Damit die Berichterstattung möglichst strukturiert und nach wesentlichen inhaltlichen, zum Teil auch kontroversen Punkten erfolgen kann, haben wir unter den Anstrichen entsprechende Probleme formuliert.
So würden wir wissen wollen, wie die Landesregierung das Problem der Teilhabe und der Sicherung eines Rechtsanspruchs auf Maßnahmen zur Teilhabe bewertet und wie sie es umsetzen will. Dazu ist es notwendig darzulegen, was „Teilhabe“ im Verständnis der Landesregierung ist und ob die Landesregierung beispielsweise die Absicht der Bundesregierung unterstützt, § 19 Nr. 4 der Eingliederungshilfeverordnung, die die rechtliche Grundlage für die Förderung in den Tagesförderstätten und ähnlichen Einrichtungen ist, ersatzlos zu streichen.
Von großer Bedeutung ist auch die Frage der Einbeziehung der Träger der Sozialhilfe und der öffentlichen Jugendhilfe in den Kreis der Rehabilitationsträger. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege hält das für das schwierigste Problem des gesamten Gesetzentwurfes und führt weiter aus - ich zitiere -:
„Um diese Probleme zu vermeiden, hatte sich die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege dafür ausgesprochen, ein eigenständiges Leistungsgesetz zu schaffen, das die Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem BSHG eigenständig regelt. Da politisch entschieden worden ist, dies zumindest in dieser Legislaturperiode nicht zu realisieren, muss bei der Ausgestaltung des SGB IX darauf geachtet werden, dass der Weg zu einem eigenständigen Leistungsgesetz nicht verbaut und die bewährten Prinzipien der Eingliederungshilfe nicht beschädigt werden.“
Welche Positionen vertritt aus welchen Gründen das Land Sachsen-Anhalt im Hinblick auf diese Fragen? Dabei vernachlässige ich bewusst, dass sowohl die SPD als auch das Bündnis 90/DIE GRÜNEN im Wahlkampf 1998 auf Bundesebene ein Leistungsgesetz für behinderte Menschen einforderten.
Interessant wäre es auch zu erfahren, welche Position die Landesregierung zu den vorgesehenen Regelungen zur Sicherstellung der notwendigen Hilfen für die Kommunikation für gehörlose Menschen im Verfahrensrecht innerhalb des Sozialbereiches einnimmt, und das sowohl zum inhaltlichen Problem als auch zu den Kosten.
Meine Damen und Herren! Ich habe versucht, in Kürze unseren Antrag auf Berichterstattung der Landesregierung zu begründen, was auch heißt, dass wir den Änderungsantrag der SPD-Fraktion ablehnen. Ein Bericht zum Stand des Gesetzgebungsverfahrens ohne inhalt
Der Änderungsantrag der SPD lässt zudem vermuten ich stelle das einmal so in den Raum; Sie wissen das wahrscheinlich besser -, dass die Landesregierung vielleicht gar keine eigene Position zu dem Gesetzentwurf hat. Oder hatte die SPD vielleicht sogar Angst, die Landesregierung zu Inhalten zu befragen?
Die PDS-Fraktion ist der Auffassung, dass sich das Land in dieses wichtige Gesetzgebungsverfahren einbringen muss, und wir erwarten, dass es sich auch aktiv einbringt. Wir möchten aber die wesentlichsten Intentionen dieses Einmischens und Sich-Einbringens kennen lernen. Deshalb werbe ich um Zustimmung des Hohen Hauses zu unserem Antrag. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Dr. Eckert. - Dazu ist eine Fünfminutendebatte in der Reihenfolge DVU-FL, FDVP, CDU, SPD und PDS vereinbart worden. Vorher hat Frau Ministerin Dr. Kuppe um das Wort gebeten. Bitte, Frau Ministerin.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren und Damen Abgeordneten! Sehr geehrter Herr Kollege Eckert, wir sollten uns in der Tat im Ausschuss ausreichend Zeit dafür nehmen, den Entwurf eines Sozialgesetzbuches IX zu diskutieren; erstens wegen der Bedeutung der Materie an sich und zweitens auch deshalb, weil zurzeit im Land die beiden Entwürfe für ein Landesgesetz zur Gleichstellung von behinderten und nichtbehinderten Menschen beraten werden und nach meinem Dafürhalten Bundes- und Landesgesetz einigermaßen gut aufeinander abgestimmt sein sollten.
