im Interesse einer beständigen Reform unseres Hauses. Es wird kein kleiner Schritt sein, aber auch kein Schritt, der als wirklich umfassender Wurf bewertet werden kann. Dies ist kein Mangel, müssen sich doch gerade große Vorhaben stets an den Bedingungen ihrer Umsetzbarkeit messen lassen.
Nicht umsetzbar war zum Beispiel eine Änderung der Landesverfassung, die ich vor allem im Interesse einer Veränderung der Regelungen über die Quoren für die Elemente der unmittelbaren Demokratie und im Hinblick auf eine Verlängerung der Wahlperiode für angezeigt gehalten habe. Offen bleibt auch die Frage, ob sich der Landtag nicht wirkungsvoller in den europapolitischen Diskurs im Bundesrat einbringen könnte. Nicht umgesetzt geblieben sind ebenso Erwägungen, im Wahlsystem den unmittelbaren Einfluss der Wählerinnen und Wähler auf die konkrete Zusammensetzung des Landtages zu erhöhen.
Weiter auf der Agenda des Landtages steht auch eine Novellierung des Volksabstimmungsgesetzes, für die der Ausschuss für Recht und Verfassung durch zwei Anhörungen nunmehr eine solide Grundlage gelegt hat. Ich habe mit Interesse wahrgenommen, dass in der kommenden Wahlperiode an diesem Projekt fraktionsübergreifend gearbeitet werden soll und dass auch eine Änderung der Verfassung nicht mehr völlig ausgeschlossen erscheint.
Es ist also genügend Substanz vorhanden, meine Damen und Herren, nach dem Zusammentritt des am 21. April des Jahres 2002 zu wählenden Landtages auch Fragen der Parlamentsreform wieder ins Auge zu fassen. Alle, die dann wieder hier im Saal versammelt sein werden, möchte ich dazu ausdrücklich ermuntern.
Ich bin der Überzeugung, dass es in einem nächsten Schritt darauf ankommen wird, die kommunikative Basisrückbindung des Parlaments und der Politik überhaupt zu erhöhen. Wir sollten mehr Demokratie wagen, um die Bürgergesellschaft weiter im Lande zu verwurzeln.
Allerdings bleibt auch heute festzuhalten: Die parlamentarische Demokratie vermittelt dem politischen Entscheidungsprozess durch ein strenges Verfahren und durch die Herstellung von Öffentlichkeit ein Maß an Legitimation, das angesichts der zunehmenden Pluralisierung unserer Gesellschaft unverzichtbar ist. Die Parlamente bleiben des Staates Kern. - Ich danke Ihnen und bitte um Ihre Zustimmung zu der Beschlussempfehlung des Ältestenrats.
Danke schön, Herr Präsident. - Bevor wir mit der Debatte beginnen, darf ich in diesem Hause Damen und Herren begrüßen, die an einer Fortbildungsmaßnahme im Ministerium des Innern des Landes Sachsen-Anhalt teilnehmen.
Wir kommen dann zur Debatte, für die eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion vereinbart worden ist. Das Wort hat zunächst für die FDVP-Fraktion der Abgeordnete Herr Wolf.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch die zweite Beratung führt nicht zur Änderung unserer Auf
fassung, die wir bereits im Juni vortrugen. Es ist nur etwas hinzugekommen: Das sind große Bedenken grundsätzlicher Art, die sich auf das Mitwirken der PDS bei gemeinsamen Anträgen beziehen. Nicht nur dass die Nähe dieser Partei zur Gewalt in Sachsen Handlungsbedarf auslöste, sondern auch die blitzartige Erkenntnis des Kanzlers, dass die PDS eben nicht in alle Vorgänge einzubeziehen ist, verwundert hier. In trauter, ungestörter Gemeinsamkeit wurde der PDS sogar die Mitarbeit in der PKK angeboten. In welchem Film sind wir eigentlich hier?
Zum Tagesordnungspunkt 6 a: Den ersten Ablehnungsgrund habe ich schon genannt, die PDS-Beteiligung. Daneben gibt es inhaltliche Barrieren. Diese sind: Über angemessene Entschädigungen muss jährlich berichtet werden, nicht nur alle 18 Monate. Wenn der Durchschnittsbürger durch Teuerung im Jahr 1 % seines Realeinkommens einbüßt, muss man das übertragen.
Wie wir schon ausführten, ist es nicht nachvollziehbar, warum Abgeordnete für Fahrten zum Zwecke der Teilnahme an Sitzungen Auslagenersatz erhalten sollen. Ein Arbeitnehmer hat bei niedrigerem Einkommen seine Fahrtkosten selbst zu tragen.
