An diesem Beispiel sieht man, dass eine langfristige Netzarbeit, eine langfristige regionale Arbeit, eine regionale Strukturpolitik in der Tat der richtige Ansatz sind, um daraus auch Handlungsempfehlungen abzuleiten und gemeinsam Projekte wie das Demonstrationszentrum für Polymersynthese zu gestalten, an dem wir gemeinsam arbeiten und das aus der Strategie „Netzwerk Mitteldeutsche Kunststofftechnik“ entstanden ist.
Die Landesregierung und die Chemieunternehmen haben festgestellt, dass die Aktivitäten zur Verbesserung von Forschung und Entwicklung in dem Maße intensiviert werden müssen, dass auch langfristig über eine Innovationstätigkeit der Unternehmen geredet werden kann und dass die Innovationsfähigkeit der Regionen langfristig erhalten bleibt.
Dabei wird die Ansiedlung eines Demonstrationszentrums für Polymersynthese eine große Bedeutung haben, nicht nur weil wir damit ein zusätzliches Forschungsinstitut speziell zum Thema der Entwicklung der chemischen Industrie in der Region ansiedeln, sondern auch deshalb, weil wir damit den kleinen und mittleren Unternehmen der Chemieindustrie bzw. den Chemieunternehmen insgesamt, die in den verschiedenen Chemieparks ihren Sitz haben, mit diesem Zentrum eine Möglichkeit geben, die Praxisfähigkeit von neuen Produktionsprozessen nachzuweisen und die Produktfertigung im
Großmaßstab zu testen. Das heißt, sie bekommen einen deutlichen Wettbewerbsvorsprung gegenüber kleinen und mittleren Chemieunternehmen anderer Regionen.
Punkt 4. Die Sicherung der Rohstoffversorgung für die Chemiestandorte ist ein zentrales Thema des Chemiedialogs. Nur auf der Basis einer gesicherten Rohstoffversorgung kann der Chemiestandort Sachsen-Anhalt mittel- und langfristig gesichert werden. Deshalb gilt es, die Zukunftsfähigkeit der Branche, die Erhöhung der Auslastung der vorhandenen Standorte und die Stabilisierung bestehender Unternehmen durch neue Stoffverbünde zu sichern und damit den Aufbau eines europäischen Netzes von Chemieregionen und die damit verbundene Nutzung der Chancen der EU-Osterweiterung mit den Unternehmen gemeinsam zu thematisieren und umzusetzen.
In erster Linie reden wir hierbei mit den Großen der Branche, selbstverständlich mit denen, die über die Bereitschaft und das Geld verfügen, über solche Stoffverbünde mit uns zu reden. Deshalb arbeiten wir insbesondere mit Dow Chemical bzw. Buna Sow Leuna Olefinverbund, um es richtig auszudrücken und das gesamte Unternehmen zu nennen, das einen Teil seiner Unternehmen auch in Sachsen hat, zusammen, wenn es um den Aufbau von internationalen Netzwerken von Chemieregionen geht.
Sie haben sicherlich nicht überhört und nicht übersehen, dass wir anlässlich des Besuchs des Bundeskanzlers in Halle am Standort des Chemieunternehmens Dow eine Vereinbarung mit der Wojewodschaft Masowien unterzeichnen konnten. Dies wird ergänzt durch Verbindungen und Vereinbarungen mit der tschechischen Region Nordböhmen. Dies sind im Übrigen alles Regionen, die so wie unsere sachsen-anhaltische, mitteldeutsche Chemieregion inmitten einer Landschaft und nicht an einer Küste liegen.
Ich denke, dass die Chemiestandorte Sachsen-Anhalts, die mitteldeutsche Wirtschaftsregion, nur dann eine Chance haben, ihre Möglichkeiten zu entwickeln, wenn sie ein Gegengewicht zu den Küstenschienen, die es im Bereich der Chemieindustrie gibt, oder auch zur RheinMain-Schiene bilden können. Daran müssen wir gemeinsam mit den Unternehmen arbeiten.
Punkt 5. Zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur. Die Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur steht natürlich auch in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erhaltung bzw. dem Ausbau von Wettbewerbspositionen von Unternehmen. Hierzu haben wir - insbesondere auf der ersten Präsentation in Brüssel - vereinbart, dass wir zum Beispiel - dabei wird es darauf ankommen, wie ich mit meinem Kollegen Heyer zusammenarbeiten kann - über den Ausbau der Elbhäfen Länder übergreifend diskutieren werden und dieses Thema nicht von einzelnen egoistischen Landesstandpunkten aus betrachten, sondern ein Gesamtentwicklungskonzept über alle Länder hinweg vorlegen, das dann für die Entwicklung der Chemieregion in Sachsen-Anhalt, aber auch der Chemieregionen in den anderen neuen Bundesländern hilfreich sein kann.
