Protokoll der Sitzung vom 28.06.2001

Wir haben diese Chance leider in diesem Kompromisspaket nicht realisieren können. Wir werden auch in Zukunft mit diesem Problem zu tun haben und müssen dann eben aushalten, dass wir auch in Zukunft möglicherweise eine relativ hohe Zahl von Überhang- und Ausgleichsmandaten erreichen werden.

Ich möchte auf einen zweiten Komplex hinweisen, den wir abweichend von der gemeinsamen Vorlage in diesem Paket mit einem Änderungsantrag eingebracht haben, und zwar auf den Änderungsantrag in Bezug auf die Öffentlichkeit der Sitzungen von Fachausschüssen unter bestimmten Bedingungen.

Auch dieser Vorschlag ist bei weitem nicht allein in der PDS-Fraktion entstanden. Er ist ebenfalls ein Bestandteil des Vorschlages des Präsidenten zur Parlamentsreform gewesen. Die öffentlichen Ausschusssitzungen sollten aus unserer Sicht dazu dienen, die Parlamentsarbeit lebhafter und auch transparenter zu gestalten.

Ich glaube, das Bild der geschützten Räume, Herr Scharf, ist eine Geschichte, bei der ich mir, wenn ich sie interpretiere, die Frage stelle: Wer muss hier in ein Schutzgebiet und vor wem muss er geschützt werden?

(Zustimmung bei der PDS)

Ich weiß nicht, ob man mit so einem Begriff nun unbedingt glücklich sein sollte, zumal man - ich sage es Ihnen ganz ehrlich - mit einem solchen Begriff ein wenig vorsichtig umgehen sollte, weil sich die Parallele zur geschützten Werkstatt förmlich aufdrängt. Darüber will ich an dieser Stelle aber nicht philosophieren.

Wir haben allerdings außerdem noch einen pragmatischen Grund für unsere Initiative. Das möchte ich hier noch einmal ganz deutlich sagen. Wissen Sie, wir haben jetzt versucht, ein Verfahren der Konsenslisten zu installieren. Das sind Konsenslisten, von denen wir sagen, dass das Themen sind, die wir im Plenarsaal nicht noch einmal gesondert zu diskutieren versuchen. Das sind die berühmten Wald-und-Wiesen-Anträge, bei denen maximal drei Abgeordnete zuhören und der Rest im Normalfall die Papiere noch nicht einmal gelesen hat. Sind wir einmal ganz ehrlich, so etwas ist nicht selten.

Jetzt ist aber das große Problem und die Erfahrung, dass diese so genannten Wald-und-Wiesen-Anträge manchmal für eine gewisse kleine Personengruppe eine ganz große Bedeutung haben und damit oftmals für ein oder zwei Abgeordnete.

Ich prophezeie an dieser Stelle, dass wir, wenn es uns nicht gelingt, diese betroffene Personengruppe, irgendeinen Landesverband für irgendeinen Interessenbereich, an der parlamentarische Debatte, zum Beispiel an einer Ausschussberatung, teilhaben zu lassen, das Problem haben werden, dass wir möglicherweise wieder alle Angelegenheiten, so eng der Interessentenkreis auch sein mag, zur Behandlung im Plenum bekommen. Wir haben dann zwar die Konsenslisten möglich gemacht, aber sie werden nicht gefüllt werden, weil nämlich jeder meint, dass sein Antrag auf jeden Fall behandelt werden muss. Deswegen unterbreiten wir diesen Vorschlag und bitten Sie, dies in der Debatte zu berücksichtigen. - Danke.