Das Gleiche trifft auf die beabsichtigten Änderungen des Wahlgesetzes zu; denn weitere Demokratieverluste nebst politischer Einäugigkeit können nur den Einbringern für ihre Existenzsicherung dienen. Der Allgemeinheit dient das nicht.
Zum Tagesordnungspunkt 6 b: Unser Änderungsantrag besagt im Kern, Regelfall ist es, Ausschusssitzungen öffentlich durchzuführen. Die Ausnahme ist die nichtöffentliche Sitzung. Da würde sich der Mittelstand aber freuen, glauben Sie mir das. Da Sie alle so feine Freunde des Mittelstandes sind, sollten Sie das auch machen. Andere Wege können wir uns einfach nicht vorstellen.
Zur Wohnraumüberwachung: Geradezu unmöglich, ja absolutistisch ist die Absicht der Landesregierung, nur jährlich berichten zu wollen. Wir sind hier bei Eingriffen in sensible geschützte Bereiche des Artikels 13 des Grundgesetzes. Dies gebietet es, monatlich zu berichten. Über Tourismus können Sie meinetwegen jährlich berichten.
Zum Tagesordnungspunkt 6 c: Auch Entschließungsanträge unter Beteiligung der PDS ändern nichts an bestehenden Wahrheiten und zerfallen in blanken Aktionismus. Der Blick in die einschlägige Norm führt zur Rechtsfindung. Artikel 72 des Grundgesetzes besagt unter Zugrundelegung der Inhalte der Artikel 74 und 74 a in gut verständlicher deutscher Sprache und ohne Anglizismen: Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat. Daraus folgt, das rechtliche Begehren, Bereiche der konkurrierenden Gesetzgebung wiederum den Ländern zukommen zu lassen, wäre ein auf Unmögliches gerichtetes Begehren. So schön drücken das Juristen aus.
Danke schön, Herr Wolf. - Die Debatte wird fortgesetzt von der PDS-Fraktion. Herr Gallert hat das Wort.
Werte Anwesende, wenn auch nicht in einer so übermäßig großen Zahl. Eigentlich hätte man meinen sollen, es geht um uns. Die Parlamentarier haben immer den Vorwurf auszuhalten, dass sie sich vor allen Dingen um sich selbst kümmern. Heute kann man sehen, dass dem auf keinen Fall so ist. Ansonsten wäre die Beteiligung wahrscheinlich ein bisschen stärker.
Ich habe zwei Punkte, die aus dem gesamten Komplex herausragen, die ich kurz kommentieren will. Besonders viele neue Dinge sind aber heute nicht vorzubringen, weil nach der Beschlussempfehlung über die Anträge fast unverändert in zweiter Lesung beschlossen werden soll, so wie sie in der ersten Lesung in den Landtag eingebracht worden sind.
Der erste Punkt: Was versucht diese neue Geschäftsordnung mit den Parlamentsdebatten zu machen? - Wir versuchen einfach, die oftmals geringe öffentliche Resonanz auf unsere Debatten etwas zu steigern, und zwar dadurch, dass wir versuchen, von diesem Schema der nicht mehr zu überblickenden Anzahl von verschiedenen Themenstellungen, die zur Debatte stehen, wegzukommen.
Was war bisher das Resultat? - Viele hören einfach nicht mehr zu. Die Dinge sind ihnen viel zu speziell und für die meisten uninteressant. Was passiert? - Kontroversen und Unterschiede werden hier nicht mehr sichtbar und damit werden auch die Konflikte in diesen Debatten meist nicht deutlich. Diese werden dann allerdings von außen definiert, und zwar von den Medien.
Wie kann man dieser Fehlentwicklung begegnen? - Indem man versucht, sich auf wenige nachvollziehbare, die Menschen wirklich bewegende Themen zu konzentrieren. Wir versuchen das über zwei Varianten, zum einen durch die Verlängerung der Redezeit bei den Aktuellen Debatten von fünf auf zehn Minuten. Dies legt allerdings auch eine gewisse Verantwortung in die Hände der Fraktionen und der Antragsteller, wirklich nur Dinge zu beantragen, die aktuell und des Debattierens wert sind, sprich Dinge, die auch für diejenigen von Interesse sind, die sich damit nicht täglich beschäftigen.
Interessant erscheint mir übrigens auch die stringentere Anwendung eines uralten Prinzips, dass Themenstellungen schriftlich begründet werden sollen und sowohl die Aktualität als auch das Thema vernünftig eingegrenzt werden soll.
Wir haben zum Beispiel morgen eine Aktuelle Debatte auf der Tagesordnung zur Zukunftssicherung durch Wirtschaftswachstum. Die Begründung soll mündlich erfolgen. - Das soll eine Aktuelle Debatte sein? Das Thema ist in etwa so aktuell wie die Gründung des Landes Sachsen-Anhalt. Ich frage mich, was sollen wir damit anfangen. Dem schiebt die Geschäftsordnung demnächst insofern einen Riegel vor, als sie zumindest eine schriftliche Begründung verlangt.
