Ich möchte beantragen, dass der Punkt 2 in dem Antrag der SPD-Fraktion wie folgt geändert wird. Und zwar soll der darin enthaltene Satz einfach nur erweitert werden. Er soll dann lauten:
„Der Landtag fordert die Landesregierung auf, sich in den entsprechenden Gremien auf Bundesebene für die Bereitstellung der notwendigen Mittel zur Umsetzung des Job-Aqtiv-Gesetzes im Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit und sich gegen die Einführung einer Wartezeit von drei Jahren bei Wiedervermittlung in eine ABM einzusetzen.“
Wie gesagt, ich habe das aufgeschrieben. Ich möchte auch sagen, dass die PDS-Fraktion natürlich die SPD auffordert, Ihren Änderungsantrag zu dem Antrag -
Ich möchte Sie der guten Ordnung halber darauf hinweisen, dass Sie mit Ihrer Redezeit völlig in der Uhr sind.
Wir wünschen uns natürlich, dass Sie unserem Änderungsantrag zustimmen. Wir werden aber dem Änderungsantrag der Fraktion der SPD auch dann zustimmen, wenn Sie dies nicht tun.
Meine Damen und Herren! Wir sind damit am Ende der Aussprache und kommen zur Abstimmung. Dabei bitte ich um etwas Nachsicht, weil ich mich an die neue Geschäftsordnung auch noch etwas gewöhnen muss und wir jetzt mit dem mündlich formulierten Änderungsantrag von Frau Dirlich ein weiteres Problem haben.
Ich verstehe das Anliegen von Frau Dirlich so, dass die neue Formulierung aus Ihrem Änderungsantrag zu dem Änderungsantrag der SPD-Fraktion in der letzten Zeile unter der Nr. 2 vor dem Wort „einsetzen“ und hinter dem Wort „Arbeit“ eingefügt werden soll. Ich verlese die einzufügenden Worte noch einmal. Es soll Folgendes eingefügt werden:
„und sich gegen die Einführung einer Wartezeit von drei Jahren bei Wiedervermittlung in eine ABM einzusetzen.“
Dann kommen wir zu dem Abstimmungsverfahren. Wir haben zunächst über den Änderungsantrag der SPDFraktion abzustimmen. Wer dem Änderungsantrag der SPD-Fraktion zu dem Ursprungsantrag in der leicht veränderten Fassung -
Herr Remmers, wir möchten, dass über den Änderungsantrag der PDS-Fraktion zu dem Änderungsantrag der SPD-Fraktion abgestimmt wird.
Dann habe ich Sie vorhin missverstanden. - Wir stimmen zunächst über den Änderungsantrag der PDS-Fraktion zu dem Änderungsantrag der SPD-Fraktion ab. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Gibt es Enthaltungen? Nein. Der Änderungsantrag zu dem Änderungsantrag der SPD-Fraktion ist abgelehnt.
Wir stimmen nunmehr über den unveränderten Änderungsantrag der SPD-Fraktion ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? Die Mehrheit der Abgeordneten hat zugestimmt. Damit ist der Änderungsantrag der SPD-Fraktion angenommen.
(Herr Wolf, FDVP: Gibt es keine Enthaltungen mehr, Herr Remmers? - Herr Wiechmann, FDVP: Die Enthaltungen?)
- Entschuldigung. Man muss üben. Danke schön. - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen ist der Ände
rungsantrag der SPD-Fraktion angenommen. Einer Abstimmung über den ursprünglichen Antrag bedarf es nicht, weil dieser ersetzt worden ist.
Da es noch den Alternativantrag der CDU-Fraktion gibt, weise ich darauf hin, dass über diesen Alternativantrag gemäß § 37 der Geschäftsordnung des Landtages bei Ablehnung des Antrages in einem dritten Abstimmungsvorgang abgestimmt werden müsste. Der Antrag der PDS-Fraktion in der geänderten Fassung ist jedoch bereits angenommen worden. Damit besteht kein Abstimmungsbedarf für den Alternativantrag der CDU-Fraktion mehr. Dieser ist mit der Annahme des geänderten Ursprungsantrages erledigt. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt erledigt.
Nationale und internationale Terrorismusbekämpfung nur durch Polizei- und nicht durch Militäreinsatz - keine deutschen Soldaten nach Afghanistan
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der FDVP bekundete unverzüglich nach den terroristischen Anschlägen am 11. September in New York und Washington die tiefe Betroffenheit über den Terrorakt gegenüber unschuldigen Menschen. Unsere Fraktion und unsere Freunde sahen mit lähmendem Entsetzen das grausame Inferno. Wir bekundeten unser Mitgefühl und unsere Trauer gegenüber den Opfern und deren Angehörigen. Betroffen und spontan trugen wir uns - genau wie viele von Ihnen - in das ausgelegte Kondolenzbuch ein, um der Opfer zu gedenken.
