Protokoll der Sitzung vom 29.06.2001

Beratung

Bilanz der Tourismusförderung in Sachsen-Anhalt

Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 3/4687

Der Antrag wird durch die Abgeordnete Frau Mewald eingebracht.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! SachsenAnhalt hat mit seiner zentralen Lage mitten in Deutschland, seinen vielfältigen historischen und kulturellen Traditionen sowie der Nähe zur Bundeshauptstadt gute Wettbewerbschancen, um seine touristischen Potenziale in den Schwerpunktregionen zu erschließen

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte Sie um etwas mehr Ruhe. Den letzten Tagesordnungspunkt werden wir doch noch mit Anstand und Würde hinter uns bringen können.

und damit den Tourismus als bedeutenden Wirtschaftsfaktor für das Land auszubauen.

Wie uns aus Gesprächen und Beratungen mit Vertretern der Industrie- und Handelskammern, der touristischen Verbände und der Beherbergungsbetriebe bekannt wurde, sind die vorhandenen Potenziale jedoch noch längst nicht ausgeschöpft. Sachsen-Anhalt braucht mehr attraktive Angebote

(Zustimmung von Herrn Dr. Daehre, CDU, und von Herrn Schomburg, CDU)

und ein professionelles Marketing über Reiseveranstalter, um mehr Touristen für einen längeren Aufenthalt zu gewinnen.

(Zustimmung von Herrn Dr. Daehre, CDU)

Die Entwicklung marktgerechter Reiseangebote stellt jedoch neue Anforderungen hinsichtlich der Qualität, des Services und des Erlebniswertes. Deshalb muss künftig gezielt in die touristische Infrastruktur investiert werden. Da die Haushaltsmittel begrenzt sind, müssen diese vor allem abgestimmt auf die überregionalen Themen der Deutschen Zentrale für Tourismus eingesetzt werden, um von dem internationalen Marketing auf Bundesebene zu profitieren.

Mit dem vorliegenden Antrag in der Drs. 3/4664 wird von der Landesregierung eine Bilanz über die bisherige Förderpolitik zum Aufbau der touristischen Infrastruktur in Sachsen-Anhalt eingefordert. Insbesondere sollen dabei die Ergebnisse im Bereich der Wirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt bewertet werden. Wir möchten unter anderem wissen, welche Mittel zur Förderung des Tourismus und in welcher Höhe in die einzelnen Landkreise seit dem Jahr 1991 geflossen sind, wie sich die Tourismuswirtschaft auch im Vergleich zu den anderen neuen Bundesländern entwickelt hat und wie viele Arbeitsplätze dadurch geschaffen bzw. gesichert wurden.

Auf der Grundlage dieses schriftlichen Berichts soll die bisherige Förderung überprüft und künftig effizienter gestaltet werden. Ebenso müssen die Regionen, die Kommunen sowie das örtliche Gewerbe in die Lage versetzt werden, ihre Investitionen längerfristig auf verlässliche Förderschwerpunkte abstimmen zu können.

Dazu bedarf es dringend eines langfristigen Förderkonzeptes „Tourismus in Sachsen-Anhalt“. Dieses Konzept sollte die Landesregierung bereits im Vorfeld der Haushaltsberatungen für das Jahr 2002 bis Ende September im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten vorlegen, um im Vorgriff auf die deutschlandweiten touristischen Jahresthemen gezielt die Angebote des Landes Sachsen-Anhalt aufzuwerten.

Der Fleiß und der Leistungswille der hier lebenden Menschen sind dabei gute Voraussetzungen für eine gedeihliche Entwicklung der Tourismuswirtschaft.

Statistischen Angaben zufolge liegt in Sachsen-Anhalt sowohl die Auslastung der gewerblichen Beherbergungsbetriebe mit 29,5 % als auch die durchschnittliche Verweildauer der Gäste mit nur 2,5 Tagen im Jahr 2000 deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 37,6 % bzw. drei Tagen Verweildauer. Auch unter den neuen Bundesländern verzeichnet Sachsen-Anhalt die geringste Auslastungsquote und die niedrigste durchschnittliche Verweildauer. Im Jahr 2000 betrug in den neuen Bundesländern die Auslastungsquote 35,5 % und die durchschnittliche Aufenthaltsdauer 3,1 Tage.

