Im Übrigen, Herr Präsident, wenn sich das Nächste auch auf Leuna bezieht, habe ich kein Interesse, diese Frage hier zu beantworten. Wir können gern im Ausschuss in nichtöffentlicher Sitzung darüber diskutieren. Dann werde ich Ihnen gern alles offen legen, was wir dazu in der Landesregierung insbesondere aus Ihrer Regierungszeit haben. Hier ist nicht der Platz, eine Debatte über Leuna zu führen,
und hier ist nicht der Platz, über irgendwelche Konstruktionen zu reden, die es in dieser Phase gegeben hat.
Im Übrigen, Herr Gürth, wäre ich auch bezüglich anderer Projekte bei der Frage, wer in diese Projekte einbezogen worden ist und wie die Entscheidungen getroffen worden sind, einmal ganz vorsichtig.
Von mir aus wird es keine Negativdiskussion zur LeunaRaffinerie geben. Ich habe allen Zeitungen, die versucht haben, mich zu locken, dazu gesagt: Für uns ist die Investition Leuna eine wichtige Investition. Es ist gut, dass wir diesen Standort in Sachsen-Anhalt haben. Es ist gut, dass damals die Entscheidung getroffen worden ist, im Land einen Raffineriestandort aufzubauen, weil uns dies die Chance gibt, darum herum eine chemische Industrie für Sachsen-Anhalt wieder aufzubauen. Das ist für mich maßgeblich als Wirtschaftsministerin.
(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Herrn Gärtner, PDS, von Frau Stolfa, PDS, und von der Regierungsbank)
Alles andere werden die Gremien klären, die dafür zuständig sind. Das ist garantiert kein Thema für eine öffentliche Debatte im Landtag.
Meine Damen und Herren! Die vereinbarte Redezeit wurde um neun Minuten überzogen, sodass den nachfolgenden Rednern in der Aktuellen Debatte zehn Minuten Redezeit zur Verfügung stehen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die laufende Aktuelle Debatte bezieht sich auf Strategiegespräche der chemischen Industrie mit der Landesregierung. Die Gesprächsaufforderung der chemischen Industrie erfolgte außerhalb des Bündnisses für Arbeit, weil die Problemlage dies dringend erforderlich machte.
Der Umstrukturierungsprozess in der chemischen Industrie ist im Wesentlichen abgeschlossen. Von der Ministerin wurde das ebenfalls so vermittelt. Zur weiteren Entwicklung der chemischen Industrie in Sachsen-Anhalt ist aber im globalen Wettbewerb die uneingeschränkte politische Unterstützung notwendig. Dies betrifft insbesondere die Ausgestaltung der weiteren Rahmenbedingungen.
Das ist im Einzelnen hier erwähnt worden, aber ich möchte es noch einmal aus meiner Sicht darstellen, weil ich meine, hieraus kann man eine gewisse Priorität ableiten. Dass betrifft insbesondere die Rohstoffabsicherung, die Verkehrsinfrastruktur, die wissenschaftliche Kooperation, das Sicherheitsmanagement, eine weitere Vereinfachung von Genehmigungsverfahren, die Altlastenpauschalierung, die Wirtschaftskooperation mit anderen Chemieregionen in Mittel- und Osteuropa und die stringente Interessenvertretung gegenüber der Bundesregierung und der Europäischen Kommission.
Ich verweise nur auf die Debatte zum Weißbuch über die künftige Chemikalienpolitik in der Europäischen Union. Dazu ist viel gesagt worden; aber bleibt das Weißbuch in der Qualität der ersten Fassung erhalten, erfolgt hier also keine Veränderung, dann ist die Weiterentwicklung der chemischen Industrie gefährdet. Ich hoffe, dass der
Meine Damen und Herren! Diese Anforderung an einen sinnvollen Dialog entspricht voll unserer Intention und unserer Forderung. Die chemische Industrie ist neben dem Nahrungsmittelgewerbe einer der wenigen Wirtschaftszweige in Sachsen-Anhalt, wo es erkennbar vorangeht. Nach langwierigen und harten Umstrukturierungszeiten in unserem Chemiedreieck Leuna/Schkopau/Bitterfeld und darüber hinaus in Zeitz und Piesteritz konnten in der chemischen Industrie in Sachsen-Anhalt bereits beachtliche Leistungskennziffern erreicht werden. Man könnte sagen, hier entstand eine Insel in einem Meer roter Laternen.
