Ronald Brachmann

Sitzungen

3/33 3/37 3/42 3/44 3/45 3/48 3/49 3/56 3/58 3/64 3/65 3/67 3/68

Letzte Beiträge

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind noch nicht in der Debatte. Es würde mich reizen, jetzt auf vieles einzugehen, was Herr Böhmer eben vorgetragen hat. Dazu wird in der Debatte sicherlich auch Gelegenheit sein.
Wenn er sich heute hier hinstellt und sagt: Der Entschließungsantrag, den ihr heute bringt, entspricht doch dem, was im Jahr 1993 schon beschlossen worden ist - Ich habe den Beschluss einmal mitgebracht.
Das sind eineinhalb Seiten allgemeine Absichtserklärungen. Das, was seinerzeit beschlossen worden ist, enthält überhaupt nichts Konkretes.
Insoweit sollte man schon genau hinsehen, Herr Böhmer.
Der Ihnen heute von den Fraktionen der SPD und der PDS vorgelegte Antrag zur Verwaltungs- und Funktionalreform umreißt komplex und konkret, wie dieser Prozess im Ergebnis und auf der Grundlage der in dieser Legislaturperiode bereits eingeleiteten Schritte - ich nenne
das Zweite Vorschaltgesetz zur Kommunalreform und Verwaltungsmodernisierung - weiter auszugestalten ist.
Wir haben soeben gehört, wie sich die CDU eine Verwaltungs- und Funktionalreform in diesem Land vorstellt. Von einer Gebietsreform will sie gar nichts wissen, jedenfalls nicht mehr, sofern sie nicht ausschließlich auf freiwilliger Grundlage möglich ist. Von der Opposition, Herr Böhmer, hätte man erwarten können, dass sie ein Alternativkonzept hat - aber sie hat keines.
Außer politischen Rundumschlägen enthält der Antrag, den Sie heute vorgelegt haben, überhaupt nichts Neues, schon gar nichts Konkretes, geschweige denn etwas Konstruktives.
- Ich habe ihn mehrfach gelesen, Herr Becker.
Zugestanden, der Wahltag rückt näher. Niemand wird von der CDU als Oppositionspartei erwarten, dass sie das, was die SPD und die PDS in ihrem Antrag aufgeschrieben haben, mit Beifall bedenkt. Aber sich hier und heute hinzustellen und von acht versäumten Jahren zu reden, von Stagnation,
das zeugt nicht nur von Ignoranz, sondern ist auch unredlich.
Es ist in mehrfacher Hinsicht unredlich.
Es ist zum einen deshalb unredlich, weil es ignoriert, dass es durchaus verschiedene Maßnahmen und Bemühungen gegeben hat. Ich nehme an, der Ministerpräsident wird dazu einiges sagen. Es ist zum anderen auch deshalb unredlich, Herr Böhmer, weil Sie heute so tun, als hätten Sie überhaupt keine Aktie daran, dass die Verwaltung so aussieht, wie sie aussieht.
Sie ist im Jahr 1994 nicht vom Himmel gefallen.
Wir haben seinerzeit etwas übernommen, das Sie bis dahin aufgebaut oder - müsste ich besser sagen - verbockt haben.
Die Ursachen für die strukturellen Ungereimtheiten, mit denen wir uns bis heute herumquälen, Herr Böhmer, sind damals gesetzt worden, nicht heute.
Unter Ihrer Verantwortung ist beim Aufbau der Verwaltung ein ziemlich bunter Teppich entstanden, der durch das Nebeneinander von allgemeiner Verwaltung und einer Vielzahl von Sonderbehörden geprägt ist.
Sie haben eine Gebietsreform auf den Weg gebracht, die keine war oder allenfalls eine halbherzige.
Auch damals gab es Leitbilder und Richtgrößen. Es sollte Ausnahmen geben, aber Sie haben die Ausnahme zur Regel gemacht.
Auch eine Funktionalreform im Zuge - ich betone: im Zuge; heute sehen Sie das andersherum - einer Gebietsreform sollte es geben. Lottermoser-Kommission nannte sich das damals.
Herr Demuth - er sitzt oben auf der Besuchertribüne -, damals wie heute der zuständige Fachbeamte aus dem Innenministerium, gelangte im Jahr 1994 zu der bemerkenswerten Feststellung, dass eine grundsätzlich ablehnende Haltung der Ressorts gegenüber einer Funktionalreform bestehe. Im Hinblick auf die dazu gerade vom Kabinett Bergner gefassten Beschlüsse spricht er von einer Beerdigung erster Klasse.
Wo blieb denn da die Richtlinienkompetenz des Ministerpräsidenten, die Sie heute so vehement einfordern?
Meine Damen und Herren von der CDU, Sie sind damals bei all dem den Weg des geringsten Widerstandes gegangen.
In der Stunde null wäre es um vieles einfacher gewesen,
aber die haben Sie verschlafen.
Eventuelle Fragen würde ich gern zum Schluss beantworten.
Nun, nachdem sich die Strukturen verfestigt haben, ist es ungleich schwerer - das wissen Sie -, diese wieder aufzubrechen. Wenn Sie heute von Versagen reden,
meine Damen und Herren von der CDU, dann fassen Sie sich verdammt noch einmal an Ihre eigene Nase.
Meine Damen und Herren! Richtig ist, dass die Landesregierung seit 1994 bemüht war, auf der Grundlage der seinerzeit geschlossenen Koalitionsvereinbarung eine Verwaltungsreform anzugehen. In der Staatskanzlei wurde eine Projektgruppe eingesetzt, die den Prozess handlungsorientiert vorantreiben sollte. Der Katalog der seinerzeit beschlossenen Maßnahmen umfasste rund 130 Projekte und Einzelmaßnahmen. Darunter sind wichtige, wie die erste Forststrukturreform, und sicherlich auch weniger wichtige, wie die Aufhebung der Jubiläumsverordnung. Aber es war damals ein Reformansatz.
Zugegeben, die „Mitteldeutsche Zeitung“ hatte die Überschrift gewählt: Reform der kleinen Schritte. Aber es ist etwas passiert. Der Vorwurf, der in Ihrem Antrag erhoben wird, dass selbst dieses Maßnahmenpaket weitgehend nicht umgesetzt worden ist, trifft schlicht nicht zu. Machen Sie sich die Mühe - genügend Unterlagen dazu sind vorhanden -, arbeiten Sie die Liste ab. Sie werden feststellen, in diesem Zeitraum ist etwas passiert.
Die Gretchenfrage, welche Grundstruktur die Landesverwaltung annehmen soll und wie auf die Regierungspräsidien als Mittelinstanz verzichtet werden kann, wurde damals allerdings - dies konnte auch nicht geschehen - nicht zufrieden stellend beantwortet. Die Auflösung der Regierungspräsidien im Zuge der im Jahre 1994 durchgeführten Kreisgebietsreform war verwaltungspolitisch nicht zu vertreten, da sie zu kleine und zudem in Größe und Leistungskraft zu unterschiedliche Landkreise hervorgebracht hat.
Herr Becker, Sie werden nicht müde, immer wieder - ich weiß nicht, ob Sie es heute auch wieder tun - diesen Entschließungsantrag aus dem Jahr 1993 zu zitieren. Die Kreisgebietsreform bleibe ein Torso, wenn nicht zu ihrer inneren Rechtfertigung eine Funktionalreform folgen werde. Ich sage es noch einmal, Herr Becker: Sie musste ein Torso bleiben, weil die Kreisgebietsreform selbst schon auf halbem Wege stecken geblieben ist.
