Protokoll der Sitzung vom 13.09.2001

Fragen wir die Kolleginnen und Kollegen. Meine Damen und Herren! Es gibt wiederum das Angebot des Ministers, seine Rede zu Protokoll zu geben. Gibt es Widerspruch? - Sie sehen, kein Widerspruch. Herr Minister, bitte geben Sie Ihre Rede zu Protokoll.

Eine Debatte ist nicht vorgesehen. Ich sehe auch keinen Wunsch dazu.

Dann kommen wir zur Abstimmung über die Drs. 3/4905. Über die Überweisung als solche abstimmen zu lassen, kann ich mir, denke ich, ersparen. Gibt es außer dem Ausschuss für Finanzen noch einen Vorschlag? Herr Minister, Ihrerseits? - Nicht. Also Überweisung in den Finanzausschuss. Wer stimmt diesem Vorschlag zu? Gegenstimmen? - Keine. Enthaltungen? - Auch nicht. Damit ist der Gesetzentwurf einstimmig in den Aus

schuss überwiesen worden. Der Tagesordnungspunkt 10 ist von uns absolviert worden.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 11:

Erste Beratung

Entwurf eines Bodenschutz-Ausführungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (BodSchAG LSA)

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 3/4909

Der Gesetzentwurf wird durch den Minister für Raumordnung, Landwirtschaft und Umwelt Herrn Keller eingebracht. Bitte schön, Herr Keller. Ich denke, dass wir die Rede jetzt hören müssen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich denke, dass eine Einführung in den Landtag angebracht ist, da es sich im Gegensatz zu den beiden vorhergehenden Gesetzen nicht um einen rein technischen Entwurf handelt.

Meine Damen und Herren! Das Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten mit dem Kurztitel Bundesbodenschutzgesetz ist am 1. März 1999 und die zugehörige Bundesbodenschutz- und Altlastenverordnung am 17. Juli 1999 in Kraft getreten.

Wesentlicher Regelungsgegenstand des Bundesbodenschutzrechtes ist die Gefahrenabwehr bei schädlichen Bodenveränderungen und Altlasten. Dieses Gesetz stellt bundesweit einheitliche Anforderungen an die Gefährdungsabschätzung und die Sanierung von schädlichen Bodenveränderungen und Altlasten und ist auch Rechtsgrundlage für die Sanierung von Gewässerverunreinigungen, die durch schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten verursacht worden sind.

Die bundesgesetzliche Regelung ist nicht abschließend. Ein zweckmäßiger und den Erfordernissen in SachsenAnhalt angepasster Vollzug des Bodenschutz- und Altlastenrechts erfordert ergänzende Landesregelungen. Diese sollen mit dem vorliegenden Entwurf eines Bodenschutz-Ausführungsgesetzes getroffen werden.

Meine Damen und Herren! Die wesentlichen Inhalte des vorgelegten Gesetzentwurfes sind erstens die Bestimmung der zuständigen Behörden mit ihren Aufgaben und Befugnissen, zweitens allgemeine Maßgaben wie Mitwirkungs- und Duldungspflichten von Bürgerinnen und Bürgern, drittens Regelungen zum gebietsbezogenen Bodenschutz mit der Möglichkeit der Festlegung von Bodenbelastungsgebieten, viertens Bestimmungen über die Erfassung und Verwaltung von Boden- und Altlasteninformationen sowie fünftens Kosten- und Ausgleichsregelungen.

Das Ausführungsgesetz schöpft nicht alle Regelungsfreiräume aus, sondern beschränkt sich im Sinne einer schlanken Rechtsetzung auf solche Vorschriften, die für einen sachgerechten Vollzug in unserem Lande unverzichtbar sind. Gleichzeitig wird den Erfordernissen einer modernen und effektiven Verwaltung Rechnung getragen.

Meine Damen und Herren! Von besonderer Bedeutung ist die Regelung sachgerechter Zuständigkeiten. Vor dem In-Kraft-Treten des Bundesbodenschutzgesetzes

waren für die von ihm umfassten Sachverhalte ganz überwiegend die Landkreise und kreisfreien Städte als untere Wasser-, Abfall- und Naturschutzbehörden zuständig.

