Schließlich gehört zum Prüfungsumfang dieser Arbeitsgruppe auch eine Verbesserung der Therapie verurteilter Straftäter im Straf- und Maßregelvollzug sowie der ambulanten Nachsorge, um auch präventiven Gesichtspunkten Rechnung tragen zu können.
Meine Damen und Herren! Deshalb habe ich gesagt, wir sind wieder an demselben Punkt wie in der letzten Sitzung: Wir werden von der CDU-Fraktion aufgefordert, etwas zu tun, was wir längst tun. Sachsen-Anhalt ist nicht nur Mitglied dieser Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Verbesserung der entsprechenden Maßnahmen; wir sind auch federführend in drei Unterarbeitsgruppen zu Dingen, die Sie von uns gefordert haben.
Ich bitte Sie um eines, meine Damen und Herren von der CDU: Geben Sie sich doch mal einen Ruck, fordern Sie uns nicht immer auf, irgendetwas zu tun, was wir schon längst tun. Begrüßen Sie doch einfach einmal das, was wir schon tun!
(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der PDS und von der Regierungsbank - Herr Sachse, SPD: Wenn sie es denn erkennen!)
Frau Ministerin, ich wollte Sie in Ihrer Rede nicht unterbrechen. Sie haben die Redezeit überzogen. Das bedeutet: Ich werde also auch nicht ganz kleinlich sein, wenn die Kolleginnen und Kollegen, die heute noch reden, in der Debatte ihre Redezeit überziehen.
Die DVU-Fraktion hat auf einen Redebeitrag verzichtet. Für die SPD spricht der Abgeordnete Herr Dr. Brachmann.
Bevor Herr Dr. Brachmann spricht, begrüße ich herzlich Schülerinnen und Schüler des Hegel-Gymnasiums Magdeburg. Seien Sie herzlich willkommen!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich werde nicht überziehen, heute jedenfalls nicht. Ich wollte zu dem Ursprungsantrag der FDVP eigentlich auch gar nichts sagen. Sich zu solchen populistischen Forderungen zu äußern, ist für mich jedenfalls vertane Zeit. Ich möchte mich zu dem Alternativantrag der CDU äußern. Das ist der Grund, weshalb ich jetzt am Rednerpult stehe, um auf einige Forderungen bzw. auf das Grundanliegen dieses Antrages einzugehen. Unsere Justizministerin hat das gerade ausführlich getan, hat versucht, Sinn und Unsinn dieser beiden Anträge hier deutlich zu machen. Ich muss das nicht wiederholen. Insofern geschieht das, wie gesagt, ganz kurz.
Aber ich will feststellen, dass unsere Fraktion nachdrücklich die Bemühungen auch der Landesregierung unterstützt, all die Verfahren, die jetzt auf den Weg gebracht worden sind, zu nutzen, um zu wirksamen Verbesserungen im strafrechtlichen Schutz gegenüber sexuellen Straftätern zu kommen. Alles, was effizient und rechtsstaatlich vertretbar ist, das muss auch geschehen.
Wir werden uns aber auch weiterhin gegen populistische Forderungen wenden, die die Bevölkerung in einem Sicherheitsgefühl wiegen sollen, aber in Wirklichkeit einer Bekämpfung der Kriminalität eher im Wege stehen.
Ich darf daran erinnern - Frau Ministerin hat es schon kurz angerissen -, dass wir mit dem sechsten Strafrechtsänderungsgesetz - das ist jetzt drei Jahre her auch das Sexualstrafrecht umfänglich geändert, ja verschärft haben und dass seither die Delikte weniger geworden sind, aber die Aufklärungsrate zugenommen hat. Bevor nach einer weiteren Verschärfung des Strafrechts und des Strafprozessrechts gerufen wird, muss erst einmal geklärt werden, ob die gegenwärtigen Instrumentarien ausreichen oder nicht.
Dazu gibt es, von der Justizministerkonferenz eingesetzt, eine Arbeitsgruppe - alle 16 Länder haben zugestimmt -, die die gesamte Spannbreite des Problems tiefgründig bearbeitet und dann auch Lösungs- und Verbesserungsvorschläge vorlegen wird. Alle Punkte, die in dem CDU-Antrag enthalten sind, sind dort mit auf der Prüfungsliste.