Meine Damen und Herren! Meine Fraktion hat, ausgehend von dem, was bis dahin geschehen und unterlassen worden ist, mit Beginn dieser Legislaturperiode mit Nachdruck eine Begradigung der Landesverwaltung gefordert und zugleich deutlich gemacht, dass dies mit Nachbesserungen der Gebietsreform einhergehen muss.
Beides ist dann mit den vor reichlich zwei Jahren von der Landesregierung vorgelegten Leitbildern auf den Weg gebracht worden. Dass damit der richtige Weg eingeschlagen worden ist, zeigt sich auch an dem - vielleicht sollten Sie das stärker beobachten, Herr Böhmer -, was seither zwischen Zeitz und Arendsee in Bewegung geraten ist.
Aber es gab sowohl im politischen wie auch im kommunalen Bereich die Forderung,
dass keine Gebietsreform ohne Verwaltungs- und Funktionalreform stattfinden dürfe. Bevor es zu einer Maßstabsvergrößerung auf kommunaler Ebene kommt, müs
se klar sein, welche Aufgaben auf diese Ebene verlagert werden und wie dann die Landesverwaltung effektiver zu organisieren ist.
Der Städte- und Gemeindebund forderte in seiner Stellungnahme zum Leitbild am 8. Mai 2000, eine Funktionalreform - ich zitiere - „spätestens gleichzeitig“ mit einer Gebietsreform durchzuführen. Auch die ÖTV hielt es für dringend geboten, dass eine Funktionalreform zeitgleich mit einer Kommunalreform zu geschehen hat. - Dieser Ansatz hat dann auch in unsere politische Meinungsbildung Eingang gefunden.
Herr Böhmer, ich darf daran erinnern - ich weiß nicht, ob Sie sich daran nicht erinnern können oder nicht erinnern wollen -, dass der Landtag am 4. Mai 2000 - das war noch relativ früh und damals noch mit den Stimmen von SPD, PDS und CDU - den Beschluss gefasst hat, unverzüglich ein Vorschaltgesetz zur Kommunalreform und damit im Zusammenhang zur Verwaltungs- und Funktionalreform vorzulegen, um erstens eine verlässliche Handlungsorientierung für eine kommunale Strukturreform bereits in der freiwilligen Phase zu schaffen sowie zweitens die Grundstruktur des Verwaltungsaufbaus und die Grundlagen und Grundsätze der Arbeitsverteilung zwischen Land und Kommunen zu regeln. Das ist ein Beschluss, der seinerzeit auch mit den Stimmen der CDU gefasst worden ist.
Das ist dann mit dem Zweiten Vorschaltgesetz zur Kommunalreform und Verwaltungsmodernisierung geschehen. Beschlossen wurde das Gesetz allerdings nur noch mit den Stimmen von SPD und PDS.
Meine Damen und Herren von der CDU, mit der von Ihnen seither eingenommenen Verweigerungshaltung haben Sie sich verwaltungspolitisch selbst ins Abseits gestellt.
Sie wollen nunmehr wieder - das klang vorhin an - an den Regierungspräsidien - zwei sollen es sein; welche es sind, bleibt offen - festhalten. Das zeigt ein strukturkonservatives Festhalten an alten Zöpfen. Sie müssen sich schon die Frage gefallen lassen: Woher sollen die Aufgaben kommen, die man den Kommunen übertragen will, und wohin sollen sie gehen, wenn die kommunalen Strukturen unverändert bleiben?
Hören Sie auf, den schwarzen Peter nur dem Land zuzuschieben. Es kann keine durchgreifende Verwaltungsund Funktionalreform ohne Gebietsreform geben. Andersherum gilt aber auch: Es wird keine Gebietsreform ohne diese Funktionalreform geben.
Meine Damen und Herren! Mit dem Zweiten Vorschaltgesetz wurde das Grundgerüst für eine zukunftsfähige Struktur des Landes geschaffen. Es regelt die Neuorganisation der Landesverwaltung und der kommunalen Strukturen sowie die Aufgabenverteilung zwischen beiden Ebenen. Was das Gesetz nicht leisten konnte und wollte, war, zu dem Zeitpunkt konkret festzulegen, welche Aufgabenbereiche im Zuge der Kommunalreform auf die Kommunen übergehen und welche Folgen das für die Organisation der Landesverwaltung hat.
Die Landesregierung und die SPD-Fraktion hatten schon damals angekündigt, dies bis zum Jahresende zu kon
kretisieren und die Eckpunkte einer Funktionalreform zu dokumentieren, damit schon in der freiwilligen Phase erkennbar wird, welche Verschiebungen es geben wird. Wir haben Wort gehalten.
Das Ergebnis liegt Ihnen in Gestalt des gemeinsam mit der PDS-Fraktion eingebrachten Antrages vor. Was dort aufgeschrieben ist, das sind keine Hirngespinste einiger gemeingefährlicher Abgeordneter,
sondern ist das Ergebnis eines umfangreichen Prüfungsund Diskussionsprozesses. Der Antrag fasst im Wesentlichen die Ergebnisse zusammen, die der zeitweilige Ausschuss in enger Einbeziehung der jeweiligen Fachressorts in einer sehr umfangreichen und aufwendigen Arbeit zusammengetragen hat. Diese wiederum sind sowohl im Vorfeld als auch im Ausschuss selbst mit den kommunalen Spitzenverbänden erörtert worden.
Der erste Abschnitt des Antrages listet im Detail auf - Sie können das alles nachlesen -, welche Aufgaben auf die Landkreise und kreisfreien Städte übergehen sollen. Dem einen ist das zu viel, dem anderen ist das zu wenig.
Mich verwundert allerdings eine Einschätzung, die in den letzten Tagen in der Zeitung zu lesen war, und zwar dass die jetzt umrissene Funktionalreform eine Maßstabsvergrößerung, wie sie das Zweite Vorschaltgesetz vorsieht, nicht rechtfertigen könne. Ich darf daran erinnern, dass es Geschäftsgrundlage im zeitweiligen Ausschuss war, genau die Aufgaben zu verifizieren, die im Zuge einer Gebietsreform zu übertragen sind. Nun mag es sein, dass in den Katalog auch Aufgaben Eingang gefunden haben, die man ohne Probleme schon jetzt übertragen kann; im Kern sind es aber Aufgaben, die in der jetzigen Struktur nicht oder zumindest - das dürfen wir nicht vergessen - nicht wirtschaftlicher erfüllt werden können.
Sicherlich hätte der Kreis zu kommunalisierenden Aufgaben noch größer sein können. Ich erinnere mich aber an Diskussionen, in denen Abgeordnete meiner Fraktion und der PDS-Fraktion sich gegenüber der Landesregierung für eine Kommunalisierung stark gemacht haben, und in den entsprechenden Gesprächsrunden sagten dann die Landräte, dass sie das nicht wollten. Dann waren natürlich auch die hemmungslosen Kommunalisierer mit ihrem Latein am Ende.
Ferner ist festzuhalten, dass wir uns bei der Schulaufsichtsverwaltung und bei der Gewerbeaufsicht nicht abschließend haben einigen können. Ich verhehle nicht, dass es nicht nur bei der PDS-Fraktion, sondern auch in meiner Fraktion Stimmen gab, die Schulaufsicht auf die Landkreise zu übertragen. Mehrheitsfähig in der Fraktion und konsensfähig mit der Landesregierung - sie strebt eine weitere Konzentration der Schulaufsichtsämter an war dies indes nicht, sodass die Entscheidung zu einem späteren Zeitpunkt gefällt werden muss. Ebenso ist es nicht gelungen, zu den Vorstellungen der Landesregierung zur Neuordnung der Gewerbeaufsichtsverwaltung einen Kompromiss zu finden.