Ich denke, vor der Verabschiedung von Landesregelungen zu dieser Thematik sollte die Gesetzgebung auf Bundesebene wenn schon nicht vollständig abgeschlossen, so doch in ihren Endzügen erkennbar sein; denn es wird sicherlich über den Gesetzentwurf für das Sozialgesetzbuch IX auf Bundesebene noch sehr heftig und intensiv diskutiert werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Entsprechend der Koalitionsvereinbarung auf Bundesebene von 1998 sollen das bisherige Rehabilitationsrecht und das Schwerbehindertenrecht in einem Sozialgesetzbuch IX neu kodifiziert werden. Der vom Bundeskabinett am 17. Januar 2001 verabschiedete Gesetzentwurf ist unter Beachtung des Grundsatzes, Chancengleichheit für Behinderte zu fördern und damit Artikel 3 des Grundgesetzes zu untersetzen, entwickelt worden. Er soll ein gemeinsames Recht und eine einheitliche Praxis der Rehabilitation und der Behindertenpolitik überhaupt schaffen, ohne jedoch selbst ein eigenes Leistungsgesetz zu sein. Es ist richtig: Das muss noch kommen.
Erstens die Einbeziehung der Träger der Sozial- und der Jugendhilfe in den Kreis der Rehabilitationsträger.
Zweitens soll die Bedürftigkeitsprüfung bei Leistungen der medizinischen Rehabilitation und bei Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wegfallen.
Ferner stehen eine rasche Zuständigkeitsklärung, eine bessere Koordination der Leistungen, eine bessere Kooperation der Leistungsträger sowie eine trägerübergreifende Qualitätssicherung, die ich für besonders wichtig erachte, zur Debatte.
In seinem Anspruch, zu mehr Transparenz für die Betroffenen beizutragen und den Zugang zu Leistungen zu erleichtern, findet dieses Gesetz nach meiner Einschätzung grundsätzlich eine breite Zustimmung bei vielen Verbänden und Betroffenen.
Dabei sind die mit dem Sozialgesetzbuch IX angestrebten Ziele keineswegs neu. Schon mit dem Rehabilitationsangleichungsgesetz von 1974 wurden im Kern entsprechende Ansätze verfolgt. Sie konnten jedoch wegen der mannigfaltigen Schwächen dieses Gesetzes in der Praxis nicht verwirklicht werden.
Herr Eckert, Sie haben die dann folgende leidvolle Geschichte geschildert. Es ist jetzt ein Vierteljahrhundert vergangen, und ich glaube, dass mittlerweile der politische Wille gereift ist - er ist mittlerweile vorhanden -, ein einheitliches Behindertenrecht zu schaffen.
Zum Gesetzentwurf der Bundesregierung haben bereits mehrere Anhörungen stattgefunden, die letzte erst in der vergangenen Woche in Berlin. Die Ergebnisse müssen noch ausgewertet werden. Die Beratungen in den Ausschüssen und Unterausschüssen des Bundesrates haben begonnen. Ich denke, dass wir uns auch dort angemessen Zeit nehmen müssen, damit wir wirklich in die Tiefe gehen können und auch die Anregungen, die in den Anhörungen zutage getreten sind, verarbeiten können.
Der Entwurf befindet sich also mitten im parlamentarischen Verfahren. Das bedeutet, dass auch noch einmal mit zahlreichen Änderungen zu rechnen ist. Deswegen meine ich beispielsweise, dass derzeit eine Einschätzung der Kosten noch nicht so richtig möglich ist. Die Bundesregierung sieht die Finanzierbarkeit in erster Linie durch vereinfachte Verfahren und durch bessere Steuerung im vorhandenen System gegeben.
In den gemeinsamen Service- und Beratungsstellen sehe ich eine wesentliche Erleichterung für behinderte Bürgerinnen und Bürger. Für die Betroffenen soll die Vielfalt der unterschiedlichen Anlaufstellen minimiert werden. Das ist nach meiner Einschätzung vernünftig.
Die Einbeziehung der Sozial- und der Jugendhilfe halte ich ebenfalls für inhaltlich begründet und unterstütze sie. Allerdings muss hierbei darauf geachtet werden, dass es zu keinen übermäßigen zusätzlichen Belastungen für die Sozial- und die Jugendhilfe kommt. Da aber der Bereich der Behindertenbetreuung auch jetzt schon zu diesem Sektor zählt, kann, so denke ich, durch eine bessere Koordinierung und zielgerichteteres Arbeiten sicher ein Aufwuchs an Kosten verhindert werden.
Mit der Einordnung des Schwerbehindertengesetzes in ein Sozialgesetzbuch wird das Anzeigeverfahren der Arbeitgeber vereinfacht, was für diese Seite auch gut ist. Die Zuständigkeit der Schwerbehindertenvertretungen
wird erweitert. Die Tätigkeit der Integrationsfachdienste wird präzisiert. Das kann insgesamt, so meine ich, zu einer Qualitätsverbesserung beitragen und auch das ist wünschenswert.
Hinsichtlich des Verbandsklagerechts ist auf Bundesebene ein Gutachten diskutiert und ins Visier genommen worden. Ich plädiere immer noch dafür, dass ein solches erstellt wird.