Mit dem In-Kraft-Treten des Bundesbodenschutzgesetzes gingen die auf dessen Grundlage bestehenden Aufgaben der Gefahrenabwehr gemäß § 89 Abs. 2 SOG LSA auf die Verwaltungsgemeinschaften und Gemeinden, die keiner Verwaltungsgemeinschaft angehören, über. Diese Gemeinden sind aber in der Regel nicht mit dem für den Vollzug des Bodenschutz- und Altlastenrechts erforderlichen Personal und den entsprechenden Sachmitteln ausgestattet. Um insoweit Vollzugsdefizite zu beseitigen bzw. nicht zuzulassen und um auf eine bereits bewährte Vollzugspraxis zurückzugreifen, bedarf es dringend der erneuten Zuweisung der Zuständigkeiten auf die Landkreise und kreisfreien Städte.

Für die wichtigsten Sanierungsfälle, die über die Freistellung nach Artikel 1 § 4 Abs. 3 des Umweltrahmengesetzes finanziert werden, soll die Landesanstalt für Altlastenfreistellung zuständig werden. Die Landkreise und kreisfreien Städte werden insoweit entlastet. Die der Landesanstalt für Altlastenfreistellung neu zugewiesenen Aufgaben stehen in einem besonders engen Zusammenhang zu den dort bereits verankerten Aufgaben. Diese Konzentration wird zu einer beträchtlichen Verwaltungsvereinfachung führen, weshalb eine Aufstockung beim Personal und bei den Sachmitteln bei der Landesanstalt nicht vorgesehen ist.

Gestützt auf das Bodenschutz-Ausführungsgesetz wird das Land eine Verordnung über Sachverständige und Untersuchungsstellen auf dem Gebiet des Bodenschutzund Altlastenrechts erlassen, an der bereits gearbeitet wird. Darin werden Anforderungen festgelegt, die gewährleisten, dass die Aufgaben des Bundesbodenschutzgesetzes mit der erforderlichen Sachkunde, Zuverlässigkeit und gerätetechnischen Ausstattung bearbeitet werden können. Die genannten Anforderungen werden inhaltlich mit den übrigen Bundesländern abgestimmt, sodass bundesweit gleiche Maßstäbe gelten.

Ein weiterer Schwerpunkt des Gesetzentwurfes ist den Informationssystemen zu Boden und Altlasten gewidmet. Die weitgehend bereits bestehenden Informationssysteme werden nunmehr auf der gesetzlichen Grundlage des Ausführungsgesetzes weiter ausgebaut und vervollkommnet. Dabei sollen Primärdaten nur dort vollständig gespeichert werden, wo sie erhoben werden. In einem zentral geführten Informationssystem soll lediglich eine genaue Übersicht darüber geführt werden, an welchen Stellen, zu welchem Zweck und in welchem Umfang Primärdaten erhoben werden und wie diese für weitere Anwendungen verfügbar gemacht werden können.

Mit einem im Landesmaßstab zu erarbeitenden Bodenschutzplan wird den Landkreisen und kreisfreien Städten ein Instrument zum sparsamen und effektiven Umgang mit der nicht erneuerbaren Ressource Boden in die Hand gegeben.

Meine Damen und Herren! Das Bundesbodenschutzgesetz sieht keine neuen Genehmigungsverfahren und keine eigene Bodenschutzverwaltung vor. Mehrbelastungen der Kommunen werden in der Gesamtbetrachtung der Auswirkungen dieses Ausführungsgesetzes von uns nicht erwartet. Entlastungen der kommunalen Ebene werden insbesondere durch die Aufgabenzuweisung an die Landesanstalt für Altlastenfreistellung und durch die Regelungen, die den Verwaltungsvollzug erleichtern, erreicht.

Gleichwohl wurden im Ergebnis einer intensiven Abstimmung des Entwurfes innerhalb der Landesregierung Regelungen aufgenommen, die eine sich wider Erwarten doch einstellende Mehrbelastung der Kommunen kompensieren sollen. Zum einen ist in § 21 Abs. 1 vorgesehen, dass die kostenmäßigen Auswirkungen für die Kommunen zwei Jahre nach dem In-Kraft-Treten des Gesetzes überprüft werden und gegebenenfalls gemäß Artikel 87 Abs. 3 Satz 3 unserer Verfassung auszugleichen sind.

Zum anderen wurde in § 21 Abs. 2 ergänzt, dass das Land unter bestimmten Bedingungen nicht einbringbare Kosten für die Ersatzvornahme bei schädlichen Bodenveränderungen und Altlasten erstattet.

Die landesbehördliche Bearbeitung von Bodenschutzplanung, Bodenbeobachtungs- sowie Boden- und Altlasteninformationssystemen wird die schon bisher hierfür veranschlagten Ausgaben nicht überschreiten.