Meine Damen und Herren! Was die Aufgabenübertragung von den Kreisen auf die Gemeinden anbelangt, haben wir uns an das gehalten, was uns die kommunalen Spitzenverbände vorgeschlagen haben. Sie haben dem zeitweiligen Ausschuss eine detaillierte, allerdings noch nicht abschließend erörterte Liste vorgelegt, die Grundlage für das war, was dazu im Antrag festgehalten
worden ist. Wir sind uns mit der Landesregierung und mit der PDS-Fraktion darin einig, dass diese Liste so umzusetzen ist, wenn nicht gravierende rechtliche oder tatsächliche Hindernisse der Aufgabenübertragung entgegenstehen.
Meine Damen und Herren! Der zweite Abschnitt beschäftigt sich mit der Neuordnung der Landesverwaltung. Ich kann das nicht im Einzelnen aufzeigen. Aber weil Sie, Herr Böhmer, das eingangs getan haben, möchte ich auch noch ein paar Worte zum Landesverwaltungsamt sagen. Wir haben das alles im Zusammenhang mit dem Zweiten Vorschaltgesetz diskutiert, aber ich will es gern, gewissermaßen als Nachhilfeunterricht, wiederholen.
Dieses Landesverwaltungsamt ist eben nicht, wie es in Ihrem Antrag heißt, nur eine summarische Zusammenfassung der bisherigen Regierungspräsidien. Es wird künftig Vollzugsaufgaben nur wahrnehmen, wenn sie eine überkreisliche Bedeutung bzw. Auswirkung haben.
Damit habe ich kein Problem.
Das Landesverwaltungsamt wird nur noch Zuständigkeiten für das gesamte Land wahrnehmen und keine Außenstellen mit regional aufgeteilten Zuständigkeiten mehr haben. Natürlich soll das Landesverwaltungsamt auch Fach- und Rechtsaufsicht ausüben und es soll über Widersprüche entscheiden. Und dann - das ist ja Ihre Frage -: Wo bleibt die Zweistufigkeit?
Verwaltungsorganisatorisch sind Mittelinstanzen Behörden mit regional aufgeteilten Zuständigkeiten, Herr Becker. Diese wird das Landesverwaltungsamt aber nicht haben. Nach seiner Stellung und seinen Aufgaben - das steht schon im Zweiten Vorschaltgesetz - ist es eine obere Landesbehörde.
Meine Damen und Herren! Es wurden immer wieder Sorgen laut, dass das Land mit der Funktionalreform Herr Böhmer hat es ja wiederholt - sein Personal auf die Kommunen abwälzen wolle, ohne für einen entsprechenden finanziellen Ausgleich zu sorgen. Das ist nicht so. Was die Finanzausstattung anbelangt, steht das Konnexitätsprinzip bereits in der Verfassung,
wenngleich es auch immer Schwierigkeiten bereitet, für die jeweilige Aufgabenübertragung die zusätzliche Finanzausstattung festzulegen.
Die kommunalen Spitzenverbände und das Innenministerium haben übereinstimmend erklärt, dass sie bereits
substanzielle Gespräche führen, wie der finanzielle Ausgleich für die zu übertragenden Aufgaben zu gestalten ist.
Aber wir wollen mehr. Im Antrag ist deshalb festgehalten, eine Finanzstrukturkommission einzusetzen, die das gesamte FAG auf den Prüfstand stellt. Es besteht darin Einvernehmen, dass bei der Realisierung der Gebietsund Funktionalreform eine Neufassung des FAG folgen muss.
Was das Personal anbelangt, so ist schon im Zweiten Vorschaltgesetz festgeschrieben, dass das Personal den Aufgaben folgen soll. Dabei wird es auch bleiben müssen. Die kommunalen Spitzenverbände haben damit noch einige Probleme; den Gewerkschaften ist es eher zu wenig. Jedem wird man es sicherlich nicht recht machen können.
Der Satz, dass das notwendige Fachpersonal den Aufgaben folgen soll, bedarf aber insoweit der Klarstellung. Im Antrag findet sich dazu auch der entscheidende Satz: Das Land wird dabei Personalüberhangsituationen in der Landesverwaltung nicht zulasten der Kommunen konsolidieren.
Wir müssen gewährleisten, dass der Umstrukturierungsprozess sozialverträglich gestaltet wird. Die Sorge bei den Beschäftigten ist groß. Die anstehenden strukturellen Veränderungen werden ohne Verwerfungen nur gelingen, wenn die Beschäftigten den Eindruck gewinnen, dass sie dabei nicht auf der Strecke bleiben.
Wir begrüßen es deshalb sehr, dass die Landesregierung gestern mit den Gewerkschaften eine entsprechende Rahmenvereinbarung abgeschlossen hat.
Wir werden dazu sicherlich noch etwas hören.
Meine Damen und Herren! Es hat auch Stimmen gegeben: Viel Lärm um nichts. Die Zahl der durch die Funktionalreform eingesparten Stellen müsste noch viel größer sein. - Solchen Überlegungen liegt ein Denkfehler zugrunde. Wir haben die Verwaltungsreform nie als Personalabbauprogramm verstanden. Natürlich soll das Ganze dazu dienen, die Verwaltung effektiver und wirtschaftlicher zu machen. Die angestrebten Veränderungen schaffen Synergien und werden dazu beitragen, Stellen einzusparen. Doch der Personalüberhang beim Land liegt in ganz anderen Bereichen und muss durch geeignete Maßnahmen, zum Beispiel den Lehrertarifvertrag, abgebaut werden.
Meine Damen und Herren! Mit der heutigen Beschlussfassung setzen wir eine gewisse Zäsur. Hinter uns liegt eine Zeit konstruktiver Arbeit. Sicherlich war das alles kein Spaziergang. Es liegt in der Natur der Sache, dass Fachressorts und Fachpolitiker ihre Fachinteressen vertreten. Diese Interessen in den verwaltungspolitischen Gesamtzusammenhang einzuordnen war nicht immer einfach. Das Ergebnis kann sich jedoch sehen lassen.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich zu bedanken. Bedanken möchte ich mich bei meinen Fraktionskollegen und den Mitgliedern der Landesregierung für die zwar keineswegs konfliktfreie, aber unter dem Strich doch produktive Zusammenarbeit.
Bedanken möchte ich mich bei den Kollegen von der PDS-Fraktion, dass sie das Vorhaben mit klaren Strukturvorstellungen verfolgt haben und dass es bei unterschiedlichen Interessenlagen überwiegend gelungen ist, vernünftige Kompromisse zu finden.
Bedanken möchte ich mich bei den Vertretern der kommunalen Spitzenverbände für deren konstruktive Mitarbeit. Das Gleiche gilt für die Gewerkschaften.
Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir abschließend an dieser Stelle noch eine persönliche Bemerkung. Mein Name war in der letzten Woche des Öfteren in den Zeitungen - in einem für mich nicht erfreulichen Zusammenhang - zu lesen. Jedoch habe ich dem auch etwas Positives abgewinnen können. Es war dort auch zu lesen, dass mein Einsatz für die Verwaltungsreform von höchster Stelle zumindest lobende Worte gefunden hat.
Ich verhehle nicht, dass man sich in solchen Augenblicken schon die Frage stellt: Warum tust du dir das eigentlich an?
Ich hätte mir mein Abgeordnetendasein wahrlich geruhsamer vorstellen können. Vergnügungssteuerpflichtig ist das Ganze nicht.
Dass ich das Vorhaben nicht mit Einsatz und Leidenschaft vorangetrieben hätte, wird mir niemand vorwerfen können. Daran hat es nicht gemangelt. Nicht dass ich keine anderen Leidenschaften hätte - da fallen mir durchaus lustvollere Sachen ein, als mich beispielsweise mit Lutz Kühn über die Zusammenlegung von Denkmalfachämtern zu streiten.