Ich denke, es gilt jetzt erst einmal die Arbeit der Fachleute abzuwarten und nicht im Vorfeld schon wieder in populistischer Weise entsprechende Forderungen zu stellen. Sollte sich herausstellen, dass Regelungslücken vorhanden sind, wird dann über die erforderlichen Rechtsänderungen zu reden sein.
Auf die Einzelpunkte einzugehen will ich mir sparen; das hat Frau Ministerin getan. Aber ich sage noch einmal: Zu glauben, allein mit Strafverschärfungen das Problem lösen zu können, greift zu kurz. Deshalb lehnen wir den CDU-Antrag ab; für den FDVP-Antrag versteht sich das von selbst. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben lange überlegt, ob wir zu diesem Antrag überhaupt
reden sollten. Dieser Antrag und die Rede von Frau Wiechmann, geprägt von so viel Populismus, Unwissenheit und Plattheit - - Ich muss Ihnen sagen, ich muss mich sehr zusammenreißen, um das so vornehm auszudrücken.
(Zustimmung bei der PDS - Frau Wiechmann, FDVP: Sie sollten sich schämen! - Zuruf von Herrn Weich, FDVP)
Dieser Antrag ist nicht im Entferntesten geeignet, sich mit Vernunft und Besonnenheit diesem Thema zuzuwenden, aber das ist wohl auch nicht gewollt. Man setzt bewusst darauf, die Menschen zu verdummen.
Wir sind in den letzten Jahren schon einiges von der Rechtsaußenpartei gewöhnt, aber dieser Antrag ist wirklich der Gipfel. Abgesehen davon, dass fast alles, was von Frau Wiechmann gefordert wird, in die Zuständigkeit des Bundes fällt, erinnern mich viele der geforderten Maßnahmen an die Zeit des verbrecherischen Faschismus, die glücklicherweise im Jahr 1945 beendet wurde.
Ich nenne nur die Forderung nach amtsärztlicher Erfassung von Personen, die beruflich die Betreuung von Kindern übernommen haben. Man kann nur hoffen, dass viele Lehrer und Erzieher diesen Antrag lesen und dann entsprechend empört auf dieses Ansinnen reagieren, mit dem jeder Pädagoge zum potenziellen Sexualstraftäter abgestempelt wird.
Ich werde nicht jeden Punkt dieses Antrags durchgehen, das ist er nicht wert. Ich äußere mich nur kurz zu einem Punkt. Es gibt bereits die Möglichkeit, schon im Strafverfahren über die Schadenersatzforderung des Opfers zu entscheiden. Das nennt man dann Adhäsionsverfahren, §§ 403 ff. StPO. - Frau Wiechmann, da ich weiß, dass Ihre Fraktion mit Fremdwörtern ihre Probleme hat: Ich kann es Ihnen auch buchstabieren, damit Sie wissen, wie es geschrieben wird.
Auf Bundesebene wird darüber diskutiert, wie dieses Verfahren noch effektiver eingesetzt werden kann. Auch dafür bedurfte es also dieses Antrages nicht.
Es liegt ein Alternativantrag der CDU-Fraktion vor. Ich muss Ihnen sagen, er macht es nicht besser. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die CDUFraktion mit der FDVP-Fraktion in einen Wettlauf getreten ist, wer die Forderungen des Rechtspopulisten Richter Gnadenlos Schill noch übertrifft.
Ich kann Ihnen versichern, wir werden uns an diesem Wettlauf nicht beteiligen. Wir werden nicht mit den Ängsten und Sorgen der Bürgerinnen und Bürger in einer so verantwortungslosen Art und Weise Schindluder treiben, unter dem Deckmantel vermeintlicher Rechtsund Sicherheitspolitik, die in Wahrheit keine Präventivoder Sicherheitsmaßnahmen enthält. - Ich danke Ihnen.
Herr Remmers hat jetzt für die CDU-Fraktion das Wort. Herr Remmers, ich erinnere daran, dass ich von einer kleinen Zulage gesprochen habe.
