht.
Wesentliche Aufgaben zur Erarbeitung und Umsetzung eines verkehrspolitischen Gesamtkonzepts mit der wirksamen Einbeziehung des Verkehrsträgers Bahn liegen noch vor uns, und wir sollten dabei weiterhin das noch vorhandene dichte Schienennetz in Sachsen-Anhalt - ebenso wie das in Nordrhein-Westfalen und Bayern geschieht - als ein wichtiges Entwicklungspotenzial für unser Land betrachten.
Wir wissen aber, nach den Versäumnissen der Bundesrepublik in der Vergangenheit, dass hier nicht mit schnellen Lösungen zu rechnen ist. Wir erkennen an, dass mit den geplanten Mittelbereitstellungen aus den UMTSMilliarden, aus den Zinsersparnissen ein be-deutender Schritt in die richtige Richtung getan wer- den kann. Aber wir sollten von unserer Ebene aus darauf hinwirken, dass dem schleichenden Abbau der Schienenverkehrsinfrastruktur, der Reduzierung von Verkehrsleistungen und den Diskriminierungen bzw. den eventuellen Quersubventionierungen zwischen den
Meine Damen und Herren! Nach Artikel 87 e Abs. 4 des Grundgesetzes erstreckt sich die Verantwortung des Bundes auf das Schienennetz des Bundes sowie auf die Verkehrsangebote des Bundes auf diesem Netz mit Ausnahme des Schienenpersonennahverkehrs, für den seit 1996 die Länder, das heißt für unser Land die Landesregierung, zuständig sind. Die SPD-Fraktion hat im März dieses Jahres bereits in einer Aktuellen Debatte auf diesen zentralen Ansatz in der Diskussion hingewiesen und zum Ausdruck gebracht, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann.
Wenn wir also die Verantwortung für den SPNV haben, müssen wir weiterhin deutlich unser Landesinteresse formulieren und vielleicht noch stärker als bisher auch Kontrollmöglichkeiten einfordern, wenn, wie jetzt wieder aktuell, eine eventuelle Angebotsverschlechterung beim SPNV zugunsten des Fern- und Güterverkehrs öffentlich diskutiert wird, wenn es in der Presse erneut heißt, „Interregios rollen auf das Abstellgleis“.
Als Ersatz verspricht die DB AG mehr Regionalexpresszüge. Wenn wir also von der Deutschen Bahn AG hören, dass die zeitgleiche Erweiterung des Regionalverkehrs als Chance für ein verbessertes Nahverkehrsangebot vor Ort angesehen werden muss, dann muss die Frage erlaubt sein, wer das letztendlich bezahlen soll.
Die Deutsche Bahn setzt ganz offen aus inneren Zwängen heraus ihre Bemühungen fort, die Leistungen im Fernverkehr zu reduzieren und ohne Kostenübernahme in die Zuständigkeit der Länder zu verlagern. Die Länder müssten für diese Mehrausgaben aufkommen; denn sie bezahlen den Regionalverkehr. An dieser Stelle ist der Bund in der Pflicht, einen tragfähigen Interessen- und Finanzierungsausgleich mit den Ländern zu erreichen.
Wenn es stimmt, dass die Deutsche Bahn AG beabsichtigt, das bundesweite Angebot im Personenfernverkehr bis zum Jahr 2003 um ca. 15 % zu reduzieren, so muss klargestellt werden, ob und welche Auswirkungen sich daraus für unser Land ergeben. Dabei werden neben den IC- und ICE-Verbindungen die Interregio-Verbindungen Magdeburg - Berlin, Magdeburg - Stendal - Schwerin - Lübeck, aber auch Oldenburg - Hannover - Magdeburg und Magdeburg - Leipzig - Dresden zu betrachten sein.
Durch den vorliegenden Antrag soll aber auch zu einem zweiten Aspekt der Frage der Schlechterstellung des Nahverkehrs gegenüber dem nicht zu subventionierenden Fernverkehr etwas mehr Klarheit geschaffen werden.