(Beifall bei der PDS - Zustimmung von Herrn Dr. Fikentscher, SPD)

Vielen Dank. - Als letzter Redner spricht für die SPDFraktion der Abgeordnete Herr Bullerjahn. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur ein paar wenige Worte zur rechten Seite des Saales sagen, was ich ja sonst eigentlich nicht mache. - Wer wie Sie, seitdem Sie im Parlament sind, diejenigen Abgeordneten, die ihre Arbeit vernünftig machen und dafür sehr viel Zeit aufbringen, öffentlich diskreditiert, wer wie Sie das Geld nach Hause schleppt, ohne etwas dafür zu tun, der sollte hier einfach die Klappe halten.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei der PDS - Herr Weich, FDVP: Ho, ho, ho! - Frau Wiech- mann, FDVP: Sie sind ja unglaublich, Herr Buller- jahn! Fassen Sie sich mal an die eigene Nase!)

In den öffentlichen Auseinandersetzungen bin ich sonst immer sehr ruhig Ihnen gegenüber, aber manchmal kann einem schon der Kamm schwellen, wenn Sie, Frau Wiechmann, mit Ihrem Vater das dreifache bis vierfache Gehalt nach Hause schleppen und sich in der Zeitung profilieren wollen - das auf Kosten des ganzen Hauses.

(Zustimmung bei der SPD und bei der PDS - Frau Wiechmann, FDVP: Sie haben doch wohl eine Scheibe! Das verbitte ich mir! Das ist ja eine Unverschämtheit! - Weitere Zurufe von der FDVP)

- Sie können ja gern nachher hier nach vorn kommen.

Ich möchte das Ergebnis vorwegnehmen: Wir werden der Überweisung in den Ältestenrat und in den Ausschuss für Recht und Verfassung zustimmen.

Was war die Ursache?

(Zuruf von Herrn Wolf, FDVP)

Es war ein Bericht des Präsidenten zur Parlamentsreform.

(Zuruf von der FDVP: Unsinn!)

Es war das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes. Darüber können Sie nachdenken, solange Sie noch im Parlament sind. Es war ein Bericht der Diätenkommission und es waren die Änderungswünsche zur Geschäftsordnung, die, seitdem das Parlament der dritten Wahlperiode hier tagt, immer wieder auch an die parlamentarischen Geschäftsführer herangetragen worden sind.

(Zuruf von Herrn Weich, FDVP)

Wir werden deswegen gerade in Bezug auf die Geschäftsordnung der Überweisung der Änderungsanträge der beiden Fraktionen zustimmen. Ich möchte aber gleich sagen: Wir werden sie ablehnen.

Ich möchte mit dem Begriff der geschützten Räume vorsichtig hantieren. Aber ich gebe Ihnen, weil auch ich Hinterzimmerdiskussionen kenne, Recht, Herr Scharf; denn wenn wir das öffentlich machen und so mancher dann versucht sein wird, diese Öffentlichkeit auch auszunutzen, verlagern wir so manche Debatte dann doch in den Bereich außerhalb von Ausschussberatungen.

Ich denke, das kann im Sinne einer vernünftigen Beratung nicht unser Ziel sein. Die Ausschüsse sind dazu da, Meinungen auszutauschen und Meinungen letztlich konsensfähig zu machen, allerdings nicht in Anwesenheit von Presse oder Lobbyisten.

(Zustimmung von Herrn Bischoff, SPD)

Wir haben die verschiedensten Punkte im Vorfeld zwischen den drei Fraktionen beraten. Es gab unterschiedliche Auffassungen, auch wesentliche unterschiedliche

Auffassungen. Ich bedauere sehr, dass wir zum Beispiel die fünfjährige Wahlperiode nicht einführen wollen; denn sie wäre für einen stabileren Parlamentsbetrieb vernünftig. Aber ich weiß, dass die Mehrheiten dafür nicht vorhanden waren.

Ich denke auch, dass aus dem Bericht des Präsidenten noch eine Menge an Arbeit für die nächste Wahlperiode liegen geblieben ist.

Wir haben mit dem sicherlich nicht einfachen Urteil des Bundesverfassungsgerichts so gut wie möglich umzugehen versucht. Hier werden die Fraktionen der vierten Wahlperiode sehr viel Fingerspitzengefühl beweisen müssen, um das dann zu vollenden.