Zugleich sprachen wir davon, dass jedem verantwortungsbewusst handelnden Politiker klar sein muss, dass es keinerlei Rechtfertigung für Krieg und Terror gibt und dass man den Frieden eben nicht herbeibomben kann. Diese Worte, in diesem Hause zynisch ausgesprochen, bleiben haften und bleiben entlarvend. Das funktionierte nicht im Vietnam-, nicht im Golfkrieg, nicht im Kosovo und schon gar nicht in Afghanistan.
Der Verweis auf diese hier gefallenen Worte ist auch deshalb vonnöten, weil sich der Eindruck verstärkt, dass von solchem Wahnsinn nicht abgelassen werden soll. Darum soll uns der wachsende zeitliche Abstand zu dem New Yorker Inferno etwas nüchterner stimmen und Besinnung einziehen lassen. Krieg ist nie ein gutes Mittel zur Konfliktlösung, noch nicht einmal nach einem solchen Superverbrechen. Die Ohnmacht ist doch erkennbar. Selektive chirurgische Schläge werden angekündigt, dann kommen Streubomben zum Einsatz; die Flüchtlingswellen der Ärmsten setzen ein.
Ganz bestimmt ist es ein wesentlicher Unterschied, ob man den Worten des Bundespräsidenten Rau zustimmt, der unmittelbar nach dem 11. September seine Verbundenheit mit den Opfern, mit den USA bekundete, als er sagte, „Amerika steht nicht allein, die ganze Welt steht in diesen Tagen an der Seite des großen amerikanischen Volkes“, oder ob man dem phrasenhaften Wort eines SPD-Politikers folgt, „wir alle sind Amerikaner“.
Die anfänglich bange Besorgtheit um ein spontanes Handeln des amerikanischen Präsidenten Bush löste sich zunächst auf und die Menschen der Welt waren froh, dass keine unbedachten US-amerikanischen Reaktionen erfolgten. Zugleich wurde aber auch deutlich, dass sich die Erwartungshaltung der Menschen in aller Welt gegenüber Bush in Grenzen hielt.
Ich sage mit aller Eindeutigkeit: Es gibt keine Gründe, die den Terror, diese Terroranschläge rechtfertigen. Die Ungerechtigkeit, das soziale Elend mögen auf dieser Welt noch so groß sein, sie sind auch nicht im Entferntesten eine entschuldigende Erklärung für das, was am 11. September über die Menschen in New York hereinbrach. Aber ich sage auch, dass Ungerechtigkeit, soziales Elend, die kriegerischen Auseinandersetzungen im Nahen Osten das Substrat sind, auf dem der Terrorismus gedeiht.
Im Abstand der Zeit bedarf es einer ehrlichen Analyse jener auslösenden und bedingenden Momente, die zu diesen Ereignissen führten, die diese ermöglichten. Das wäre neu und daher schwer zu glauben. Wir haben aber auch gehört und gesehen, wie durch die Political Correctness gedankenpolizeilich jede Äußerung - und sei es nur im Ansatz - einer Verfolgung unterlag mit dem Ziel, ungenehmigtes Denken im Ansatz zu stoppen. Das hat nun wirklich Tradition im Staate. Erinnert sei dabei an den Vorfall im Magdeburger Domgymnasium, der zulasten eines Kindes ausgetragen wurde, das sich den gegensätzlichen Meinungen von Elternhaus und Lehrern ausgesetzt sah.
Das Beispiel der inzwischen suspendierten oder versetzten Lehrerinnen im Freistaat Sachsen offenbarte, dass jeglicher kritische Gedanke, wenn auch mangelbehaftet natürlich, sofort und rigoros verfolgt wurde.
Und nun kommt das Schreckliche und für überwunden Geglaubte: Schüler übten Denunziation; Eltern und Lehrer wurden an den Pranger gestellt. Es stellt sich heraus, dass Missverständliches oder aus dem Gefühl der Betroffenheit heraus geäußerte Worte sofort gewertet und verdammt werden. Ohne dass die Lehrer angehört wurden, fand deren moralische und politische Hinrichtung statt. Das geht dann so: An einem Gymnasium unterschrieben 65 Lehrer den Bannfluch über ihre Kollegin, ohne dass sich nur ein Einziger fand, der dazu aufforderte, erst einmal die Kollegin selbst zu sprechen.
So leben wir in Teilbereichen schon wieder in der Vorwendezeit; denn kritische Gedanken und kritisches Hinterfragen führen auf direktem Wege zu Nachteilen.
