Protokoll der Sitzung vom 18.05.2001

Schon die zeitliche Abfolge müsste jedem verdeutlichen, dass der Preisanstieg in den letzten Wochen nichts mit dem Anstieg der Mineralölsteuer auf Benzin um 6 Pfennig pro Liter zu tun hat. Zwischen Dezember 1998 und heute ist der Preis je Liter Benzin um über 50 Pfennige gestiegen. Lediglich 18 Pfennige entfallen auf die bisherigen Stufen der ökologischen Steuerreform.

Noch deutlicher werden die Ursachen der Preissteigerung beim Heizöl, da es sich um über 60 Pfennige verteuert hat. Die Mineralölsteuer auf Heizöl wurde aber nur einmal, und zwar am 1. April 1999, um 4 Pfennige je Liter erhöht.

Das heißt, die geforderte Senkung der Mineralölsteuer um 30 und 50 Pfennige übersteigt bei weitem das, was die Ökosteuer an Preissteigerung begründet hat. Ich glaube kaum, dass eine Senkung der Mineralölsteuersätze oder der Ökosteuer zu einer langfristigen Preissenkung führen würde; sie würde lediglich eine sehr kurzfristige Preissenkung zur Folge haben.

Ich glaube auch nicht, dass Herr Eichel mit den Ölkonzernen eine Absprache hat, dass sie ihm die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer erhöhen. Das ist zwar ein „positives“ Abfallprodukt, was die Steuereinnahmen angeht, aber ich glaube kaum, dass Herr Eichel darauf gesetzt hat, dass die Preise steigen und der Bund steigende Steuereinnahmen verzeichnen kann.

(Zuruf von Herrn Wolf, FDVP)

Darüber hinaus stehen hinter der ökologischen Steuerreform Aufgaben, die von der Landesregierung nach wie vor befürwortet werden. Zum einen ist es das Ziel, die Umwelt durch einen sparsameren Umgang mit fossilen

Energieressourcen für die nachfolgenden Generationen zu erhalten.

Zum anderen hat es sich die Bundesregierung, auch mit Unterstützung der SPD-geführten Länder, zur Aufgabe gemacht, die in Deutschland im internationalen Vergleich zu hohen Arbeitskosten zu senken. Im Jahresdurchschnitt von 2000 bis 2003 fließen deshalb fast die gesamten Mehreinnahmen aus der ökologischen Steuerreform in die Zuschüsse zur gesetzlichen Rentenversicherung. In diesem Jahr werden das 22 Milliarden DM sein.

Der Rentenversicherungsbeitrag, der in der Vergangenheit trotz versuchter Korrekturmaßnahmen stetig angestiegen ist, konnte so erstmals seit 1998 von 20,3 % auf den aktuellen Wert von 19,1 % gesenkt werden. Die Bundesregierung geht unter Berücksichtigung der neuen Rentenanpassungsformel für das Jahr 2002 von 19 % und für das Jahr 2003 von 18,8 % aus. Für das Jahr 2004 wird mit einem Beitragssatz von 18,9 % gerechnet.

Ohne die ökologische Steuerreform wäre diese Beitragsentlastung bei im Wesentlichen unverändert hohem Rentenniveau niemals möglich gewesen. Die Absenkungen der Rentenversicherungsbeiträge entlasten Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen und bilden aus unserer Sicht einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur Bekämpfung der nach wie vor viel zu hohen Arbeitslosigkeit.

Natürlich kann niemand exakt beziffern, wie viele Arbeitsplätze durch die Senkung der Lohnnebenkosten geschaffen worden sind oder erhalten werden können. Das ist ein struktureller und ein mittel- oder langfristiger Effekt.

Wir glauben nicht, dass es durch die geforderte Rücknahme der Ökosteuer zu dem prognostizierten Ergebnis einer langfristigen Preissenkung kommen könnte. Die Herabsetzung der Kraftfahrzeugsteuer würde im Übrigen die Länderhaushalte belasten, da das Einnahmen sind, die den Ländern zustehen; sie wäre, was den Landeshaushalt angeht, überhaupt kein Ausgleich.

Ich glaube eher, dass wir im Ergebnis einer Rücknahme der Ökosteuer gleiche Preise haben würden und dass weiterhin versucht werden würde, die Preisgrenzen so weit auszuloten, wie die Menschen im Land bereit sind, den Preis zu zahlen. Wir hätten zum anderen den negativen Effekt, dass diese Steuereinnahmen fehlen würden und sie nicht zur Senkung der Lohnnebenkosten zur Verfügung stünden. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Herrn Kasten, PDS)

Danke, Frau Ministerin. - Die SPD-Fraktion hat auf einen Redebeitrag verzichtet, die DVU-Fraktion ebenfalls. Auch die PDS-Fraktion verzichtet. Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Scharf.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit gestern liegt der Öffentlichkeit die jährlich im Monat Mai vorgenommene Steuerschätzung vor. Ich will diese Steuerschätzung und den Antrag der FDVPFraktion zum Anlass nehmen, um auf einige auffällige Entwicklungen des Steueraufkommens, insbesondere bei der Mineralölsteuer, hinzuweisen.