Öffentlich sind hierbei ebenfalls seit längerem Hinweise auf mögliche Diskriminierungen und Quersubventionen im Eisenbahnbereich zulasten des Nahverkehrs gegeben worden. Die Länder haben darauf reagiert und einen Bericht für eine erste Einschätzung erarbeiten lassen. Die vorliegenden und zum Teil bereits veröffentlichten Ergebnisse haben in Wertung der rechtlichen Grundlagen den allgemeinen Verdacht verstärkt. Die Länder werden sich nun nach der Prüfung ihrer eigenen Verhältnisse und nach Möglichkeit untereinander abgestimmt mit konkreten Stellungnahmen einbringen müssen.
Zum Verdacht der Quersubventionen wird man sich verstärkt mit den undifferenzierten Trassenpreisen und Stationspreisen zulasten der Regionalzüge beschäftigen
Wir müssen bewerten, ob diese Veränderungen ausreichend sein werden. Dabei stellt sich auch die Frage, welche Aufsichtskompetenz die Länder über Eisenbahnen des Bundes nutzen können bzw. wie die Länder ihrer Verantwortung zum effizienten Einsatz der Regionalisierungsmittel in Höhe von 13 Milliarden DM - in Sachsen-Anhalt sind es ca. 460 Millionen DM - verantwortungsbewusst nachkommen können.
Fraglich erscheint auch, inwieweit eventuelle Überschüsse aus dem Bereich Nahverkehr, wie sie beispielsweise in Sachsen-Anhalt, oft mithilfe erheblicher Anstrengungen der Länder im Umfeld der Bahn, erreicht werden, nicht zweckgebunden wieder dem Nahverkehr und damit den Ländern zugute kommen, sondern zur Stützung anderer defizitärer Bereiche an die Deutsche Bahn abgeführt werden müssen. Das sollen Beträge in erheblichen Größenordnungen sein. Auch hier wäre eine Kontrollkompetenz der Länder angebracht.
Bei dem Verdacht der Diskriminierung wird maßgebend der ungehinderte Zugang zur Eisenbahninfrastruktur zu diskutieren sein. Hierzu gibt es zwar eine entsprechende Benutzungsverordnung. Ein Verstoß dagegen bleibt aber nach dem allgemeinen Eisenbahngesetz folgenlos. Dies soll mit der anstehenden Novellierung des Gesetzes zwar verändert werden; aber auch die ab kommendem Jahr wirkende Regionalisierungsbehörde kann für einen fairen Wettbewerb sorgen.
Meine Damen und Herren! Im Ergebnis des von den Ländern in Auftrag gegebenen Berichts werden Handlungsempfehlungen zusammengefasst. Es muss nun durch die Landesregierung geprüft werden, wie mit den erhobenen Vorwürfen und Analysen umgegangen werden muss. Dies gilt auch für die befürchteten Auswirkungen für unser Land aus einer weiter reduzierten Fernverkehrsleistung der Deutschen Bahn.
Das Landesparlament sollte sich nach Auffassung der SPD-Fraktion bei der Grundsätzlichkeit der zu behandelnden Aspekte für die Perspektiven des Bahnverkehrs in Sachsen-Anhalt im Ausschuss für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr über die Betroffenheit unseres Landes informieren lassen und noch einmal deutlich auf die Verpflichtung des Bundes nach Artikel 87 e des Grundgesetzes hinweisen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Sachse. - Im Ältestenrat ist zu diesem Tagesordnungspunkt eine Fünfminutendebatte vereinbart worden. Bevor ich dazu aufrufe, darf ich Damen und Herren einer Seniorengruppe aus Wittenberg begrüßen.