Deshalb besteht das derzeitige Hauptanliegen darin, die Auslastung der touristischen Betriebe und die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Gäste zu erhöhen.

Es muss jedoch auch dafür gesorgt werden, dass nicht durch Überreglementierungen, wie zum Beispiel mit dem Gesetz über den Nationalpark Harz des Landes Sachsen-Anhalt, Bemühungen von Investoren zum Beispiel zur Schaffung attraktiver Wintersportmöglichkeiten verhindert werden. Einschränkungen für die Entwicklung touristischer Gebiete können sich auch durch die Ausweisung von FFH-Gebieten ergeben, zum Beispiel in der

Region Harz und im Bereich der Elbe für das Tourismusprojekt „Blaues Band“, unter anderem in Magdeburg und in Havelberg.

(Zustimmung von Herrn Schomburg, CDU)

Negativ wirkt sich auch die Streichung der Mittel für das Fassadenerneuerungsprogramm hinsichtlich der attraktiven Gestaltung innerörtlicher Bereiche aus.

Das unprofessionelle Agieren seitens der Landesregierung beim Aufbau funktionierender touristischer Strukturen in den letzten Jahren hat die Entwicklung der Tourismuswirtschaft in Sachsen-Anhalt insgesamt gebremst und musste zwangsläufig zu einem tourismusorganisatorischen Umbau führen.

(Zustimmung bei der CDU)

Seit der Gründung der Landesmarketinggesellschaft Sachsen-Anhalt mbH Mitte 1999 zeichnet sich ein erster positiver Trend ab. Eine klare Trennung der Aufgabenstrukturen wurde erreicht. Die Versäumnisse der vergangenen Jahre konnten durch die LMG jedoch noch nicht genügend aufgearbeitet werden.

Vor dem Hintergrund der notwendigen Anstrengungen zur Behebung der Defizite, die beim Ausbau der touristischen Infrastruktur und bei der Schaffung vielfältiger attraktiver Freizeitangebote für in- und ausländische Gäste weiterhin bestehen, geht es auch darum, das Image und damit die Standortattraktivität des Landes in erheblichem Maße zu verbessern.

(Zustimmung bei der CDU)

Diese und weitere Probleme der Tourismusförderung wollen wir nach dem Vorliegen des schriftlichen Berichts und eines Förderkonzeptes der Landesregierung im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten gemeinsam beraten. Deshalb bitte ich Sie namens der CDU-Fraktion um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Herrn Büchner, DVU, und von Herrn Kannegießer, DVU)

Danke, Frau Kollegin, für die Einbringung. - In der vereinbarten Fünfminutendebatte sprechen die Vertreter der Fraktionen in folgender Reihenfolge: FDVP, PDS, DVU, SPD und CDU. Zuerst erteile ich für die Landesregierung dem Minister Herrn Gerhards in Vertretung für Frau Ministerin Budde das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Hinblick auf die fortgeschrittene Zeit will ich die Rede, die für mich vorbereitet worden ist, zu Protokoll geben und das mit einem Satz begründen: Ich glaube, es dient der Sache mehr, wenn Frau Ministerin Budde im Ausschuss selbst zu den Fragen, die sehr komplex sind, Rede und Antwort steht, als wenn ich das fünf Seiten lange Papier vortrage.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Der Beifall beweist, dass Ihr Vorschlag akzeptiert worden ist. Damit ist die Ministerrede zu Protokoll gegeben worden.

(Zu Protokoll:)

Sachsen-Anhalt ist kein klassisches Urlaubsland. Dennoch gehört der Tourismus in Sachsen-Anhalt zu den Wirtschaftszweigen mit großen Wachstumspotenzialen und Zukunftschancen. Der Tourismus ist eine feste Größe in der sachsen-anhaltischen Wirtschaft, die Wachstumsraten und Arbeitsplatzeffekte sind beachtlich.

Die Tourismuswirtschaft des Landes beschäftigt direkt ca. 28 000 Menschen. Unter Einbeziehung der indirekten Wirkungen dürfte diese Zahl sogar bei 60 000 liegen. Diese positiven Entwicklungen sind nicht zuletzt durch eine massive Förderpolitik des Landes für die touristische Infrastruktur und die gewerbliche Tourismuswirtschaft ermöglicht worden.