Meine Damen und Herren! Die Diskussion im Rahmen der Sitzung in Brüssel, auf der auch der Fortschrittsbericht zum Strategiedialog erstmals vorgestellt wurde, brachte darüber hinaus weitere Ergebnisse. Zum einen wurde der Entwurf von den Vertretern der Chemieindustrie unseres Bundeslandes, aber auch der anderen Bundesländer begrüßt, unterstützt und als Grundlage für weitere Gespräche angesehen.
Der Strategiedialog soll in Sachsen-Anhalt fortgesetzt und problembezogen ausgeweitet werden durch die Einbindung der Länder Sachsen und Brandenburg, insbesondere hinsichtlich wichtiger gemeinsamer konsensfähiger Fragestellungen, etwa hinsichtlich der EU-Gesetzgebung, der Infrastrukturentwicklung usw.
Der VCI Nordost kündigte ein Bündnis für junge Arbeit in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Arbeit, Frauen, Gesundheit und Soziales in Sachsen-Anhalt und mit der Bundesanstalt für Arbeit an. Diese Initiative soll Pilotcharakter für entsprechende Maßnahmen in der gesamten ostdeutschen Chemieindustrie haben. - Damit wären wir bei einem weiteren wichtigen Thema für die Entwicklung der Wirtschaft in Sachsen-Anhalt, aber auch für die Entwicklung des Landes Sachsen-Anhalt, und zwar bei dem Thema Fachkräftepotenzial.
Der Strategiedialog soll um Fragen des Immissionshandels ergänzt werden. Zukünftig sollen auch Fragen der Standortvermarktung mit behandelt werden.
Die Initiative Sachsen-Anhalts zur Vernetzung europäischer Chemieregionen wird von allen Seiten ausdrücklich begrüßt; sie soll fortgesetzt und ausgebaut werden. Hinsichtlich des weiteren Verfahrens wurde vereinbart, dass der Fortschrittsbericht nunmehr auch im Landtag und dann im Wirtschaftsausschuss vorgestellt werden soll. Dies ist heute der erste Schritt dazu.
Die Ergebnisse und das anspruchsvolle Programm zur weiteren Ausgestaltung dieses Dialogs zeigen, mit welcher Ernsthaftigkeit die beteiligten Partner an der Entwicklung der mitteldeutschen Chemieregion, speziell des Standortes Sachsen-Anhalt, arbeiten.
Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, wenn man erfolgreiche Standortpolitik für den Wirtschaftsstandort Sachsen-Anhalt machen will, dann muss man eben diese wachstumsstarken und strukturbestimmenden Bereiche des Landes Sachsen-Anhalt in ihrer Entwicklung auf allen Ebenen kontinuierlich begleiten,
- aber nie gemacht - im Land, im Bund und bei der Europäischen Kommission. Diese Unternehmen brauchen ein positives Klima im Land, eine gute Zusammenarbeit mit der Landesregierung, die sie haben. Dies hat man unter anderem auch daran gesehen, dass es bei der Präsentation der Unternehmen in Brüssel und dem abendlichen Empfang ausschließlich Lob vonseiten der Unternehmen, aber auch Lob seitens der Kammern und Verbände gab, insbesondere auch aus den anderen Ländern. Es war also nicht nur ein in sich gekehrter Prozess.
Die Unternehmen aller Bundesländer haben deutlich gemacht, dass die Initiative, die der Ministerpräsident ergriffen hat, damit die Kommissare sowohl mit den Vertretern der Chemieunternehmen als auch mit dem Präsidenten des Landesverbandes der Arbeitgeberverbände Herrn Dr. Fänger in Kontakt gekommen sind und Gespräche in Brüssel haben führen können, ein in dieser Form noch nie da gewesenes Ereignis gewesen ist. Sie sind mit einem Ergebnis zurückgekommen, das sie sich nicht erträumt haben und das ausschließlich darauf zurückzuführen ist, dass sowohl der Ministerpräsident als auch die Landesregierung die Gespräche bei den Kommissarinnen und Kommissaren mehr als kompetent geführt haben.