Die Debatte wurde vereinbart in der Reihenfolge FDVP, PDS, CDU, DVU-FL und SPD. Ich rufe für die FDVPFraktion den Abgeordneten Herrn Mokry auf. Bitte.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man den Antrag der SPD liest, glaubt man, dass nicht die SPD in Magdeburg und in Berlin die Regierung stellt; denn wenn sie im vorliegenden Antrag
die Frage nach den Perspektiven des Bahnverkehrs in Sachsen-Anhalt stellt, muss man zugleich bekennen, dass sie dies duldet, hinnimmt und vor allem eine Bundesverkehrspolitik verursacht, die in unserem Ländle zu derartigen Ausdünnungserscheinungen führt.
Die Bezeichnung „Ausdünnung des Fernverkehrs“ ist dabei eine geschönte Umschreibung. Die Frage, ob nun eine von der CDU beschworene Allianz für Magdeburg diese fatale Situation beheben kann oder ob die Abkopplung von Magdeburg nur der Realität angepasst ist, da die selbstverordnete Hörigkeit der Landesregierung gegenüber der Bundesregierung alles hinnimmt und in Magdeburg zwar lauthals bellt, aber in Berlin dann das Beißen unterdrückt, kann ich nicht beurteilen.
Aber der Eindruck bleibt, dass die Landesregierung eben nicht nachdrücklich ihre berechtigten Forderungen gegenüber dem Bund artikuliert und vor allem durchsetzt. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an den Wortbruch des Ministerpräsidenten, der durch das Parlament verpflichtet war, im Interesse des Landes im Bundesrat gegen die Ökosteuer zu stimmen, und dort in gewohnter Weise umfiel.
Meine Damen und Herren von der SPD, nehmen Sie Ihre eigene Regierung beim Wort, damit dieses Parlament in den Ausschüssen nicht nur Berichte der Landesregierung entgegennimmt, sondern unverzüglich das realisiert wird, was Ministerpräsident Dr. Höppner in seiner Regierungserklärung am 18. Juni 1998 vollmundig verkündet hat:
„Eine Abkopplung Ostdeutschlands vom Schnellbahnfernverkehr darf es nicht geben. Wir werden deshalb nachdrücklich auf die Einhaltung aller Zusagen drängen.“
Meine Damen und Herren! Ich sehe Bundeskanzler Schröder schon angstvoll in der Ecke kauern, wenn Dr. Höppner seine Muskeln spielen lässt. Nicht diesen Muskeln vertrauend, sondern dem Parlament, erwarten wir in einem Bericht der Landesregierung endlich die Einlösung ihrer Versprechen. - Ich bedanke mich.
Vielen Dank. - Für die PDS-Fraktion wird die Debatte durch den Abgeordneten Herrn Kasten fortgesetzt. Bitte sehr.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! „Perspektiven des Bahnverkehrs in SachsenAnhalt“ - eigentlich eine sehr optimistische Variante der Beschreibung der Situation. Schwerpunkt dieses Themas ist nicht nur heute die Bahn gewesen. Natürlich unterstützen wir gern die Forderung nach einer Berichterstattung, die die Sicht des Fachministeriums einbringt. Im „Sommerloch“ haben wir in der Presse dieses und jenes gelesen. Es ist wichtig, dass wir uns im Fachausschuss in Richtung Sachklärung bewegen.
Herr Sachse, Herr Minister Dr. Heyer, Schwerpunkt der Sachklärung sollte der inzwischen von der Bahn ungeliebte Interregio sein. Dies brennt uns jetzt auf den Nägeln. Eine Anmerkung zur gestrigen Diskussion um
Die Verbindung von Halberstadt über Magdeburg, Potsdam, Berlin und Frankfurt/Oder stand auch schon vor rund fünf Jahren im Fahrplan: blauer Strich auf der Landkarte bis Frankfurt/Oder. Aber Sie sehen ja, was ist. Kursbuch - Märchenbuch? Diese Frage müssen wir beantworten. Ich würde sagen: teilweise Märchenbuch.