Von 1991 bis 1999 sind durch Zuschüsse aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe und des Europäischen Fonds für Regionalentwicklung von insgesamt über 1,4 Milliarden DM touristische Investitionen in einer Höhe von über 2,9 Milliarden DM angestoßen worden. Diese Investitionen führten zur Schaffung von ca. 3 800 Arbeitsplätzen und zur Sicherung von weiteren 2 280.

Der Ausbau der touristischen Infrastruktur muss kontinuierlich weitergeführt werden. Angesichts rückläufiger Haushaltsmittel des Bundes, des Landes und insbesondere der Kommunen muss sich die Förderpolitik zukünftig noch stärker von folgenden Grundsätzen leiten lassen:

- regional koordinierter Einsatz von Fördermitteln der EU, des Bundes und des Landes,

- Koordination und sinnvolle Verzahnung der verschiedenen Förderprogramme,

- abgestimmte Maßnahmenplanung und Prioritätensetzung innerhalb der Region.

Konkret bedeutet dies für die touristische GA-Förderung des Landes:

- eine kontinuierliche Fortführung gemäß der naturräumlich definierten Förderpräferenzen - zum Beispiel Harz, Altmark, Wein- und Burgenregion - und der Präferenzen für Orte mit touristischen Schwerpunkten - also zum Beispiel Kur- und Erholungsorte, Modellorte des Fremdenverkehrs oder Orte mit Bauwerken der Straße der Romanik - sowie

- die Schaffung von Präferenzregelungen im Sinne einer langfristigen Ausrichtung zum Aufbau touristischer Netzwerke.

Die weitere Öffnung der Investitionsförderung für die Tourismuswirtschaft im GA-Rahmenplan des Bundes bietet gerade den häufig im Tourismus zu findenden kleinen und mittleren Unternehmen - zum Beispiel Gastronomie, privat betriebene Fahrrad-, Ski- oder Bootsverleihbetriebe - erhebliche Verbesserungen der Förderkonditionen.

So können Investitionen mit bis zu 50 % bezuschusst werden. Voraussetzung ist ein ausschließlich auf Erholungs- und Besichtigungstourismus ausgerichtetes Konzept, von dem in den meisten Fällen in ausgewiesenen Erholungs- und Fremdenverkehrsorten ausgegangen werden kann.

In die neuen landesspezifischen Regelungen zum GARahmenplan wurden nun auch die wichtigen Standorte

am „Blauen Band“ als Präferenzorte im Rahmen der Tourismusförderung aufgenommen.

Diese Ergebnisse gestatten die Einschätzung, dass die Tourismusentwicklung in Sachsen-Anhalt auf dem richtigen Weg ist. Das vorhandene Potenzial ist damit jedoch noch nicht ausgeschöpft. Dieses Potenzial gilt es für Sachsen-Anhalt zu interessieren und zu erschließen. Das erfordert einerseits, die vorhandenen touristischen Produkte, die sich im Bundesvergleich durchaus sehen lassen können, effizienter zu vermarkten. Hierzu wurden im Land mit der Neuordnung der Tourismusstrukturen und der Gründung der Landesmarketinggesellschaft entsprechende Voraussetzungen geschaffen.

Zugleich gilt es aber auch, neue, innovative, noch stärker kundenorientierte Angebote - dazu zählt nicht nur der Erlebnis- und Abenteuertourismus - zu entwickeln und am Markt zu platzieren. Neben einer qualitativen Verbesserung bedarf es dazu auch des weiteren Ausbaus der touristischen Infrastruktur. Dabei gilt es jedoch nicht, lediglich neue Einzelvorhaben umzusetzen.

Die Landesregierung hat im Rahmen der Beantwortung der Großen Anfrage der SPD-Fraktion zum Thema „Tourismusentwicklung in Sachsen-Anhalt“ ausführlich zu den Komplexen Tourismusstrukturen/Tourismusmarketing, Perspektiven der Tourismuspolitik und Vernetzung von Tourismus- und Standortmarketing Stellung genommen. Damit ist der Weg für die Zukunft der Tourismuspolitik aufgezeigt. Die Landesregierung kann daher das Ziel Ihres Antrages nicht nachvollziehen. Die von Ihnen geforderten Statistiken sind nicht wegweisend für die Tourismuspolitik und unserer Ansicht nach überflüssig.