(Zustimmung bei der SPD, von Frau Bull, PDS, von Herrn Dr. Süß, PDS, von Ministerpräsident Herrn Dr. Höppner und von Ministerin Frau Dr. Kuppe)
Die Ergebnisse sind sowohl der Art des Herangehens der Landesregierung und der Chemieindustrie als auch dem Umstand geschuldet, dass wir als Land diese Themen bei der Europäischen Kommission ganz speziell, ganz detailliert und auch mit Absicht immer nur von höchster Stelle besetzen.
Dass der Ministerpräsident selbst die Gespräche bei den Kommissarinnen und Kommissaren mit wahrgenommen hat, hat zu dem Ergebnis geführt, dass die Kommissarin Wallström nun bereit ist, einen Vertreter der Ostchemie in eine ihrer Arbeitsgruppen aufzunehmen, um dort die ganz speziellen Situationen - ich will nicht sagen, Probleme -, die es in der Ostchemie gibt, zum Beispiel das Thema Chemieparks mit geschlossenen Stoffkreisläufen, aber auch andere Themen in die ganz konkrete Diskussion einfließen zu lassen, wenn es um die Chemikalienpolitik der Europäischen Union geht. Das, meine Damen und Herren, ist im Grunde das entscheidende Ergebnis, das keines der anderen neuen Bundesländer, aber auch keines der alten Bundesländer in Brüssel erreicht hat.
Ich glaube, dass es eben gerade dieser neue Weg des Herangehens, die gemeinsame Arbeit von Politik und Wirtschaft, ist, der sich von der einfachen Lobbyarbeit unterscheidet, die vielleicht andere Bundesländer machen, der zu diesen Ergebnissen führt.
Und ich glaube, Herr Gürth, dass es genau das ist, was die Wirtschaft braucht. Wir haben angefangen, dies ganz konzentriert im Bereich der Chemieindustrie zu machen. Wir haben angefangen, das im Bereich des Maschinenbaus zu machen. Das ist jetzt nicht das Thema. Darauf werde ich nachher noch zu sprechen kommen.
Aber ich glaube, dass es genau das ist, was wir für die Weiterentwicklung unseres Landes brauchen. Das ist gelebte ganzheitliche Wirtschaftspolitik. Das ist Strukturpolitik für Wachstum. Und das wird dazu führen, dass am Ende des Jahrzehnts das Land Sachsen-Anhalt die neue Chemieregion Mitteldeutschlands in Europa sein wird. - Ich denke, das wären zwölf Thesen im luthe- rischen Sinne gewesen.
Herr Dr. Bergner hat eine Frage. Frau Ministerin, sind Sie bereit zu antworten? - Bitte, Herr Dr. Bergner.
Frau Ministerin, Sie haben so sehr die Bedeutung des Ansehensschutzes der Unternehmen und des Standortes Chemieregion hervorgehoben. Weshalb haben Sie dem Europaabgeordneten Stockmann nicht öffentlich widersprochen, als er behauptet hat, beim Bau der LeunaRaffinerie habe es Subventionsbetrug in nie da gewesenem Ausmaß gegeben, und das im Übrigen noch mit völlig falschen Fakten verquickte? Was tun Sie dafür, dass verleumderische Behauptungen, die auch im Rahmen des Untersuchungsausschusses im Bundestag zur Leuna-Investition geäußert werden, so in der Öffentlichkeit nicht unwidersprochen bleiben?
Wenn Sie aufhören zu klopfen, kann ich antworten. - Zum einen hat die Landesregierung sich immer deutlich zum Standort Leuna und zu der Investition positioniert. Das wissen Sie genauso gut wie ich. Zum anderen würde ich erst einmal das Ende abwarten. Danach würde ich gern beurteilen, wer im Laufe des Verfahrens etwas Falsches oder Halbwahres gesagt hat.
(Herr Scharf, CDU: Manches weiß man schon! Herr Stockmann weiß es! - Herr Dr. Bergner, CDU: Wenn es Herr Stockmann schon weiß! Herr Stockmann weiß es offenbar!)
- Wenn Sie das wissen, dann wissen Sie mehr als ich. - Die Landesregierung hat sich immer positiv zur Raffinerie und zur Investitionsentscheidung und zu dem, was da jetzt steht, positioniert. Das wird sie auch weiterhin tun. Und sie wird dies auch positiv nach außen tragen.