Wenn ich mich so mit Nachdruck für dieses Reformvorhaben eingesetzt habe, dann aus der Überzeugung heraus, dass wir mit solchen grundlegenden Reformen auf dem richtigen Weg und dass sie auch unumgänglich sind.
Wer auf Veränderungen drängt, macht sich dabei nicht nur Freunde. Mancher mag auch ein Problem damit haben, dass er nicht selbst das Heft des Handelns in der Hand hält.
Ich habe in den letzten Tagen viel Zuspruch und Rückenstärkung erfahren. Das hat mich ermutigt, in meinen bisherigen Bemühungen nicht nachzulassen. Das letzte Buch des Ministerpräsidenten war mit dem Titel überschrieben: Segeln gegen den Wind. In dieser Grundhaltung stimme ich mit Reinhard Höppner durchaus überein, auch wenn der Gegenwind einmal aus den eigenen Reihen kommt. Ich werde mich nicht scheuen, auch weiterhin unbequeme Wege zu gehen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das wird dieses Mal wesentlich kürzer. Herr Rothe soll auch noch seine Auffassung zu diesem Thema darlegen. Er wird insbesondere zu dem etwas sagen, was Herr Becker gerade kritisch angemerkt hat. Aber auch ich kann bestimmte Dinge so nicht stehen lassen, Herr Becker.
Zunächst möchte ich Folgendes sagen: Mir ist noch Ihr Spruch in Erinnerung, ein Sturm müsse durch die Amtsstuben fegen. Nach Ihrer heutigen Rede hatte ich den Eindruck, dass jedes Lüftchen zu viel wäre.
Ich möchte auf ein paar Punkte eingehen. Sie sagten, dass die Aufgabenkritik fehle. Wenn Sie das auf den Antrag beziehen, dann muss ich wiederholen, was wir schon im Ausschuss vorgetragen haben: Es war in diesem Zusammenhang nicht der Auftrag des zeitweiligen Ausschusses, alle Fassetten einer umfänglichen Verwaltungsmodernisierung zu beleuchten, sondern es ging um die Funktionalreform im Zuge einer Kommunalreform. Dass Aufgabenkritik natürlich eine ständige Aufgabe der Verwaltung ist, wissen diejenigen, die sich damit beschäftigen, auch. Deswegen finden Sie auf den letzten Seiten unseres Antrages dazu ein paar Ausführungen.
Herr Becker, Sie wissen genauso gut wie ich, dass das schwierig ist. Die Fähigkeit von Verwaltungen, sich von Aufgaben, die sie bisher wahrgenommen haben, zu trennen, ist nicht sonderlich ausgeprägt.
- Das ist das Eigenleben und Beharrungsvermögen von Verwaltungen, Herr Bergner.
Ich komme zum zweiten Punkt. Sie sagten, alles Gesülze. Ich zitiere aus der Präambel:
„Im Zusammenhang mit den Gesetzen zur Gebietsreform ist in Umsetzung von Artikel 86 Abs. 2 der Landesverfassung der allgemeine Aufbau der Landesverwaltung und ihre räumliche Gliederung durch ein Landesorganisationsgesetz sowie zur Übertragung von Aufgaben auf die kommunale Ebene ein Funktionalreformgesetz zu erlassen.“
Dabei - das ist der nächste Gedanke - sind genau diese Punkte, die jetzt im Detail aufgeschrieben worden sind, zugrunde zu legen. Mithin ist es ein konkreter Gesetzgebungsauftrag und nicht nur Wischiwaschi für die nächste Legislaturperiode.
Ich komme zum nächsten Vorwurf. Sie sagten, man könne es nicht machen und es sei methodisch überhaupt nicht machbar, eine Gebietsreform mit einer Funktionalreform zu verbinden.
Herr Becker, wenn wir das machen würden, was Sie wollen, nämlich erst eine Funktionalreform und dann eine Gebietsreform - das ist wiederholt deutlich gemacht worden -, dann muss man fragen, wo die Aufgaben hingehen sollen. Eine Funktionalreform ist von der Größenordnung der kommunalen Ebene abhängig. Zeigen Sie mir ein Land, das eine Funktionalreform vor einer Gebietsreform gemacht hat. Es gibt kein Land. Herr Rothe wird Ihnen dazu ein paar Dinge in Erinnerung rufen und aufzeigen, wie das in anderen Ländern angepackt worden ist.
Unser politischer und methodischer Ansatz - dabei bleibt es - ist: Wir wollen beides gleichzeitig realisieren.
Herr Becker, ich komme zu Ihrem Hauptvorwurf. Dazu muss ich unbedingt etwas sagen. Sie sprachen von einer unverbindlichen Absichtserklärung. Auch darin irren Sie sich.
Man kann darüber reden, welche Verbindlichkeit ein Antrag hat. Wir beschließen zu Anträgen permanent etwas. Mitunter habe ich auch den Eindruck, dass es, ob das nun der Landtag beschließt oder in China ein Sack Reis umfällt, so ziemlich dasselbe ist. Aber bei diesem Antrag ist das anders. Der Antrag enthält, wie gesagt, die Eckpunkte für entsprechende Gesetze. Über den hohen politischen Stellenwert ist schon gesprochen worden. Er ist aus unserer Sicht ein Regierungsprogramm für die nächste Legislaturperiode, jedenfalls auf diesem Politikfeld.
Meine Damen und Herren! Die Zukunft ist immer offen. Die heutigen Beschlüsse sind sicherlich kein Dogma. Weiterentwicklungen sind durchaus möglich. Einige Punkte sind offen geblieben. Aber wir werden von dem,
was in dieser Legislaturperiode auf den Weg gebracht worden ist, nicht abrücken.
In Zeitungskommentaren - das ist hier bereits zitiert worden - ist vom rot-roten Bündnisfall die Rede. Für mich steht fest, dass die PDS-Fraktion nach anfänglichem Zögern durch ihre konstruktive Mitarbeit ihre Reformfähigkeit unter Beweis gestellt hat. Herr Becker, von Ihnen steht dieser Nachweis noch aus.
Ich bin mir zwar ziemlich sicher, dass Sie am 21. April abends umfallen werden, aber wenn Sie heute sagen, dass Sie die Vorschaltgesetze - Sie haben die Punkte genannt - teilweise aufheben wollen, dann werden Sie dazu mit uns keine Gelegenheit bekommen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir beschäftigen uns mit dem Thema, um das es heute geht, nicht zum ersten Mal. Erst in der letzten Landtagssitzung hatten wir dazu eine Debatte geführt. Damals war ein Antrag der FDVP-Fraktion Gegenstand, den wir abgelehnt haben. Wir werden uns auch weiterhin davor hüten, auf dieses hochsensible und ernste Thema mit populistischen Forderungen und blindem Aktionismus zu reagieren.
Wenn wir uns heute mit einem Antrag und mit einem Gesetzentwurf in die Debatte einbringen, der in vielem dem gleicht, was Herr Remmers vorgestellt hat, dann mit dem Ziel, dort Maßnahmen zu ergreifen, wo wirklicher Handlungs- und Regelungsbedarf besteht.
Meine Damen und Herren! Wir sind uns sicherlich in diesem Hohen Hause über Parteigrenzen hinweg in einem einig: Immer wiederkehrende Nachrichten, dass Kinder verschwinden, sexuell missbraucht werden oder gar nach Tagen tot aufgefunden werden, erschüttern. Jedes Opfer ist ein Opfer zu viel. Reagieren muss die Politik dort, aber auch nur dort, wo Lücken im Schutz vor Sexualstraftätern bestehen.