Es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass die Konzernführung der Bahn nur noch ein Fernverkehrsprodukt auf ICE-Niveau im Angebot lassen will. Dann hätten wir das, was wir vor rund zehn Jahren schon kannten, nämlich DZüge, Eilzüge und Personenzüge mit den neuen Bezeichnungen, die Sie ja kennen. Sie wechseln öfter, aber im Prinzip ist es das Gleiche.
Um den Protest der Fahrgäste zu dämpfen - ich denke, das ist zurzeit der Ansatz der DB AG -, versucht man nun, die Interregios zulasten der Länder zu erhalten und über die Bestellung von RE-Ersatzleistungen sozusagen als verkappte Interregios verkehren zu lassen.
Herr Sachse, ich will einmal die Zahlen für 2001 nennen. Nach den jetzigen Informationen sind dies zwischen 18 Millionen und 20 Millionen Zugkilometer pro Jahr. Um einen Vergleich dazu zu machen: Das entspricht fast dem gesamten Volumen des Regionalverkehrs in Sachsen-Anhalt.
Wenn ich mir das ansehe, dann muss ich sagen: Das Geld wäre in dieser Form natürlich problematisch eingesetzt. Denn das wäre eine Subventionierung aus den Regionalisierungsmitteln. Herr Sachse hat die Höhe erwähnt. Diese kann man aus unserer Sicht aus rechtlichen Gründen nicht mittragen. Ich verweise in diesem Zusammenhang auch auf unsere Presseerklärung, die von uns vor ca. einem Monat zum Interregio-Verkehr herausgegeben wurde.
Ich fange mit einer Frage an: Wann gestaltet die DB AG endlich über mehrere Jahre verlässliche Knotenpunkte für den Übergang der Reisenden zwischen Regional- und Fernverkehr? Ich möchte mindestens zweistündlich Fernverkehr erreichen. Der Minister weiß, wie es in Bitterfeld aussieht. Wir kennen es beide. Man hat in den Bahnhof investiert und anschließend hält kein Fernverkehr dort. Das ist die Geschäftspolitik der DB AG. Ein Privatbetrieb würde bei einer Fehlinvestition Probleme bekommen. Da die DB AG eine 100-prozentige Tochter des Bundes ist, gibt es dieses Problem zurzeit noch nicht.
Für den Regionalexpress- und Regionalbahnverkehr in Verantwortung des Landes erwarten wir in Kooperation mit den Nachbarländern eine weitestgehende Durchbindung und nicht Ländergrenzen mit Umsteigezwang. Ich erinnere an Genthin, ich erinnere an Halle, ich erinnere an Vienenburg. Es gibt noch mehr Beispiele.
Von der Bahn selbst erwarten wir, dass sie endlich auf ihre Kunden zugeht. Eigentlich müsste Bahnchef Mehdorn die gefrusteten Autofahrer mit einer brei- ten Angebotspalette von preiswerten Bahnangeboten
locken. Stattdessen haben wir einen Tarifdschungel; nach einer Untersuchung der Stiftung Warentest sind 75 % aller Preisauskünfte überteuert. Stattdessen kündigt er weitere Massenentlassungen - Dienstleister? -, weitere Einschränkungen im Nah- und Fernverkehr - auch wegen eines teilweise desolaten Netzes - an. Stiftung Warentest: 50 % der Züge sind pünktlich, 25 % bis fünf Minuten verspätet und 25 % über fünf Minuten verspätet. Bei den letztgenannten Zügen treten dann Anschlussverluste auf. Das ist schlechter als 1997.
Bislang ging von der Bahn im Wettbewerb mit anderen Verkehrsträgern keine Gefahr aus. Statt sich nun bei allen Verantwortlichen für die Halbierung der Mehrwertsteuer im Personenverkehr stark zu machen, redet die Konzernspitze wieder einmal von Fahrpreiserhöhungen für die Bahnnutzer.