Es bleibt nicht verborgen, wenn der Bundeskanzler das Wort von der uneingeschränkten Solidarität ausruft, aber ein Kriegseinsatz gemeint ist: Diese Forderung nach uneingeschränkter Solidarität ist zugleich der Befehl, jegliche Widerrede einzustellen und bedingungslosen Gehorsam zu üben. Wie weit Bundesparlament und Bürgermeinung voneinander entfernt sind, wird am Freitag erlebbar sein.
Meine Damen und Herren! Es muss anerkannt sein, dass es unterschiedliche Auffassungen und Lösungsansätze im Kampf gegen den nationalen und internationalen Terrorismus gibt. Auch dieses Landesparlament steht nicht außen vor bei der Frage, welcher Weg eingeschlagen wird.
Bekanntlich ist ja die Wahrheit das erste Opfer eines jeden Krieges. Auch nach den Terroranschlägen vom 11. September wurde schnell sichtbar, dass die Informationen sorgfältig sortiert und zensiert waren und im Interesse der Auftraggeber erfolgten. Ähnliches war schon aus den Desinformationen, den Falschmeldungen über den Golfkrieg bekannt.
Erinnert sei auch an den von Minister Scharping präsentierten Hufeisenplan, der als letztendliche Begründung für den Einsatz deutscher Truppen im Kosovo diente, obwohl dieser Plan bereits bei der Präsentation in den Medien sieben Meilen gegen den Wind nach Fälschung und Fehlinformation stank. Zurück bleibt der bittere Beigeschmack, dass ein derartiges Herangehen zum alltäglichen Handwerkszeug praktizierter deutscher Politik gehört. Daher besteht bei vielen Menschen tiefes Misstrauen.
Ich will noch auf einen anderen Hintergrund verweisen, der in jüngsten deutschlandweiten repräsentativen Umfragen des Instituts für Marktforschung in Leipzig hervorgehoben wurde: Zu den US-Militäraktionen gegen Afghanistan gab es prozentual bei Mittel- und Westdeutschen fast Übereinstimmung. 67 % bzw. 66 % der Befragten in Mittel- und in Westdeutschland bekundeten, dass Terrorismus nur mit politischen Mitteln und wirtschaftlicher Zusammenarbeit zu bekämpfen sei. Die keineswegs repräsentativen, aber dennoch nicht wegzuwischenden Umfragen der „Magdeburger Volksstimme“ ergaben, dass über 90 % der anrufenden Bürger einen militärischen Einsatz ablehnten.
An dieser öffentlichen Meinung, dieser Stimmung kann keiner vorbeigehen oder diese unbeachtet lassen - sollte man denken. Wenn man der Argumentation folgt, dass die Terroranschläge von Bin Laden organisiert wurden, dann erfordert das, unumstößliche Beweise vorzubringen und so zu handeln, dass der überführte Urheber, der überführte geistige Drahtzieher und der überführte Finanzier gefasst und verurteilt wird. Daraus folgt, dass der Einsatz in Afghanistan ein internationaler Polizeieinsatz zu sein hat und kein Militäreinsatz.
Die Damen und Herren Abgeordneten von der Fraktion der SPD sollten bedenken, dass sich die schwer zu gängelnden Jungsozialisten in Sachsen-Anhalt gegen die Entsendung deutscher Soldaten nach Afghanistan gewandt haben und den Aufbau einer internationalen Polizeitruppe zur Terrorbekämpfung forderten. Das ist nichts weiter als die tatsächlich geltende Rechtslage und damit auch unsere Überzeugung.
Vielleicht noch etwas: Der namhafte Hannoveraner Staatsrechtler Hans-Peter Schneider hat große verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Kabinettsbeschluss zum Antiterroreinsatz der Bundeswehr und stellt fest, dass die Vorlage der Bundesregierung nicht den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an Auslandseinsätze der Bundeswehr entspricht und damit verfassungswidrig ist. Zugleich kritisierte Schneider mit Blick auf das Einsatzgebiet, dass sogar die palästinensischen Autonomiegebiete und Israel als möglicher Einsatzort in Betracht kämen.
Meine Damen und Herren! Im Übrigen kommt auch in Deutschland niemand auf die Idee, die inländische Terrorbekämpfung der Bundeswehr zu übertragen. Äußerungen in diese Richtung wurden wohl von allen Parteien als absurd und verfassungswidrig eingeordnet.
Wir haben in dem Antrag begründet, dass die Bekämpfung des nationalen und internationalen Terrorismus in
den Bereich der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung gehört und allein in der Kompetenz der Polizei liegt, die sich im Rahmen von Amts- und Vollzugshilfe der Geheimdienste und der Sachausstattung des Militärs bedienen kann.
Der mit den bisherigen Prämissen erreichte Zustand in Afghanistan hat mehr Unwägbarkeiten geschaffen als beseitigt. Die Lage ist gefährlicher denn je. Das ist keine gute Sache für unser Land und für unsere Republik.