Im Mittelpunkt des Gesetzesvorhabens steht der Wille, behinderten oder von einer Behinderung bedrohten Menschen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Dieses Ziel soll mit medizinischen, mit beruflichen, mit sozialen Leistungen schnell, wirkungsvoll, wirtschaftlich und möglichst auf Dauer erreicht werden. Dementsprechend werden diese Leistungen als Leistungen zur Teilhabe zusammengefasst. Dieses Vorgehen ist nach meiner Einschätzung umfassend und richtig.
Durch die Zusammenfassung der Rechtsvorschriften zur Rehabilitation und Eingliederung behinderter Menschen, die für mehrere Sozialleistungsbereiche einheitlich gelten, sowie durch die Einbeziehung des Schwerbehindertenrechtes entsprechend den Ordnungsprinzipien eines Sozialgesetzbuches wird das Neunte Buch des Sozialgesetzbuches, so meine ich, in ähnlicher Weise bereichsübergreifend wirksam werden, wie bereits jetzt die Regelungen des Ersten, des Vierten und des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches. Damit kann das Sozialgesetzbuch IX einen sehr wirkungsvollen und das hoffe ich - auch ausreichenden Rechtsrahmen für die Behindertenpolitik schaffen.
Meine Damen und Herren! Sie merken, die Materie ist sehr fassettenreich, sehr vielfältig; sie muss tiefgründig erörtert werden. Auf diese Diskussion im Ausschuss freue ich mich.
Vielen Dank. - Für die DVU-FL-Fraktion spricht jetzt die Abgeordnete Frau Brandt. Bitte, Frau Brandt.
Herr Präsident! Sehr verehrte Herren und Damen! Leider werden behinderte Menschen in der Regel noch immer an den wirtschaftlichen und kulturellen Rand in unserer Gesellschaft gedrückt. Erinnert sei an die Plenarsitzung im April 2000, in der es bereits um den barrierefreien Tourismus für alle Menschen in Sachsen-Anhalt ging. Was hat sich bis heute bewegt? - Nichts.
Behinderte Menschen, besonders diejenigen, die körperliche Leiden aufweisen, wollen nicht ständig bevormundet werden. Sie wollen ihr Leben weitestgehend selbst in die Hand nehmen und es im Rahmen ihrer Möglichkeiten gestalten. Dazu brauchen sie aber die Unterstützung der Politik, jedoch keine Querelen etablierter Parteien, so wie es momentan der Fall ist.
Der PDS geht der Entwurf von SPD und Grünen nicht weit genug. Umgekehrt verlangt die PDS aus der Sicht der SPD und der Grünen womöglich zu viele nicht durchführbare Eckpunkte in diesem Entwurf. Wem soll damit geholfen werden? Unseren behinderten Menschen wohl nicht.
Der vorliegende Gesetzentwurf bleibt somit ein einseitiges und unzureichendes Rehabilitationsgesetz; denn die Forderungen einer Vielzahl von Behindertenverbänden und die mit den Eckpunkten zum Neunten Buch des SGB durch die Bundesregierung angedachten Zielstellungen, wie zum Beispiel Vereinfachung, Transparenz und Vereinheitlichung der Behindertengesetzgebung oder die Schaffung eines eigenständigen Leistungsgesetzes, wurden nicht in dem erhofften Maß erfüllt.
Ein gravierender Hauptmangel am Gesetzentwurf ist weiterhin seine Rechts- und Finanzunsicherheit. Insgesamt hat die Regierung kein ausreichend rechts- und finanzsicheres Konzept vor allem mit Blick auf die Länder und Kommunen nachweisen können.
Es gilt also, ein Gesetz zu schaffen, das den individuellen Lebenssituationen von Menschen mit Behinderungen stärker gerecht wird, deren Selbstbestimmung fördert und ihnen mehr Wahlfreiheit gewährt.
Ohne ein Leistungs- und Bundesgleichstellungsgesetz wird es aber nicht zu der tatsächlichen Umsetzung des in Artikel 3 des Grundgesetzes festgeschriebenen Benachteiligungsverbots und zu der Gewährleistung umfassender Teilhabe von Menschen mit Behinderung kommen.
Die Vorstellung der Bundesregierung, ein solches Gesetz zum Selbstkostenpreis zu bekommen, kann nicht aufgehen; denn Behinderte sind zuerst Menschen. Sie sind nicht als Risikokostenfaktor anzusehen. - Ich bedanke mich.
Vielen Dank. - Für die FDVP-Fraktion bitte ich jetzt den Abgeordneten Herrn Weich das Wort zu ergreifen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist ein Antrag einer Partei, die ihre Wählerschaft wie immer durch Schauanträge täuscht. Es ist eine Partei, die ihre Stasi-Verbrecher versteckt und die vergessen machen will, wie Kinder zu DDR-Zeiten in Kinder-KZs gedrillt wurden.