Für die Wirtschaft führt der Vollzug des Bodenschutzrechts in Bezug auf die Investitionssicherheit und die zügige Planung von Vorhaben zu einer weiteren Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, weil klare Regelungen und Schadstoffgrenzen für mehr Beurteilungssicherheit bei Bodennutzungen sorgen.

Während der Vorbereitung des Gesetzentwurfes fanden zwei schriftliche Anhörungen der kommunalen Spitzenverbände, von betroffenen Verbänden der Wirtschaft sowie von Fach- und Naturschutzverbänden statt. Deren Ergebnisse wurden im Entwurf der Landesregierung berücksichtigt. Insbesondere im Hinblick auf die sachgerechte Regelung der Zuständigkeit sieht die Landesregierung keine Alternative zu dem Gesetzentwurf.

Ich bitte Sie deshalb um eine Überweisung an die Ausschüsse und um eine zügige Beratung dieses Gesetzes. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von der Regie- rungsbank)

Danke schön, Herr Minister. - Meine Damen und Herren! Bevor wir zur Debatte kommen, begrüße ich Schülerinnen und Schüler des Pestalozzi-Gymnasiums Havelberg in unserem Hause.

(Beifall im ganzen Hause)

Es ist eine Fünfminutendebatte vereinbart worden. Die Fraktionen sprechen in folgender Reihenfolge: CDU, FDVP, PDS, DVU und SPD. Herr Hacke hat für die CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat mit ihrem Entwurf das umgesetzt, wozu sie seit dem In-Kraft-Treten des Bodenschutzgesetzes, seit dem Jahr 1999, bereits ermächtigt war. Problematisch war es sicherlich, die Aufgaben unter Berücksichtigung der beabsichtigten Verwaltungsreform zweckdienlich zu verteilen, wodurch sich für mich der zeitliche Verzug durchaus erklärt.

Im Hinblick auf gewisse Regelungen in diesem Gesetz gibt es in der CDU-Fraktion allerdings noch Bedenken.

Dies betrifft zum einen den § 3 des Gesetzes. Danach sollen auch Wohnungen zur Verhütung dringender Ge

fahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreten werden können. Ich halte eine solche Formulierung in diesem Gesetz für sehr problematisch, da hierdurch in einer besonderen Form in das hohe Rechtsgut der Unverletzbarkeit der Wohnung eingegriffen wird und Artikel 13 des Grundgesetzes eingeschränkt wird.

Diese Formulierung sollte daher aus dem Gesetz herausgestrichen werden, da ich die bereits bestehenden Regelungen zur Gefahrenabwehr in den §§ 43 und 44 im Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Land Sachsen-Anhalt für ausreichend halte.

Zudem ist der Terminus „dringende Gefahr“ juristisch nicht definiert. Es gibt den Begriff einer erheblichen oder auch einer gegenwärtigen Gefahr, aber nicht den einer dringenden Gefahr.

Des Weiteren ist nicht umfassend geklärt, in welchem Umfang sich mit diesem Gesetz die Aufgaben für die Kommunen erweitern. Ich fordere daher die Landesregierung auf, gleichzeitig mit den ersten Beratungen im Ausschuss die auch schon von den kommunalen Spitzenverbänden angemahnte synoptische Erfassung der bisherigen Schutzregelungen und der zukünftigen Aufgaben des Bodenschutzes vorzulegen.

Die beabsichtigte Regelung zur Kostenerstattung und die erst nach zwei Jahren vorgesehene Überprüfung der kostenmäßigen Auswirkungen sind für uns nicht zufrieden stellend. Wir gehen nicht davon aus, dass für die Landkreise keine zusätzlichen Kosten entstehen werden. Der angenommene Kostenausgleich, der durch die Übernahme einiger Aufgaben durch die Landesanstalt für Altlastenfreistellung entstehen könnte, würde sich zumindest nicht für alle Landkreise gleichermaßen auswirken. Insofern ist nicht auszuschließen, dass es Landkreise geben wird, die auf einem großen Teil der entstehenden zusätzlichen Kosten sitzen bleiben werden.

Angesichts der von Ihnen beabsichtigten Kürzung der Kommunalfinanzen halten wir die zusätzliche Übertragung von Aufgaben auf die Landkreise ohne Kostenausgleich für nicht vertretbar. Hier muss unbedingt nachgebessert werden. Ein Kostenausgleich sollte zumindest zeitnah erfolgen. Wir fordern Sie daher auf, Artikel 87 der Landesverfassung nicht zu ignorieren.