Die einzelnen Zahlen wurden vorhin schon erwähnt. Ich möchte deshalb darauf nicht eingehen. Ich habe zwar noch etwas andere Zahlen vorliegen; aber das ist nicht mein Diskussionspunkt. Insgesamt zeichnet sich hier eine sehr positive Entwicklung ab, und das ist in SachsenAnhalt einmalig.
Herr Eckel, warum stimmt die Chemie nur dort? Da kann ein Strategiedialog natürlich das Image der Landesregierung aufpolieren.
Eine Aktuelle Debatte hierzu, durch die Regierungsfraktion beantragt, war unter diesen Bedingungen unausweichlich. Hierzu aber eine eigenartige Episode am Rande: Auf eine Nachfrage an den Einbringer des Antrags auf eine Aktuelle Debatte zum Inhalt des Fortschrittsberichts, auf den sich die Aktuelle Debatte ja bezieht, wurde uns noch am Dienstag mitgeteilt, dass man diesen Bericht gar nicht habe und auch noch nicht kenne.
Da die SPD-Fraktion eine Aktuelle Debatte zu einem Bericht beantragte, den sie noch gar nicht kannte, kann es sich wohl nur um einen Auftrag der Landesregierung handeln, damit sie sich positiv darstellen kann. Jetzt frage ich: Ist denn das notwendig? Hat man das denn so dringend nötig, meine Damen und Herren?
Sie haben gezeigt, dass es viele positive Aspekte gibt, die Sie erwähnen können. Sie haben es doch gar nicht nötig. Trotzdem wird es immer wieder versucht.
Meine Damen und Herren! Der dieser Debatte nachfolgende Antrag weist nochmals auf einige weitere Schwerpunkte hin. Die zweite Entwicklungsetappe des mitteldeutschen Chemiedreiecks muss nunmehr in Angriff genommen werden. Damit wird deutlich: Unsere Chemieregion hat für unser Land eine Zukunft.
Die Weichenstellung in diese Zukunft hat aber auch einen Namen, den ich hier ausdrücklich nochmals nennen möchte, da er, wenn Sie sich die Unterlagen zum Dialog einmal ansehen, nicht mit einem Wort erwähnt wird, nämlich den Namen des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl.
Ich sage es noch einmal: Ohne ihn könnte ein derartiger Dialog gar nicht geführt werden. Helmut Kohl hat sich gegen die Widerstände der Chemiekonzerne in den alten Bundesländern durchgesetzt. Er hat sich für die notwendigen Subventionsmilliarden zugunsten unserer chemischen Industrie stark gemacht.
Erlauben Sie mir noch, einen Satz zu zitieren, der ganz typisch ist. Er sagte immerhin 1990 in Schkopau:
„Ich werde alles tun, dass dieses Chemiedreieck erhalten bleibt und eine Zukunft hat. Im Deutschland von heute und morgen muss die chemische Industrie ihren wichtigen Platz haben. Ohne Chemie werden wir keine moderne Industrienation bleiben.“
Für den damaligen Bundeskanzler war ein Kernstück der Restrukturierung die Leuna-Raffinerie. Lassen wir den Versuch einer lächerlichen Kriminalisierung. Er hilft keinem, uns nicht und unserem Land erst recht nicht.
Wie bedeutungsvoll diese Zielstellung war, wird gerade jetzt erkennbar, wo zur erhöhten Rohstoffversorgung ein weiterer Cracker und eine Pipeline erforderlich werden.