Das gilt auch für die nachträgliche Sicherungsverwahrung, um die es sowohl in unserem Antrag als auch in
dem Gesetzentwurf geht. Nicht dass der Eindruck entsteht, den man gestern dem Aufmacher in der „Mitteldeutschen Zeitung“ ein bisschen entnehmen konnte, wir würden nun endlich eine Regelung schaffen, die es ermöglicht, rückfallgefährdete Straftäter nach der Haftverbüßung in Gewahrsam zu nehmen. Dem ist nicht so.
Ein Straftäter, dessen Gefährlichkeit sich in der abzuurteilenden Tat bzw. während der Hauptverhandlung zeigt, kann schon jetzt durch den Urteilsspruch in Sicherungsverwahrung genommen werden. Bei psychischen Erkrankungen - dies ist bei diesen Tätern häufig der Fall bietet das Gesetz über psychisch Kranke hinreichende Möglichkeiten, den Straftäter jederzeit, also sowohl während eines Strafverfahrens als auch danach, in Gewahrsam zu nehmen. Nur für diejenigen Täter - Herr Remmers hat es auch noch einmal anschaulich gezeigt -, deren Gefährlichkeit zum Zeitpunkt des Urteilsspruchs noch nicht feststand, deren Gefährlichkeit sich also erst während der Haftverbüßung ergibt und die auch nicht psychisch krank sind, besteht derzeit eine Regelungslücke, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie nach der Haftverbüßung erneut schwerste Straftaten begehen.
Wir müssen uns aber vergegenwärtigen, dass das immer nur Einzelfälle sind. Es gilt eine Lücke für ganz wenige Personen zu schließen. Baden-Württemberg hat ein entsprechendes Gesetz. Wenn die Informationen stimmen, hatten sie aber bisher keinen einzigen Fall, in dem dieses Gesetz hätte angewandt werden müssen. Trotzdem braucht man es; insoweit stimmen wir überein.
Wie kann ein solches Gesetz geschaffen werden? Auch dazu hat Herr Remmers im Grunde genommen das Notwendige gesagt. Zum einen - auch das ist Gegenstand unseres Antrages - kann die Lücke bundeseinheitlich geschlossen werden. Eine Arbeitsgruppe der Justizministerkonferenz ist auch daran, entsprechende Regelungen zu prüfen und Vorschläge zu unterbreiten. Sachsen-Anhalt ist daran aktiv beteiligt.
Daneben müssen wir aber auch die Möglichkeiten nutzen, die das Landesrecht zulässt. Das sind die Möglichkeiten des Rechts der Gefahrenabwehr. Dies ist eine ureigene Landeskompetenz.
Missverständlich, Herr Remmers, - darauf will ich aufmerksam machen - ist der Begriff der nachträglichen Sicherungsverwahrung. Eine Sicherungsverwahrung ist die sichernde Verwahrung eines Straftäters aus Anlass einer Straftat. Hierum geht es aber nicht. Es soll nicht noch einmal sanktioniert werden, was der Staat mit seinem Strafurteil schon abgeurteilt hat. Es geht vielmehr und allein um den sichernden Gewahrsam zur Abwehr von Gefahren für die Allgemeinheit, allein veranlasst durch die aktuelle Gefährlichkeit des vor seiner Entlassung stehenden Gefangenen.
Meine Damen und Herren! Baden-Württemberg hat ein solches Gesetz und Bayern hat wohl auch eines beschlossen. Die CDU hat auf der Grundlage dieser Gesetze - Herr Remmers hat es eben begründet - einen Gesetzentwurf eingebracht. Ich muss an der Stelle eingestehen, dass der CDU damit durchaus ein Treffer gelungen ist. Wer die beiden Regelungen vergleicht, wird feststellen, dass auch unser Gesetzentwurf sich an das anlehnt, was die CDU vorgeschlagen hat und im Übrigen in Bayern und Baden-Württemberg geltendes Recht ist.
Aber wenn ich sage „ein Treffer“, muss ich anmerken, kein Volltreffer, Herr Remmers.
Das ist auch der Grund, weshalb wir uns entschlossen haben, einen eigenen Gesetzentwurf einzubringen. Wenn wir uns auch in der Notwendigkeit eines solchen Gesetzes einig sind, haben wir doch offensichtlich unterschiedliche Auffassungen, wie wir dem Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit gerecht werden.
Wir müssen uns vergegenwärtigen - Herr Remmers hat das versucht zu verdeutlichen -, dass es auch um die Grundrechte des Betroffenen geht. Wenn wir, um dem Schutz der Allgemeinheit zu dienen, die jedem Menschen verbürgten Freiheitsrechte für diese Personen beschränken, müssen Mechanismen gefunden werden, die das Freiheitsrecht in seinem Kern erhalten.
Herr Remmers, eine unbefristete, in einem Zwei-JahresTurnus zu überprüfende Entscheidung zur Ingewahrsamnahme kann diesen Anforderungen unseres Erachtens nicht genügen. Die unbefristete Ingewahrsamnahme widerspräche zudem den Grundsätzen des Gefahrenabwehrrechts. Wir halten es deshalb für unvertretbar, die Sicherungsverwahrung nachträglich unbefristet auszusprechen. Diese hätte dann in der Tat nicht nur gefahrenabwehrrechtlichen, sondern auch strafenden Charakter. Das ist, wie gesagt, einer der entscheidenden Punkte, weshalb wir einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht haben.
Meine Damen und Herren! Ich habe erwähnt, dass alle Länder auf Bundesebene zusammenarbeiten, um eine möglichst einheitliche Regelung für dieses Problem zu finden; denn es ist eine nüchterne Feststellung, dass Gewaltkriminalität nicht an Ländergrenzen Halt macht. Eine bundesrechtliche Regelung ist daher weiterhin anzustreben. Solange diese fehlt, müssen wir unter Präventivgesichtspunkten handeln.
Der zweite Grund, in dem wir uns von der CDU unterscheiden, ist der, dass wir das Gesetzesvorhaben auf zwei Jahre befristen wollen. Wir gehen davon aus, dass die bundesweiten Arbeiten bis dahin auch zu einem Ergebnis geführt haben.
Meine Damen und Herren! Ein weiterer Punkt, der in unserem Antrag eine Rolle spielt, ist die maßvolle Erweiterung der Möglichkeiten der DNA-Analyse. Auch dazu sind im Landtag bereits diverse Debatten geführt worden. Wir wollen die Möglichkeiten der Erweiterung der DNA-Analyse nutzen, ohne die Substanz der Grundrechte antasten zu müssen. Wir werden deshalb auf vorschnelle Forderungen eher mit Skepsis reagieren. Wir wollen die Landesregierung aber in ihren Bemühungen unterstützen, dort zu handeln, wo wirklicher Handlungsbedarf besteht. Gesetzesänderungen, die aufgrund einschlägiger wissenschaftlicher Erkenntnisse angezeigt sind, werden wir uns nicht versperren.
Herr Rothe, der von meiner Fraktion noch in der Debatte reden wird, wird noch etwas detaillierter auf das Problem der DNA-Analyse eingehen. Ich kann es deshalb dabei belassen und möchte Sie bitten, sowohl unseren Antrag als auch den Gesetzentwurf federführend in den Ausschuss für Recht und Verfassung und zur Mitberatung in den Ausschuss für Inneres zu überweisen. Ich denke, dass wir auf der Grundlage der eingebrachten Gesetz
entwürfe zu einem vernünftigen Ergebnis kommen werden. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich werde nicht überziehen, heute jedenfalls nicht. Ich wollte zu dem Ursprungsantrag der FDVP eigentlich auch gar nichts sagen. Sich zu solchen populistischen Forderungen zu äußern, ist für mich jedenfalls vertane Zeit. Ich möchte mich zu dem Alternativantrag der CDU äußern. Das ist der Grund, weshalb ich jetzt am Rednerpult stehe, um auf einige Forderungen bzw. auf das Grundanliegen dieses Antrages einzugehen. Unsere Justizministerin hat das gerade ausführlich getan, hat versucht, Sinn und Unsinn dieser beiden Anträge hier deutlich zu machen. Ich muss das nicht wiederholen. Insofern geschieht das, wie gesagt, ganz kurz.