(Zuruf von Herrn Wolf, FDVP)

So weit will ich das einmal sagen.

Zum Bericht der Diätenkommission. Ich denke, es war nachvollziehbar und es war auch richtig, dass der Präsident sich diesen zu Eigen gemacht hat. Leider ist in der Öffentlichkeit - auch durch Mitglieder des Parlaments eine Debatte entstanden, die ich zum Teil unehrlich und nicht angemessen finde. Es war aber richtig, dass aufgrund dieser Debatte diese Entscheidung getroffen wurde, obwohl ich sie persönlich - das sage ich ganz offen - nicht teile, weil für mich irgendwann das Prinzip galt: Was die Diätenkommission vorschlägt, trage ich mit - im Guten wie im Schlechten. Es kann nicht nur so sein, dass es gegen die Abgeordneten läuft.

Aber wir haben jetzt eine Regelung gefunden, denke ich, die vernünftig ist, nämlich dass zu Beginn der nächsten Wahlperiode dem Parlament

(Zuruf von Herrn Weich, FDVP)

innerhalb von 18 Monaten über den Präsidenten ein Vorschlag vorgelegt wird. Dieser wird, denke ich, so gut sein, dass er für die gesamte Wahlperiode tragen wird. Ich hoffe, dass wir uns diesen dann mit mehr Sachlichkeit und ein bisschen Standing in der Öffentlichkeit zu Eigen machen werden.

Insofern will ich jetzt nicht der Versuchung erliegen, all das zu wiederholen, was schon sehr ausführlich gesagt worden ist, noch dazu, wo ich selber beteiligt war. Aber wir sollten uns für dieses Paket nicht schämen. Es ist sicherlich nicht das Maximale, es ist aber ein sehr guter Kompromiss im Umfeld der Dinge, die wir im Parlament vorfinden. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der PDS und von der Regierungsbank)

Vielen Dank. - Für die FDVP-Fraktion hat die Fraktionsvorsitzende Frau Wiechmann um das Wort gebeten. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bullerjahn, als parlamentarischer Geschäftsführer der SPDFraktion, der Sozialdemokraten, sollten Sie sich eigentlich gerade gegenüber Frauen als Gentleman erweisen.

(Lachen bei der SPD und bei der PDS)

Aber das, was ich heute hier gehört habe, kann ich eigentlich nur als flegelhaft bezeichnen und genau so ist

es auch bei mir angekommen. Genau so bewerte ich das auch, und ich denke, all diejenigen, die es heute gehört haben, werden es genauso bewerten.

(Herr Bischoff, SPD: Nein, nein! - Weitere Zurufe von der SPD und von der PDS)

Ich möchte Ihnen auch noch mit auf den Weg geben, dass ich mir in Zukunft solche persönlichen Dinge und auch solche unverschämten Angriffe Ihrerseits verbitte. Unsere Fraktion hat eine ganz klare politische Einstellung, auch zur Erhöhung der Politikerdiäten,

(Lachen bei und Zurufe von der SPD und von der PDS)

was man von Ihnen nicht sagen kann. - Doch, Sie haben auch eine ganz klare politische Einstellung: Sie wollen mehr Geld.

(Herr Bischoff, SPD: Sie müssten eigentlich mehr abgeben!)

Da habe ich doch in der Zeitung auch von Ihnen gelesen: Man muss schließlich die Diäten erhöhen, weil doch die Lebenshaltungskosten für Sie gestiegen sind. Ja, meine Damen und Herren, fasse ich das denn? Sind denn die Lebenshaltungskosten für die Leute draußen, für die Arbeitslosen, für die Rentner nicht gestiegen? Aber da kommt keiner daher und sagt, ich kann jetzt mal in den großen öffentlichen Topf fassen, es ist ja nicht mein Geld, das ist ja Steuergeld; es ist Steuergeld all der Leute draußen, die es verdient haben und die es einzahlen müssen, da bediene ich mich gleich mal selbst.

(Zuruf von Frau Leppinger, SPD)