Meine Damen und Herren! Eine weitere Frage, die auch im Zusammenhang mit diesem Gesetz zu klären sein wird, ist die zu erwartende Lebensdauer der Landesanstalt für Altlastenfreistellung. Die ursprüngliche Absicht dieses Parlamentes war es, dieser Anstalt nur eine zeitlich eng begrenzte Existenzberechtigung zu geben. Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf werden aber zeitlich unbegrenzt Aufgaben übertragen. Nun drängt sich mir die Frage auf, ob durch die Übertragung dieser Aufgaben eine dauerhafte Legitimation der Landesanstalt erreicht werden soll. Hierzu bedarf es unserer Meinung nach einer eindeutigen Regelung, die dies ausschließt.

Meine Damen und Herren! Sie sehen, es wird sicher eine interessante Diskussion in den Ausschüssen geben. Wir freuen uns darauf und sagen gleichzeitig eine konstruktive Mitarbeit in den Ausschüssen zu. Wir bitten, den Gesetzentwurf in die Ausschüsse für Umwelt, für Inneres und für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten zu überweisen und den Ausschuss für Umwelt als federführenden Ausschuss zu bestimmen.

(Beifall bei der CDU)

Ein Vertreter der FDVP-Fraktion wird heute nicht sprechen. Für die PDS-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Dr. Köck.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Vergleich zu den Bemühungen um den Schutz der Gewässer und der Luft ist der Schutz des Bodens jahrzehntelang höchstens sektoral behandelt worden. Dies ist umso unverständlicher, als sich im Gegensatz zu Luft und Wasser, die in großen Kreisläufen zirkulieren und dabei einer natürlichen Reinigung unterliegen, die Schadstoffe im Boden besonders stark akkumulieren können. Als in vielfacher Hinsicht essenzielle Lebensgrundlage des Menschen ist die Bodenfläche praktisch nicht vermehrbar. Umso schwerer wiegen die weltweiten dramatischen Bodenverluste durch Wind- und Wassererosion, Versalzung und Versteppung, die Ausdehnung der Wüsten und schließlich der Flächenverbrauch des Menschen für seine Siedlungstätigkeiten.

Es dauerte bis 1985, ehe der erste Entwurf eines Bodenschutzgesetzes für Deutschland vorgelegt wurde. Nach jahrelangen kontroversen Diskussionen wurde schließlich im Jahr 1998 das Bundesbodenschutzgesetz verabschiedet und das untergesetzliche Regelwerk erlassen. Damit wird zwar der außerordentlichen Zersplitterung der Zuständigkeiten im Vollzug der Gefahrenabwehr für den Boden entgegengewirkt und es werden erstmals Anforderungen des vorsorgenden Bodenschutzes gesetzlich verankert, insbesondere die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Landbewirtschaftung, aber alles in allem ist das Bodenschutzgesetz zu stark auf die Nachsorge, die Altlastensanierung, ausgerichtet. Auch die Rede des Herrn Kollegen Hacke drehte sich nur um diese Problematik.

Einem der drängendsten Probleme, dem unvermindert anhaltenden Verbrauch von Bodenfläche durch Bebauung, lässt sich mit dem Bodenschutzgesetz nicht wirksam begegnen, weil sein Geltungsbereich von vornherein stark eingeschränkt ist. Es enthält zwar einen Entsiegelungsparagrafen - also wieder nachsorgeorientiert -, überlässt es aber weiterhin allein dem Baugesetzbuch, Regelungen zum sparsamen Flächenverbrauch zu treffen. Diese sind dann auch entsprechend grundsätzlicher Natur und praktisch nicht vollziehbar.

Das Düngemittelgesetz, die Klärschlammverordnung, die Bioabfallverordnung, das Pflanzenschutzgesetz, das Bundes-Immissionsschutzgesetz, das Bundesberggesetz, das Bundeswaldgesetz und das Flurneuordnungsgesetz gehen den Regelungen des Bundesbodenschutzgesetzes ebenfalls vor.

Das Bundesbodenschutzgesetz lässt den Ländern nur einen relativ geringen Spielraum für die landesrechtliche Ausgestaltung; der Herr Minister hat darauf hingewiesen. Dies betrifft die Ausweisung und den Umgang mit einem weiter gezogenen Kreis von Altlastverdachtsflächen, Regelungen über gebietsbezogene Maßnahmen des Bodenschutzes oder den Aufbau eines Bodeninformationssystems.