Aber ich will feststellen, dass unsere Fraktion nachdrücklich die Bemühungen auch der Landesregierung unterstützt, all die Verfahren, die jetzt auf den Weg gebracht worden sind, zu nutzen, um zu wirksamen Verbesserungen im strafrechtlichen Schutz gegenüber sexuellen Straftätern zu kommen. Alles, was effizient und rechtsstaatlich vertretbar ist, das muss auch geschehen.
Wir werden uns aber auch weiterhin gegen populistische Forderungen wenden, die die Bevölkerung in einem Sicherheitsgefühl wiegen sollen, aber in Wirklichkeit einer Bekämpfung der Kriminalität eher im Wege stehen.
Ich darf daran erinnern - Frau Ministerin hat es schon kurz angerissen -, dass wir mit dem sechsten Strafrechtsänderungsgesetz - das ist jetzt drei Jahre her auch das Sexualstrafrecht umfänglich geändert, ja verschärft haben und dass seither die Delikte weniger geworden sind, aber die Aufklärungsrate zugenommen hat. Bevor nach einer weiteren Verschärfung des Strafrechts und des Strafprozessrechts gerufen wird, muss erst einmal geklärt werden, ob die gegenwärtigen Instrumentarien ausreichen oder nicht.
Dazu gibt es, von der Justizministerkonferenz eingesetzt, eine Arbeitsgruppe - alle 16 Länder haben zugestimmt -, die die gesamte Spannbreite des Problems tiefgründig bearbeitet und dann auch Lösungs- und Verbesserungsvorschläge vorlegen wird. Alle Punkte, die in dem CDU-Antrag enthalten sind, sind dort mit auf der Prüfungsliste.
Ich denke, es gilt jetzt erst einmal die Arbeit der Fachleute abzuwarten und nicht im Vorfeld schon wieder in populistischer Weise entsprechende Forderungen zu stellen. Sollte sich herausstellen, dass Regelungslücken vorhanden sind, wird dann über die erforderlichen Rechtsänderungen zu reden sein.
Auf die Einzelpunkte einzugehen will ich mir sparen; das hat Frau Ministerin getan. Aber ich sage noch einmal: Zu glauben, allein mit Strafverschärfungen das Problem lösen zu können, greift zu kurz. Deshalb lehnen wir den CDU-Antrag ab; für den FDVP-Antrag versteht sich das von selbst. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich teile die von unserem Innenminister hier abschließend getroffene Einschätzung, nach der Befürchtungen, dass aufgrund des Vorgehens der Landesregierung im Stadtumlandbereich die Rechte des Parlaments beschnitten werden könnten, unberechtigt sind. Das Gegenteil ist richtig. Ich denke, unser Innenminister hat deutlich gemacht, worum es geht. Es geht nämlich darum, dass die anstehenden und von diesem Hause zu treffenden Entscheidungen im Stadtumlandbereich vernünftig vorbereitet werden.
Ich will mich heute nicht inhaltlich zu dem Thema äußern. Herr Becker, Sie haben durchaus einige richtige Feststellungen in Bezug auf die Kriterien und die Grundlagen, die im Stadtumlandbereich zu beachten sind, getroffen. Aber wir müssen etwas zum Verfahren sagen, da Sie auch hierauf eingegangen sind.
Unsere Fraktion hat von Beginn an - das ist richtig -, als das Leitbild vorgelegt worden ist, die Position vertreten, dass auch im Stadtumlandbereich, insbesondere im Umland der Städte Halle und Magdeburg, Handlungsbedarf
besteht und insoweit das Leitbild des Innenministers nachzubessern war.
Herr Becker, es war mir klar, dass Sie heute an der Stelle genüsslich aus dem Leitbild zitieren werden. Aber wir kennen doch die jahrelangen Diskussionen, die in den Städten und im Umland geführt worden sind. Wenn es bei der Leitbildorientierung geblieben wäre, hätten wir die Probleme weiter vor uns hergeschoben. Ich denke, der Handlungsbedarf, der hier artikuliert worden ist, ist nachvollziehbar.
Die Landesregierung hat daraufhin eine erste Verflechtungsanalyse vorgelegt, die den Handlungsbedarf bestätigte. Das war auch der Grund, weshalb wir in das Zweite Vorschaltgesetz zusätzlich zum Regierungsentwurf eine Regelung eingestellt haben, wonach das Stadt-Umland-Problem zeitnah geregelt werden soll. Diese lautete: Dabei ist zu bestimmen, inwieweit auf der Grundlage der bestehenden Verflechtungsbeziehungen Gemeindegrenzen durch Eingliederung zu ändern oder Vereinbarungen zwischen den beteiligten Gebietskörperschaften abzuschließen sind. - Mithin sind beide Wege ausdrücklich vorgezeichnet.
Die Landesregierung hat dem Rechnung getragen und ein weiteres Gutachten in Auftrag gegeben - und zwar auch weil die Brisanz des Themas allen bewusst ist -, damit hierzu verlässliche Aussagen getroffen werden können.
Aber dieses Gutachten - der Innenminister hat dies dargelegt - bezieht sich nur auf die kreisfreien Städte. Es wird keine konkreten Aussagen dazu treffen, wie sich das im Umfeld der Mittelzentren darstellt. Dass auch bei diesen Städten in einigen Fällen durchaus gleich gelagerte Probleme zu verzeichnen sind, ist im zeitweiligen Ausschuss des Landtages bereits erörtert worden.
Insofern brauchen wir über das Gutachten hinaus die Feststellungen, die durch die zuständige Stabsstelle der Landesregierung im Innenministerium aufbereitet werden. Es sind dort sehr umfangreiche Datenerhebungen nach einem Raster vorgenommen worden. Das Raster ist auch - insoweit ist das ein Vorteil der regierungstragenden Fraktion - meiner Fraktion vorgestellt worden. Es entspricht genau den Kriterien, die wir im zeitweiligen Ausschuss vor Jahresfrist bereits erörtert haben.
Wir haben heute gehört, dass insgesamt 456 Gemeinden in die Betrachtungen einbezogen wurden, aber nur wenige für eine Eingemeindung in Betracht zu ziehen sind.
Diese Vorgehensweise der Landesregierung findet im Wesentlichen aus zwei Gründen unsere Unterstützung.
Erstens. Für die übergroße Mehrzahl der Gemeinden heißt das, dass sie, jedenfalls nicht gegen ihren Willen, für eine Eingemeindung nicht in Betracht zu ziehen sind.
Sie können die freiwillige Phase nutzen, um, ob als Einheitsgemeinde oder Verbandsgemeinde, im Umland entsprechende Zusammenschlüsse anzustreben.
Zweitens. Im Hinblick auf die wenigen Gemeinden, bei denen doch eine Eingemeindung in Betracht zu ziehen ist, wird verhindert, dass jetzt vollendete Tatsachen geschaffen werden, damit der Landtag dann noch eine entsprechende Entscheidung treffen kann. Der Innenminister hat das als Warteschleife bezeichnet. Der Landtag
wird letztlich entscheiden, wie sie aus dieser Warteschleife herauskommen. Das heißt nicht, dass man der Auffassung des Innenministeriums in jedem einzelnen Fall folgen muss. Auch hierbei wird der Landtag das letzte Wort sprechen.