Meine Damen und Herren! Der Weg zum heutigen Leistungsniveau war dornig und mühevoll. Der - ich sage es noch einmal in diesem Zusammenhang - so genannte „Furz in der Weltgeschichte“, wie unser Chemiestandort einst von einem Wirtschaftsminister der rot-grünen Minderheitsregierung recht forsch bezeichnet wurde, hat sich also jetzt bereits sehr gut entwickelt.
Der bereits 1996/97 von der damaligen Umweltministerin Heidecke unternommene krampfhafte Versuch eines chemiepolitischen Dialogs gab unserer chemischen Industrie wenig Zielführendes. Erinnert sei an die Diskussion um die Zukunft der Chlorchemie. Das ist in den chemischen Unternehmen des Landes Sachsen-Anhalt noch in Erinnerung geblieben.
Deswegen ist es gut, wenn heute ein Signal aus dem Landtag kommt, das lautet: Wir sind stolz auf unsere chemische Industrie und der gesamte Landtag wird deren weitere Entwicklung unterstützen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die chemische Industrie ist bislang das einsame Zugpferdchen der schleppenden wirtschaftlichen Entwicklung in SachsenAnhalt.
Nur 12 000 Mitarbeiter in 110 Betrieben der Chemie haben wieder einen Arbeitsplatz. Vor den Abwicklungen waren es 145 000. Insgesamt wurden zwischen 1991 und 2000 etwa 14,8 Milliarden DM investiert. Im Chemiedreieck haben sich Standorte gehalten. Das ist gut. Zaghaft füllen sich die Areale.
Doch mit sorgenvollem Blick auf die weitere Osterweiterung der EU müssen Standortvorteile deutlicher hervortreten. Das heißt, es müssen bestehende Industrieansiedlungen für eine Vergrößerung begeistert und da
neben neue Investoren zum Eintritt in die mitteldeutsche Chemieregion animiert werden. Für Investoren müssen optimale und flexible Rahmenbedingungen seitens der Landesregierung geschaffen werden. Beinahe-Ansiedlungen sind eben keine Erfolgserlebnisse.
Meine Damen und Herren! Unbestreitbar ist es richtig, dass in einem Wirtschaftsgebiet wie der Europäischen Union Standards her müssen, um gleiche Wettbewerbsbedingungen unter den Teilnehmerländern zu haben. Unbestritten ist, sie müssen erträglich sein. Da sind wir beim Weißbuch der EU zur Reform Chemikalienpolitik in Europa.
Gerade im Vorfeld gab es schon unendliche Diskussionen zwischen Unternehmen und Umweltschützern. Neben Greenpeace sind es besonders die skandinavischen Länder, die Akzente setzen wollen, teilweise weit entfernt von jeder Realität. Speziell deutsche Chemieunternehmen mit knapp 500 000 Beschäftigten trifft es am härtesten. Für Sachsen-Anhalt wären die Auswirkungen sogar größer als anderswo; denn die chemische Industrie ist nach der Nahrungsmittelbranche die Nr. 2 in Sachsen-Anhalt.
Mit dem Weißbuch werden Stoffe bewertet nach ihren Auswirkungen auf die Umwelt, nicht auf deren Anwendung. Der Wahnsinn benötigt ein Beispiel: Mineralöle an sich verseuchen das Erdreich und das Wasser und dürften nicht mehr produziert werden, wobei ihre eigentliche Anwendung zum Beispiel in Motoren völlig gleichgültig ist. Da wird das Weißbuch zum Witzbuch. Eine derartige EU-Politik kann niemanden mehr überraschen und schädigt Europa und besonders Deutschland.
Die zu befürchtende Konsequenz wäre die Abwanderung in Nicht-EU-Gebiete. Man kann das logisch nennen. Das würde große soziale Probleme für die EULänder mit sich bringen, worauf ihre EU-Bürokratie erfahrungsgemäß mit neuerlichem Schwachsinn antworten würde.
Kanzler Schröder sicherte der chemischen Industrie seine Unterstützung gegen Regulierungsversuche der EU zu. Herr Trittin hingegen bezeichnete das Weißbuch als einen längst überfälligen Schritt. Wem glauben wir jetzt?