Ich gebe mir Mühe, Frau Präsidentin. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein solch komplexes Thema in einer Fünfminutendebatte darzustellen, ist sicherlich sehr schwierig. Deshalb will ich mich mit dem Antrag der FDVP nicht im Einzelnen auseinander setzen.
Ich will nur auf eines hinweisen: Wir mögen uns darüber aufregen, wie immer wir wollen - mit dem Einbringen des Antrages hat die FDVP einen Punkt. Der Wettlauf, verehrte Frau Tiedge, findet gar nicht zwischen uns und der FDVP oder zwischen uns und irgendwelchen anderen Leuten statt; wir haben vielmehr alle Mühe, mit Herrn Schröder, dem Bundeskanzler, einigermaßen mitzuhalten.
(Beifall bei der CDU und bei der DVU - Zustim- mung bei der FDVP - Frau Fischer, Merseburg, CDU: Jawohl!)
Deshalb denke ich, dass wir die Dinge hier klarstellen sollten. Ich darf zunächst in einem Punkt um Entschuldigung bitten; denn unser Alternativantrag ist in der zweiten Zeile leider etwas missglückt. Dort soll es heißen:
„Die Landesregierung wird aufgefordert, sich im Rahmen der Bekämpfung von Sexualstraftaten in Sachsen-Anhalt und im Bundesrat für folgende Maßnahmen einzusetzen...“
Ich bitte Sie, den Zusatz „in Sachsen-Anhalt“ hinzuzunehmen; er ist in der Eile der Erarbeitung des Alternativantrags nicht aufgenommen worden. Ich sage Ihnen gleich, warum.
Ich will darauf verzichten, viel zu den Einzelheiten zu sagen. Aber eines werfe ich dem Antragsteller des Basisantrags insbesondere vor, nämlich dass dieser den Eindruck vermittelt, die Kriminalität stiege gerade in diesem Bereich dramatisch. Das ist falsch.
Allerdings ist eines richtig - deshalb bleibe ich dabei, dass die FDVP einen Punkt hat -: Jedes getötete Kind ist ein ganz großes Elend für die Familie, für das Opfer und es ist eine ganz schreckliche Straftat. Deswegen können wir uns auch mit einem Rückgang - ich habe das in der Kriminalstatistik für die Jahre zwischen 1976 und 1996 einmal nachgesehen - um 13 % in diesem Zeitraum nicht beruhigen.
Jedes Opfer ist ein Opfer zu viel, insbesondere in diesem Bereich. Deswegen stimme ich dem Bundeskanzler - so sehr ich manchmal Schwierigkeiten habe, ihm zuzustimmen - darin zu, dass man in diesen Dingen mit aller Härte vorgehen soll.
Wie aber sollen wir vorgehen? Wir haben einige Maßnahmen vorgeschlagen und haben gesagt, man möge sich dafür einsetzen. Nun ist - wir können uns lange darüber unterhalten, wer zuerst auf diese Idee gekommen ist - die SPD-geführte Landesregierung in einigen Punkten unserer Meinung. Das heißt aber nicht, dass sie sich
bei uns für die Unterstützung bedankt, dafür, dass wir das auch wollen, und sagt: Dann stimmen wir mit euch in dieselbe Richtung. Nein, sie sagt: Ihr habt euch nicht vor uns verneigt und uns gelobt; deswegen können wir nicht zustimmen. - Darum geht es doch nicht!
Es geht darum, dass wir für die Opfer eine Verbesserung schaffen. Wenn Sie schon daran sind, dann nehme ich das mit Befriedigung zur Kenntnis und sage: In der Sache sind wir uns einig; dann wollen wir das auch gemeinsam betreiben.
Ich will einen zweiten Punkt ansprechen - ich muss mich jetzt einschränken und kurz fassen -, und zwar die Sache mit der nachträglichen Sicherungsverwahrung. Damit haben wir eine wahnsinnig gefährliche Geschichte in der Hand. Der Bundeskanzler - ich habe es heute mit ihm - hat am 11. Juli 2001 erklärt, das müsse unbedingt möglich gemacht werden. Im Bundesrat ist wenn ich die Daten jetzt richtig sortiere - ein Gesetz mit diesem Inhalt, das eingebracht worden war, abgelehnt worden.