Meine Damen und Herren! Ich will nichts zu den Einzelheiten des Antrages der PDS sagen. Er zielt darauf, das bisherige und das weitere Vorgehen der Landesregierung im zeitweiligen Ausschuss deutlich zu machen. Das soll, wie es im Antrag heißt, unverzüglich geschehen. Der Antrag ist vorsorglich bereits auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Ausschusses gesetzt worden.
Frau Paschke, wenn wir uns darin einig sind, dass wir uns nicht über ein Gutachten unterhalten können, dessen Ergebnisse noch gar nicht vorliegen, können wir dem Antrag insoweit zustimmen. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Remmers, um es vorwegzunehmen: Wir werden Ihrem Antrag selbstverständlich nicht zustimmen. Wir haben einen Änderungsantrag gestellt, nicht um Ihren Antrag auszutauschen, sondern um den Gegenstand, um den es hier im Landtag geht, zu einer Beschlussfassung zu bringen.
Nachdem Sie diesen Aufschlag gemacht haben, habe ich mir noch einmal die Rechtssätze des Urteils aus Nordrhein-Westfalen kommen lassen. Daraus darf ich zitieren:
„Unzulässig sind jedenfalls Änderungsanträge, die den Gegenstand des Entschließungsantrages auswechseln und umformen.“
Gegenstand sowohl Ihres Antrages als auch unseres Änderungsantrages ist die Wahrnehmung der Experimentierklausel. - Ich zitiere weiter:
„Der Änderungsantrag darf nicht dazu benutzt werden, einer Beschlussfassung in der Sache auszuweichen.“
Wir wollen nicht ausweichen, wir wollen eine Beschlussfassung in der Sache. Insoweit ist der Änderungsantrag gedeckt, auch vor dem Hintergrund der Entscheidung, die Sie genannt haben.
Aber zur Sache selbst: Sie mögen frohlocken, Herr Remmers, dass das, was gestern im Bundestag beschlossen worden ist, nicht mehr das ist, was es einmal war. Und dennoch ist es ein wichtiger Schritt zur Reform des Zivilverfahrens und damit zur Modernisierung der Justiz. Es ist sehr viel Vernünftiges hinsichtlich der Verfahrensgestaltung beschlossen worden. Ich kann hier nicht auf Einzelheiten eingehen.
Dennoch muss ich eingestehen, dass wichtige Eckpunkte des ursprünglichen Reformvorhabens im Laufe der bisherigen Gesetzesberatung auf der Strecke geblieben sind. - Herr Remmers, man möge sich schadenfroh darüber die Hände reiben. Ich bedauere das aber sehr. Wieder einmal ist es der deutschen Justiz gelungen, sich als besonders reformresistent zu erweisen. Bedenkenträger und Lobbyisten haben sich wieder einmal durchsetzen können.
Vorgesehen war nämlich, unter anderem auch die Instanzenwege durch eine Konzentration der Berufungen beim Oberlandesgericht zu begradigen. Damit sollte der Weg in einen dreistufigen Gerichtsaufbau geebnet werden. Gerade dagegen richteten sich massive Widerstände - das ist bereits gesagt worden -, vor allem auch von denjenigen, die befürchten mussten, dass sich privilegierte Arbeitsbedingungen verändern könnten.
Von dem Plan, den bislang gespaltenen Instanzenweg abzuschaffen, ist der Bundesgesetzgeber erst einmal abgerückt. Was aber bleibt, ist diese so genannte
Experimentierklausel. Die Länder haben jetzt also die Möglichkeit, selbst darüber zu entscheiden, ob sie eine Konzentration des Verfahrens wollen.
Meine Damen und Herren! Frau Ministerin Schubert - insoweit sind entsprechende Berichte durchaus zutreffend - hat bisher anknüpfend an ihren konsequenten Reformansatz das Interesse daran bekundet, von dieser Öffnungsklausel Gebrauch zu machen. Dabei hat sie die volle Unterstützung meiner Fraktion.
Wir sind für alle Schritte offen, um die überkommenen, inzwischen für den Rechtsuchenden, ja selbst für Juristen nicht mehr nachvollziehbaren Instanzenwege zu vereinfachen. Warum soll nicht Sachsen-Anhalt mutig vorangehen und Schritte gehen, die zu einer durchgreifenden Modernisierung der Justiz führen?
Allerdings - das wissen wir auch - bedarf es, um von der Experimentierklausel Gebrauch machen zu können, einiger Voraussetzungen. Bislang ist in der im Bundestag beschlossenen Fassung - das ist jetzt etwas für Fachleute - vom „fakultativen Einzelrichter“ an den Oberlandesgerichten die Rede. Notwendig und erstrebenswert wäre der „obligatorische Einzelrichter“. Ich gehe davon aus, dass die Landesregierung das Bundesratsverfahren noch dazu nutzen wird, um eine entsprechende Änderung herbeizuführen.
Ob ansonsten in Sachsen-Anhalt die Voraussetzungen dafür bestehen, um von der Experimentierklausel Gebrauch machen zu können, wird man gewissenhaft prüfen müssen. Dazu dienen auch die übereinstimmenden Prüfungsfragen an die Landesregierung. Insoweit unterstützen wir das gemeinsame Anliegen, Herr Remmers, dass die Landesregierung darüber im Ausschuss berichten soll.
Sie können sich - das ist mein letzter Gedanke, Herr Remmers - aber durchaus unbesorgt zeigen, weil die Anwendung der Experimentierklausel in Sachsen-Anhalt eines Landesgesetzes bedarf. Das war eben zu hören. Da an diesem Punkt nicht einmal auf die PDS Verlass ist, könnten Sie sich - jedenfalls für den Rest der Legislaturperiode - beruhigt zurücklehnen. - Vielen Dank.
Das ist einfach, Herr Remmers. - Ich will auf eine Bemerkung zurückkommen, Herr Remmers. Sie sagten, es sei für Sachsen-Anhalt unzumutbar, wenn jemand zur Berufung von Stendal nach Naumburg reisen müsse. Beantworten Sie mir bitte die Frage, an welche Berufungsinstanz sich jemand, der sich vom Amtsgericht scheiden lässt und mit dem Urteil nicht einverstanden ist, wenden muss. Wohin muss er dann?
Ach so! - Gerade in Familiensachen sind die Dinge längst konzentriert. Kein Mensch regt sich darüber auf.
Gut.
Wir sind uns ja darüber einig, dass bei Anwendung der Experimentierklausel Sachverhalte fachlich ordentlich geprüft werden müssen. Aber Sie sind doch ein alter Fuchs. Stimmen Sie mir zu, dass es einer politischen Abwägung und Entscheidung unterliegt und von der Beantwortung der Frage, ob man das will oder nicht, abhängig ist, ob man so etwas durchsetzt oder nicht?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mit Ihrer Genehmigung, Herr Präsident, mit einem Zitat beginnen:
„Sachsen-Anhalts Politikern möchte man am liebsten eine Wurzelbürste und ein großes Stück Seife in die Hand geben; denn das Land braucht eine Tiefenreinigung, und zwar an Kopf und Füßen. Was sich in den letzten Jahren an Behörden oben und Ämtern unten angesammelt hat, ist belastend.“
„Niedersächsische Beamte empfahlen im Jahr 1990 die Einrichtung von Regierungspräsidien. Saarländische Beamte empfahlen, Landesämter einzurichten. Sachsen-Anhalt nahm beides. Das Resultat: Das arme Ostland beschäftigt mehr Beamte pro Einwohner als reiche Westländer. Das kostet viel. Mehr Aufschwung brachte es nicht.“
- Das ist Ihr Verwaltungsaufbau, Herr Daehre.