Wir haben außerdem die flexible Eingangsphase und die flexible Ausgangsphase für bestimmte Dinge, die das Parlament beschäftigen sollen. Wir wollen mit diesen Mitteln verhindern, dass wir unnötige Debatten stattfinden lassen, bei denen versucht wird, etwa mit der berühmten Streuobstwiese 116 Parlamentarier zu beschäftigen, von denen drei wissen, worum es eigentlich geht, und die für den Rest zumeist ohnehin uninteressant sind.
Das Interessante ist: Es funktioniert alles nur dann, wenn diese neuen Angebote, die die Geschäftsordnung aufmacht, von den Fraktionen auch wahrgenommen werden. Die große Gefahr, die ich dabei sehe, ist, dass diejenigen, die den Antrag über die Streuobstwiesen einbringen, meinen, dass das genau der Angelpunkt der Entwicklung Sachsen-Anhalts ist, und versuchen werden, es entsprechend zu debattieren.
Ich fordere also die Fraktionen auf, auf dieses Angebot der Geschäftsordnung - sehr viel mehr ist es nicht -, bestimmte Dinge nicht debattieren zu müssen, einzugehen und es nicht zu übergehen. Die Verantwortung dafür wird allerdings bei den Fraktionen bleiben.
Nur noch einmal zur Wiederholung: Die Verkleinerung des Parlaments ab 2006 könnten wir uns etwas radikaler vorstellen. Die Vorschläge des Präsidenten waren bei uns Beschlusslage, und zwar seit Sommer 2000. Wir wissen, dass im Interesse eines breiten Konsenses das Ziel nicht ganz erreicht worden ist. Wir wissen: Jeder Schritt, und mag er auch noch so klein sein, ist besser, als wenn gar nichts passiert wäre. Trotz alledem bleibt zumindest die Frage: Warum konnte die vom Präsidenten vorgeschlagene Zahl nicht realisiert werden? Warum müssen es unbedingt vier Sitze mehr sein?
Gut, das aber sind nicht Dinge, die am Ende den bestehenden Konsens aufheben werden. Wir werden, genauso wie wir das in den Ausschüssen getan haben, den Beschlussvorlagen zustimmen und wir hoffen, dass wir mit diesen neuen Angeboten wirklich eine Straffung der Parlamentsarbeit, der Plenararbeit realisieren können. - Danke.
Danke schön, Herr Gallert. - Die Debatte wird fortgesetzt von der CDU-Fraktion. Es spricht der Abgeordnete Herr Scharf.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei den reformatorischen Kirchen gibt es den in meinen Augen schönen Spruch: Die Kirche bedarf der ständigen Reform. - Seit Jahrhunderten wissen das alle und sie wissen, dass das eine Jahrhundertaufgabe ist, die jedes Mal neu gelöst werden muss.
Man könnte ohne große Vergewaltigung sagen: Auch die Demokratie bedarf der ständigen Reform und als Kernstück der Demokratie bedarf natürlich auch das Parlament mit seinen angrenzenden Bestimmungen der ständigen Reform. So ist es ein gutes Zeichen, dass auch wir uns in regelmäßigen Abständen immer wieder dieser Aufgabe widmen.
Jetzt hole ich einmal kurz Luft. An dieser Stelle hatte ich mir den Stabstrich aufgeschrieben, dass es ein sehr gutes Zeichen für das Parlament ist, wenn wir dies in
Einmütigkeit machen, weil wir dann annehmen können, dass die neuen Regelungen von allen Fraktionen, von allen Abgeordneten auch innerlich akzeptiert und umgesetzt werden.
Aber, Herr Wolf, ich muss mich wirklich fragen: Zu welchen Sitzungen gehen denn eigentlich Ihre Kollegen?
(Zustimmung von Herrn Prof. Dr. Böhmer, CDU, von Herrn Bullerjahn, SPD, von Herrn Tögel, SPD, und von Frau Stolfa, PDS)
Mit welcher inhaltlichen Vorbereitung gehen Sie eigentlich in den Ältestenrat? Wenn wir aus gutem Grund im Ältestenrat viele Regelungen einstimmig beschließen - Das heißt, Ihre Vertreter waren dabei.
- Ja, genau, Sie bringen es auf den Punkt: Sie haben die Fähigkeit, Ihre Meinung jederzeit ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Verhältnisse an jede beliebige Lage anpassen zu können. Das ist nämlich Ihre Kunst.
- Herr Wolf, es ist doch wirklich unter Ihrer Würde, wenn wir es im Ältestenrat schon geschafft haben, Einstimmigkeit zu erreichen,