Was es im Verlauf des Baues der Raffinerie und der Entscheidung davor an Situationen gegeben hat, können wir nicht einschätzen. Ich werde weder dafür reden, dass es unlautere Dinge gab, noch kann ich es ausschließen. Insofern werde ich mich auf das beziehen, was wir an Standortpräsentation tun können. Wir werden unsere Unternehmen der chemischen Industrie, wie sie jetzt da sind, immer positiv nach außen verkaufen.
Herr Dr. Bergner, man kann sich natürlich immer irgendetwas herausfusseln. Ich könnte zum Beispiel sagen, der ehemalige Koalitionspartner im Bund hat sich gegen eine ESS-Anlage in den ostdeutschen Ländern ausgesprochen und stattdessen für das Zentrum in Jülich. Was stellen Sie eigentlich dagegen - denn Sie sind der FDP doch näher als anderen Parteien -, um für den ostdeutschen Standort zu werben?
Wenn man das will, kann man viele einzelne Dinge finden, die man herauspickt, und kann dadurch das, was an kontinuierlicher und erfolgreicher Arbeit gemacht wird, in Misskredit bringen. Sie können das natürlich auch weiter so kommunizieren. Dann brauchen wir die nächste Debatte nicht zu führen; denn ich war davon ausgegangen, dass Sie uns darin Ihre zwölf LudewigThesen vorstellen wollen, wie man positiv mit dem Standort umgeht.
Ich kann Ihnen noch ein paar andere Beispiele nennen, die zeigen, wie man schlecht - und zwar langfristig, subtil und kontinuierlich - über den Standort reden kann, was noch viel mehr Wirkungen zeigt.
(Beifall bei der SPD und bei der PDS - Zustim- mung von Ministerpräsident Herrn Dr. Höppner - Zuruf von Herrn Dr. Sobetzko, CDU)
Frau Ministerin, Sie sagten, dass Sie eine abschließende Aussage noch nicht treffen könnten, was die Subventionen für den Standort Leuna betrifft. Habe ich Sie diesbezüglich recht verstanden? - Wenn das so ist, dann frage ich Sie, ob im Rahmen der Fördermittelkontrolle irgendwelche Unregelmäßigkeiten aufgetreten sind. Ist
die Kontrolle abgeschlossen oder dauert diese noch an, und können Sie aufgrund des jetzigen Standes des Verfahrens etwas dazu sagen, ob aus der Sicht des Landes die vom Land gewährten Investitionsfördermittel zu Recht gewährt worden sind?
Zu Recht sind diese immer dann gewährt worden, wenn die Investition hinterher stimmt. Insofern könnte ich Ihnen auf Ihre platte Frage eine platte Antwort geben.
Auf der anderen Seite ist es so, dass diese Einzelheiten - das wissen Sie genauso gut wie ich - keineswegs in einem Landtag ausdiskutiert werden sollten. Die Landesregierung hat Ihren ehemaligen Vertretern der Landesregierung, die diese Verhandlungen geführt haben, eine entsprechende Freigabe gegeben, um vor dem Untersuchungsausschuss im Bundestag zu reden. Sie konnten noch einmal ihre eigenen Unterlagen einsehen. Ich kann auch verstehen, dass man zehn Jahre danach das Ganze nicht mehr so genau weiß.
Mehr werden Sie von mir dazu in einer öffentlichen Debatte nicht erfahren. Im Übrigen diskutieren wir gerade über den Fortschrittsbericht und nicht über Leuna selbst. Das wird auf der Bundesebene erledigt werden. Die größten Dinge sind auch im Bund - -
(Herr Gürth, CDU: Fragen Sie mal die Leute an den Standorten, was die davon halten, was da für eine miese Politik gemacht wird! - Weiterer Zuruf von der CDU)
- Wir können nahtlos in die nächste Debatte übergehen und können wieder damit anfangen zu sagen, wir drehen die Rückwärtsspirale, wir holen nur negative Themen hoch.
Wissen Sie, der Fall Leuna wird von den Leuten geklärt werden, die dafür kompetent sind. Das wird von den Gerichten geklärt werden. Das wird vom Bundestagsuntersuchungsausschuss geklärt werden. Ich werde ganz sicher keinen Beitrag dazu leisten, Ihnen in einer öffentlichen Debatte irgendwelche Halbwahrheiten oder Halbsätze oder was weiß ich als Nährboden zu geben, auf dem Sie für die nächsten Jahre wieder eine Kampagne starten können, um das Land irgendwo nach unten zu diskutieren.
(Beifall bei der SPD und bei der PDS - Zustim- mung von Ministerpräsident Herrn Dr. Höppner und von Ministerin Frau Dr. Kuppe)