Was ich an dieser Stelle zitiert habe, sind nicht die Worte eines gemeingefährlichen SPD-Abgeordneten. Das schrieb Jens Schmidt in einem Kommentar in der „Volksstimme“ am 21. Dezember 1999, einen Tag
nach der Veröffentlichung des Leitbildes durch den Innenminister.
- Sie können nachher noch Fragen stellen.
Wir wollen diese Tiefenreinigung. Sie, meine Damen und Herren von der CDU, haben jahrelang ein beherzteres Herangehen an die Verwaltungsreform gefordert. Sie haben gefordert, ein Gesamtkonzept müsse her.
Herr Becker, Ihre Worte waren, ein Sturm müsse durch die Amtsstuben fegen. - Jawohl. Aber jetzt, wo es konkret wird, verweigern Sie sich.
Meine Damen und Herren! Wer immer in diesem Land die politische Verantwortung trägt - wo die CDU in anderen Landesregierungen beteiligt ist, hat sie es längst begriffen; das gilt für die PDS in diesem Lande im Übrigen auch -, kommt an dem Zustand, den Jens Schmidt in seinem Kommentar treffend beschrieben hat, einfach nicht vorbei. Es ist Zeit zu handeln im Interesse der Zukunftsfähigkeit unseres Landes.
Mit dem heute zur Beschlussfassung anstehenden Zweiten Vorschaltgesetz vollziehen wir einen Quantensprung auf dem Weg zur Neuorganisation der Landesund Kommunalverwaltung.
Ich sage Ihnen auch, warum, Herr Becker.
Erstens. Die Richtgrößen und Modelle für die Gebietsreform sind nicht nur Zahlen, über die man reden oder sich auch ärgern kann, sie werden nunmehr durch den Gesetzgeber festgeschrieben. Wer jetzt noch toter Käfer spielt und meint, das sei alles nur böser Spuk, sollte spätestens heute aufwachen.
Ich kann an dieser Stelle nicht auf alle Einzelheiten des Entwurfes - der Berichterstatter hat es bereits getan eingehen, aber auf einige Schwerpunkte und auf einige Änderungen, die vorgenommen wurden, schon.
Stichwort „Drittes Vorschaltgesetz“. Der Innenminister hat bereits darauf hingewiesen, dass die Grundzüge dieses Dritten Vorschaltgesetzes in dem Zweiten Vorschaltgesetz vorgezeichnet sind. Diese Formulierung ist nicht im Elfenbeinturm erfunden worden, sondern geht zurück auf einen Vorschlag der kommunalen Spitzenverbände.
Man kann darüber streiten, ob der jetzt bekannt gewordene Referentenentwurf eine Punktlandung ist.
Wir unterstützen daher das Vorgehen - der Innenminister hat das mit seiner offenen Haltung deutlich gemacht -, dass erst nach Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände ein deren Hinweise berücksichtigender Regierungsentwurf dem Hohen Hause vorgelegt wird.
Wir haben eine Regelung zu den Stadt-Umland-Beziehungen neu aufgenommen. Es ist sicher, dass das zu regeln ist.
- Ja, man wird ja weiterdenken können, Herr Dr. Bergner.
Die Fraktion der SPD sieht im Stadt-Umland-Bereich Handlungsbedarf, gegebenenfalls auch durch Eingemeindungen. Das ist jedenfalls der derzeitige Erkenntnisstand.
Die Landesregierung hat ein Gutachten in Auftrag gegeben. Wir hoffen, bis zum Jahresende sagen zu können, wohin die Reise geht.
Zweitens. Das Hin und Her um die Regierungspräsidien hat ein Ende. Sie werden zum 31. Dezember 2004 abgeschafft. Wir vollziehen das, was die erste CDURegierung im Jahr 1990 noch festgeschrieben hat, nämlich: Wenn die Landkreise die erforderliche Leistungsfähigkeit erreichen, brauchen wir in diesem Land keine Regierungspräsidien mehr. - Schauen Sie in Ihre eigenen Dokumente und Urschriften.
Jetzt ist Ihnen nichts Besseres eingefallen,
- ich antworte, wenn ich fertig bin - als im zeitweiligen Ausschuss einen Antrag zu stellen, es möge mit zwei Regierungspräsidien bei der Dreistufigkeit bleiben. Eine Gebietsreform lehnen Sie ohnehin ab.
Mit diesem strukturkonservativen Aufbegehren werden Sie aber nichts erreichen. Sie müssen sich fragen lassen, was Sie eigentlich wollen.
Ich darf Sie, Herr Böhmer, - insoweit war ich heute etwas irritiert - noch einmal an eine Äußerung in der „Mitteldeutschen Zeitung“ erinnern - jedenfalls sind Sie in der Zeitung am 10. Juni des letzten Jahres so zitiert worden -, dass sich die Frage stelle, ob die Dreistufigkeit unseres Verwaltungsaufbaus im Lande richtig sei.
Über die Mittelinstanz müsse neu nachgedacht werden. Herr Böhmer sagte wörtlich: „Wir werden uns nicht genieren, unsere Standpunkte zu ändern.“
Wir dürfen gespannt sein, Herr Böhmer, wann und mit welcher Begründung die CDU jetzt wieder die Kurve bekommt.
Ich sage Ihnen aber, Sie werden Ihre Auffassung ändern müssen, wenn Sie sich die Chance bewahren wollen, irgendwann wieder auf der Regierungsbank Platz zu nehmen.
Über das Landesverwaltungsamt ist schon einiges gesagt worden. Die Nachfrage von Frau Dr. Paschke hat erkennen lassen, wir wollen auch durch die Typisierung als obere Landesbehörde deutlich machen, dass es eben keine summarische Zusammenfassung der bisherigen Regierungspräsidien ist. Dieses Landesverwaltungsamt wird nur Restaufgaben wahrnehmen können, nämlich jene Aufgaben, die nicht kommunalisiert werden.
Damit bin ich beim dritten Punkt. Das ist der letzte Punkt, den ich darstellen möchte. Stichwort Funktionalreform: Da sagen Sie immer, erst müsse die Funktionalreform kommen, dann alles andere.
Nennen Sie mir ein Land, in dem die Funktionalreform vor einer Gebietsreform durchgeführt worden ist. Wir erkennen aber an, dass zur politischen Akzeptanz der Gebietsreform eine Funktionalreform rechtzeitig klar erkennbar sein muss. Wir sind auch bemüht, bis zum Jahresende die Aufgabenbereiche zu umreißen, die im Zuge der Gebietsreform auf die Landkreise und Gemeinden übertragen werden sollen.
Auch wenn die Redezeit zu Ende ist, sei mir eine letzte persönliche Bemerkung gestattet, Herr Präsident: Der Innenminister hat schon gesagt, es sei heute ein guter Tag für Sachsen-Anhalt,
ein guter Tag auch für ihn selbst. Ich füge hinzu - das denke ich sagen zu dürfen -: Es ist auch ein schöner Tag für mich.
Herr Schomburg hat vor Ort in der politischen Auseinandersetzung gesagt: Der Brachmann ist an allem schuld;
er hat den Innenminister unter Druck gesetzt und nur deshalb hat es das Leitbild überhaupt gegeben. - Zu viel der Ehre, Herr Schomburg.
Aber ich bekenne: Ich sehe es schon mit einer gewissen Freude,
dass meine jahrelangen Bemühungen, die Verwaltungsreform voranzutreiben,