Die Mineralölsteuer ist mit rund 80 Milliarden DM die wichtigste Steuerquelle, die allein dem Bund zusteht. Sie bietet dem Bund einen weiteren Vorteil, der an der Steuerschätzung abzulesen ist. Während vor allem Länder und Kommunen unter einem deutlich niedrigeren Steueraufkommen, insbesondere bei den Ertragssteuern, leiden, ist das Aufkommen aus der Mineralölsteuer, gemessen am Konjunkturverlauf, relativ stabil.

Schließlich kann es sich der Verbraucher trotz der gestiegenen Benzinpreise nicht aussuchen oder nur in sehr geringem Maße aussuchen, ob er eine Fahrt antritt oder ob er darauf verzichtet. Dieses betrifft sowohl den Individualverkehr als auch den öffentlichen Personennahverkehr. Wir merken es daran, dass die Kommunen in ihren Kommunalhaushalten durch höhere Zuschüsse immer stärker belastet werden.

Nach seriösen Schätzungen werden allein durch die Ökosteuer auf Kraftstoff und Heizöl ab dem Jahre 2003 Einnahmen von 25 Milliarden DM jährlich erwartet. Das ist nur ein kleiner Teil des Kuchens.

In den Jahren von 1998 bis 2005 wird das Mineralölsteueraufkommen dank der Ökosteuer um genau ein Drittel, nämlich von ca. 68 Milliarden DM auf über 90 Milliarden DM jährlich ansteigen. Das entspricht etwa 9 % des prognostizierten Gesamtsteueraufkommens. Das ist also ein erhebliches Stück vom Kuchen.

Allein das Ökosteueraufkommen der Jahre von 1999 bis 2005 wird nach heutiger Schätzung etwa 82 Milliarden DM betragen. Hinzu treten als Aspekt, der sich addiert, 16 % Mehrwertsteuer, die sich auf 13 Milliarden DM summieren werden. Das entspricht zusätzlichen Steuereinnahmen bis zum Jahre 2005 in Höhe von rund 95 Milliarden DM.

Es muss an dieser Stelle noch einmal gesagt werden: Dieses Steueraufkommen steht fast ausschließlich dem Bund zu. Die Mineralölsteuer ist mittlerweile nach der Umsatzsteuer und der Lohnsteuer die mit Abstand drittstärkste Steuerquelle geworden. Alle weiteren reinen Bundessteuern zusammengenommen haben kein vergleichbares Aufkommen.

Wenn das ursprüngliche Anliegen, das Verbraucherverhalten durch die Ökosteuer zu lenken, stimmen soll, dann muss man sagen, dass allein aufgrund der sehr stark gestiegenen Preise auf dem Mineralölsektor jeder Verbraucher, wenn es irgendwie möglich ist, sein Verhalten schon danach richtet. Es ist egal, ob die Ökosteuer hinzukommt oder nicht.

Das zeigt eindeutig: Die Lenkungswirkung der Ökosteuer ist erstens nie so gewollt worden, zweitens ist sie absurd und drittens, wenn tatsächlich höhere Energiepreise das Verbraucherverhalten beeinflussen, dann tun sie es auch so. Dazu müssen wir nicht die Ökosteuer draufsetzen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDVP)

Meine Damen und Herren! Es ist schon erheblich und ist von Ministerin Frau Budde heruntergespielt worden, was Finanzminister Eichel - manche sagen Scheichel zu ihm - mit der Steigerung der Mineralölsteuer zugute kommt. Es sind erhebliche Mitnahmeeffekte, die dem Bund zugute kommen und von denen die Länder so gut wie nichts haben. Das muss bei zukünftigen Verhandlungen entsprechend berücksichtigt werden.

Bei 4,2 Milliarden DM Mindereinnahmen, die der Bund prognostiziert hat, und 8,4 Milliarden DM Mindereinnah

men für die Länder und für die Kommunen ergibt die Steuerschätzung für den Bund unter dem Strich lediglich 200 Millionen DM Mindereinnahmen im Haushalt. Das heißt, in Kürze werden wir sehen, dass sich der Bund relativ gelassen zurücklehnt und sagt, er müsse nur mit 200 Millionen DM Mindereinnahmen rechnen. Die anderen Mindereinnahmen müssen sich die Länder und die Kommunen teilen.

Der SPD-Finanzexperte Hans Georg Wagner sagte in einer Pressemitteilung:

„Dank einiger Sonderentwicklungen und wegen der Mineralölsteuer kommt es für den Bund nicht so dicke. Ohne ein verstärktes Aufkommen aus der Mineralölsteuer einschließlich der darauf entfallenen Mehrwertsteuer wären die Steuereinnahmen des Bundes um weitere 11 Milliarden DM zurückgegangen.“

Das heißt, der Bund saniert sich allein aufgrund dieser steuerlichen Entwicklungen in erheblichem Maße zulasten der Länder und der Kommunen, und wir diskutierten hier immer noch ein bisschen hinterweltlerisch darüber, dass es um ein paar Pfennige Ökosteuer gehen sollte. Nein, es hat sich an dieser Stelle eine sehr starke Verschiebung des Steueraufkommens zugunsten des Bundes ergeben, und wir diskutieren darüber, ob wir die Ökosteuer vielleicht tolerieren können oder nicht.

Meine Damen und Herren! Wir von der CDU-Fraktion meinen, das einzige Signal, das man aufgrund des Antrages der FDVP geben könnte, wäre nicht, über eine Neuaufteilung des Steueraufkommens zu reden. Das ist mit einem solchen Antrag nicht möglich. Dazu muss ich Ihnen ehrlich sagen, meine Damen und Herren von der FDVP-Fraktion, die Qualität hat Ihr Antrag auch nicht.

Aber das Zeichen dafür, dass wir die Ökosteuer nicht brauchen - das ist in dem letzten Satz Ihres Antrages enthalten, der heißt „Im Übrigen wird das Ökosteuergesetz aufgehoben“ -, ist, denke ich, richtig.

Diesem Zeichen schließt sich die CDU-Fraktion an. Deshalb können wir Ihrem Antrag in Gänze nicht zustimmen, aber wir bitten darum, dass wir über den letzten Satz einzeln abstimmen; denn das Zeichen wollen wir heute schon geben.

(Zustimmung bei der CDU und von Herrn Wiech- mann, FDVP)

Herr Wolf hat noch einmal für die FDVP-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Letztendlich geht es nicht um entscheidende Rahmenbedingungen, wenn über dieses Thema debattiert wird - Richtung Gutachten, Netzwerk, Förderung und Experteninitiativen, die dahinschlummern. Es geht um etwas Greifbares.

Unter Tagesordnungspunkt 19 ging es um berufliche Erstausbildung. In dieser Hinsicht wird die Verzahnung mit diesem Tagesordnungspunkt deutlich. Es sind siamesische Zwillinge, die ohne Gefahr nicht zu trennen sind. Man kann nun einmal von Unternehmern in Sachsen-Anhalt nur das abverlangen, was von ihnen auch leistbar ist.

Wenn Sie unter TOP 19 die berufliche Erstausbildung favorisieren und das dann als Aufgabe zum Handeln für

den Mittelstand ableiten, muss der mittelständische Unternehmer schlicht und ergreifend dazu in der Lage sein.

Schrumpfung, Belastung und Pleiten sind keine Wegbereiter für Heilungen. Klar, dass es bergab leichter geht als bergauf. Das kann doch aber nicht die Begründung sein für Stillhalten.

Wann hat denn Sachsen-Anhalts Regierung in den letzten sieben Jahren einmal etwas Bemerkenswertes unternommen? Laborversuche meine ich nicht. Ich meine echte Vorstöße.

Wann wurde in Bonn oder in Berlin einmal auf den Tisch gehauen? Wann wurden Forderungen gestellt? Wann wurde auf die Folgen eben auch der Ökosteuer und der Mineralölsteuer für unser Land hingewiesen? - Nein, unser Landesvater stimmte für die tödliche Krankheit mit dem schönen Namen - sogar entgegen dem Auftrag, den er erhalten hatte.

Mit jeder weiteren Firmenschließung gehen neben Arbeitsplätzen und Steuereinnahmen auch Lehrstellen verloren. Die hohe Mineralölbesteuerung ist zum zentralen, sichtbaren Problem geworden. Jetzt verlangen wir: Die Landesregierung Sachsen-Anhalts muss endlich den Mut haben zu sagen, dass die hohe Mineralöl- und Ökosteuer das Land kaputtmachen. Sie die würgen die Wirtschaft und hemmen die Entwicklung.

Der Ministerpräsident Höppner soll das Problem in den Bundesrat tragen. Er soll der Landesvater sein, der er sein muss. Wir geben ihm mit unserem Antrag die Möglichkeit, den damaligen Fehler wenigstens teilweise zu korrigieren und sich tatsächlich für die Belange aller Bürger Sachsen-Anhalts einzusetzen.

Weg mit der Ökosteuerlüge. Rückvergütung der bereits abgepressten Ökosteuerabgaben über eine einjährige Freistellung von der Kfz-Steuerpflicht und runter mit der Besteuerung von Mineral- und Heizöl. Fahren Sie wenigstens Teilerfolge ein. Bleiben Sie mal dran und nicht immer draußen. Seien Sie mal laut und nicht immer so leise.

(Frau Kauerauf, SPD: Das sind Sie ja schon!)

Wir wollen nicht sagen müssen, der Ministerpräsident handelt erst dann logisch, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Herr Ministerpräsident,

(Zuruf: Er ist nicht da!)

- er ist nicht da, natürlich; danke schön für Ihre Hilfe hängen Sie das Anliegen an die Aufgaben, die wir unter Tagesordnungspunkt 21 zu dem Thema „Sonderprogramm Ost“ alle so einmütig sehen.

Unabhängig davon, wer gerade Ministerpräsident ist, bei Interessenvertretungen nach außen brauchen wir einen vom Parlament gestärkten Ministerpräsidenten. Das geht nun einmal nicht anders. Geben wir ihm die Aufgaben, die er dann auch umsetzen kann. - Danke.